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Während die originäre John-Gay-Fassung unverhohlen das brutale
Profitstreben des Unternehmers durch Spott kritisierte,
thematisiert Brecht - schon 1928 - die heute aktueller den je
anfallenden kriminellen Unternehmungen der Räuber in Großkapital und
Banken, die Bestechungsskandale von Staat und Politiker wie
Vorständen und Aufsichtsräten, den Waffenhandel und die
angezettelten Kriege.
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Bundesrechnungshof rügt KfW
Die KfW steht
weiter unter Beschuss: Jetzt übt der Bundesrechnungshof
harsche Kritik an der Staatsbank. Den Prüfern zufolge wurde
die KfW ihrer Verantwortung als Förderinstitut des Bundes
beim Absturz der Düsseldorfer IKB nicht gerecht.
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Steinbrück will Bankmanager für Fehler haften lassen
Er hat die
Spitzenmanager deutscher Banken nach Berlin bestellt - und
drängt auf strengere Gesetze: Finanzminister Steinbrück will
die Spekulation auf den Finanzmärkten deutlich beschränken.
Im Bundestag verurteilte er das "wahnsinnige" Streben nach
Rendite.
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Ein Hedgefonds namens USA
Für ihren Plan, der Wall Street ein
700-Milliarden-Dollar-Paket maroder Papiere abzukaufen,
wird die US-Regierung heftig kritisiert. Dabei kann das
Engagement durchaus rentabel sein - wenn der Preis
stimmt. Immer mehr Hedgefonds machen vor, wie es geht.
Die Pointe: Vom Rettungsplan kann diese Branche so oder
so profitieren.
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Brecht nimmt in seinen Texten immer wieder Bezug
auf die Bibel. Zitate aus ihr werden verwendet, schon Peachum tritt
mit einem Morgenlied auf den Lippen vor das Publikum:
"Wach' auf du verrotteter Christ!"
Verbindungen werden hergestellt wie zu jenem Donnerstag, da Jesus
von
Judas
verraten wurde - hier ist es Jenny, die
ihren Macheath zum dritten Mal verrät und dem am folgenden Freitag
der Tod durch Erhängen droht.
Die Hochzeit im Stall erinnert an Bethlehem und die drei Weisen sind
die Leute von Mackie Messer, die mit Gaben zu ihm kommen.
Und in Regensburg betet
Frau Peachum
fehlplaziert: "Komm Herr Jesus sei unser
Gast!"
Brecht 'montiert gestohlene' Vorlagen zu einer eigenen Text-Version,
die ohne die Komposition von Kurt Weill niemals die Wirkung als
'Stück mit Musik' hätten erzielen können.
Kurt Weill verwendet die unterschiedlichsten
Stilrichtungen, auch um sich Brechts Texten anzugleichen - er
vermischt in seiner Musik zur 'Dreigroschenoper' Elemente aus Jazz
und Tango, Blues und Jahrmarkts-Musik und garniert sie mit
ironischen Seitenhieben auf Oper und Operette. Eine Musiknummer, der
Morgenchoral des Peachum, wurde aus der Vorlage von Johann Christoph
Pepusch übernommen. Einarbeitet sind Balladen nach François Villon (u.a.
Ballade, in der Macheath jedermann Abbitte leistet, Ruf aus der
Gruft oder Die Zuhälter-Ballade) und Rudyard Kipling (Der
Kanonensong).
Nicht nur, dass
ein Werk mit so neuartiger Konzeption die Bühnen erobert, es folgen
sehr schnell Schallplattenaufnahmen, an der namhafte Interpreten
beteiligt sind.
Die Moritat singen u.a. Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Duke
Ellington, Bing Crosby, Errol Garner, Frank Sinatra, Hildegard Knef,
Helge Roswaenge, Wolfgang Neuss, René Kollo, Udo Lindenberg und Max
Raabe.
Obwohl die Kritiken 1928 teilweise alles anders als wohlwollend
sind.
Der eine nennt das Stück eine literarische Leichenschändung, der
andere spricht von Wagemut, Temperament, Angriffslaune wieder ein
anderer meint, in dem Stück stehe alles verständnislos der Gegenwart
gegenüber. Im Übrigen flüchte man in die Vergangenheit.
Die Dreigroschenoper ist gerade heute nein zeitkritisches
'Gesamtkunstwerk', das beim Publikum auch in den Details haften
bleibt.
