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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Otto Böckel  

    
 
...  am 03. Juli 1859 geboren

Unter dem Pseudonym Dr. Capistrano - ein Heiliger der katholischen Kirche seit 1690 und Judenverfolger in seiner Zeit - veröffentlichte er Schriften, die den Judenhass im 19. und 20. Jahrhundert dokumentieren.

War es seit der Reichsgründung 1871 zu einer Liberalisierung im Umgang mit jüdischen Bürgern gekommen - Österreich hatte es 1860 mit dem 'Oktoberdiplom' vorgemacht - war die wachsende Dominanz der Juden den übrigen Bürgern suspekt.

In Österreich zeigte sich Dr. Lueger als Bürgermeister von Wien als treibende antisemitische Kraft, so agierte in Deutschland der in Frankfurt am Main geborene und in Marburg studierte Bibliothekar Otto Böckel in gleicher Richtung.

Er schrieb 1886 Beiträge mit den Titeln 'Die europäische Judengefahr. Sonnenklar beleuchtet' und 'Die Juden, die Könige unserer Zeit', die das Kleinbürgertum wie auch die Bauernschaft in ihren Nöten beleuchtete.

Böckel nahm sich ihrer Sorgen an und entwickelte sich zu ihrem Sprecher, sah die Niedergang der kleinen Leute nicht in der aufkommenden Industrialisierung, dem Verschwinden der Heimarbeit, der Vereinheitlichung der Märkte, sondern im Einfluss der Juden mit ihrer Geldpolitik.
Er verlangte die Gleichstellung der Juden zurückzunehmen und die Schaffung von Ausgrenzungen.

Arbeitern sicherte er höhere Bezahlung, den Handwerkern und Bauern Unterstützung zu, er verlangte eine progressive Steuer für Reiche, eine Regelung der Arbeitszeiten - vor allem für Frauen - Kinderarbeit sollte in Fabriken und Bergwerken verboten werden.

Mit diesem Programm gelang ihm 1887 als Judenhasser der Einzug in den Reichstag, mit dem Erfolg, dass der Antisemitismus in Deutschland immer mehr an Boden gewann und ein starkes Eigenleben führte.

Der Boden war bereitet für die Judenverfolgungen der Nazis wenige Jahre später bis zum Ende deren Zeit, ausufernd in der Vernichtung von Juden in Europa.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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