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      Zitat 
		 
		Über die Aufführung des »Tannhäuser«. 
		 
		Eine Mittheilung an die Dirigenten und Darsteller dieser Oper. 
		 
		Eine nicht geringe Anzahl von Theatern geht mit dem Vorhaben um, in 
		nächster Zeit meinen »Tannhäuser« zur Aufführung zu bringen. Dieser 
		unerwartete und von mir keinesweges veranlaßte Fall läßt mich zunächst 
		das Hinderliche des Umstandes, daß ich den Vorbereitungen zu den 
		beabsichtigten Aufführungen nicht persönlich beiwohnen kann, so stark 
		empfinden, daß ich eine Zeitlang sogar im Zweifel war, ob ich meine 
		Zustimmung zu jenen Unternehmungen für jetzt nicht gänzlich versagen 
		sollte. - Wenn das Werk des Künstlers erst da seiner wirklichen 
		Ausführung entgegengeht, wo es zur unmittelbaren Darstellung an die 
		Sinne vorbereitet wird; wenn demnach der dramatische Dichter oder 
		Musiker erst da seine entscheidende Wirksamkeit auszuüben beginnt, wo er 
		seine Absicht den künstlerischen Organen, die sie verwirklichen sollen, 
		zur innigsten Kenntniß zu bringen hat, um, von ihnen vollkommen 
		verstanden, die verständlichste Darstellung durch sie zu ermöglichen: so 
		ist nirgends diese letzte Wirksamkeit ihm unerläßlicher, als bei Werken, 
		bei deren Abfassung von der üblichen Darstellungsweise durch die einzig 
		vorhandenen künstlerischen Organe abgesehen, und für die ihnen nöthige 
		Darstellungsweise dagegen eine bisher noch ungewohnte und unausgebildete 
		Auffassung des Wesens des betreffenden Kunstgenre's in das Auge gefaßt 
		worden ist. Niemandem kann dieß klarer geworden sein als mir, und es 
		gehört zu den größten Peinigungen, die ich in neuerer Zeit empfinden 
		mußte, daß ich bei den stattgefundenen einzelnen Versuchen, meine 
		dramatischen Arbeiten aufzuführen, nicht zugegen sein konnte, um über 
		unendlich mannigfaltige Einzelnheiten, aus deren genauer Beachtung erst 
		eine durchaus richtige Auffassung des Ganzen von Seiten der 
		darstellenden Künstler möglich wird, mit den Betreffenden mich zu 
		verständigen. 
		Wenn nun überwiegende Gründe mir anriethen, dem Versuche weiterer 
		Aufführungen meiner früheren Werke nicht unbedingt hindernd 
		entgegenzutreten, so geschah dieß im Vertrauen darauf, daß es mir 
		gelingen werde, durch schriftliche Mittheilung an die betreffenden 
		Dirigenten und Darsteller die Unmöglichkeit mündlicher und persönlicher 
		Einwirkung nach Kräften auszugleichen. Die Zahl der Theater, die sich 
		mir für den »Tannhäuser« meldeten, hat sich aber kürzlich so ansehnlich 
		vermehrt, daß Privatmittheilungen an jeden einzelnen Dirigenten und 
		Darsteller mir zu einer ermüdenden Last werden müßten, und ich ergreife 
		daher den Ausweg der gegenwärtigen summarischen Mittheilung, die ich in 
		Form einer Broschüre zunächst an alle Diejenigen richte, deren 
		Verständnisse und gutem Willen ich mein Werk anzuvertrauen habe. 
		 
		Die musikalischen Dirigenten unserer Theater haben sich fast durchgängig 
		gewöhnt, die Scene und die für sie zu treffenden Anordnungen gänzlich 
		ihrer Aufmerksamkeit entzogen sein zu lassen; dem entsprechend 
		beschränken sich unsere Regisseure einzig auf die Scene, mit völligem 
		Außerachtlassen des Orchesters. Aus diesem Übelstande ergiebt sich die 
		innere Zusammenhangslosigkeit und dramatische Unwirksamkeit unserer 
		Opernvorstellungen; in ihnen hat sich folgerichtig der Darsteller der 
		Beachtung irgend welches Zusammenhanges eines Ganzen entwöhnt, und in 
		seiner vereinsamten Stellung dem Publikum gegenüber bis dahin verbildet, 
		wo wir ihn jetzt als absoluten Opernsänger angelangt sehen. Betrachtet 
		der musikalische Dirigent das Orchester als eine Sache ganz für sich, so 
		kann er seinen Maaßstab für das Verständniß desselben nur den Werken der 
		absoluten Instrumentalmusik, der Symphonie, entnehmen, und Alles was von 
		den Formen dieses Genre's abweicht, muß ihm unverständlich bleiben. Das 
		von diesen Formen Abweichende ist aber gerade das, was in seiner 
		besonderen Form durch einen Handlungs- oder Gefühlsvorgang auf der Scene 
		bedingt wird, seine Erklärung somit nicht aus der absoluten 
		Instrumentalmusik, sondern eben nur aus jenem scenischen Vorgange finden 
		kann, und der Dirigent, der sich die genaue Beachtung desselben entgehen 
		läßt, wird daher in den betreffenden Stellen nur willkürliche 
		musikalische Züge erkennen, und durch seine willkürliche, rein 
		musikalische Deutung, in der Ausführung sie in Wahrheit auch dazu 
		machen: denn ihm fehlt das Maaß, nach welchem er genau wiederum die rein 
		musikalische Essenz jener Züge zur Darstellung zu bringen hat, er wird 
		somit im Zeitmaaß und Ausdruck sich - vergreifen. Dieser Erfolg genügt, 
		um wiederum den scenischen Dirigenten und Darsteller für das von ihnen 
		Darzustellende der Art zu beirren, daß sie, das Band des dramatischen 
		Zusammenhanges zwischen Scene und Orchester verlierend, und jeden 
		Zusammenhang endlich ganz aufgebend, sich ihrerseits nun zu 
		Willkürlichkeiten anderer Art in der Darstellung veranlaßt fühlen, die 
		in ihrer ganzen wunderlichen Übereinstimmung die stereotype Konvention 
		der modernen Operndarstellung ausmachen. 
		Es liegt auf der Hand, daß geistvolle dramatische Kompositionen auf 
		diese Weise bis zur vollsten Unkenntlichkeit verstümmelt werden müssen; 
		es ist aber auch ebenso gewiß, daß selbst die seichtesten moder-nen 
		italienischen Opern in der Darstellung außerordentlich gewinnen würden, 
		wenn dabei jener Zusammenhang, der selbst in diesen Opern (obgleich nur 
		in den groteskesten Zügen) noch vorhanden ist, zur Geltung käme. Ich 
		erkläre aber, daß eine dramatische Komposition wie mein »Tannhäuser«, 
		deren einzige Wirkungsmöglichkeit lediglich in jenem Zusammenhange 
		zwischen Scene und Musik beruht, geradesweges umgebracht wird, wenn das 
		von mir gerügte Verfahren der musikalischen und scenischen Dirigenten 
		bei der Darstellung seine Anwendung erhält. Ich ersuche daher die 
		musikalischen Dirigenten, deren Neigung oder Auftrag die Aufgabe zuwies, 
		mein Werk aufzuführen, die Partitur zunächst nicht anders zu lesen, als 
		mit der genauesten Beachtung der Dichtung und endlich der besonderen 
		zahlreichen Angaben für die scenische Darstellung. An ihm ist es dann, 
		wenn er die Nothwendigkeit einer sorgfältigen Behandlung der Scene 
		erkennt, den Regisseur von dem ganzen Umfange seiner Aufgabe in Kenntniß 
		zu setzen. Dieser wird seine Aufgabe nur sehr unvollständig aus dem 
		»Buche« allein begreifen lernen; würde dieß anders der Fall sein, so 
		müßte dieß nur beweisen, daß die Musik dazu unnöthig und überflüssig 
		war. Die meisten scenischen Angaben sind erst in der Partitur, an den 
		bezüglichen musikalischen Stellen enthalten, und diese hat daher der 
		Regisseur mit Hilfe des Ka-pellmeisters bis zum genauesten Innehaben 
		kennen zu lernen. 
		Die nächste Sorge des Regisseurs wird dann sein, sich mit dem 
		Dekorationsmaler in das bestimmteste Einvernehmen zu setzen. Auch dieser 
		geht gemeinhin vom musikalischen und scenischen Dirigenten gänzlich 
		getrennt zu Werke; ihm wird das »Buch« zur Einsicht gegeben, und in 
		diesem beachtet er weiter nichts, als was ihn scheinbar allein angeht, 
		nämlich die eingeklammerten, lediglich nur auf sein Werk bezüglichen 
		Stellen. Im Verlaufe meiner Mittheilung werde ich aber zeigen, wie 
		unerläßlich ein genaues Eingehen auch dieses mitwirkenden Faktors, auf 
		die innerlichsten Intentionen des ganzen Kunstwerkes ist, und wie 
		nothwendig ich darauf bestehen muß, daß er von vornherein zur 
		bestimmtesten Kenntniß jener Absichten gelange. 
		Für ihr Vernehmen mit den Darstellern habe ich den musikalischen 
		Dirigenten und den Regisseur zunächst darauf hinzuweisen, daß nicht eher 
		die sogenannten Gesangsproben beginnen dürfen, als bis zuvor die 
		Dichtung selbst in ihrem ganzen Umfange den Darstellern bekannt geworden 
		ist.Fu diesem Zwecke dürfen wir uns nicht damit begnügen, daß jedem der 
		Mitwirkenden das Buch zur Durchsicht zugesandt wird; wir beabsichtigen 
		ihrerseits keine kritische Kenntniß des Gegenstandes, sondern eine 
		leben-dige, künstlerische. Ich muß daher auf eine Zusammenkunft 
		sämmtlicher Darsteller, unter Leitung des Regisseurs und Beiwohnung des 
		Kapellmeisters, dringen, bei welcher die Dichtung auf die Weise, wie 
		dieß beim Schauspiel in Übung ist, von den einzelnen Darstellern aus 
		ihren Rollen laut gelesen wird; das Chorpersonal möge dieser Lesung 
		ebenfalls zugegen sein, und die Stellen des Chores sind von dem 
		Chordirektor selbst oder einem Chorführer vorzutragen. Hierbei ist nun 
		darauf zu achten, daß diese Lesung bereits mit vollem dramatischen 
		Ausdrucke stattzufinden hat, und wenn aus Mangel an Verständniß oder 
		Übung der richtige, dem Gegenstand als Dichtung genügende Ausdruck nicht 
		sobald zu erzielen ist, diese Probe so oft wiederholt wird, bis der 
		nöthige Ausdruck vermöge des Verständnisses der Situationen, sowie des 
		eigentlichen Organismus' der Handlung, gewonnen ist. Diese Forderung an 
		ein modernes Opernpersonal wird, wie sie in der That gänzlich ungewohnt 
		ist, als übertrieben, pedantisch und gewiß auch unnöthig betrachtet 
		werden: daß ich dieß zu fürchten habe, daraus erhellt aber eben das 
		Klägliche unserer Opernzustände. Unsere Sänger sind gewöhnt, sich mit 
		dem Wie des Vortrages zu befassen, ehe sie das Was desselben kennen 
		lernen, indem ste die Noten ihrer Gesangspartien sich am Klavier 
		einstudieren, und wenn dieß bis zum Auswendigwissen gelungen ist, in 
		einigen Thea-terproben, meist erst in der Generalprobe selbst, das 
		dramatische Zusammenspiel sich gerade so finden lassen, wie es die 
		Opernroutine und gewisse stabile Angaben des Regisseurs in Bezug auf 
		Kommen und Gehen mit sich bringen. Daß sie zuerst Darsteller 
		(Schauspieler) zu sein haben, und erst nach genügender Vorbereitung auf 
		ihre Wirksamkeit als solche mit dem gesteigerten musikalischen Ausdrucke 
		der Rede sich befassen dürfen, um nicht von vornherein den Zweck mit dem 
		Mittel zu verwechseln, dieß kann ihnen allerdings bei dem gegenwärtigen 
		Opernwesen gar nicht mehr einfallen. Ihre Gewohnheit mag auch den 
		Produkten der meisten Opernkomponisten gegenüber gerechtfertigt 
		erscheinen; nur muß ich erklären, daß mein Werk ein geradesweges 
		umgekehrtes Verfahren als das gewöhnliche für seine Darstellung 
		erfordert. Derjenige Sänger, der seine »Partie« nicht zuerst als 
		Schauspielrolle der Absicht des Dichters gemäß mit entsprechendem 
		Ausdrucke zu rezitiren im Stande ist, wird jedenfalls auch nicht 
		vermögend sein, sie der Absicht des Musikers gemäß zu singen, geschweige 
		denn überhaupt den Charakter darzustellen. Auf dieser meiner Behauptung 
		bestehe ich so fest, und auf die Erfüllung der Bedingung genügender 
		Leseproben halte ich so bestimmt, daß ich gegen diese Forderung 
		meinerseits wiederum den Wunsch, ja den Willen ausdrücke, daß, wenn 
		durch diese Leseproben nicht ein allseitiges Interesse an dem Gegenstand 
		und an dem Unternehmen seiner Darstellung unter den dabei Betheiligten 
		erweckt worden ist, mein Werk gänzlich bei Seite gelegt und seine 
		Aufführung unterlassen werde. 
		Von dem Ergebnisse der Leseproben mache ich somit je nach dem Geiste, in 
		dem ste abgehalten werden, den glücklichen Ausfall alles weiteren 
		Studiums abhängig. In ihnen haben sich Darsteller und Anordner der 
		Darstellung genau und erschöpfend über alles das zu verständigen, was 
		bei dem üblichen Verfahren erst in den letzten Theaterproben nothdürftig 
		berührt wird. Namentlich wird zunächst auch der musikalische Dirigent 
		für seine fernere Aufgabe einen neuen, wesentlich verstärkten 
		Gesichtspunkt gewonnen haben; er wird nun, durch den ersten sinnlichen 
		Eindruck des Ganzen, den ihm das Anhören einer ausdrucksvollen Lesung 
		verschaffte, geleitet, beim ferneren Einstudiren des rein musikalischen 
		Details mit der nöthigen Kenntniß der Absicht des Künstlers zu Werke 
		gehen, über die er ohne dem, auch bei dem redlichsten Eifer für das 
		Vorhaben, dennoch in mannigfachem Zweifel und Irrthum haften dürfte. 
		In Bezug auf das musikalische Studium mit den Sängern habe ich nun im 
		Allgemeinen folgende Bemerkungen mitzutheilen. In meiner Oper besteht 
		kein Unterschied zwischen sogenannten »deklamirten« und »gesungenen« 
		Phrasen, sondern meine Deklamation ist zugleich Gesang, und mein Gesang 
		Deklamation. Das bestimmte Aufhören des »Gesanges« und das bestimmte 
		Eintreten des sonst üblichen »Rezitatives«, wodurch in der Oper 
		gewöhnlich die Vortragsweise des Sängers in zwei ganz verschiedene Arten 
		getrennt wird, findet bei mir nicht statt. Das eigentliche italienische 
		Rezitativ, in welchem der Komponist die Rhythmik des Vortrages fast 
		gänzlich unausgeführt läßt und diese Ausführung dafür dem Gutdünken des 
		Sängers überweist, kenne ich gar nicht; sondern an den Stellen, wo die 
		Dichtung vom erregteren lyrischen Schwunge sich zur bloßen Kundgebung 
		gefühlvoller Rede herab senkt, habe ich mir nie das Recht vergeben, den 
		Vortrag ebenso genau wie in den lyrischen Gesangsstellen zu bestimmen. 
		Wer daher diese Stellen mit den gewohnten Rezitativen verwechselt, und 
		demzufolge die in ihnen angegebene Rhythmik willkürlich ändert und 
		umformt, der verunstaltet meine Musik ganz ebenso, wie wenn er meiner 
		lyrischen Melodie andere Noten und Harmonieen einfügen wollte. Da ich 
		mich durchgängig bemühte, in den hier gemeinten rezitativähnlichen 
		Stellen den Vortrag auch rhythmisch genau meiner Absicht des Ausdruckes 
		entsprechend zu bezeichnen, so ersuche ich demnach die Dirigenten und 
		Sänger, zunächst diese Stellen nach der bestimmten Geltung der Noten 
		scharf im Takte, und in einem dem Charakter der Rede entsprechenden 
		Zeitmaaße auszuführen. Bin ich nun so glücklich, die von mir bezeichnete 
		Vortragsweise von den Sängern als richtig empfunden zu sehen, und ist 
		diese sonach mit Bestimmtheit von ihnen aufgenommen worden, so dringe 
		ich dann endlich auf fast gänzliches Aufgeben der Strenge des 
		eigentlichen musikalischen Taktes, der bis dahin nur ein mechanisches 
		Hilfsmittel zur Verständigung zwischen Komponist und Sänger war, mit dem 
		vollkommenen Erreichen dieser Verständigung aber als ein verbrauchtes, 
		unnützes und ferner lästig gewordenes Werkzeug bei Seite zu werfen ist. 
		Der Sänger gebe von da ab, wo er meine Intentionen für den Vortrag bis 
		zum vollsten Mitwissen in sich aufgenommen hat, seiner natürlichen 
		Empfindung, ja selbst der physischen Nothwendigkeit des Athmens bei 
		erregtem Vortrage, durchaus freien Lauf, und je selbstschöpferischer er 
		durch vollste Freiheit des Gefühles werden kann, desto mehr wird er mich 
		zum freudigsten Danke verbinden. Der Dirigent hat dann nur dem Sänger zu 
		folgen, um das Band, das den Vortrag mit der Begleitung des Orchesters 
		verbindet, stets unzerrissen zu bewahren; es wird ihm dieß wiederum nur 
		möglich sein, wenn das Orchester selbst zur genauesten Mitkenntniß des 
		Gesangvortrages gebracht wird, was einerseits dadurch, daß in jede 
		Orchesterstimme die Gesangspartie und die Worte mit eingetra-gen sind, 
		andererseits aber nur durch genügend zahlreiche Proben vermittelt wird. 
		Das sicherste Zeichen dafür, daß dem Dirigenten die Lösung seiner 
		Aufgabe in diesem Bezuge vollkommen gelungen ist, würde sein, wenn 
		schließlich bei der Aufführung seine leitende Thätigkeit fast gar nicht 
		mehr äußerlich zu bemerken wäre. (Daß die hiermit von mir bezeichnete 
		Vortragsweise, dieses Höchste des Erreichbaren für den künstlerischen 
		Vortrag überhaupt, nicht zu verwechseln sei mit der sonst üblichen, nach 
		welcher der Dirigent dann am tauglichsten erfunden wird, wenn er seine 
		Intelligenz und praktische Geschicklichkeit einzig den willkürlichen 
		Launen unserer Primadonnen als behutsam nachschleichender Diener zu 
		Gebote stellt, habe ich wohl nicht erst zu erwähnen: hier ist er 
		nothgedrungener Bemäntler empörender Unschicklichkeiten, dort hingegen 
		mitschöpferischer Künstler.) 
		 
