In
seinen 50 Lebensjahren habe Donizetti ungefähr 25 Jahre fast wie am
Fließband 74 Opern komponiert, meinte Dramaturgin Schmid anlässlich
des Einführungsvortrages zum 'Pasquale' - was bedeut habe, dass 5
Opern pro Jahr entstehen mussten. Ein Vertrag z.B. band ihn mit 15 Opern
in drei Jahren.
1843 kam seine komische Oper 'Don Pasquale' in Paris auf die
Bühne, das Libretto von Giovanni Ruffini
sei so sehr verändert
worden, dass dieser sich aus der Produktion zurückzog, aber doch
sein Honorar
für das Libretto erhielt. Hintergrund sei eine ziemlich
undurchsichtige Angelegenheit gewesen,
da der eigentliche Textvorschlag von einem Exilanten stammte, der
aus Italien sich nach Frankreich abgesetzt hatte.
Die Komposition war nach der Überlieferung in elf Tagen fertig - bei
einer Arbeitsleistung von täglich
7
bis 16 Uhr habe Donizetti zuerst nur die Bass- und die Gesangsstimme
notiert einschließlich einiger charakteristischer Bemerkungen zur
Instrumentierung - die Kopisten, Sänger und Dirigenten mussten
sich
sehr gut mit der Kompositionstechnik Donizettis ausgekannt haben, um das
Werk fertig zu stellen und auf die Bühne zu bringen. Immerhin war
die Arie des 'Ernesto' zur Generalprobe noch nicht einmal
Bestandteil der Oper, die langen Gesichter damals deuteten darauf
hin, dass etwas fehlte - 'Ernestos' Serenade rettete dann das Werk.
Jeden Tag musikalische Änderungen bei den Proben - heute weitgehend unvorstellbar,
dass Opern auf diese Weise dem Publikum dargeboten werden.
(Da gibt es Regisseure, die dieses Geschäft heute besorgen,
permanent und auch noch im letzten Moment nach der Generalprobe zu
ändern. (Anmerkung des Beobachters))
'Don
Pasquale', ein wohlhabender Mann in besten Jahren, ist
immer noch Junggeselle - aber an dem
hängt sich die
Regisseurin Doris Buske - (jetzt mit der Aufgabe
betraut, eine richtige Oper, nach den Fingerübungen wie
'Das Medium', zu inszenieren - Anm.) - nicht auf, sondern an der jungen Frau
'Norina', da sie sich mit ihr am ehesten identifizieren,
ja sie, die 'Norina', verstehen könne, die um jeden
Preis
ihren 'Ernesto' heiraten
wolle.
Es gehe nicht
darum, den 'Pasquale' zu verhöhnen. Selbst wenn er am
Anfang das Opfer der
Intrige sei, könne er einem am Ende
nur noch leid tun.
Dass die Darsteller im Stück immer wieder eine andere
'Rolle' spielen, werde in ihrer Inszenierung durch Verkleidungen optisch
unterstrichen und sehr stark benutze sie die auch
tänzerische Bewegungsabläufe, die sie sich schon vorher
genau überlegt habe. Rücksicht habe sie natürlich immer
darauf nehmen müssen, dass bei aller Tanzerei, Sänger
eben auch noch zu singen hätten.
Sehr zu Hilfe sei ihr dabei Technik gekommen, da sie
Proben auf Video aufnehme, um diese dann den Sängern
vorzuführen, um die einzelnen Sequenzen zu besprechen
wie das heute schon im Sport ganz alltäglich sei.
Besonderen Wert lege sie dabei auf Nahaufnahmen, um z.B.
Hände, die sich verkrampfen beim Singen, Falten auf der
Stirn durch die Mimik, Handbewegungen, Armfuchteleien
aufzuzeigen (wäre mal eine Maßnahme im Schauspiel bei
Herr Roczek - Anmerkung des Beobachters) und gerade zu
rücken. Wichtig eben für Sänger und Darsteller im
Allgemeinen, zu sehen wie sie wirken und wie sie beim
Publikum durch ihr Spiel ankommen werden. Seien die
Damen und Herren auch anfänglich zum Teil geschockt
worden vom 'Sich-anschauen', so sähen sie später die
Vorteile dieser Kontrolltechnik, könnten selber
Vorschläge machen, bestimmte Dinge zu ändern und dieses
dann eben zu proben. Bei einer nachfolgenden
Video-Aufnahme sähen die Sänger dann die Veränderung,
die sie u.U. selber vorgeschlagen hatten.
Musikalisch
bedeute dieses Werk für die Reputation Donizettis
sehr viel, meinte der glücklicherweise verlängerte 1.
Kapellmeister Vranos (was würde aus dem Haus, wenn nicht
wenigstens hier Kontinuität herrsche, wenn 'andere'
schon nach woanders schielen, mit Kassel hat es ja nicht
geklappt.)
Herausragend sei die Formung
der Rezitative,
die vom Orchester begleitet würden und nicht mehr von
Tasteninstrumenten, damit
werde die Handlung vom
Orchester kommentiert. Hinzu komme, dass die Rezitative
wie musikalische Nummern behandelt werden, wie gerade
bei der Entschleierungsszene der 'Norina', fast
symphonisch.
