Die Stadt hatte geladen, um den Medien
und damit der Öffentlichkeit mitzuteilen, was die
Kulturhauptstadtprotagonisten der Stadt Regensburg in der nächsten
Zeit - für die verbleibenden 1 1/2 Monate - geplant haben. Gezielt
werde in Richtung Berlin, weil dort die Musik spiele, aber auch die
Regensburger sollen nicht leer ausgehen.
Für Februar sei hier etwas
geplant, über das man noch nicht reden könne.
Damit liegen sämtliche Beteuerungen der Stadt, es gäbe in Zukunft
gegenüber der Bevölkerung keine Geheimniskrämerei mehr, schon wieder
ad acta.
Es könne dafür aber heute vorgestellt werden, was für die
abschließende Präsentation am 10.02.05 in Berlin vorgesehen sei.
Nach den Vorstellungen des Projektes in der Bayerischen Vertretung und dem
Konzert der Regensburger Domspatzen in der St. Hedwigs-Kathedrale in
Berlin solle noch über eine andere 'location' Regensburg mit seiner
Bewerbung 2010 in die Welt getragen werden.
Ausersehen sei hierfür Frank Castorf's 'Volksbühne' am
Rosa-Luxemburg-Platz, die nach Meinung von OB Schaidinger einen
gewissen Kultstatus habe und kein geringerer als Christoph
Schlingensief solle ein Stück über Regensburg schreiben, für die
Besetzung sorgen und selber inszenieren. Schlingensief sei gewählt
worden, da es - nach Meinung Schaidingers - ein guter Name sei
und aufhorchen lassen werde.
Man sei auf diese Lösung gekommen, da - nach Meinung des
'Fünferrates' Bisheriges in der Vergangenheit - so auch das Konzert
der Domspatzen, obwohl sie auch Musik des 20. Jahrhunderts gesungen
haben - andocke und man jetzt einen starken Sprung machen müsse,
eine Brücke zu schlagen zur Gegenwart.
Und Christoph Schlingensief,
ein Mann des Film, des Theaters und der Bildenden Kunst - erscheine
dem 'Fünferrat' als eine ideale Figur,
um die Gegenwart in Regensburg zu verankern.
Karlheinz Schmid
Agentur Lindinger und Schmid:
Schlingensief wird nicht ein Stück projizieren, sondern er will ein
Stück entwickeln aus Regensburg, aus der bayerischen Geschichte
heraus, d.h. es ist eine Auseinandersetzung mit dem Mythos Bayern,
ganz bewusst der Versuch, sich auf ein Land einzulassen, das nun
auch voller Klischees steckt, wie wir wissen, auch auf eine Region,
auf eine Stadt sich einzulassen, die er kennt, er war wiederholt in Regensburg, die ihm aber natürlich als Außenstehenden
nicht so vertraut ist, wie uns, die wir hier leben.
Schlingensief
will versuchen - zum Teil auch mit Filmmaterial, das in den nächsten
Wochen in Regensburg noch hergestellt wird - eine Inszenierung zu
machen, die zu einer hohen Dichte, zu einer hohen Bilderdichte
führen wird d. h. also das Schauspiel auf der Bühne wird noch einmal
überlagert von Filmen, von Filmmaterial, ebenfalls in Regensburg
produziert, so dass wir also ein Werk erhalten werden, das natürlich
sich nicht annähernd mit dem vergleichen lässt, was in Bayreuth von
ihm inszeniert wurde, ich sage Stichwort 'Parsifal', sondern es geht
nur um die Technik, die sich in gewisser Weise auch bei unserem
Stück Regensburg zeigen wird. Es gibt einen Arbeitstitel, der heißt
typisch Schlingensief: 'Mir san mir', also er gibt damit natürlich
durchaus ein ...
Einwurf Schaidinger:
.. was auch missverstanden werden könnte, sollte es aber nicht.
Karlheinz Schmid:
... er gibt damit natürlich eine Denkrichtung vor, also ich denke
das passt ganz gut zusammen, der selbstbewusste Schlingensief auf
der einen Seite, andererseits eine Stadt wie Regensburg, die ja
nun auch in den Wettbewerb recht mutig hinein gegangen ist und die
auch zunehmend in den letzten Wochen - haben wir es ja gemerkt -
guten Grund hatte, sich stolz darzustellen, denn wir haben ja auch
viele Reaktionen in der Projektleitung erhalten und haben erfahren,
dass es die richtige Entscheidung war, diese Aufgabe anzunehmen und
wir alle wissen natürlich - sowohl Herr Schlingensief, als auch wir
in der Projektleitung gegen das Zeitproblem ankämpfen, denn die Jury
taucht im Februar bereits in Regensburg auf - wie Sie wissen - und
insofern haben wir natürlich alle jetzt ein großes Problem zu
meistern.