		Ich wende mich von diesen allgemeinen Bemerkungen, mit denen ich die 
		Hauptrichtung für das Studium bezeichnete, jetzt zur Mittheilung 
		besonderer, auf die Spezialität des »Tannhäuser« bezüglicher Wünsche, 
		und behalte dabei zunächst noch die Wirksamkeit des musikalischen 
		Dirigenten im Auge. 
		Im Betracht gewisser ungünstiger Umstände für die Aufführung des 
		»Tannhäuser« sah ich mich seiner Zeit zu einigen Auslassungen gedrungen; 
		daß die meisten derselben nur Zugeständnisse in der äußersten Noth sein 
		konnten, Zugeständnisse, die in Wahrheit mit einem halben Aufgeben 
		meiner eigentlichen künstlerischen Absichten identisch waren, dieß 
		möchte ich den zukünftigen Dirigenten und Darstellern dieser Oper klar 
		machen, um sie davon zu überzeugen, daß, wenn sie von vornherein jene 
		Zugeständnisse als unbedingt nothwendig ansehen, zugleich das Aufgeben 
		meiner eigentlichen Absichten an entscheidenden Stellen von ihnen als 
		nothwendig angenommen wird. - 
		Sogleich in der Scene zwischen Tannhäuser und Venus im ersten Akte sah 
		ich mich in Dresden (in dem bezeichneten Sinne) genöthigt, für die 
		späteren Vorstellungen eine Auslassung vorzunehmen: ich strich den 
		zweiten Vers des Tannhäuserliedes und die ihm vorangehende Zwischenrede 
		der Venus. Keinesweges geschah dieß nun aus dem Grunde, daß diese 
		Stellen an sich als matt, ungefällig und unwirksam erschienen wären, 
		sondern der wahre Grund war dieser: die ganze Scene misglückte in der 
		Darstellung, vor Allem weil es nicht gelungen war, eine durchaus 
		geeignete Darstellerin für die schwierige Rolle der Venus zu finden; die 
		seltenen und ungewohnten Anforderungen für diese Rolle sollten selbst 
		von einer der größten Künstlerinnen unerfüllt bleiben, weil unter 
		unüberwindlichen Umständen die Unbefangen-heit für diese Aufgabe ihr 
		abgehen mußte. Somit blieb der Darstellung der ganzen Scene eine 
		Befangenheit eigen, die für die Darsteller, das Publikum und am meisten 
		für mich, endlich zur marternden Pein wurde. Diese Pein so kurz wie 
		möglich zu machen ließ ich mir daher angelegen sein, und kürzte 
		demzufolge die Scene durch Auslassung einer (wenn eben durchaus gekürzt 
		werden sollte) am ehesten wegzulassenden Stelle, die an und für sich von 
		der Beschaffenheit war, daß sie - ausgelassen - dem Hauptsänger eine 
		nicht unbedeutende Anstrengung ersparte. Aus keinem anderen Grunde 
		geschah diese Kürzung, und jeder fernere Anlaß zu ihrer Beibehaltung 
		fällt nun da hinweg, wo kein wirklicher Zweifel gegen den guten Ausfall 
		dieser Scene überhaupt aufzukommen hat. Was mir eben in Bezug auf diese 
		Scene in Dresden trotz der Mitwirkung einer größten Künstlerin nicht 
		glückte, gelang dagegen später vollkommen in Weimar, wo sich für die 
		Venus eine Darstellerin vorfand, die als Künstlerin überhaupt mit meiner 
		Dresdener sich gewiß durchaus nicht messen konnte, gerade aber für diese 
		Rolle so günstig disponirt war, daß sie, in vollster Unbefangenheit, mit 
		einer Wärme ihre Aufgabe löste, daß gerade diese in Dresden so peinliche 
		Scene hier den hinreißendsten Eindruck hervorbrachte. Unter solchem 
		Umstande wird die in Rede stehende Auslassung geradesweges zu einer 
		sinnlosen Ver-stümmelung, und das Urtheil darüber überlasse ich einem 
		Jeden, der sich die Mühe giebt, die Struktur der ganzen Scene, das 
		Wachsen der Stimmung und Situation aus ihren Anfängen bis zum vollen 
		Ausbruche, genau zu prüfen; er wird mir hoffentlich bezeugen, daß durch 
		jene Kürzung dem natürlichen Körper dieser Scene ein wesentlich nöthiges 
		organisches Glied entzogen wird; und nur da könnte ich somit in die 
		Auslassung von Neuem einstimmen, wo diese ungemein wichtige Scene von 
		vornherein in ihrer Wirkung aufgegeben werden müßte, wo ich also weit 
		eher dazu rathen möchte, die Aufführung der ganzen Oper aufzugeben. 
		Eine zweite Auslassung betrifft das Orchesternachspiel der Schlußscene 
		des ersten Aktes. Die gestrichene Stelle sollte sich auf einen 
		scenischen Vorgang (den freudigen Tumult des von allen Seiten die Bühne 
		erfüllenden Jagdtrosses) von der Lebhaftigkeit beziehen, wie ich ihn 
		selbst in Dresden nicht zur Ausführung gebracht sehen konnte: bei der 
		ungemeinen Steifheit und Befangenheit unserer gewöhnlichen 
		Theaterstatisten und Komparsen kam es nicht zu dem überwältigend 
		heiteren Eindrucke, den ich beabsichtigte, und der eine 
		wohlentsprechende Steigerung der auf die frischesten Lebensäußerungen 
		hingeleiteten Stimmung zu bieten haben sollte. Wo die hiermit 
		bezeichnete Wirkung ebenfalls nicht zu erzielen ist, wird daher auch die 
		Kürzung in der Musik beizubehalten sein; wo hingegen dem Regisseur durch 
		besondere Mitwirkung günstiger Umstände es ermöglicht werden sollte, den 
		vollen von mir beabsichtigten Eindruck auf der Scene hervorzubringen, da 
		ist mit der unverkürzten Ausführung des Nachspieles auch meine 
		ursprüngliche Absicht erst vollkommen verwirklicht, und diese war, durch 
		einen ganz entsprechenden Eindruck der Scene die mit dem Vorhergehenden 
		angeregte Stimmung auf ihre vollste Höhe zu bringen, - auf eine Höhe, 
		von der aus einzig eine ausgelassene kecke Stelle der Violinen im 
		Vorspiele des zweiten Aktes richtig verstanden werden kann. 
		Eine dritte Auslassung findet sich in den, den Theatern zugesandten 
		Partituren, in der großen Schlußscene des zweiten Aktes von Seite 326 
		bis 331 angegeben. Diese eingeklammerte Stelle enthält einen der 
		wichtigsten Momente des Drama's. In dem zunächst Vorhergehenden sprach 
		sich der Eindruck der opfermuthigen Kühnheit Elisabeth's, ihrer tief 
		ergreifenden und mächtig besänftigenden Fürbitte für den vervehmten 
		Geliebten auf Diejenigen aus, an die sie sich unmittelbar gewandt hatte 
		- den Fürsten, die Sänger und Ritter, die soeben noch Tannhäuser nach 
		dem Leben trachteten: Elisabeth und diese Umgebung, sowie ihr 
		beiderseitiges Verhältniß zu einander, nahmen unser volles Interesse 
		ein, und nur mittelbar bezog sich dieses wiederum auf Tannhäuser selbst. 
		Als dieses zuvörderst nöthige Interesse gesättigt, wendet sich unsere 
		Theilnahme endlich dem Hauptgegenstande der ganzen komplizirten 
		Situation, dem geächteten Venusritter wieder zu; Elisabeth mit allen 
		Übrigen wird nun zur Umgebung Desjenigen, über den unser nothwendiges 
		Gefühl insofern sich jetzt klar zu werden verlangt, als es gilt, des 
		Eindruckes der erschütternden Katastrophe auf den thätigsten Urheber 
		derselben zu voller Befriedigung inne zu werden. Tannhäuser ist, nachdem 
		er mit verzücktem Trotze dem Angriffe der Männer entgegengestanden, 
		endlich durch Elisabeth's Beginnen, den Ausdruck ihres Wortes, den Ton 
		ihrer Stimme und das Innewerden seines an ihr begangenen gräßlichen 
		Frevels auf das Schrecklichste ergriffen, im Ausbruche des zermalmenden 
		Gefühles furchtbarer Zerknirschung zusammengesunken, so von der Höhe 
		seiner zauberischen Entzückung in die grauenvolle Erkenntniß seiner 
		gegenwärtigen Lage hinabstürzend: wie bewußtlos lag er mit dem 
		Angesichte auf der Erde, während wir mit Ergriffenheit und Rührung der 
		Kundgebung des empfangenen Ausdruckes der Umgebung lauschten. Nun erhebt 
		Tannhäuser matt das bleiche, vom furchtbarsten Leiden gemarterte Haupt; 
		noch am Boden liegend, starr vor sich hinblickend, beginnt er mit 
		allmählich immer heftiger gesteigertem Ausdrucke in folgen dem Ergusse 
		seinem gepreßten Herzen Luft zu machen: 
		 
		»Zum Heil den Sündigen zu führen, 
		die Gottgesandte nahte mir: 
		doch, ach! sie frevelnd zu berühren, 
		hob ich den Lästerblick zu ihr! 
		 
