Der Blick des kritischen Beobachter zurück:
'Mond' in Coburg
'Carmen' in Pforzheim
'Cosi' in Trier
'Rosenkavalier', 'Don Carlo', 'Mahagonny',
'Fidelio', 'Kleinstädter', 'Colier des Todes',
'Hutmacher' - alles Inszenierungen, die das
jeweilige Stück zeigen.
Nun auch 'Der Barbier von Sevilla' am Landestheater
in Salzburg in der Regie des Regensburger
Theaterdirektors Ernö Weil.
Es stimmt bedenklich, dass dem Regensburger Publikum
mit der Verpflichtung externer Regisseure immer
wieder irgendwelche, obskure Deutungen der
Weltliteratur auf die Bühne der Oberpfälzer
Metropol-Theaters gebracht werden dürfen.
Er, der Regensburger Prinzipal, hält sich zwar auch
nicht gänzlich an die Vorgaben der Stücke, setzt das
von ihm Erfundene dann um, lässt aber Regie-Gästen
am eigenen Haus völlig freien Lauf.
Damit meint er wohl, der 'Moderne' - was immer das
sein soll - sei in Regenburg Genüge getan worden.
Erinnert sei in dem Bezug an die 'Manon' in der
Regie von Gregor Horres und die 'Norma' durch
Norbert Lummer.
Die Internetseite des Oberpfälzer Metropol-Theaters
Regensburg gibt noch immer die Unwahrheit bezüglich
dessen wieder, was bei der 'Manon' auf der Bühne
geschieht:
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Hätte sie
darauf verzichtet, ihren Schmuck zusammenzupacken,
als die Polizei auf Veranlassung Gerontes vor ihrer
Tür erschien, wäre sie der Verhaftung und
anschließenden Deportierung möglicherweise
entgangen. Doch so endet sie mit Des Grieux in einer
endlosen Wüste Amerikas.
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So wird die Bevölkerung in
die Irre geführt, denn Gregor Horres lässt Des Grieux und
Manon in einer Kneipe sterben, in einer Kneipe, in der an
den Wänden Regale voller Flaschen stehen, mit deren Inhalt
der Tenor die Primadonna hätte vor dem Verdursten bewahren
können - hielte man sich an das, was vorgeben ist.
DES GRIEUX
mit tiefer Traurigkeit und mutlos
Ach keine Quelle
Quoll bei der Hütte
Und nicht ein Tropfen
Fiel aus den Wolken.
Wie auch mein Auge spähend sich mühte!
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Ernö Weil
lässt dem Salzburger Ensemble freien Lauf -
oder lebt das erst auf, nachdem der Regisseur abgereist ist?
Manches endet in hochgradiger Turbulenz - das Publikum ist
von der Umsetzung aber angetan - das 'Verheutigen' reduziert
sich auf Ansätze in der Personenführung und in den Kostümen.
Figaro radelt zu seiner Kavatine herein, im Rüschenhemd, das
zusätzlich unterstreicht, er ist gut durch den Winter
gekommen.
Almaviva ein wenig gräflicher Protagonist - ein gut
betuchter Rocker in weißem Straßenanzug.
Rosina im Babydoll mit Stiefeletten am Ende der schönen
Beine, dann im fein plissierten cyclamfarbenen Kleidchen und
im weißen Brautkleid.
Marzellina - im blauen Straßenkostüm - die elegante Hausdame
- im Arm von Dr. Bartolo dann auch in weißer Brautspitze.
Dr. Bartolo, ein Jurist im Bürooutfit, dem zum Schluss die
Marzellina bleibt.
Don Basilio - der intrigante Priester - in der typischen
Priestergewandung.
Bedienstete im Hause des
Dr. Bartolo in gestreifter Weste, die Musikertruppe in
Schlaghosen, die Soldaten in Phantasie-Tarnanzügen mit den
unvermeidlichen Kalaschnikows - zwei aus der Truppe schweben
aus dem Schnürboden herab.
Dass diese so genannte 'Verheutigung' nicht zum Stück passt,
zeigt die Einquartierung mit 'Heute kommen neue Truppen' -
wo gibt es heute noch die private Unterbringung von
Soldaten?
Passt wieder mal alles nicht, wenn man das Stück übers Knie
bricht.
Ganz entscheidend für das dann Doch-Gelingen der Produktion
ist das Bühnenbild von Karin Fritz.