Schlingensief - wie gesagt, ich würde Ihnen schon gerne mehr
verraten - ist aber - hat sich aber im Moment zurück gezogen, ist im
Moment intensiv damit beschäftigt, das Stück zu schreiben d.h. es
gibt keinen Text dafür - kann Ihnen leider nichts zukommen lassen -
es wird aber eine Auseinandersetzung eben mit Regensburg sein, es
wird nicht nur affirmativer Art sein, das ist auch klar, wir haben
ihn ja nicht mit diesem Auftragswerk versorgt, indem wir gesagt
haben, wir hätten jetzt gerne eine möglichst polierte Darstellung
von Regensburg, da werden sicherlich auch ein paar kritische
Seitenhiebe sein, da wird auch das ein oder andere Augenzwinkern von
Schlingensief wohl eingesetzt werden, denke ich, aber ich glaube,
eine Stadt, die Kulturhauptstadt Europas sein will, die muss das
ertragen, die muss das aushalten, die muss damit umgehen können, das
ist ja eben auch diese Portion Humor, die der Veit Loers besonders
immer wieder einfordert, die heute in der Kultur mehr denn je
erforderlich ist bei all dieser Ernsthaftigkeit, die wir da finden.
Ich denke dass der Schlingensief auch deshalb, der Richtige ist,
weil er sofort instinktiv verstanden hat, was wir meinen, als Gabi Lindinger und ich auf ihn zukamen. Er hat nämlich gesagt, wir setzen
das auf einer Drehbühne um. Das kam ganz spontan und ganz schnell,
er sagte nämlich, nachdem wir gesagt haben, Regensburg verstehen wir
als Drehscheibe in Richtung Mittel- und Osteuropa, kam von ihm sehr
schnell der Nachklatsch, das setzen wir auf einer Drehbühne um.
Das finde ich eigentlich sehr schön, als direkte Bildübersetzung,
hat natürlich eben auch dazu geführt, der Oberbürgermeister sagte es
ja wohl bereits, dass wir eben nicht in die Bayerische Vertretung
gehen konnten, denn dort die Drehbühne aufzubauen, was man ja
durchaus machen kann aus technischen Gründen wärs ja keine
Schwierigkeit, würde aber bedeuten, wir würden die ganze Bayerische
Botschaft mit der Drehbühne bereits füllen und hätten keinen Platz
für Zuschauer. Insofern war es natürlich naheliegend zu sagen, wir
müssen ein Theater in Berlin nehmen und möglichst eben auch eins zu
nehmen, das bereits über diese Drehbühne verfügt.
Schlingensief ist seit 1996
Hausregisseur in der 'Volksbühne', d.h. er kennt da jeden Scheinwerfer
und das ist natürlich ein großer Vorteil, den wir jetzt nutzen
müssen. Gerade hat Frau Lindinger tagelang in Berlin
herumtelefoniert, alle Theater durchtelefoniert, weil wir versucht
haben einen anderen Ort zu finden, das bisschen mit Herrn Moosburger
auch zu tun, der nun auch ein Projekt in Vorbereitung hat, das dann
auch Anfang Februar in Berlin vorgestellt werden soll und wir
wollten gerne andocken, wollten das an einem Tag haben, aber das
ließ sich so nicht realisieren, eben weil am 3. Februar - das war
der zunächst geplante Termin - eben die Volksbühne frei war das ist
bereits bereits eine andere Premiere an dem Tag und insofern kamen
wir auf den 10. Februar.
Gut. Im Moment - wie gesagt - kann man zum Inhalt noch nicht viel
sagen Schlingensief, als dass wir sagen können, Schlingensief setzt
sich also mit dem Mythos Bayern auseinander, wird stark auf
Regensburg reagieren, wird ein Stück schreiben, das mit unserer
Stadtgeschichte zu tun hat, das eben auch bis in unmittelbare
Gegenwart hineingehen soll und es soll auch, soviel kann man auch
sagen, nicht frei sein jetzt von persönlichen Beobachtungen.
Schlingensief möchte sich selber einbringen, wie er es ja nun ganz
oft bei seinen Filmen und auch seinen Theaterstücken macht - es soll
schon auch das unmittelbar von ihm selbst Erlebte oder Empfundene
sein, das sich in dem Stück dann äußert, also es ist keine pure
Umsetzung von Stadtgeschichte oder von Persönlichkeiten, die wir
hier in dieser Stadt finden, gleichwohl hat er den Oberbürgermeister
eingeladen, in seinem Stück als Schauspieler aufzutreten. Also Hans
Schaidinger wird uns in diesem Stück - wenn alles gut geht - auf der
Bühne begegnen.
Einwurf Schaidinger:
Ich hab' aber die Rolle noch nicht gesehen.
(Allgemein schallendes Gelächter - vornehmlich von Frau Lindinger)
DH - nach Stenogramm
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