		O du, hoch über diesen Erdengründen, 
		die mir den Engel meines Heils gesandt, 
		erbarm' dich mein, der ach! so tief in Sünden, 
		schmachvoll des Himmels Mittlerin verkannt!« 
		 
		Diese Worte, mit dem ihnen verliehenen Ausdruck und in dieser Situation, 
		enthalten den Nerv der ganzen ferneren Tannhäuserexistenz, die Axe 
		seiner Erscheinung, und ohne den durch sie hier, an diesem Orte, 
		beabsichtigten Eindruck mit vollster Gewißheit empfangen zu haben, sind 
		wir gar nicht im Stande, ein weiteres Interesse an dem Helden des 
		Drama's zu bewahren. Wenn wir hier nicht endlich zum tiefsten Mitleiden 
		mit Tannhäuser gestimmt werden, ist das ganze übrige Drama ohne 
		Zusammenhang und Nothwendigkeit in seinem Verlaufe, und alle bis dahin 
		angeregten Erwartungen bleiben unbefriedigt; selbst die Erzählung 
		Tannhäuser's von seinen Leiden im dritten Akte kann uns nicht mehr für 
		den verlorenen Eindruck entschädigen, denn die volle beabsichtigte 
		Wirkung kann die Erzählung wiederum nur dann machen, wenn ste für unsere 
		Erinnerung sich auf diesen ersten, entscheidendsten Eindruck nur wieder 
		bezieht. 
		Was konnte mich nun bestimmen, eben diese Stelle von der zweiten 
		Aufführung in Dresden an auszulassen? Die Antwort hierauf dürfte leicht 
		die ganze Leidensgeschichte enthalten, die ich in meiner Stellung als 
		Dichter und Musiker unseren Opernzuständen gegenüber zu durchleben 
		hatte; doch will ich mich hier kurz fassen. Es konnte dem ersten 
		Darsteller des Tannhäuser, der in seiner Eigenschaft als vorzüglich 
		begabter Sänger immer noch nur die eigentliche »Oper« zu begreifen 
		vermochte, nicht gelingen, das Charakteristische einer Anforderung zu 
		fassen, die sich bei weitem mehr an seine Darstellungsgabe, als an sein 
		Gesangstalent richtete. Die hier betreffende Stelle wird, der Natur der 
		Situation gemäß, von allen auf der Scene anwesenden Sängern durch 
		flüsternden Gesang begleitet, der sich in einigen Momenten sogar bis zur 
		heftigen Unterbrechung des Motives Tannhäuser's durch drohende 
		Kundgebungen des verhaltenen Zornes anläßt: dieß gab der Stelle in den 
		Augen unserer Sänger den Anschein eines gewöhnlichen 
		Ensemblegesangstückes, in welchem kein Einzelner besonders 
		hervorzutreten sich gehalten glaubt. Der Hartnäckigkeit dieses Irrthumes 
		hatte ich es nun zu danken, daß der wirkliche Inhalt dieser Stelle, die 
		hervorspringende Kundgebung Tannhäuser's in der Aufführung fast gänzlich 
		verloren ging, und daher die ganze, in der Musik mit nöthiger Breite 
		dargestellte Situation nur den Charakter eines üblichen 
		Adagio-Ensemblestückes erhielt, wie wir dergleichen in den Opernfinale's 
		vor der Schlußstretta gewöhnlich zu hören bekommen. Als solcher 
		unterschiedslos sich dahinschleppender Adagiosatz mußte das Ganze dann 
		nothwendig zu gedehnt und ermüdend erscheinen, und als es sich, bei dem 
		hierüber empfundenen Misbehagen um Kürzungen handelte, mußte gerade mir 
		jene Stelle, da sie ihres eigentlichen Inhaltes in der Aufführung 
		beraubt worden war, als eine wahre widerliche Länge, d. i. Ode, 
		erscheinen. Jedem Einsichtsvollen gebe ich aber zu beurtheilen, welches 
		meine Stimmung gegen den äußerlichen Erfolg meines Werkes in Dresden 
		sein mußte, und ob mich eine zwanzigmalige Aufführung mit jedesmaligem »Herausruf« 
		des Autors für das nagende Bewußtsein entschädigen konnte, einen großen 
		Theil des empfangenen Beifalls doch nur einem Misverständnisse, oder 
		mindestens einem durchaus mangelhaften Verständnisse meiner eigentlichen 
		künstlerischen Absicht verdanken zu müssen! Soll in Zukunft meinen 
		Intentionen besser entsprochen und meine Absicht in Wahrheit 
		verwirklicht werden, so habe ich namentlich auf den richtigen Vortrag 
		der jetzt des Breiteren besprochenen, nun nicht mehr auszulassenden 
		Stelle zu dringen. Die Folge der Auslassung derselben und der 
		Nichtgeltendmachung ihres Inhaltes war damals, daß das Interesse für 
		Tannhäuser am Schlusse des zweiten Aktes gänzlich geschwunden war, und 
		einfach nur an seinen Gegensätzen und seiner Umgebung zu haften 
		vermochte, was allerdings meine eigentliche Absicht völlig vernichtete. 
		Diese Interesselosigkeit an ihm begegnete Tannhäuser nun im dritten Akte 
		der Art, daß man für sein ferneres Schicksal nur noch insofern 
		Theilnahme faßte, als davon das Schicksal Elisabeth's und selbst 
		Wolfram's, dieser beiden zu den eigentlichen Hauptpersonen gewordenen 
		abzuhängen schien: nur der wahrhaft bewundernswürdigen Tüchtigkeit und 
		Ausdauer des Sängers der Hauptrolle konnte es gelingen, durch den 
		äußerst klangvollen und energischen Vortrag der Erzählung der 
		Pilgerfahrt das Interesse für sich selbst mühsam wieder zu erwecken. An 
		die zukünftigen Darsteller des Tannhäuser ergeht daher meine Bitte, ein 
		höchstes Gewicht auf die besprochene Stelle zu legen; erst dann wird sie 
		aber seinem Vortrage gelungen sein, wenn er, eben während des Vortrages, 
		das volle Gefühl davon erhält, daß er in diesem Augenblicke die 
		dramatische wie musikalische Situation beherrsche, daß der Zuhörer 
		ausschließlich seiner Kundgebung lausche, und diese der Art sei, daß er 
		durch sie die tiefste Erschütterung verbreitet. Die Ausrüfe: »Ach, 
		erbarm' dich mein!« erfordern einen so durchdringenden Accent, daß er 
		als bloßer wohlgebildeter Sänger hier nicht auskommt; sondern die 
		höchste dramatische Kunst muß ihm die Energie des Schmerzes und der 
		Verzweiflung für einen Ausdruck ermöglichen, der aus den schauerlichsten 
		Tiefen eines furchtbar leidenden Herzens, wie ein Schrei nach Erlösung 
		hervorzubrechen scheinen muß. Der Dirigent hat darüber zu wachen, daß 
		dem Hanutsänger der angedeutete Erfolg durch allerdiskreteste Begleitung 
		der übrigen Sänger, sowie des Orchesters ermöglicht werde. - 
		Noch eine andere Auslassung sah ich mich veranlaßt in derselben 
		Schlußscene des zweiten Aktes zu bewerkstelligen, nämlich die der Stelle 
		von Seite 348 bis 356 der Partitur. Es geschah dieß aus ganz denselben 
		Gründen wie bei der soeben berührten Stelle, und war nur eine Konsequenz 
		der vorher nöthig gewordenen Auslassung; d. h. ich fühlte, daß das 
		Interesse für Tannhäuser in diesem Akte nun nicht mehr zu retten war. 
		Das Wesentliche dieser Stelle ist das sogleich vorherrschend werdende 
		Hinzutreten Elisabeth's und namentlich Tannhäuser's zu der bis dahin den 
		Hauptraum einnehmenden Umgebung, indem Elisabeth das nach Rom 
		hinweisende Thema der Männer in Weise eines brünstigen Gebetes für den 
		Geliebten aufnimmt, Tannhäuser aber in heftigen Ausrüfen thatendurstiger 
		Reue und Zerknirschung zu jenem Gesange sich er-geht, während die 
		übrigen Männer von Neuem sich zu Drohungen und Zornergießungen erhitzen. 
		Ob diese Stelle, die allerdings zur strengsten Konsequenz der Situation 
		gehört, für die zukünftigen Aufführungen beibehalten werden solle, dieß 
		will ich jedoch erst von dem Ausfall derselben in den Theaterproben 
		abhängig gemacht wissen; wenn sie schließlich nicht vollkommen gelingt, 
		d. h. wenn sie nicht auch durch die Lebhaftigkeit der Darstellung der 
		Umgebung eine wachsende Steigerung der Situation herbeiführt, oder wenn 
		namentlich der Sänger des Tannhäuser durch das Vorhergehende, und 
		besonders eben durch jene besprochene Stelle im Adagio, sich und sein 
		Organ zu stark angegriffen fühlen sollte, um diese noch mit vollster 
		Energie zu singen, so muß ich selbst dringend anrathen, hier die Kürzung 
		gelten zu lassen: denn nur durch die üppigste Kraft der Darstellung und 
		des Vortrages wäre hier die beabsichtigte Wirkung noch zu erzielen. Ich 
		muß mich für diesen Fall damit beruhigen, daß durch die ergreifende 
		Wirkung Tannhäuser's im Adagio die Hauptsache, die Hinleitung des 
		wichtigsten Interesses auf ihn, erreicht ist, und begnüge mich dann mit 
		der Wirkung, welche Tannhäuser vorzüglich durch den Moment seines 
		Abganges noch hervorzubringen hat. Auf diesen Moment wünschte ich die 
		Aufmerksamkeit des betreffenden Darstellers noch mit großem Nachdruck 
		gerichtet zu wissen. Die Män-ner, durch den Anblick des noch weilenden 
		Verhaßten von Neuem beleidigt und aufgereizt, sind im Begriff, ihren 
		Drohungen mit der Faust am Schwertgriffe Geltung zu geben; eine 
		ermahnende und schützende Gebärde Elisabeth's hält sie in dem durch sie 
		gewonnenen Geleise zurück: da plötzlich schallt aus dem Thale der Gesang 
		der jungen Pilger herauf, wie die Stimme der Versöhnung und Verheißung, 
		die nun, wie sie die Übrigen fesselt, auch Tannhäuser, aus dem Sturm 
		seiner wilden Reuewuth heraus, vernimmt. Ein jäher Strahl der Hoffnung 
		fällt wie ein Blitz vom Himmel in sein gemartertes Gemüth; Thränen des 
		unsäglichsten Wehes stürzen ihm aus den Augen; es reißt ihn mit 
		unwiderstehlicher Gewalt zu den Füßen Elisabeth's, zu der er den Blick 
		nicht aufzuschlagen wagt, aber deren Gewandessaum er mit heftiger 
		Inbrunst an seine Lippen drückt; hastig fährt er wieder auf, stößt den 
		Ruf: »nach Rom!« mit einem Ausdrucke, als ob in ihm alle jäh entzündete 
		Hoffnung eines neuen Lebens sich zusammendrängte, aus der Brust, und 
		stürzt mit rasend schnellem Schritte von der Bühne. Diese Aktion, die 
		mit der größten Schärfe im kürzesten Zeitraume ausgeführt werden muß, 
		ist von der entscheidendsten Wichtigkeit für den schließlichen Eindruck 
		des ganzen Aktes; und dieser Eindruck ist es, der unerläßlich nöthig 
		ist, um aus der Stimmung des Publikums den schwierigen dritten Akt 
		wie-derum nach seiner vollen Wirkung zu ermöglichen. - 
		Die große Instrumentaleinleitung zum dritten Akte erkläre ich in der 
		gekürzten Umarbeitung, nach welcher sie in der für die Theater 
		eingerichteten Partitur vorliegt, für giltig. Ich hatte mich bei der 
		ersten Abfassung dieses Stückes durch den von mir auszudrückenden 
		Gegenstand bis zu rezitativartigen Orchesterphrasen verleiten lassen, 
		von denen ich in der Aufführung fühlte, daß ihr Ausdruck wohl mir, der 
		ich das Phantasiebild des geschilderten Vorganges im Kopfe hatte, nicht 
		aber Anderen verständlich sein konnte. In der neuen Fassung muß ich 
		jedoch auf vollständige Ausführung dieses Tonstückes halten, da es mir 
		zur Befestigung der für das Folgende nöthigen Stimmung unerläßlich 
		dünkt. 
		Im Gebete der Elisabeth sah ich mich nach der ersten Vorstellung, aus 
		ähnlichen Rücksichten wie den zuvor angegebenen, genöthigt, eine 
		Auslassung vorzunehmen, und zwar die von Seite 396 bis 398 bezeichnete. 
