|
Immerhin ist es dem
Oberspielleiter Schauspiel am Oberpfälzer Metropol-Theater
Regensburg, Michael Bleiziffer, bisher gelungen, die Stücke so zu
spielen, wie sie sind und wie er sie angekündigt hat.
Das ist natürlich
völlig unmodern und kann so nie "ein großer Abend" werden, wie der
anlässlich der Uraufführung des Stückes
'Vom Spiel des Gregor-Horres nach der Story des Abbé Prevost
mit der Musik von Herrn Puccini'
am 28.6.2008 am
Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg angeblich geboten wurde.
An sich war Puccinis 'Manon' vorgesehen, aber der weltberühmte
Theaterdirektor von in Folge Coburg, dann Pforzheim und nun
Regensburg meinte seiner Musikdramaturgin Schmidt zustimmen und das
Stück
'Vom Spiel des
Gregor-Horres nach der Story des Abbé Prevost mit der Musik von
Herrn Puccini' spielen lassen zu müssen.
Völlig unmodern also - wie dargeboten - das 'Was ihr wollt'.
So macht man das natürlich auch nicht in Bayreuth - nicht wahr, Herr
Theaterdirektor der Metropole der Oberpfalz (wir wollen mehr sein
als die Metropole der Oberpfalz - so jedenfalls der mit wenigen
Stimmen Mehrheit wiedergewählte Oberbürgermeister der Stadt unter
dem Grünen Dach Europas am 17.3.2005, nachdem - wie zu erwarten -
die Bewerbung um die Kulturhauptstadt 2010 'in den Teich' gegangen
war.)
In BT
machte man kürzlich aus der Singschule im 1. Akt 'Meistersinger'
eine Malerwerkstatt - das ist ja modern und vielleicht hat eine
Farbenmanufaktur gesponsort - 'Kathrinchen' ist ja in BT am Werk,
damals noch mit Unterstützung von Mutter Gudrun.
Die Meldung von deren Tod wurde dem kritischen Beobachter ins
Ausland kolportiert - ein Rückruf ins Herz des Gesamtunternehmens BT
brachte Gewissheit.
Die Frage, "stimmt das, die Gudrun ist gestorben", wurde bestätigt
mit einem eindeutigen Kommentar, der sich auf Schlingensief's
TV-Aussagen bezog.
Nun lässt Michael
Bleiziffer als Regisseur und Oberspielleiter Schauspiel tatsächlich
Shakespeares Stück ohne irgendwelchen vom Theaterdirektor Weil, ach
so favorisierten 'modernen' Firlefanz - Bayreuth macht das auch so -
spielen.
Glücklicherweise beschränkt sich diese 'Beschränkung' auf das
Musiktheater - im Schauspiel bleibt Bleiziffer, ob 'Peer Gynt', ob 'Orestie',
ob 'Faust I' und 'Faust II' beim Stück - und seit 'Aida's-Zeiten hat
er nichts mehr im Bereich Oper gemacht.
Wie würde er das wohl heute anlegen?
Dass im Hof des Thon-Dittmer-Palais von Regensburg nun bei 'Was ihr
wollt' nicht das Feinste geboten wurde - hatte vielerlei Gründe.
Nur gibt es Allerwelts-Normen, die ein gutes Ergebnis ausmachen wie
z.B:
- Wechsel von Tempo und Innehalten -
- Spannung und Entspannung -
- Höhen und Tiefen in der Tongebung -
- Pausen und Vorwärtsdrängen
gestalten
einen
Abend und versehen ihn mit Spannung.
Unverständlich also, beispielsweise bei Sebastians und Antonios 'wieder-zueinander-kommen':
"Aber da du Gefallen daran findest, bin ich dir nicht länger böse -
"
der folgende lange Kuss geht ohne jede Regung in "Was machen wir"
über - da wird die Besichtigung der Stadt geplant und die Handlung
vorangetrieben.
Dass hier ein Verhalten aus der Erkenntnis heraus, zwei sind sich
nach dem Motto des Abends 'Was ihr wollt' oder 'Wie ihr wollt' oder
'Wen ihr wollt' sehr nahe gekommen, haben sich geküsst, erwachsen
müsste, wird nicht gesehen.
Da dies also nicht der Fall ist, alles von Action - Gerenne, Getue,
Gemache - Leerlauf und vom Text her von Verplaudern, Verplappern
ausgeht, werden entscheidende Möglichkeiten der Gestaltung
verschenkt.
Der Abend in stetem Fluss - kein Atemholen, kein Besinnen, nur
schnell, holterdiepolter - "es ist schon spät, die Hühner müssen in
den Stall!".
Und, auf jeden Fall, nur ja kein Gefühl, keine Innerlichkeit.
Nur dem
Narren bleiben ein paar ruhige, nachdenkliche Momente - jetzt, wo
ihn eine Altersweisheit zu tragen beginnt - jetzt wo er nicht mehr
Held sein muss - schon beim Jachmann in 'Kleiner Mann' waren diese
Ansätze zu Zwischentönen deutlich geworden - hört
Martin Hofer auf. Zukünftig muss
verzichtet werden auf gelegentlichen 'Minetti-Verschnitt'.