Donizetti zeige die Gefühle in der jeweiligen Situation
der Figur, die Unruhe 'Pasquales' in Erwartung des
Kennenlernens der jungen Frau 'Norina' schon in der
Ouvertüre durch die rasch auf einander folgenden Akkorde
oder z.B. die wahre Liebe aufzeigend, "alles legato, dolce, parlando
nur z.B. von einem Violoncello begeleitet."
Kontraste also,
um die Stimmungen zu verdeutlichen wie z.B. bei der
Ohrfeige durch 'Norina', Donizetti entsprechend zu einer
tragische Melodielinie findet.
Nicht zu vergessen sei, dass es sich bei allem um
Belcanto handele - z.B. die Umwandlung der Arie
'Ernestos', die nach einem heftigen Akkord vom Orchester
in ein melodisches Duett übergehe, das nur
aus Sexten und Terzen - nicht Quinten und Quarten - mit
kleiner Besetzung bestehe, um dem Gesang
die entsprechenden Präsentationsmöglichkeiten zu bieten.
Diese sind bei diesem Werk im Original in der italienischen Sprache
besonders gut angesiedelt, wobei
auch die schnellen
Passagen schneller gesprochen werden können als in einer
germanischen Sprache mit den vielen Konsonanten.
Das Stück in deutscher Sprache zu bringen, bietet für
ausländische Ensemblemitglieder aber eine ideale
Möglichkeit für Unterricht in deutscher Sprache.
(Nebenbei, das Italienische ist bei den meisten
ausländischen Sängern auch nicht besser.
Gäbe es heute noch genügend deutsche Sänger, wäre es
für Wiedergaben in deutscher Sprache weniger umständlich.
Außerdem käme so die Göhring'sche Übertitelungsanlage
nicht zum Einsatz - die projizierten Texte stimmen mit
dem Geschehen auf der Bühne ja doch nicht überein, siehe
'Maskenball': "Il conte"
auf der Übertitelung erscheint dann: "Der König kommt."
- Anmerkung des Beobachters.)
Bühnen und Kostümbildner Lichtenberg zeigte auf, wie er
aus seiner Sicht die Ausstattung angegangen sei.
Er wollte es einfach halten, überzeugend die
Kostümierung für dieses junge Ensemble - Commedia
dell'arte sei seine Vorgabe für sich selber gewesen.
Verträumtes, Märchenhaftes habe er sich vorgenommen, zu
zeigen - 'Pasquale' am Rande der Stadt in seiner 'Butze'
mit seinem Neffen 'Ernesto'
in einer WG - merkwürdig
dieser Mensch und Junggeselle.
Aufbauen, verjüngen wolle dieser sich - während seiner Arie
beim Gedanken an 'Norina' und sinnt über Kinder -
in seinem Alter.
Donizetti gibt seinem 'Pasquale' für dessen Musik an
dieser Stelle einen die Aufregung dokumentierenden dreier Takt, den die Titelfigur dann
auch in Bewegung umsetzen könne.
Nur Staffage - mehr oder weniger - sei der Chor in
diesem Werk - Backgrund-Sänger/Innen. er komme leider kaum zur
Geltung.
Warum nun
liebt 'Norina' diesen untätigen, passiven jungen Mann
'Ernesto' ?
Es muss an seiner inneren Ruhe liegen, an seiner
romantischen Einstellung und Ausstrahlung - sie die
Aktive, er der Passive - sie sagt, wo es lang geht,
obwohl sie etwas dusslig ist, sie passt zu ihm -
sie werde die Lampen aufhängen und er weiter den Mond
ansingen.
Die
Ergebnisse der wochenlangen Bemühungen werden gezeigt:
Premiere am 19. Mai 2007,
Theater am Bismarckplatz
Weitere Vorstellungen am 27. Mai,
3./8./9./25./29. Juni,
4./15. Juli 2007,
jeweils 19.30 Uhr
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Die Personen
und ihre Darsteller
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Don Pasquale,
ein alter Junggeselle |
Sung-Heon Ha /
Martin-Jan Nijhof |
Doktor Malatesta,
Arzt, Freund von Ernesto |
Seymur Karimov |
Ernesto, Neffe
des Don Pasquale |
Jung-Hwan Choi
/ Kalle Koiso-Kanttila |
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Norina, ein
junge Witwe |
Yulia Amos / Gesche
Geier |
Ein Notar |
Jong-Il Park /
Christian Schossig |
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Regie |
Doris Buske |
Musikalische
Leitung |
Georgios Vranos
|
Bühne und
Kostüme |
Frank
Lichtenberg |
Dramaturgie |
Christina
Schmidt |
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Als Premieren-Abonnent
Theater Regensburg und Abnehmer von Karten aus dem freien Verkauf
veröffentliche ich auf dieser privaten Homepage meine
Meinung. Ich
verstehe die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu
Geglücktem oder Misslungenem. Neben Sachaussagen enthalten die
Texte auch Überspitztes und Satire. Für diese nehme ich den
Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch. In die
Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare
herauszufordern. Dieter Hansing
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