		Daß hiermit die wichtigste Motivirung des Opfers und des Todes der 
		Elisabeth verloren ging, muß Jedem einleuchten, der Dichtung und Musik 
		hier genau prüft. Gewiß erfordert der Vortrag dieses vollständigen 
		Gebetes, wenn er das von aller musikalischen Figuration durchaus 
		entkleidete Tonstück nicht als eine gleichförmige Länge, sondern als 
		einen innig ergreifenden Erguß wirken lassen soll, einer Auffas-sung und 
		Hingebung an die Aufgabe, wie wir sie nur selten bei unseren verwöhnten 
		Opernsängerinnen antreffen dürften; hier läßt es sich mit der bloßen 
		musikalischen Ausbildung selbst des glücklichsten Gesangsorganes nicht 
		auskommen; durch keine Kunst des absolut musikalischen Vortrages wird 
		dieses Gebet interessant zu machen sein, sondern nur die Darstellerin 
		kann meiner Absicht genügen, welche die wunderbar schmerzliche Situation 
		der Elisabeth, vom ersten heftig erwachenden Keime ihrer Neigung zu 
		Tannhäuser, durch alle Phasen des Wachsthumes bis zum endlichen Erblühen 
		der todesduftigen Blume - wie sie in diesem Gebete aufgeht - mit den 
		feinsten Organen einer ächt weiblichen Empfindung nachzufühlen vermag. 
		Daß dann aber gerade die höchste Darstellungs- und namentlich auch 
		Gesangs kunst nur es möglich machen wird, diese Empfindung zur wirksamen 
		Mittheilung zu bringen, das werden die Sängerinnen erst gewahr werden, 
		die durch blendendste Künste es sonst wohl verstanden hatten, einen 
		empfindungslosen Haufen von Müssiggängern über ihre Langeweile zu 
		täuschen, vor der vorliegenden Aufgabe jedoch die Nutzlosigkeit und 
		Stümperhaftigkeit ihrer Gauklervortheile einsehen müssen. - Nur 
		anfängliche Unerfahrenheit meiner Dresdener Darstellerin war schuld, daß 
		ich mich zum Opfer der hier erwähnten Auslassung entschließen mußte; im 
		Verlaufe der weiteren Vorstellungen erhielt ich Grund, auf einen 
		glücklichen Ausfall des ganzen Gebetes hoffen zu dürfen, wenn ich es 
		wiederherstellen würde: eine andere Erfahrung hielt mich jedoch immer 
		davon ab, die ich, weil mir gerade hier das ganz am Orte dünkt, in Form 
		folgender Ermahnung an die Dirigenten und Darsteller meiner Oper 
		mittheilen muß. - Was wir für das charakteristische Gelingen einer 
		dramatischen Darstellung bei den ersten Aufführungen unterlassen, holt 
		sich nie bei den Wiederholungen nach. Der erste Eindruck der 
		Erscheinung, selbst wenn er ein fehlerhafter ist, setzt sich für das 
		Publikum wie für den Darsteller als etwas Gegebenes, Bestimmtes fest, an 
		dem jede Änderung, selbst zum Besseren, in der Folge immer als Störung 
		erscheint. Namentlich gewöhnen sich die Darsteller schnell daran, nach 
		einmal überstandener Sorge und Aufregung der ersten Aufführungen, ihre 
		Leistungen, wie sie sich nun einmal während dieses Gebärungsprozesses 
		festgestellt haben, für etwas Unumstößliches, Unberührbares anzusehen: 
		Schlaffheit und eintretende Gleichgiltigkeit thun endlich das Ihrige, 
		ein neues Befassen mit der so für gelöst gehaltenen Aufgabe unmöglich zu 
		machen. Deßhalb ersuche ich die Darsteller und Dirigenten, über Alles, 
		was ich ihnen hier zu beachten gebe, sich noch vor der ersten Aufführung 
		zu einigen; was sie zu leisten oder nicht zu leisten vermögen, muß sich 
		in den Theaterproben, wenn nicht schon eher, bestimmt herausstellen, und 
		ohne höchstes Notherforderniß möge man daher auch nicht sich zu 
		Auslassungen entscheiden, etwa mit der Vertröstung, in späteren 
		Aufführungen das Versäumte nachzuholen; denn dazu kommt es nicht. Ebenso 
		möge man aber auch durch ungenügenden Erfolg dieser oder jener Stelle in 
		der ersten Aufführung sich nicht sogleich veranlaßt fühlen, Auslassungen 
		vorzunehmen, sondern lieber Sorge tragen, daß der Erfolg in den nächsten 
		Vorstellungen nicht ausbleibe; denn wo ein organisch zusammenhängendes 
		Werk durch Ausscheidungen genießbar gemacht werden soll, giebt man sich 
		nur das Zeugniß der Unfähigkeit, und der hierdurch endlich scheinbar 
		ermöglichte Genuß ist jedenfalls nicht der Genuß des Werkes, wie es ist, 
		sondern einzig eine Selbsttäuschung, indem man das Werk für etwas 
		Anderes nimmt, als es ist. 
		Der eigentliche Triumph der Darstellerin der Elisabeth würde nun darin 
		bestehen, daß ste nicht nur das vollständige Gebet zur Wirkung brächte, 
		sondern diese Wirkung noch dahin festzuhalten wüßte, daß sie das ganze 
		pantomimische Nachspiel desselben unverkürzt durch ihre fesselnde 
		Darstellung ermöglichte. Ich weiß, daß dieß eine nicht minder schwierige 
		Aufgabe als der Gesangsvortrag des Gebetes selbst ist, und nur wenn die 
		Darstellerin der Wirkung dieses fei-erlichen Gebärdenspieles sich ganz 
		gewiß fühlt, will ich daher die vollständige Ausführung dieser Scene 
		gestattet wissen. 
		Was nun den veränderten Schluß der Oper betrifft, auf dessen 
		Beibehaltung ich streng dringe, so habe ich Diejenigen, die ihn - von 
		dem Eindrucke der Oper in der früheren Bearbeitung auf sie geleitet - 
		nicht billigen wollen, zunächst auf das zu verweisen, was ich soeben in 
		Bezug auf erste Vorstellungen und Wiederholungen sagte. Der 
		umgearbeitete Schluß verhält sich zu der ersten Abfassung wie die 
		Ausführung zur Skizze, und daß diese Ausführung noth that, empfand ich 
		dringend; daß ich sie noch bewerkstelligte, daraus kann aber Jeder 
		ersehen, daß ich nicht eigensinnig auf meinen ersten Entwürfen bestehe, 
		und daher, wenn ich auf die Ausführung von früher ausgelassenen Stellen 
		dringe, dieß nicht aus blinder Liebe zu meinen Werken geschieht. Bei der 
		ersten Abfassung hatte ich den Schluß schon vollkommen so im Sinne, wie 
		ich ihn in der zweiten Bearbeitung ausführte: nicht das Mindeste ist 
		hier in der Intention geändert, sondern diese ist nur eben deutlicher 
		verwirklicht. Ich baute aber zu sehr auf gewisse scenische Wirkungen, 
		die sich durch die Aufführung als unzureichend erwiesen: das bloße 
		Erglühen des Venusberges im fernsten Hintergrunde konnte den 
		beängstigenden, zur Entscheidung vorbereitenden Eindruck, den ich 
		beabsichtigte, nicht hervorbringen; noch minder vermochte die 
		Beleuchtung der Fenster der Wartburg mit dem fernen Grabgesange 
		(ebenfalls im allerweitesten Hintergrunde) den durch Elisabeth's Tod 
		eingetretenen entscheidenden Moment dem mit dem Gegenstande litterarisch 
		und künstlerisch unvertrauten, unbefangenen Zuschauer zur augenblicklich 
		deutlichen Kenntniß zu bringen. Die Erfahrungen hierüber waren für mich 
		so überzeugend peinlich, daß ich in dem Erfolge des Nichtverständnisses 
		dieser Situation meine dringende Veranlassung zur Umarbeitung der 
		Schlußscene finden mußte, die in nichts Anderem als darin zu bestehen 
		hatte, daß Venus selbst sichtbar und hörbar im annähernden Zauberspuke 
		erschien, und Tannhäuser schließlich an der Leiche der wirklichen, nicht 
		nur angedeuteten, Elisabeth sterbend niedersank. Wie nun der Erfolg 
		dieser Abänderung ein entschieden wirksamer auf das unbefangene Publikum 
		war, so begreife ich doch sehr wohl, daß demjenigen Kunstbetheiligten, 
		der sich mit der ersten Erscheinung bereits vertraut gemacht hatte - und 
		zwar dadurch, daß er vermöge genauer Kenntniß der Dichtung und der Musik 
		außerhalb der Darstellung die Anleitung zum Verständnisse der Situation 
		sich verschaffte -, diese Änderung störend erschien; ich begreife dieß 
		um so mehr, als die Darstellung des neuen Schlusses in Dresden nur sehr 
		mangelhaft bewerkstelligt werden konnte, da diese nur mit den aus dem 
		ersten Akte vorräthigen scenischen Mitteln, nicht aber durch nöthige 
		neue dekorative Herrichtungen auszuführen war, und da ferner (wie ich 
		bereits erwähnte) die Darstellung der Venus überhaupt zu den minder 
		gelungenen Partieen der dortigen Aufführung gehörte, somit das 
		Wiedererscheinen derselben an sich keinen vortheilhaften Eindruck machen 
		konnte. Ganz unhaltbar sind aber diese Gründe gegen die Giltigkeit des 
		neuen Schlusses, wenn es sich jetzt darum handelt, den Tannhäuser zum 
		ersten Male auf anderen Bühnen und bei ganz anderen Vorgängen 
		aufzuführen, und deßhalb kann ich ihnen nicht die mindeste 
		Berücksichtigung schenken. 
		Wenn ich mir hier die Besprechung dieser Schlußscene mit dem Regisseur 
		und namentlich dem Dekorationsmaler noch vorbehalte, so habe ich 
		zunächst noch dem musikalischen Dirigenten mitzutheilen, daß ich den in 
		der ersten Bearbeitung befindlichen Schlußgesang der jüngeren Pilger in 
		der zweiten Ausgabe auslassen zu müssen glaubte, weil er nach dem 
		Vorhergehenden leicht als eine Länge erscheinen kann, wenn er nicht 
		durch die reichsten Gesangskräfte einerseits, und durch eine ergreifende 
		Darstellung der Scene andererseits, an sich zu einer mächtigen Wirkung 
		gebracht werden kann. Der Gesang wird lediglich von Sopran- und 
		Altstimmen ausgeführt; diese müssen in großer Schönheit und numerischer 
		Stärke vorhanden sein, das Auftreten der Sänger muß so geschickt 
		bewerkstelligt werden, daß der Gesang, trotz des erst allmähligen 
		Auftretens des ganzen Chores, von Anfang an mit möglichster Fülle 
		eintritt, und endlich muß die Scene durch prachtvolles Erglühen des 
		Thales im Morgenrothe sehr wirkungsvoll hergerichtet werden können, wenn 
		der Dirigent sich veranlaßt fühlen soll, diesen vollständigen Schluß der 
		Oper ausführen zu lassen. Nur die größten und reichst ausgestatteten 
		Theater dürften jedoch über die nöthigen Mittel zu der bezeichneten 
		Wirkung verfügen können; diese aber würden meiner Absicht durch 
		Ermöglichung auch des Pilgergesanges, unter den angezeigten Bedingungen, 
		erst vollkommen entsprechen; denn allerdings schließt dieser Gesang mit 
		der Verkündigung des Wunders das Ganze, namentlich auch der Erzählung 
		Tannhäuser's von seinem Auftritte in Rom entsprechend, durchaus 
		befriedigend ab1. 
		Bevor ich mich nun in meinen Mittheilungen gänzlich vom musikalischen 
		Dirigenten abwende2, habe ich mit ihm noch einiges auf das Orchester 
		Bezügliche zu besprechen, und dieß betrifft zunächst den Vortrag der 
		Ouvertüre. - Das Thema, mit welchem dieses Tonstück beginnt, wird von 
		den vortragenden Blasinstrumenten sogleich richtig verstanden werden, 
		wenn der Dirigent darauf hält, daß von Allen auf dem richtigen 
		Melodieeinschnitte gleichmäßig zum Athmen abgesetzt wird; dieß trifft 
		jedesmal vor dem Auftakte zum guten Takt des Rhythmus, also zu dem 
		dritten, fünften, siebenten u. s. w. der Melodie. Nämlich so: 
		 
