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04.01.2010 - dradio.de

 


 

Bemerkungen eines voll zahlenden Theaterbesuchers zur szenischen Umsetzung von

Giacomo Puccini
'Manon Lescaut'

 

    Ankündigung Niedersächsisches Staatstheater Oldenburg
 
  Zitat
 

Manon Lescaut

Giacomo Puccini (1858 — 1924)

Lyrisches Drama in vier Akten
Libretto nach Abbé Prévosts Roman ,Histoire du Chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut‘ von Luigi Illica u.a.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

[...]
Manon Lescaut soll von ihrem Bruder in ein Kloster gebracht werden und begegnet auf dem Weg dahin Des Grieux. Bevor der reiche Geronte, der mit Manons Bruder über dessen Schwester verhandelt hat, die junge Frau entführen kann, gelingt die Flucht des Paares. Doch Manon entscheidet sich nach einer Zeit für den wohlhabenden Geronte. Als Des Grieux die Geliebte bei ihm aufsucht, flammen Erinnerungen an die Liebe erneut auf. Da wird Manon verhaftet und zur Gefangenschaft verurteilt, Des Grieux möchte bei der Geliebten sein. Doch auch in der Gefangenschaft finden beide nicht Glück, sondern den Tod.

‚Manon Lescaut‘ ist Puccinis erster durchschlagender Erfolg. Ein verhältnismäßig später Durchbruch: zur Zeit der Turiner Uraufführung 1893 war Puccini bereits 35 Jahre alt. Die Themenwahl war nicht ohne Risiko, Jules Massenets ‚Manon‘ triumphierte schon seit 1884 auf den Opernbühnen Europas. In seiner ‚Manon Lescaut‘ wandte sich Puccini bereits merklich einer neuen Stilrichtung zu, die Elemente der französischen Opéra lyrique eines Thomas und Massenet weiter ausbaut. In diesem Werk hat Puccini außerdem einen entscheidenden Schritt getan, der Auswirkungen auf sein ganzes späteres Schaffen hatte: Er stellte einen neuen, ihm eigenen Frauentypus auf die Bühne. Den Typus der „kleinen, verliebten Frau“, wie es später Puccini selbst formulierte, der zugleich den Typus der leidenden Frau verkörpert. In dieser Eigenschaft ist Manon eine Wesensverwandte von Mimì, Cio-Cio-San, Liù. Alle ihre „tragischen Verfehlungen“ resultieren aus der Liebe selbst. Nach Puccinis Weltanschauung müssen sie aus diesem Grund ihr trauriges Los erdulden.

Zitatende


Das Thema der 'Histoire du chevalier des Grieux et de Manon Lescaut' von Abbé Prévost war schon von Auber 1856 und Massenet 1884 bearbeitet worden.

Nun nimmt das Staatstheater Oldenburg Puccinis dritte Oper - seinen ersten Welterfolg in Turin von 1893 - in den Spielplan und beauftragt seinen Oberspielleiter Schauspiel mit der Inszenesetzung des Werkes. Trotz der von ihm angezettelten Unstimmigkeiten auf der Bühne - es wurde erstaunlich gut gesungen und Musiziert.


Die Handlung spielt in Oldenburg in einem saalartigen Raum für
- den Platz in Amiens,
- den Salon der Manon in Paris,
- die Anlage von Le Havre,
- die Wüstengegend in Nordamerika.
Die Zeit: heute, irgendwie.

Geringe Veränderungen der Szene:
1. Akt: angeblich ein Platz vor einem Bahnhof
2. Akt: Bestuhlung für eine öffentliche Veranstaltung
 


 
Screenshot
http://staatstheater.de/programm/spielplan-1516/premieren/oper/manon-lescaut.html

 

 

3. Akt: Maschendrahtzaum als Umgrenzung der Bühne


 
Screenshot
http://staatstheater.de/
 


4. Akt: Teile der Umzäunung

 

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Die szenische Zusammenlegung des dritten und vierten Aktes in ein Gefängnisareal verhindert den sonst sich ergebenden Bruch durch das Nichtzeigen der von beiden Liebenden nach der Deportation begangenen Straftaten, die dann zur Flucht in die Wüste führen.
Ein Kniff, der schlüssig wirkt, aber nicht das Stück mit Hafenszene und Wüstenlandschaft wiedergibt.