Brecht macht in
seinen Anmerkungen zur 'Dreigroschenoper' genaue Vorgaben für die
Regie, die Darsteller, das Bühnenbild.
Im Laufe der nunmehr 80 Jahre nach der Uraufführung - Frau
Chefdramaturgin Bernau hatte sich während der Einführungsmatinee am
21.9.2008 verrechnet, sie kam nur auf 70 Jahre. Das Ensemble konnte
den Fehler schnell korrigieren - verändert sich die Sichtweise.
Nach der Machtübernahme Hitlers darf das Stück nicht mehr gegeben
werden - doch findet es den Weg in die Öffentlichkeit über die
Ausstellung 'Entartete Kunst', bei der Teile von Tonträgern dem
Publikum vorgeführt werden - mit entschieden anderem Erfolg, als was
die Partei erreichen wollte.
1945 spielt man in Berlin - mit Hubert von Meyerinck als
Macheath - zum ersten Mal wieder 'Die Dreigroschenopfer' - 1946 in
Prag, 1949 in München, 1954 mit Lotte Lenya als Jenny in New York,
1956 inszeniert Giorgio Strehler in Mailand.
Die so genannte 'DDR' okkupiert das Stück mit der Kritik am Westen,
für den Osten sei es museal.
Das
Neue Deutschland
schreibt, die 'Dreigroschenoper' sei das Werk eines Moralisten,
eines Hassers des Bürgertums, doch nicht das Werk eines Marxisten.
Die FAZ meint, sie sei ein klassisches Stück, sie eigne sich wenig
für neuere Interpretationen, da der Westen sich selber für intakt
halte. So wurde ein Unterhaltungsstück gegeben.
Erst in den späten 60-er Jahren werden beispielsweise Bilder aus
Vietnam oder aus der Nazi-Zeit eingefügt und das Augenmerk richtet
sich mehr auf die Politik.
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Und da fragt
man -
was soll man dazu sagen
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In Regensburg ist das Highlight des Abends -
allerdings außerhalb des Zugriffs der Regie - wieder einmal die
Verteilung von in 'Wurstpelle' verpackten Blumen durch die Vertreter
der 'Theaterfreunde' an das im Stück beschäftigte Personal. Bei der
'Dreigroschenoper' dauert die Prozedur lange, glücklicherweise nicht
zu lange, denn viele Darsteller haben mehrere Rollen übernommen, so
dass immer nur ein Gebinde übergeben werden muss.
Der ganze Vorgang mutet sehr sozialistisch an - 'Die Linke' ist
nicht mehr fern.
Wer möglicherweise auch am 31. August 2008, dem
Jahrestag der Uraufführung oder wann sonst auch immer, die
Wilson-Produktion am BE gesehen hat, fragt warum nun hier das Stück
und nur, um es zu konstatieren, dass die Wilson-Ästhetik nicht zu
schlagen ist.
In Regensburg: Auftritt der Truppe, Akten werden geschreddert, eine
Putzfrau sucht, die Schnipsel aufzusaugen, hebt noch verbliebenen
ganzen Bogen auf, liest die Moritat.
Die Peachums, Blick ins Publikum nach dem Mann mit dem Armstumpf,
Bürosessel, P-e-a-c-h-u-m, Einkleidung Filch, "und der Mond noch
wächst" mit Blick auf Peachums sich nicht erhebendem Hosenschlitz.
Aha!
Polly im Einkaufswagen, Eintreffen der Wohnungseinrichtung, Kaviar
aus Dosen, statt vorgegebener Lachs, 'Pfarrer Blumenschein'
bekommt unter der Soutane einen geblasen, ohne Reaktion zu zeigen ,
"kann ich mal ein Mikro haben" - "und das Schiff mit acht Segeln"
bleibt ohne Reaktion des Publikums, 'Kanonensong'
ohne Applaus - das doch wohl bezeichnend!
Es kann sich
kein großer Bogen entwickeln, die Sache verfuzzelt in Details (Peek
und Cloppenburg), Requisiten zu den bereits vorhanden hinzugeschoben,
die Bühne füllt sich.
Auch "Der Mond über Soho"
verfehlt seine Wirkung.
Das Publikum findet keinen Zugang zur Darstellung der Handlung.
'Barbara-Song' -
erst als Polly über die Zuschauer steigt, reagieren die Regensburger
auf diese plumpe Anmache.