		 
		 
		Um die hierdurch beabsichtigte Wirkung der Nachahmung eines auf Worten 
		gesungenen Chorvortrages zu gewinnen, bitte ich noch, im vierten und 
		zwölften Takte die Fagottstimmen dahin abzuändern, daß statt der 
		rhythmischen Note die Auflösung gesetzt werde. Wenn später die Posaunen 
		dasselbe Thema im Forte vortragen, gilt die bezeichnete Athemeintheilung 
		natürlich nicht, sondern um der nöthigen Stärke und Dauer des Tones 
		willen haben die Bläser so oft zu athmen, als sie dieß eben bedürfen. - 
		Die Fortissimostelle vom dritten Takte der Seite 5 bis zum zweiten Takte 
		der Seite 10 möge das begleitende Orchester (also alle Instrumente mit 
		Ausnahme der Posaunen, der Tuba und auch der Pauke) auf die Weise 
		vortragen, daß mit dem Niederschlage jedes Taktes ein volles Fortissimo 
		eintritt, das zweite und dritte Viertel jedoch mit abnehmender Stärke 
		gespielt wird. Also:  
		 
		in gleichmäßiger Stärke. - Mit dem sechsten Takte der Seite 22 möge der 
		Dirigent die kurz zuvor etwas zu beschleunigende Bewegung um ein Weniges 
		zurückhalten, was jedoch keine auffallende Rückung des Zeitmaaßes 
		verursachen darf; die Stelle soll nur, wie durch den Vortrag selbst, so 
		auch durch das Zeitmaaß einen von den Früheren scharf abstechenden, 
		schmachtenden, ich möchte sagen: lechzenden Charakter im Ausdrucke 
		erhalten. Auf Seite 23, Takt 2, ist in der ersten Violine der Accent für 
		die erste Note hinwegzunehmen; ebenso soll auf Seite 24 im ersten Takte 
		das fp in allen Instrumenten zu einem einfachen p gemacht werden. Auf 
		Seite 25 ist das Zeitmaaß wieder etwas zu befeuern; nur hüte sich der 
		Dirigent, das mit Seite 26 eintretende Thema zu rasch spielen zu lassen: 
		bei allem Feuer, mit dem es vorgetragen werden muß, würde es durch ein 
		zu schnelles Tempo doch einen Charakter gewöhnlichen Leichtsinnes 
		gewinnen, den ich ihm durchaus fern wissen wollte. - Bei der Vertheilung 
		der Violinen in acht Partieen von Seite 34 an ist darauf zu sehen, daß 
		die sechs unteren Partieen gleichmäßig stark, die zwei oberen von Seite 
		35 an jedoch so besetzt seien, daß die zweite Partie stärker als die 
		erste ausfalle; für die erste kann selbst ein Vorspieler allein genügen, 
		während die zweite Partie zahlreicher als alle übrigen besetzt sein muß. 
		- Der Klarinettist irrt sich gewöhnlich über die Bindung im ersten Takte 
		der Seite 35, indem er die erste Note der Triole mit der voranstehenden 
		Dreivierteltaktnote verbindet: sie muß dagegen besonders angeschlagen 
		werden. Auf Seite 36 ist scharf darauf zu halten, daß die Klarinette vor 
		allen übrigen Instrumenten deutlich vernommen wird; namentlich darf auch 
		die erste Violinpartie sie nicht decken, und der Klarinettist muß sich 
		genau bewußt sein, daß er von dem ersten Eintritte auf dieser Seite an 
		bis zum fünften Takte der Seite 37 die hervorstechende Hauptpartie 
		übernimmt. - Eine ziemlich heftige Beschleunigung des Zeitmaaßes hat von 
		Seite 39 an stattzufinden, die erst mit dem fünften Takte auf Seite 41 
		abzunehmen und in das hier nöthige energische Tempo überzugehen hat. - 
		Vom dritten Takte der Seite 50 an halte der Dirigent auf eine 
		ununterbrochene Ausdauer der größten Stärke in allen Instrumenten; ein 
		Nachlassen in den nächsten acht Takten muß durchaus vermieden werden. - 
		Von größter Wichtigkeit für das Verständniß des ganzen Schlusses der 
		Ouvertüre ist es, daß von Seite 54 an die Violinen im äußersten Piano 
		spielen, so daß vor ihrer - gleichsam nur noch geflüsterten - 
		Wellenfigur das Thema der Blasinstrumente auf das Deutlichste vernommen 
		wird, welches von seinem Eintritte an, trotzdem es nicht eigentlich 
		stark gespielt werden darf, dennoch sogleich die Aufmerksamkeit des 
		Hörers mit Bestimmtheit fesseln muß. - Vom dritten Takte der Seite 66 an 
		hat der Dirigent das Zeitmaaß in regelmäßigem Fortschritte, aber mit 
		auffallender Wirkung, der Art zu beschleunigen, daß bei dem Eintritte 
		des Fortissimo auf Seite 68 die nöthige Steigerung der Bewegung gewonnen 
		ist, in welcher einzig das rhythmisch so stark vergrößerte Thema der 
		Posaunen, zur verständlichen Wahrnehmung in der Art gelangen kann, daß 
		die Noten derselben nicht als vereinzelte, unzusammenhängende Töne 
		erscheinen. - Ich habe endlich dem Dirigenten und dem Orchester wohl 
		nicht erst nöthig an das Herz zu legen, daß nur mit dem Aufwande der 
		äußersten Energie und Kraft die Wirkung des andauernden Fortissimo's in 
		der beabsichtigten Bedeutung erreicht werden kann. Die vier letzten 
		Takte sind, nach abermaliger Beschleunigung der sechs vorausgehenden, 
		bis zu einer feierlichen Breite des Zeitmaaßes zurückzuhalten. - 
		Über die »Tempi« des ganzen Werkes im Allgemeinen äußere ich mich hier 
		nur dahin, daß, wenn die beigefügten metronomischen Angaben den 
		Dirigenten und die Sänger allein über das Zeitmaaß aufklären sollen, es 
		um den Geist des Vorzutragenden jedenfalls sehr übel stehen muß; nur 
		dann werden Beide auch immer das richtige Zeitmaaß treffen, wenn das 
		Verständniß der dramatischen und musikalischen Situationen, durch eine 
		gewonnene lebhafte Sympathie mit denselben, sie das Zeitmaaß als etwas 
		sich ganz von selbst Verstehendes, ohne weiteres Suchen, finden läßt. 
		Was die Besetzung des Orchesters betrifft, so habe ich, da das Korps der 
		Blasinstrumente in dieser Oper die übliche Stärke guter deutscher 
		Orchester in nichts Wesentlichem überschreitet, nur auf Eines, und mir 
		allerdings sehr Wichtiges, aufmerksam zu machen: auf die erforderliche 
		nöthige Stärke der Streichinstrumente. Die deutschen Orchester sind 
		durchgängig zu schwach mit Streichinstrumenten besetzt, und über die 
		Gründe dieses Mangels an Feinfühligkeit für die wahrsten Bedürfnisse 
		eines guten Orchestervortrages ließe sich viel und für die Beurtheilung 
		deutscher Musikzustände Entscheidendes sagen, was hier aber gewiß zu 
		weit führen möchte. So viel ist sicher, daß die ihres Leichtsinnes wegen 
		bei uns so sehr verschrieenen Franzosen, ihre kleinsten Orchester besser 
		mit Streichinstrumenten besetzt halten, als wir dieß in Deutschland oft 
		bei ganz renommirten Orchestern antreffen. Ich habe nun bei der 
		In-strumentation des »Tannhäuser« mit so bestimmter Absicht ein 
		besonders stark besetztes Streichorchester im Auge gehabt, daß ich bei 
		allen Theatern durchweg auf eine Vermehrung der Streichinstrumente über 
		den gewöhnlichen Bestand dringen muß; und meine Forderungen hierfür 
		mögen einfach nach dem Maaßstabe bemessen werden, nach welchem ich 
		erkläre, daß ein Orchester, welches nicht mindestens vier gute 
		Bratschisten stellen kann, meine Musik nur verstümmelt zur Anhörung 
		bringen muß. 
		Für die Scene habe ich ungewohntere Anforderungen an die musikalische 
		Ausstattung gemacht. Wenn ich auf der möglichst genauen Beachtung meiner 
		Vorschriften in Bezug auf die Theatermusik bestehe, so berechtigt mich 
		dazu die Kenntniß des Umstandes, daß in allen bedeutenden Städten 
		Deutschlands stark und gut besetzte Musikkorps, namentlich dem Militär 
		angehörig, vorhanden sind, aus denen recht wohl das zum »Tannhäuser« 
		nöthige Theatermusikkorps kombinirt werden kann. Ich weiß ferner, daß 
		der Erfüllung meiner Forderung meist nur der, wie ich zugeben will, 
		leider oft sehr gerechtfertigte Sparsamkeitssinn der Theaterdirektionen 
		entgegen sein wird; den Direktionen muß ich aber sagen, daß sie sich von 
		der Aufführung meines »Tannhäuser« gar keinen Erfolg zu versprechen 
		haben, außer dann, wenn diese Vorstellung in jeder Hinsicht mit der 
		ausgewähltesten Sorgfalt vorbereitet wird, mit einer Sorgfalt, die 
		dieser Vorstellung den gewohnten Opernaufführungen gegenüber den 
		Charakter des Ungewöhnlichen giebt; und wie dieser Charakter durch die 
		Erscheinung des Ganzen nach allen Seiten hin sich zu rechtfertigen hat, 
		so muß dieß auch nach der Seite der äußeren Ausstattung hin geschehen, 
		für welche ich keinesweges Flitterprunk und blendende Gaukeleien, 
		sondern eben Verdrängung dieser schlechten Effektmittel durch eine 
		wirklich reiche und sinnig berechnete künstlerische Behandlung des 
		Ganzen wie des Details in Anspruch nehme. 
		 
