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04.01.2010 - dradio.de

 


Damals in Regensburg

02.12.2004

Theater Regensburg

Wiederaufnahme

'Die Zauberflöte'

 


'Er ist ein Unmensch, ein Tyrann'

 


So ein Theaterdirektor hat's halt schwer, ob er nun Striese oder Sonstwie heißt - ohne Geld spielt keine Musi.

Kann er Aushilfen für das Orchester oder Verstärkungen nicht einkaufen, so kündigt ihm der GMD, nicht die Freundschaft, davon war vorher wohl schon keine Rede.
Und jetzt wird kein Neuer gesucht. Landauf, landab wandern die Späher - und keiner ist da, der allen gefällt. 150 hatten schon mal nachgefragt. Dem Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg konnte keiner genügen.

Auch Sänger für den 'großartigen' Spielplan werden kaum gefunden.
Die da sind, werden krank, machen schlapp, weil sie zu viel, zu häufig, zu große Partien singen.
Aber wenn Tenöre meinen, den Florestan singen zu müssen, obwohl sie gerade das lyrische Fach kaum erfüllen, ist Gefahr im Verzuge - vor allem dann, wenn der Theaterdirektor darauf eingeht, brauch er doch keinen Gast zu holen. Ob der Übereifrige sich die Stimme mit einer zu schweren Partie vermurkst - is doch egoal.

Nun müssen diese Gernegroße mitten in der ersten Hälfte der Spielzeit ersetzt werden. Vorsingen schon wieder. Nun am 13.12.04 - ausgerechnet der 13. Erstmal müssten die Planstellen frei sein, aber man kann diese natürlich für gewisse Zeit auch doppelt besetzen.

Welcher lyrische oder schwerere Tenor aber kommt für welches Geld nach Regensburg? Woher einen Richard, einen Erik - diese sauschwere, undankbare Partie - nehmen?

Fürs KBB braucht der Regensburger Theaterdirektor bald eine neue Besetzung - das wird doch sicher die jetzige Chefdramaturgin Friederike Bernau übernehmen, auf ihrem Weg zu einer Intendanz? Alles schon einmal da gewesen. Natürlich wird der Weg aufmerksam begleitet. Wände werden in den Büros ja schon durchbrochen, um ungehindert schreiten zu können.

Und Bettina Schönenberg springt ein für die erkrankte Anja Carolin Pohl als Frau Neumeister im 'Raub der Sabinerinnen'.
Viel Arbeit für den Regisseur und Oberspielleiter, die Choreographie von jetzt auf gleich nachzustellen.
Und wie lange dieser Oberspielleiter Michael Bleiziffer überhaupt noch geduldet wird, muss sich erst zeigen. Immerhin wurde der technische Leiter gegangen, der erste Kapellmeister auch.
'Wait and see'.


Melanie Schneider sang hier ihre erste 'Königin der Nacht'. Als Nedda hatte sie sich dem Publikum schon vorgestellt. Natürlich ist sie keine 'Königin' par excellence - kann sie auch gar nicht sein, zu jung, keine überirdische Ewigkeits-Ausstrahlung - auch noch in diesem Hamster-Karnickel-Mantel, wahrscheinlich auch noch 'zerfressen von den Motten'.
Muss sie nun aber so alt gemacht?
Passt überhaupt nicht zusammen, wenn sie dann beschwingten Schrittes über die Bühne eilt.
Eine Soubrette bis Lyrische, auch keine dramatische 'Kolorateuse' und die Koloraturen 'per se' sind nicht ganz so 'kullrig', wie sie eigentlich sein sollen. Mit viel 'geraden Partien' gehen die naturgemäß auf die Dauer verloren. Aber sie hielt sich stimmlich wacker. Die Höhe kam ohne zu wanken und mehr Ton-Rundung wird wohl auch noch bereitzustellen sein.
Muss sie nun aber so auf alt gequält werden? Passt überhaupt nicht zusammen, wenn sie dann beschwingten Schrittes über die Bühne eilt.

Der Regisseur ward bei dieser Wiederaufnahme nicht gesehen, auch Bühne und Kostüme nicht - man hätte sie sonst in die Flucht geschlagen. So war niemand da, der störte und eine nicht erwartete, geradezu beschwingte Vorstellung konnte gezeigt werden.

Herausragend
Martin-Jan Nijhof als Sarastro - Bühnengestalt, große Stimme, gute Artikulation und kein trippelnder Bass-Buffo. Und ausgerechnet dessen Namen vergisst der Theaterdirektor beim Begrüßungskonzert, dass er laut in die Gasse fragen musste: "wie heißt der?"

Brent Damkier - kein elegischer Lyriker, sondern ein stimmlich herzhaft zupackender, junger Mann - dessen Tamino seit der Premiere gewachsen ist.

Die Pamina von
Katharina Leitgeb - Schöngesang, beherzt, beseelt - wie er sein soll.

Jin-Ho Yoo - der Papageno, Stimme angegähnt mit seiner Papagena der reizenden Ikonka Vöckel - die Publikumslieblinge.

Bemerkenswert der Monostatos von
Karsten Münster. Da liegt er genau richtig, eine Rollengestaltung, die man sie nur selten so prägnant sieht. Beim Caramello ziert er sich sehr - hier ist er knallig der Böse.

Wuselnd die drei Damen - wie aus
Astrid Hofer oder Carmela Forte je eine Carmen werden soll - das weiß vorläufig nur der Regensburger Theaterdirektor.
Adam Kruzel und Markus Herzog beeindruckend als Priester/Sprecher.

Der Chor schön singend, präsent, obwohl zum Stehen verdammt - aber in der 'Flöte' kaum anders zu machen.
Die Bruchbude, in der das Stück spielt und die hässlichen Kostüme - 'schweig mir von dem.'

Trotz des das Auge beleidigenden Bühnenumfeldes, die Damen und Herren sind sehens- und hörenswert.

 

DH
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
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Dieter Hansing