Und natürlich die Publikumsreaktion, wenn die Herkunft
'Prenzlauer Berg'
auf breiteste Weise, laut und deutlich mit
"Was denkst du dir
eigentlich" nicht zu verleugnen
ist.
"Muss es ausgerechnet ein Pferdelagerer und Wegedieb sein".
(Probengag?)
Doris Dubiel
zieht das Ganze hier wie damals als 'Mutter Pinneberg' oder 'die
Tödin', nicht als 'Courage' und nicht als 'Zahnt', kaum als 'Frau
Marthe', da ihr wesentliche Textpassagen gestrichen wurden.
Die Verhältnisse in Regensburg, sie sind nun einmal so!
Langbeinige Nutten, "die sexuelle Hörigkeit" - Jenny zutzelt so
hübsch bei den 'S', wie "Litht eineth Weibeth".
Das "Bordell, wo unser Haushalt" war, wird vom Publikum kaum
wahrgenommen.
An der 'Ballade vom angenehmen Leben' kamen dann die Regensburger
doch nicht vorbei, man wurde langsam warm, fand den Faden.
"Was woar nacha des?" - das kam den Stadt- und Landbewohnern bekannt
vor.
"Komm' heraus, du Schönheit von Soho" -
Was wollen schon Lucy und Polly, die beiden Tauben gegen 'Berlin
Mitte' - "Und gleich zwei hat er dabei, dieser ....".
Zweites Finale - "... denn wovon lebt der Mensch?"
Hier Applaus, es ging ja in die Pause.
Etliche der
Zuschauer nutzten die Unterbrechung und verließen das Velodrom.
Danach
"Hast du Rose
gekriegt, gibst du ein Euro".
Peachum als Moderator:
Je weniger Münzer an der Rolle kleben muss, desto stärker tritt er
hervor und so geht's zur
'Kaffeefahrt mit
Celia'.
"Stellen
sie sich auf die Steinerne Brücke und sie kriegen gleich einen
Euro!"
Und dann wieder sie: "Wolln'se 'n Kaffee oder 'ne Nutte?"
'Lied von der Unzulänglichkeit' fanden dann die Regensburger dann
auch ganz nett,
dem Vorgang konnten sie folgen.
"Der Mensch ist gar nicht gut", der 'Salomo-Song' - beide ohne
Reaktion aus dem Saal.
Die Damen treten per se
deutlicher hervor.
'Mac' - der Kaiser soll's nun sein?
Da haben Palletschek mit nichts an Text mehr und Blumenschein in
jeden Falle von sich aus schon.
Die Inszenierung liegt im Argen, es soll wohl alles 'jetzt' sein,
stärkere Bezüge werden aber nicht hergestellt, die Lage der Nation
bleibt unberücksichtigt, gehängt aber werden soll, des Königs
reitender Bote erscheint nicht, es zu verhindern - wie nun?
Das Hier und das Heute?
Aus London so eine Art 'Tagesschau', zugeschaltet Herr Deppendorf
(ha, ha) im Gespräch mit Macheath, der verkündet, alte Seilschaften
seien in höchster Not wichtig.
Der Einheitstopf, ein Eintopf - alles in einem - keine Trennung
zwischen erhobenem Zeigefinger und dem Stück in London mit
Königin-Krönung.
Auch oder gerade ein armes Theater kann hier beispielhaft wirken -
die 'Brecht-Gardine' gäbe es vor.
Höbe man das Ehepaar Peachum als 'speaker' heraus, gruppierte im
Zuspielen die anderen Darsteller hinzu - hätte man sehr leicht den
Bruch, der notwendig ist zur Abgrenzung der einen Ebene zur anderen.
Aber in Regensburg hat man ja schon wieder Frau Petra Wüllenweber
als Regisseurin.
"Passt schon - merkt eh' keiner!"
Ist man mit dem Stück nicht vertraut, ist alles schwer verständlich.
Verwirrung zusätzlich gestiftet für jene, die gänzlich unvorbereitet
kommen.
Sperrig, hakig der Ablauf- der Zugang wird nicht bereitet,
Möglichkeit für Erläuterungen durch Projektionen werden spärlich
genutzt.
Es hängt alles, schleppt dahin, das Ensemble bemüht sich wohl um
einen eigenen Spaß.
Da fehlte, wie zu vermuten ist, die, in jeder Hinsicht, kreativ
ordnende Hand der
Regie von Frau Wüllenweber.
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