		Ich wende mich nun in Kürze noch an den Regisseur besonders, um ihm zu 
		Herzen zu führen, wie es aus der genauen Beachtung Dessen, was ich 
		bisher zunächst nur dem musikalischen Dirigenten mittheilte, sich selbst 
		einen Maaßstab für meine Anforderungen an den Charakter seiner 
		Mitwirksamkeit zu entnehmen habe. Alles auf die Darstellung Bezügliche 
		kann nur dann musikalischerseits gelingen, wenn die feinste Ausführung 
		des scenischen Details das Gelingen des dramatischen Ganzen überhaupt 
		ermöglicht. Die auf die Scene bezüglichen Bemerkungen in der Partitur, 
		auf die ich bereits zu Anfang den Regisseur mit Nachdruck hinwies, geben 
		ihm in den meisten Fällen genau meine Absicht zu verstehen; meine 
		umständlichen Andeutungen bei Gelegenheit der Besprechung einiger sonst 
		ausgelassenen Stellen können ihm klar machen, welches außerordentliche 
		Gewicht ich auf die bestimmteste Motivirung der Situationen durch die 
		dramatische Aktion lege, und aus ihnen möge ihm erhellen, von welchem 
		Werthe mir seine angelegentlichste Mitwirkung bei Anordnung auch der 
		leisesten scenischen Vorgänge ist. Ich ersuche daher den Regisseur 
		dringend, die leider üblich gewordenen Rücksichten gegen beliebte 
		Opernsänger, nach welchem diese fast nur mit dem musikalischen 
		Dirigenten zu verkehren hatten, durchaus fahren zu lassen. Glaubte man 
		bisher, mit Geringschätzung des Operngenre's überhaupt, einem Sänger 
		irgend welchen Unsinn in der Auffassung einer Situation durchgehen 
		lassen zu müssen, weil ein »Opernsänger nun einmal kein Schauspieler 
		sei, und weil man in die Oper nur gehe, um singen zu hören, nicht aber 
		auch 'spielen' zu sehen«, so erkläre ich, daß, bei Anwendung dieser 
		Nachsicht auch auf vorliegenden Fall, mein Werk schlechterdings verloren 
		sein muß. Das, was ich vom Darsteller verlange, wird allerdings nicht 
		durch bloßes Hineinreden auf ihn zu bewirken sein, und das ganze von mir 
		angegebene Verfahren beim Einstudiren, namentlich die Abhaltung von 
		Leseproben, zielt eben darauf hin, den Darsteller zum mitfühlenden und 
		mitwissenden, endlich aus seiner eigenen meine umständlichen Andeutungen 
		bei Gelegenheit der Besprechung einiger sonst ausgelassenen Stellen 
		können ihm klar machen, welches außerordentliche Gewicht ich auf die 
		bestimmteste Motivirung der Situationen durch die dramatische Aktion 
		lege, und aus ihnen möge ihm erhellen, von welchem Werthe mir seine 
		angelegentlichste Mitwirkung bei Anordnung auch der leisesten scenischen 
		Vorgänge ist. Ich ersuche daher den Regisseur dringend, die leider 
		üblich gewordenen Rücksichten gegen beliebte Opernsänger, nach welchem 
		diese fast nur mit dem musikalischen Dirigenten zu verkehren hatten, 
		durchaus fahren zu lassen. Glaubte man bisher, mit Geringschätzung des 
		Operngenre's überhaupt, einem Sänger irgend welchen Unsinn in der 
		Auffassung einer Situation durchgehen lassen zu müssen, weil ein 
		»Opernsänger nun einmal kein Schauspieler sei, und weil man in die Oper 
		nur gehe, um singen zu hören, nicht aber auch 'spielen' zu sehen«, so 
		erkläre ich, daß, bei Anwendung dieser Nachsicht auch auf vorliegenden 
		Fall, mein Werk schlechterdings verloren sein muß. Das, was ich vom 
		Darsteller verlange, wird allerdings nicht durch bloßes Hineinreden auf 
		ihn zu bewirken sein, und das ganze von mir angegebene Verfahren beim 
		Einstudiren, namentlich die Abhaltung von Leseproben, zielt eben darauf 
		hin, den Darsteller zum mitfühlenden und mitwissenden, endlich aus 
		seiner eigenen Überzeugung mitschaffenden Theilnehmer der Aufführung zu 
		machen: daß dieser Erfolg, bei der herrschenden Gewohnheit, nur aber 
		durch thätigste Mitwirkung des Regisseurs herbeigeführt werden kann, ist 
		ebenso gewiß. 
		So ersuche ich den scenischen Dirigenten, namentlich auch darauf zu 
		halten, daß die scenischen Vorgänge auf das Bestimmteste mit den sie 
		begleitenden Zügen des Orchesters zusammentreffen. Ost ist es mir 
		begegnet, daß ein scenischer Vorgang - eine Bewegung, ein bedeutsamer 
		Blick - dadurch der Aufmerksamkeit des Zuschauers verloren ging, daß er 
		entweder zu früh, oder zu spät, und jedenfalls nicht genau mit der, den 
		Zuschauer wiederum als Zuhörer bestimmenden, bezüglichen Stelle des 
		Orchesters im Tempo, oder auch in der Andauer übereinstimmte. Bei dieser 
		Unachtsamkeit schadet sich nicht nur der Darsteller für die Wirkung 
		seiner Aktion, sondern die betreffenden Züge des Orchesters verwirren 
		auch bei dieser Zusammenhangslosigkeit den Zuschauer der Art, daß er sie 
		für willkürliche Einfälle des Komponisten halten muß. Welche Reihe von 
		Mißverständnissen hieraus sich ergiebt, ist leicht einzusehen. 
		Ferner gebe ich dem Regisseur auf, darüber zu wachen, daß vom 
		darstellenden Personale die im »Tannhäuser« vorkommenden Aufzüge nicht 
		in der üblichen Marschmanier ausgeführt werden, wie sie in unseren 
		Opernvorstellungen so stereotyp geworden ist. Märsche in dem gewohnten 
		Sinne kommen in meinen letzten Opern gar nicht mehr vor, und wenn daher 
		der Einzug der Gäste in der Sängerhalle (Akt II Scene IV) so ausgeführt 
		wird, daß ein Chor- und Statistenpersonal paarweise aufmarschiert, den 
		beliebten Schlangenumzug auf der Bühne hält, dann aber in zwei 
		militärisch geordneten Reihen, in Erwartung der weiteren Operndinge, 
		sich den Koulissen entlang aufstellt, so bitte ich nur, daß man hierzu 
		auch irgend einen Marsch aus »Norma« oder »Belisar«, nicht aber meine 
		Musik im Orchester spielen lasse. Dagegen muß, wenn man für gut findet 
		meine Musik beizubehalten, der Einzug der Gäste in seiner Anordnung 
		durchaus dem wirklichen Leben, und zwar nach seinen edelsten und 
		freiesten Formen, nachgeahmt sein; fern sei jene peinliche 
		Regelmäßigkeit der sonst herkömmlichen Marschordnungen; je 
		mannigfaltiger und zwangloser die Gruppen der Eintretenden, als 
		gesonderte Familien- und Freundeskomplexe, vertheilt sind, desto 
		einnehmender wird die Wirkung des ganzen Einzuges sein. Jede der 
		anlangenden Ritter und Frauen werden vom Landgrafen und Elisabeth 
		freundlich und würdevoll begrüßt, wobei natürlich keine sichtbare 
		Nachahmung des Sprechens stattfinden darf, was unter allen Umständen in 
		einem musikalischen Drama streng verpönt zu sein hat. - Eine überaus 
		wichtige Aufgabe in diesem Sinne ist dann der ganze Verlauf des 
		Sängerkrieges, die zwanglose Gruppirung der Zuhörer, und namentlich die 
		Kundgebung ihrer wechselnden und wachsenden Theilnahme an dem 
		Hauptvorgange. Hier zeige sich der Regisseur in seiner vollen Kunst; 
		denn nur durch seine geistvollsten Anordnungen kann diese kombinirte 
		Scene zur rechten Wirkung gelangen. 
		Ähnlich hat er die Aufzüge der Pilger im ersten und dritten Akte zu 
		leiten: je freier und natürlicher hier die Gruppen wechselvoll vertheilt 
		sind, desto entsprechender wird meiner Absicht genügt. Über den Schluß 
		des ersten Aktes, wo (schon während der ganzen Scene, jedoch anfangs 
		unmerklich) die Bühne allmählich vom immer mehr sich verstärkenden 
		Jagdtrosse erfüllt wird, sowie vom Schlusse des dritten Aktes, wo ich 
		die Ausführung des Gesanges der jüngeren Pilger zum wesentlichen Theile 
		mit von den besonders geschickten Anordnungen der Scene abhängig 
		erklären mußte, glaube ich mich bereits zur Genüge geäußert zu haben. 
		Nur auf ein Wichtigstes habe ich schließlich den Regisseur noch 
		hinzuweisen: auf die Darstellung der ersten Scene der Oper, des - wenn 
		ich es so nennen darf - Tanzes im Venusberge. Daß es sich hier nicht um 
		einen Tanz, wie er in unseren Opern und Balleten üblich ist, handelt, 
		brauche ich wohl nicht erst zu bedeuten: der Balletmeister, dem man die 
		Zumuthung stellte, zu dieser Musik eine solche Tanzscene zu arrangiren, 
		würde uns bald eines Anderen belehren, und die Musik für durchaus 
		untauglich erklären. Was ich dagegen im Sinne habe, ist ein 
		Zusammenfassen alles Dessen, was irgend Tanz- und Pantomimenkunst zu 
		leisten vermag: ein verführerisch wildes und hinreißendes Chaos von 
		Gruppirungen und Bewegungen, vom weichsten Behagen, Schmachten und 
		Sehnen, bis zum trunkensten Ungestüm jauchzender Ausgelassenheit. Gewiß 
		ist die Aufgabe nicht leicht zu lösen, und die gewünschte chaotische 
		Wirkung hervorzubringen bedarf es ohne Zweifel der sorgfältigsten 
		künstlerischen Anordnung des feinsten Details. In der Partitur ist der 
		Verlauf dieser wilden scenischen Situation nach den wesentlichen Zügen 
		mit Bestimmtheit angegeben, und ich muß Denjenigen, der sich der 
		Herstellung dieser Scene unterzieht, dringend ersuchen, trotz aller 
		Freiheit der Erfindung, die ich ihm lasse, genau die angegebenen 
		Hauptmomente fest zu halten; ein öfteres Anhören der Musik, vom 
		Orchester vorgetragen, wird dem irgend Erfahrenen am besten die 
		Erfindungen zuführen, die er, um der Musik zu entsprechen, für die 
		Anordnung der Scene zu machen hat. - 
		Eben diese Scene setzt mich zunächst noch mit dem Dekorationsmaler in 
		Berührung, den ich hier durchgehends als mit dem Maschinisten vereint 
		mir vorstelle. Nur bei genauer Kenntniß des ganzen dichterischen 
		Gegenstandes, und nach einem sorgfältigen Vernehmen mit dem Regisseur, 
		und selbst dem Kapellmeister, über dessen Darstellung kann es dem 
		Dekorationsmaler und Maschinisten gelingen, die Bühne so herzurichten, 
		wie es erforderlich ist. Wie oft muß es dagegen, wenn dieses 
		Einverständniß versäumt ist, vorkommen, daß, nur der endlich nothwendig 
		gewordenen Benutzung des nach einseitiger Kenntniß des Gegenstandes 
		bestellten Werkes des Dekorationsmalers und Maschinisten zu lieb, 
		gewaltsame Entstellungen der eigentlichen Absicht vorgenommen werden 
		müssen! 
		Die Scene des Venusberges, die für ihre Konstruktion genau der bereits 
		hinter ihr aufgestellten Scene des Wartburgthales entsprechen muß (was 
		für die, beiden Scenen nöthigen Bergvorsprünge sehr gut stimmt), ist den 
		Hauptmomenten nach in der Partitur genügend angegeben. Schwierig ist 
		jedoch dann das Verhüllen der Scene in rosiges Gewölk, wodurch diese auf 
		einen engeren Raum zu beschränken ist: aller beabsichtigte Zauber würde 
		vernichtet werden, wenn dieß auf plumpe Weise durch Vorschieben und 
		Herabsenken einer massiven Wolkendekoration bewerkstelligt werden 
		sollte. In Dresden wurde die Verhüllung, nach sorgfältigen Proben, sehr 
		entsprechend und wirkungsvoll ausgeführt, durch allmähliches 
		Her-ablassen duftig gemalter Schleier, von denen mehrere nach und nach 
		hinter einander niedergesenkt wurden, so daß erst dann, als die Konture 
		der vorigen Scene ganz unkenntlich geworden waren, eine rosig gemalte 
		massive Leinwanddekoration hinter den Schleiern die Scene vollkommen 
		schloß. Eine genaue Berechnung des Tempo's, um der Übereinstimmung mit 
		der Musik willen, wurde beobachtet. - Die große Verwandlung geschieht 
		dann mit einem Male, indem, bei plötzlich eintretender Verfinsterung der 
		Bühne, die massive Wolkendekoration zunächst, und schnell darauf die 
		Schleier aufgezogen werden, worauf das sogleich lebhaft hervorbrechende 
		Licht die neue Scene, das Thal, mit heiterster Tageshelle beleuchtet. 
		Die Wirkung dieser Thaldekoration, die genau nach der Angabe der 
		Partitur herzustellen ist, muß nun so bewältigend frisch, heiter und 
		traulich sein, daß es dem Dichter und Musiker gestattet sein darf, die 
		Zuschauer eine geraume Weile ihrem Eindrucke zu überlassen. 
		Die Dekoration zum zweiten Akte, die Sängerhalle auf Wartburg 
		darstellend, war für Dresden von einem ausgezeichneten französischen 
		Künstler so vortrefflich hergestellt worden, daß ich jedem Theater nur 
		rathen kann, sich eine Zeichnung davon zu verschaffen, um nach ihr sie 
		anfertigen zu lassen. Auch die Einrichtung der Scene in Bezug auf die 
		Aufstellung der Sitzreihen der Zuhörer des Sängerkampfes, war dort so 
		glücklich getroffen, daß ich nur auf Benutzung der Angaben zu dringen 
		habe, die von dort her zu beziehen sein könnten. 
		Minder glücklich fiel in Dresden die Scene zum dritten Akte aus, weil 
		erst nach der Aufführung der Oper es klar wurde, daß für diesen Akt eine 
		besondere Dekoration hätte angefertigt werden müssen, wogegen ich zuvor 
		geglaubt hatte, wir würden mit der Benutzung der zweiten Hauptdekoration 
		des ersten Aktes hierfür ausreichen. Es erwies sich aber als unmöglich, 
		derselben Dekoration, welche zuvor auf die heiterste Wirkung als 
		Frühlingstagesstück berechnet war, durch noch so künstliche Anwendung 
		der Beleuchtung den, für den dritten Akt nöthigen, herbstabendlichen 
		Ausdruck zu geben. Vor allem war aber in ihr die zauberhafte Erscheinung 
		des Venusberges nicht wirksam darzustellen, so daß ich mich - wie 
		bereits erwähnt - für die zweite Bearbeitung damit begnügen mußte, die 
		Schleierdekoration des ersten Aktes, ziemlich unmotivirt, wieder 
		herabsinken zu lassen, wodurch die ganze Erscheinung der Venus viel zu 
		weit in den Vordergrund gerieth, und deßhalb die von fernher verlockende 
		Wirkung durchaus nicht hervorbrachte. Ich verpflichte daher die 
		Dekorationsmaler, denen jetzt die Herrichtung der Oper aufgetragen wird, 
		auf Beschaffung einer besonderen Dekoration für den dritten Akt zu 
		dringen, und diese dann so auszufüh-ren, daß sie die letzte Scene des 
		dritten Aktes im Tone des Herbstes und Abends gebe, mit genauer 
		Rücksichtnahme darauf, daß am Schlusse das Thal in glühende 
		Morgenrothbeleuchtung zu versetzen ist. - Für die spukhafte Erscheinung 
		des Venusberges möge dann ungefähr folgendes Verfahren stattfinden. 
		Zunächst sinken, an der in der Partitur angegebenen Stelle, bei stark 
		eingezogener Beleuchtung in der hinteren Hälfte der Bühne zwei Schleier 
		nach einander herab, so daß die Konture der Thaldekoration im 
		Hintergrunde völlig unkenntlich gemacht werden; sodann wird der, für 
		diese Scene transparent gemalte, ferne Venusberg in rosig glühende 
		Beleuchtung versetzt. Der erfinderische Sinn des Dekorationsmalers und 
		Maschinisten möge nun eine Herrichtung aufsuchen, durch welche die 
		Wirkung hervorgebracht wird, als ob der erglühende Venusberg sich nähere 
		und soweit ausdehne, daß er - als durchsichtig - tanzende Gestalten zu 
		fassen vermag, deren wirre Bewegungen dem Zuschauer deutlich werden 
		müssen; als die ganze hintere Bühne von dieser Erscheinung eingenommen 
		ist, wird dann Venus, auf einem Lager ausgestreckt, sichtbar. Die 
		Entfernung muß aber immer noch so weit erscheinen, als dieß irgend die 
		Größe wirklicher menschlicher Gestalten für die Täuschung erlaubt. Das 
		Verschwinden der Erscheinung wird dann durch schnelle Dämpfung und 
		endliches Verlöschen der, bis dahin immer lebhafter gewordenen, rosigen 
		Beleuchtung des Hintergrundes, somit durch momentan eintretende 
		gänzliche Nacht, während welcher der ganze zur Erscheinung des 
		Venusberges nöthige Apparat rasch zu entfernen ist, bewerkstelligt; 
		zunächst gewahrt man dann, beim Ertönen des Grabgesanges, durch die zwei 
		noch herabhängenden Schleier die Lichter und Fackeln des Leichenzuges, 
		der von der Höhe des Hintergrundes herabsteigt: langsam werden dann die 
		Schleier nach einander aufgezogen, und zugleich tritt überall allmählich 
		wachsende Beleuchtung des Tagesgrauens ein, welches schließlich - wie 
		bemerkt - in Morgenglühen überzugehen hat. 
		Der Dekorationsmaler möge nun einsehen, wie unendlich wichtig, ja einzig 
		ermöglichend, mir seine geistvollste Mitwirkung ist, und daß ich ihm 
		einen gewiß nicht wenig entscheidenden Antheil an dem Erfolge des 
		Ganzen, der nur durch augenblickliches klares Verständniß der 
		ungewöhnlichsten Situationen zu gewinnen ist, zuspreche. Nur aber ein 
		genaues, wirklich künstlerisches Eingehen seinerseits auf meine 
		innerlichsten Absichten kann diese Mitwirkung mir verschaffen. 
		 