Interessant die völlig unterschiedliche Rollenbeschreibung im Programmheft gegenüber der auf dem beiliegenden Besetzungszettel.

Da gibt es:
- hier einen bestochenen Soldaten,
- dort fehlt er, dafür einen Lampenanzünder;
- hier einen See-Kapitän, dort fehlt er;
- hier einen Musiker,
- dort eine Musikerin;
- hier heißt der Student Edmond,
- dort Edmondo.

Wie soll der unbedarfte Zuschauer feststellen:
Wer ist wer?

Die Übertitel vermeiden tunlichst, originale Texte wiederzugeben, zeigten sie doch, dass auf der Bühne Dargestelltes nichts mit dem Gesungenen zu tun hat.
Da meint der See-Kapitän, Des Grieux dürfe bei Manon bleiben. Aber doch wohl auf der Überfahrt nach Amerika und nicht - wie in Oldenburg - im Gefängnis. Und Manon bittet im vierten Akt, Des Grieux solle Hilfe holen.
Kein Wort davon, sondern:
 


Zitat

MANON
Hör' einen Vorschlag, wie ich zu retten:
Sitzend bleib' ich zurück,
Du steigst höher empor
Erforschst die Ebne
Ob irgend Du,
In Bergen oder Hütten.
Findest Wasser!
Mit strahlender Miene
Bringst du Erquickung der kranken Geliebten.


Zitatende
 

 
Der Steuerzahler fragt, wozu beschäftigt das Niedersächsische Staatstheater Oldenburg 'ein Schock baumlange Lackeln', die doch nur Durcheinander stiften.
Leitungspositionen können sogar lange Zeit unbemerkt unbesetzt bleiben. Dies zeigt doch gerade jetzt das Beispiel Organisation Theater Regensburg

Dass Protagonisten die Vorstellung über in der gleichen Kluft rumlaufen - also in die Realität übertragen - Manon beispielsweise Monate, Jahre den selben roten Fummel trägt, dokumentiert den Einfallsreichtum eines Schauspielregisseurs.

Es sei hier an die Regensburger Inszenierung von Dürrenmatts 'Besuch' erinnert, da Renate Hünlich als Milliardärin in einem Einheitskostüm auftrat wie auch Adele Neuhauser als Elisabeth in Schillers 'Stuart' nur ein einziges Kleid trug.

Dass die Sängerin der Manon in Oldenburg im Laufe des Abends keine Wandlung von der Novizin -
'Manon Lescaut soll von ihrem Bruder in ein Kloster gebracht werden' (Text: Nds. Staatstheater Oldenburg) - zur Edelnutte und schließlich zur Todkranken durchmacht, zeigt wie sehr sich der Regisseur mit der Darstellerin beschäftigte.

Und in toto - wieder einmal ein krampfartiges und im Endeffekt sinnloses 'Verheutigen'.
Immerhin rollt hier - wie in Covent Garden - kein Mercedes Van statt der Postkutsche auf die Bühne und in Oldenburg bestaunen arme Leute das Leben der reichen, asiatischen Mafiosi im zweiten Akt und es treten nicht wie München rotperückte Kirchenfürsten, von Herrn Neuenfels dazu animiert, in Manons Salon, in dem dann ein hässlicher Tanzmeister stimmlos agiert.


 



Foto im Schaukasten der Bay. Staatsoper


Mätzchen, überall Mätzchen.
Wie sollen die Werke der Weltliteratur den Migranten in Deutschland nahegebracht werden, wenn nur läppisches 'Regisseur'-Theater gezeigt wird.

Beispielhaft für derartige Fehlleistungen und damit nicht zu vergessen: die 'Manon' in Regensburg.

 
http://www.telezeitung-online.de/Gedanken_zu_'Manon_Lescaut'_
Oberpf._Metropol_Theater_Regensburg_22.6.08.htm


http://www.telezeitung-online.de/Kritik_'Manon_Lescaut'_-_Opf._Metropol-Theater_Regensburg_28.6.08.htm


 

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Dieter Hansing