Im Vorspiel und während der Entrada ein sich drehender
übermanns hoher Container, Wolken ziehen projiziert über den
Gazevorhang hin, Marzellina, Bartolo und Basilio erscheinen
in Türöffnungen, dann zeigt sich Rosina unten, hinter
Persianas - aus sonnenbestrahlten Ländern bekannt - wie aus
einem Gefängnisfenster, es öffnet sich eine Klappe im oberen
Teil, zwei Damenbeine erscheinen, die an einem zuvor
heruntergelassenen Schal sich 'abseilen' wollen.
Der Vorgang muss wegen unerwarteter 'Passanten' abgebrochen
werden.
Da werden plötzlich die Wände des Containers von innen
aufgedreht und es zeigt sich das Interior eines
Einfamilienhauses wie es auch in 'Schöner Wohnen' zu
besichtigen wäre.
Auf zwei Ebenen läuft das turbulente Spiel ab, die
SängerInnen können über Treppen in das obere Geschoss und
wieder hinunter auf einer anderen In-Haus-Treppe gelangen -
auf der Empore wird beispielsweise zur Rosina-Arie gerade
der Fußboden geputzt und Bartolos Mündel traktiert "wie eine
Viper" die aufwischende Putzfrau.
Im zweiten Teil ist der Würfel nach hinten gekippt - die
Welt hat sich verändert - so dass die obere Ebene leider
nicht mehr im Spiel ist, es musste Platz geschaffen werden
für einen Flügel, auf den der vermeintliche Musiklehrer
Basilio einhämmert.
Während der Gewittermusik kämpfen sich Gestalten gegen 'Wind
und Regen' über die Bühne - es hellt sich auf und Rosina
sitzt im Brautkleid in Erwartung des von ihr nun als Gatte
gewünschten Dr. Bartolo und der angekündigten Diebe Almaviva
und Figaro auf der Treppe - mit einer Knarre 'im Anschlag'.
Alles wird gut!
Auch in dieser überaus gut besuchten
Nachmittags-Vorstellung. Das Publikum dankte dem Ensemble
herzlich.
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Ein
gut gelauntes, spielfreudiges Sängerensemble hatte seine
Mühe mit dem davon eilenden Dirigenten.
Ole Rudner war der Meinung, seinen Willen durchsetzen zu
müssen, statt miteinander zu musizieren.
Es klapperte gewaltig. Tempi waren wohl nicht abgestimmt
bzw. wurden nicht eingehalten.
Hinzu kam, dass er wenig Rücksicht nahm auf die Sänger, die
zumindest im Rang permanent laut und deutlich vom
Orchesterklang zugedeckt wurden.
Eric Laporte als Almaviva griff in der hohen Lage
gelegentlich zum bewährten hellen Knödel, hielt damit die
Töne in der richtigen Balance - nicht gerade ein Tenore die
grazia - kein Flórez und kein junger Wunderlich, sondern ein
kraftvoller Spieltenor.
Der Figaro von Paolo Rumetz - souverän, stimmlich
problemlos, "männlich und mächtig", ein 'Luna' ist hier
schon hörbar.
Damon Nestor Ploumis, mit flauschiger Tongebung, dafür im
Spiel kernig, sportlich - nicht der üblicherweise 'alte
Trottel', kaum zu glauben, dass Rosina ihm, diesem Dr.
Bartolo, auskommt.
Elvira Fatykhova macht als Rosina im Spiel eine überaus gute
Figur, die Koloraturen blitzen - leider, wenn sie zu viel
Gas gibt, ist ein 'weißes Überstrahlen' nicht zu überhören.
Schön der bassige Klang von Krzysztof Borysiewicz als Don
Basilio - prachtvoll gesungen die Ankündigung der
Verleumdung, die ein Lüftchen.
Astrid Monika Hofer (wo kommt denn die Monika auf einmal
her, für das Regensburger Engagement reichte noch Astrid
alleine) schmollte, dass der Alte sich vermählen wolle, rund
und gesund klingt die Stimme bleibt sie in in ihrer
natürliche Lage.
Die Herren Franz Supper als Fiorillo, Bogdan Dukow als
Ambrosio und Rudolf Pscheidl füllten da auf, wo die übrigen
Solisten Platz gelassen hatten, so dass eine 'geschlossene
Gesellschaft' mit Chor eine muntere Vorstellung bot. |