		Nach diesen ziemlich umständlichen Auseinandersetzungen wende ich mich 
		denn nun schließlich an die Darsteller im Besonderen. Nicht über das 
		Ein-zelne ihrer Leistungen kann ich mich jedoch mit ihnen zu besprechen 
		versuchen, denn um hierzu volle und geeignete Veranlassung zu gewinnen, 
		müßte ich nothwendig mit einem Jeden in persönlichen 
		Freundschaftsverkehr treten können. Ich muß mich daher auf Das 
		beschränkt halten, was ich über die nöthige Auffassung des Studiums im 
		Allgemeinen sagte, in der Hoffnung, daß auf dem bezeichneten Wege die 
		Darsteller ganz von selbst dazu gelangen, durch das Vertrautwerden mit 
		meinen Intentionen auch die Fähigkeit zu gewinnen, diesen Intentionen zu 
		entsprechen. In Allem, was ich zunächst an den musikalischen Dirigenten 
		richtete, sind aber bereits meine Forderungen an den Darsteller so stark 
		mit berührt worden, und namentlich fand ich bei der Besprechung 
		einzelner Stellen Gelegenheit, diese meine Forderungen so genau zu 
		motiviren, daß ich für die Darstellung im Allgemeinen nur noch darauf 
		aufmerksam zu machen hätte, wie ich meine Ansprüche in Bezug auf die 
		Auffassung jener einzelnen Stellen für jedes übrige Detail der 
		Darstellung gelten lassen muß. - 
		Doch halte ich für gut, über den Charakter der Hauptrollen mich noch 
		etwas näher zu äußern. 
		Die schwierigste Rolle ist unstreitig die des Tannhäuser selbst, und ich 
		muß eingestehen, daß sie überhaupt eine der schwierigsten Aufgaben für 
		die dramatische Darstellung sein dürfte. Als das mir Wesentlichste von 
		diesem Charakter bezeichne ich das stets unmittelbar thätige, bis zum 
		stärksten Maaße gesteigerte Erfülltsein von der Empfindung der 
		gegenwärtigen Situation, und den lebhaftesten Kontrast, der durch den 
		heftigen Wechsel der Situation sich in der Äußerung dieses Erfülltseins 
		zu erkennen giebt. Tannhäuser ist nie und nirgends etwas nur »ein 
		wenig«, sondern alles voll und ganz. Mit vollstem Entzücken hat er in 
		den Armen der Venus geschwelgt; mit dem bestimmtesten Gefühle von der 
		Nothwendigkeit seiner Losreißung von ihr zerbricht er, ohne im Mindesten 
		die Göttin der Liebe zu schmähen, die Bande, die ihn an sie fesselten. 
		Mit vollster Rückhaltslosigkeit giebt er sich dem überwältigenden 
		Eindrucke der wiederbetretenen heimischen Natur, der traulichen 
		Beschränktheit altgewohnter Empfindungen, endlich dem thränenreichen 
		Ausbruche eines kindlich religiösen Reuegefühles hin; der Ausruf: 
		»Allmächtiger, Dir sei Preis! groß sind die Wunder Deiner Gnade!« ist 
		der unwillkürliche Erguß einer Empfindung, die sein Herz bis auf die 
		innerste Wurzel mit unwiderstehlicher Gewalt einnimmt. So stark und 
		aufrichtig ist diese Empfindung und das gefühlte Bedürfniß der 
		Aussöhnung mit der Welt - doch der Welt im größesten und weitesten Sinne 
		-, daß er der Begegnung seiner früheren Genossen, und ihrer angebotenen 
		Versöhnung mit ihm, scheu und abstoßend ausweicht: nicht Rückkehr will 
		er, sondern Vordringen bis zu einem ebenso Großen und Erhabenen, als es 
		sein neu gewonnenes Gefühl von der Welt ist. Dieß Eine, Namenlose, was 
		jetzt einzig seiner Empfindung entsprechen kann, wird ihm dann plötzlich 
		mit dem Namen »Elisabeth« genannt: Vergangenheit und Zukunft strömt ihm 
		mit diesem Namen blitzesschnell wie in einen Feuerstrom zusammen, der, 
		während er die Liebe Elisabeth's zu ihm erfährt, zum leuchtenden Stern 
		eines neuen Lebens für ihn zusammenfließt. Ganz und gar von diesem nie 
		erfahrenen neuesten Eindrucke überwältigt, jauchzt er in wonnigster 
		Lebenslust auf, stürmt er der Geliebten entgegen. Wie ein ferner, 
		dumpfer Traum liegt alles Vergangene nur noch vor seiner Seele; kaum 
		weiß er sich seiner zu erinnern: nur Eines gewahrt er noch, ein reizend 
		holdes Weib, eine süße Jungfrau, die ihn liebt; und nur Eines erkennt er 
		in dieser Liebe, nur Eines erkennt er in ihrer Entgegnung, - brünstiges, 
		allverzehrendes Lebensfeuer. - Mit diesem Feuer, dieser Inbrunst, genoß 
		er einst die Liebe der Venus, und unwillkürlich muß er erfüllen, was er 
		ihr beim Abschiede frei gelobte: »gegen alle Welt fortan ihr muthiger 
		Streiter zu sein«. Diese Welt säumt nicht, ihn zum Streite 
		herauszufordern. In ihr, wo der Stolze an sich das Opfer vollbringt, was 
		die Schwäche von ihm fordert, findet der Mensch für sein Dasein nur 
		Berechtigung durch Aner-kennung der Nothwendigkeit einer unendlichen 
		Vermittelung seiner unwillkürlichen Empfindungen für ihre Kundgebung 
		durch den, alle Gestaltung beherrschenden Ausdruck der Sitte. 
		Tannhäuser, der nur des unmittelbarsten Ausdruckes seiner 
		aufrichtigsten, unwillkürlichsten Empfindungen mächtig ist, muß sich zu 
		dieser Welt im schroffsten Gegensatze finden, und seinem Gefühle muß 
		dieß so stark bewußt werden, daß er, um seiner Existenz willen, auf Tod 
		und Leben diesen seinen Gegensatz zu bekämpfen hat. Diese eine 
		Nothwendigkeit wird einzig nur noch von ihm empfunden, als es im 
		Sängerkriege zum offenen Kampfe kommt; um ihr zu genügen, vergißt er 
		Alles um sich her, jede Rücksicht läßt er fahren: und doch kämpft sein 
		Gefühl nur für seine Liebe zu Elisabeth, als er endlich hell und laut 
		sich als Ritter der Venus bekennt. Hier steht er auf der höchsten Höhe 
		seines lebensfreudigen Triebes, und nichts vermag ihn in der Erhabenheit 
		seiner Entzückung, mit der er einsam einer ganzen Welt trotzig 
		entgegensteht, zu erschüttern, als die einzige Erscheinung, die gerade 
		jetzt als gänzlich neu und nie noch wahrgenommen seine ganze Empfindung 
		urplötzlich einnimmt: das Weib, das sich aus Liebe für ihn opfert. - Aus 
		dem Übermaaße der Wonne, das er in Venus' Armen genoß, sehnte er sich 
		nach - Schmerz: diese tief menschliche Sehnsucht sollte ihn dem Weibe 
		zuführen, das nun mit ihm leidet, wogegen Venus sich nur mit ihm freute. 
		Sein Verlangen ist erfüllt, und fortan kann er nicht mehr leben ohne 
		ebenso überschwängliche Schmerzen, als zuvor seine Freuden 
		überschwänglich waren. Aber diese Schmerzen sind dennoch keine 
		gesuchten, willkürlich aufgenommenen; sondern mit unwiderstehlicher 
		Gewalt brachen ste durch das Mitgefühl in sein Herz ein, das nun mit der 
		ganzen Energie seines Wesens sie bis zur Selbstvernichtung nährt. Hier 
		nun äußert sich seine Liebe zu Elisabeth in dem ungeheuren Unterschiede 
		von seiner Liebe zu Venus: sie, deren Blick er nicht ertragen kann, 
		deren Wort ihm wie ein Schwert in die Brust dringt, sie muß er durch 
		furchtbarste Martern um die Marter ihrer Liebe zu ihm zu versöhnen 
		suchen, und wenn er diese Versöhnung im schmerzlichsten Todesaugenblicke 
		auch von Ferne nur ahnen dürfte. - Wo gäb' es nun ein Leiden, das er 
		nicht mit Luft ertrüge? Vor jener Welt, der er soeben noch als Todfeind 
		siegesjubelnd gegenüberstand, wirst er sich mit williger Inbrunst in den 
		Staub, um von ihren Füßen sich zertreten zu lassen. Nicht gleicht er so 
		den Pilgern, die um ihres eigenen Heiles willen sich gemächliche 
		Büßungen auferlegen: nur »um ihr die Thräne zu versüßen, die sie um den 
		Sünder geweint«, sucht er unter den schrecklichsten Qualen den Weg zu 
		seinem Heile, da dieses Heil in nichts Anderem bestehen kann, als jene 
		ihm geweinte Thräne versüßt zu wissen. Wir müssen ihm glauben, daß mit 
		solcher Inbrunst noch nie ein Pilger nach dem Heile verlangte; je 
		aufrichtiger und vollständiger aber seine Zerknirschung, sein Bußgefühl 
		und Heiligungsverlangen war, desto furchtbarer mußte ihn nun auch der 
		Ekel vor der Lüge und Herzlosigkeit übermannen, die sich ihm am Ziele 
		des Heilweges darstellten. Gerade bei der höchsten Wahrhaftigkeit seiner 
		Empfindung, die sich nicht auf ihn und sein besonderes Seelenheil, 
		sondern auf die Liebe zu einem anderen Wesen, somit auf dieß geliebte 
		Wesen selbst bezog, mußte endlich sein Haß gegen diese Welt, die aus 
		ihren Axen hätte gerathen müssen, wenn sie ihn und die Liebe 
		freisprechen wollte, in die hellsten Flammen aufschlagen, und diese 
		Flammen sind es, die als Gluthen der Verzweiflung sein Herz 
		durchbrennen. Als er von Rom wiederkehrt, ist es nur noch Grimm gegen 
		eine Welt, die ihm wegen der höchsten Aufrichtigkeit seiner Empfindungen 
		das Recht des Daseins abspricht; und nicht aus Sehnsucht nach Freude und 
		Luft sucht er wieder den Venusberg auf, sondern der Haß gegen jene Welt, 
		der er Hohn sprechen muß, die Verzweiflung treibt ihn dahin, um sich vor 
		dem Blicke seines »Engels« zu verbergen, dessen »Thräne zu versüßen« die 
		ganze Welt ihm nicht den Balsam bieten konnten. - So liebt er Elisabeth; 
		und diese Liebe ist es, die sie erwidert. Was die ganze sittliche Welt 
		nicht vermochte, das vermochte sie, indem sie der Welt zum Trotze den 
		Geliebten in ihr Gebet schloß, und in heiligem Wissen von der Kraft 
		ihres Todes, sterbend den Unseligen freisprach. Und sterbend dankt ihr 
		Tannhäuser für diese empfangene höchste Liebesgunst. An seiner Leiche 
		steht aber Keiner, der ihn nicht beneiden müßte; und Jeder, die ganze 
		Welt, Gott selbst - muß ihn selig sprechen. - 
		Ich erkläre nun, daß keinem, selbst nicht dem bedeutendsten Schauspieler 
		unserer und der vergangenen Zeiten, die Aufgabe einer vollkommenen 
		Darstellung des Tannhäuser, wie ich sie nach der voranstehenden 
		Charakteristik verlange, zu lösen gelingen kann, und antworte nun der 
		Frage, wie ich es für möglich halte, daß ein Opernsänger sie lösen 
		solle, einfach dahin, daß eben nur der Musik der Entwurf solch' einer 
		Aufgabe geboten werden durfte, und nur, eben durch die Musik, ein 
		dramatischer Sänger sie zu lösen im Stande sein kann. Wo der 
		Schauspieler in den Mitteln der Rezitation vergebens nach dem Ausdruck 
		suchen würde, der ihm einen solchen Charakter gelingen lassen sollte, 
		bietet sich dieser Ausdruck ganz von selbst in der Musik dem Sänger dar, 
		und von diesem verlange ich daher nur, daß er mit rückhaltsloser Wärme 
		auf die von mir ihm gebotene Aufgabe eingehe, um gewiß zu sein, daß er 
		sie auch lösen werde. - Nur muß ich namentlich vom Sänger des Tannhäuser 
		ein gänzliches Aufgeben und Vergessen seiner bisherigen Stellung als 
		Opernsänger verlangen; als solcher darf er gar nicht an die Möglichkeit 
		einer Lösung der gestellten Aufgabe denken. Besonders auf unseren 
		Tenorsängern haftet, vom Vortrage der gewöhnlichen Tenorpartieen her, 
		ein völliger Fluch, der sie uns gemeinhin nicht anders als unmännlich, 
		weichlich und vollständig energielos erscheinen läßt. Sie sind, unter 
		dem Einflusse und in Folge einer gewöhnlich geradezu verbrecherischen 
		Ausbildung ihres Stimmorganes, während der ganzen Dauer ihrer 
		theatralischen Laufbahn so ausschließlich daran gewöhnt, sich nur mit 
		den allerkleinlichsten Details der Gesangsmanier zu befassen und ihnen 
		einzig ihre Aufmerksamkeit zu widmen, daß sie auf der Bühne selten zu 
		etwas Anderem gelangen, als sich entweder zu sorgen, ob jenes G oder As 
		hübsch herauskommen werde, oder darüber sich zu freuen, daß das Gis oder 
		A gehörig »gesessen« hat. Neben diesen Sorgen und Freuden kennen sie 
		gewöhnlich nichts als Vergnügen am Putz, und das Bemühen, mit Putz und 
		Stimme zusammen nach Möglichkeit zu gefallen, vor Allem um einer höheren 
		Gage willen3. Ich gebe nun zu, daß ein bloßes Befassen mit einer 
		Aufgabe, wie die meines Tannhäuser's, schon hinreichen werde, den Sänger 
		über sich in Unruhe zu versetzen, und daß in Folge dieser Unruhe er sich 
		angelegen sein lassen werde, Verschiedenes in seiner Bühnengewohnheit zu 
		ändern; ich gehe sogar in meiner Voraussetzung so weit zu hoffen, daß, 
		wenn das Studium des Tannhäuser in der Weise geleitet wird, wie ich es 
		angegeben habe, eine Veränderung in den Gewohnheiten und Begriffen des 
		Sängers zu Gunsten der Aufgabe sich geltend machen werde, die ihn ganz 
		von selbst auf das Richtige und erforderliche hinleiten muß: nur dann 
		aber kann ich einen durchaus günstigen Erfolg seiner Bemühungen 
		erwarten, wenn diese Veränderungen zu einer vollständigen Revolution in 
		ihm und seiner bisherigen Auffassungs- und Darstellungsweise führt, 
		einer Revolution, bei welcher er sich bewußt wird, daß er für diese 
		Aufgabe etwas ganz und gar Anderes zu sein hat, als er sonst war, der 
		vollständige Gegensatz seines früheren Wesens. Er halte mir nicht 
		entgegen, daß ihm auch schon Aufgaben geboten worden seien, die an seine 
		Darstellungsgaben ungewöhnliche Anforderungen machten: ich kann ihm 
		nachweisen, daß er mit Dem, was er etwa bei den sogenannten dramatischen 
		Tenorpartieen der neueren Zeit sich aneignete, für den Tannhäuser ganz 
		sicher nicht auskommen würde, da ich ihm beweisen könnte, daß z. B. in 
		den Meyerbeer'schen Opern der von mir gerügte Charakter der modernen 
		Tenorsänger, bei der ganzen Anlage, für Mittel und Zweck mit höchster 
		Klugheit als unveränderlich berücksichtigt worden ist. Wer mir also, auf 
		seine bisherigen Erfolge in den genannten Opern gestützt, mit bloß 
		demselben Aufwande von Darstellungskunst, der dort genügte, um die Opern 
		allgemein aufgeführt und beliebt zu machen, den Tannhäuser darstellen 
		wollte, der würde gerade Das aus dieser Rolle machen, wovon sie das 
		volle Gegentheil ist. Er würde vor Allem im Tannhäuser nicht die Energie 
		seines Wesens begreifen, und ihn zu einem haltungslosen, hin und 
		herschwankenden, schwachen und unmännlichen Charakter machen, da für 
		einen oberflächlichen Hinblick die Verführung zu einer solchen falschen 
		Auffassungsweise, (die ihn dem »Robert der Teufel« etwa verwandt 
		erscheinen ließe) allerdings vorhanden sein dürfte. Nichts könnte aber 
		das ganze Drama unverständlicher machen und den Hauptcharakter mehr 
		entstellen, als wenn Tannhäuser schwach, oder gar ab und zu »gutmüthig«, 
		bürgerlich fromm, und höchstens als mit einigen lüderlichen Neigungen 
		behaftet, dargestellt würde. Dieß glaube ich mit der vorhergehenden 
		Charakterisirung seines Wesens dargethan zu haben; und da ich alles 
		Verständniß meines Werkes mir namentlich nur davon versprechen kann, daß 
		die Hauptrolle dieser Charakterisirung entsprechend aufgefaßt und 
		dargestellt werde, so möge der Sänger des Tannhäuser begreifen, welche 
		ungewöhnliche Anforderung ich an ihn stelle, zu welchem freudigen Danke 
		er mich aber auch verpflichten müsse, wenn er meine Absicht vollkommen 
		verwirklicht. Ich erkläre ihm unumwunden, daß eine durchaus glückliche 
		Darstellung des Tannhäuser das Höchste ist, was er in seiner Kunst 
		leisten kann. - 
		Nach dieser ausführlichen Besprechung mit dem Sänger des Tannhäuser habe 
		ich den Darstellern der übrigen Rollen wenig mehr zu sagen; denn alles 
		ihm Mitgetheilte betrifft in der Hauptsache sie Alle. Die schwierigsten 
		Aufgaben neben Tannhäuser fallen wohl den beiden Frauen, Venus und 
		Elisabeth, zu. Namentlich wird die Venus nur dann glücken, wenn bei 
		günstiger äußerer Disposition für diese Rolle, die Darstellerin vollen 
		Glauben an ihre Partie gewinnt, und dieser wird ihr dann kommen, wenn 
		sie es vermag, Venus in jeder ihrer Kundgebungen für vollkommen 
		berechtigt zu halten, für so berechtigt, daß sie nur dem Weibe weicht, 
		das aus Liebe sich opfert. Das Schwierige für die Elisabeth ist dagegen, 
		daß die Darstellerin den Eindruck der jugendlichsten und 
		jungfräulichsten Unbefangenheit macht, ohne zu verrathen, ein wie sehr 
		erfahrenes, seines weibliches Gefühl sie erst zur Lösung ihrer Aufgabe 
		fähig machen konnte. - Die übrigen Partieen der Männer sind minder 
		schwer, und selbst Wolfram, dessen Aufgabe ich durchaus nicht für 
		unbedingt leicht halten will, hat sich fast nur an die nächste Sympathie 
		des feinfühlenderen Theiles unseres Publikums zu wenden, um des Gewinnes 
		seiner Theilnahme sicher zu sein. Ihm hat die mindere Heftigkeit seines 
		unmittelbaren sinnlichen Lebenstriebes gestattet, die Eindrücke des 
		Lebens zum Gegenstande des sinnenden Gemüthes zu machen; er ist somit 
		vorzüglich Dichter und Künstler, wogegen Tannhäuser vor Allem Mensch 
		ist. Seine Stellung zu Elisabeth, die ihn ein schöner männlicher Stolz 
		so würdevoll ertragen läßt, wird nicht minder als sein endliches tiefes 
		Mitgefühl für den, von ihm allerdings nicht begriffenen Tannhäuser, ihn 
		zu einer der ansprechendsten Erscheinungen machen. Nur hüte sich der 
		Sänger dieser Partie, den Gesang sich so leicht vorzustellen, als es 
		oberflächlich den Anschein haben könnte: namentlich wird sein erster 
		Gesang im »Sängerkriege«, der die Entwickelungsgeschichte der ganzen 
		künstlerisch- menschlichen Lebensanschauung Wolfram's enthält, für den 
		Vortrag mit der feinfühligsten Sorgfalt und genauesten Erwägung des 
		dichterischen Gegenstandes von ihm durchdacht werden müssen, und der 
		größten Übung wird es bedürfen, das Organ zu dem nöthigen 
		mannigfaltigsten Ausdrucke zu stimmen, der einzig dem Stücke die 
		richtige Wirkung verschaffen kann. - Überhaupt möchte ich mich 
		schließlich noch ganz besonders von den »Darstellern« an die »Sänger« 
		wenden, wenn ich einerseits nicht zu ermüden fürchten müßte, 
		andererseits aber nicht annehmen dürfte, daß das bereits Gesagte 
		hinreichend sei, auch nach der Seite der Gesangskunst hin die Darsteller 
		über meine Wünsche aufzuklären. - 
		 