Jochen Paletschek zeigte im
'Handlungsreisenden' mehr Substanz denn als - selbst nackerter -
Orsino, den er von jetzt auf gleich übernahm - sein Blick schien
nach innen auf den Text vor seinem geistigen Auge gerichtet, das
Gesicht zeitweise tot. Im Handlungsreisen kam da mehr.
Roman Blumenschein mit seinem Sebastian
- unbekümmert in jeder Hinsicht.
So bemerkt er nicht die stärker werdende Zuneigung seitens des
Antonio von
Steffen Casimir Roczek. Der träumt doch
von etwas, augenscheinlich, nach seiner Fesselung, textlos, nur der
Blick zum Anderen gewendet.
Da war etwas, was er sonst nie zeigte - gerade mal in der
Schlussszene 'Kleiner Mann' gab es ähnliche Momente. Im
'Menschenfeind' stand er lustlos neben der Rolle.
Bei ihm wäre intensives Coaching zur weiteren Entwicklung angebracht
gewesen - vielleicht findet er außerhalb der Metropole der Oberpfalz
jemanden.
Hubert Schedlbauer's Kapitän und Fabian
- unterschieden wird zwischen den beiden Figuren in der Darstellung
nicht - folgten angespannt in der Mimik dem Geschehen auf der Bühne,
Peter Heeg's halsig verrauchter Sir
Toby und Paul Kaiser's klamottiger Sir
Andrew trugen Bleiziffer's Konzept. Schnelleinspringer
Oliver Severin fügte sich, als Valentin.
Michael Heuberger an diesem Abend nicht
Hausmeister und auch nicht Busfahrer - dass er sich selbst mit
diesen Mätzchen einen Overkill leistet, scheint ihn nicht zu
interessieren, Hauptsache: ich bin im Fernsehen - nein, ganz
klassisch als Malvolio. Zwar gelingt es ihm, Farben zu zeigen, aber
das tragische der Rolle - das Gieren und dann das Abstürzen nach
Nichtgelingen - wird nicht deutlich.
Anna Dörnte's Viola ist eine herbe
Schöne, die zwischen Mann- und Frau-Wesen kaum pendelt. Das, 'Was
ist sie nun' könnte deutlicher werden. Hier hätte sie die
Möglichkeit, im Auftreten, Gang, in der Sprache dezent die
Unterschiede zu verdeutlichen - das Kapperl bringt's nicht.
Schauspielerisches Können zeigt sich schon, wie bewegt sich eine
Figur - wie spricht sie - legato die Viola oder staccato der Cesario
- kein Unterschied bei ihr zwischen den Beiden.
Schade, sie bleibt wie sie ist und könnte doch so leicht
differenzieren.
Die Maria - ohne die lauthals vorgetragenen Salven, sondern ins
Innere gedrücktes Lachen, das nur zu einer verkrümmten Körperhaltung
führt - zeigt Martina Mann. Nach der
Mutter in der unseligen Wüllenweber'schen
Maria-Magdalena-Inszenierung konnte sie hier doch mal ansatzweise
zeigen, wie man die Figur - nicht zur Geltung bringt, dafür bleibt
sie in den ohne-Text-Stellen zu flach - aber doch darstellt.
Das Kostüm der Nicola Norgauer als
Olivia ließ anfänglich die Zachanassian oder Bernarda Alba oder
Donna Rosita vermuten, vermummt in schwarze Haartracht und dunkles
Gewand stieg sie dann in Körperbewegungen, tobende Begierde zeigend,
gekrümmt vor Verlangen nach einem Mann, unterstreichend wie sehr
'ein Habit' den Körper nicht bremsen kann.
Die Célimène im 'Menschenfeind' brachte ihr nicht viel - von der
blauen Donau ganz zu schweigen - hier war Ausdruck, der allerdings
schnell in Übertreibung abgleiten kann und durch Kontrolle von außen
in die rechten Bahnen gelenkt werden muss.
Rudolf
Sellmaier - eben mit dem Grazer Ring Award 08 bedacht -
schafft mit dem 'Ringelspiel' und den Kostümen Dult-Charakter, eine
Kirmesatmosphäre, was das Stück ins Ziehen von Stadt zu Stadt, von
Dorf zu Dorf überträgt, da wandert diese Truppe und spielt den
Leuten mit einfachen Mitteln etwas vor.
Dass die aus der Mitte Gerückten nichts oder zumindest kaum etwas
hören, wenn zur anderen Seite gesprochen wird, scheint niemanden von
der Regensburger Theaterleitung zu interessieren. Wenn diese Plätze
dann auch noch frei bleiben, stört es aber den 'kritischen
Beobachter.'
Vielleicht kümmert sich mal der Verwaltungsrat - z. B Frau Margot
Neuner - um die Gründe für die schlecht positionierten Plätze und
das nicht ausgelastete Auditorium.
Die Zeiten von 'passt schon' dürften vorbei sein.
|