		So will ich denn nun diese Mittheilung schließen, allerdings mit dem 
		traurigen Gefühle, nur sehr unvollkommen meinem Zwecke entsprochen zu 
		haben, nämlich: durch sie die mir verwehrte, und doch gerade von mir für 
		so nothwendig erachtete, mündliche und persönliche Mittheilung an alle 
		Betreffende zu ersetzen. Bei der tief von mir gefühlten Ungenügendheit 
		dieses von mir eingeschlagenen Ausweges, bleibt mir als Trost allein das 
		Vertrauen auf den guten Willen meiner künstlerischen Genossen übrig, auf 
		einen guten Willen, wie nie ein Künstler zur Ermöglichung seines 
		Kunstwerkes ihn mehr bedurfte, als ich in meiner gegenwärtigen Lage. 
		Mögen Alle, an die ich mich richtete, diese meine besondere Lage wohl 
		berücksichtigen, und namentlich auch der aus ihr nothwendig mir 
		erwachsenen Stimmung es beimessen, wenn ich hie und da mich vielleicht 
		zu besorgt, zu ängstlich oder wohl auch zu mistrauisch, streng und 
		scharf äußerte. - In Betracht der Ungewöhnlichkeit einer solchen 
		Mittheilung, wie der vorliegenden, muß ich mich wohl selbst auch darauf 
		gefaßt machen, daß sie von Vielen, an die sie gerichtet ist, gänzlich, 
		oder doch zum großen Theile, unbeachtet, vielleicht auch unverstanden 
		bleiben wird. Mit diesem Wissen kann ich daher sie nur für einen Versuch 
		ansehen, den ich in die Welt hinein werfe wie ein Loos, ungewiß ob es 
		gewinnt oder verliert. Wenn ich jedoch auch nur bei Wenigen und 
		Einzelnen vollkommen Das erreiche, was ich beabsichtige, so soll dieses 
		Gelungene mich für alles sonst Misglückte reichlich entschädigen; und 
		herzlich drücke ich den wackeren Künstlern im Voraus die Hand, die es 
		nicht verschmähten, mit mir sich näher und inniger zu befassen und zu 
		befreunden, als dieß für gewöhnlich in unserem heutigen 
		Kunstweltverkehre angetroffen wird. 
		 
		[Sämtliche Schriften und Dichtungen: Fünfter Band, S. 
		212. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke, Schriften und 
		Briefe, S. 2397  
		(vgl. Wagner-SuD Bd. 5, S. 123)] 
		 
		Zitatende 
		 
		  
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