Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages


Rede im Sportpalast


   ... am 05. Juni 1943

Es musste jemand vor das Volk treten, um die Ereignisse der letzten Zeit abzuhandeln.

Zu viel war geschehen:
- da war die Niederlage in Stalingrad vom 2. Februar
  1943,
- der verlorene Kampf der Achsenmächte in Nordafrika
  am 13. Mai 1943.

Insgesamt waren davon fast eine halbe Million Soldaten betroffen, die kaum oder gar nicht zu ersetzen waren.

Nach Stalingrad hatte Goebbels am 18. Februar 1943 eine Rede im Berliner Sportpalast gehalten, die von den anwesenden Parteigenossen und willfährigen Folgern des Systems mit bestelltem Jubel aufgenommen wurde.

Nun übernahm er wieder die Aufgabe, das Volk durch direkte Propaganda zu leiten, indem er eine realistische Darstellung der grundlegenden Fragen der politischen und militärischen Lage abgab.

Göring weigerte sich vor das Volk zu treten, um Rechenschaft über die ausbleibenden Abwehrmaßnahmen der Fliegerangriffe abzulegen und Hitler seit dem Heldengedenktag am 21. März 1943 nicht mehr zu den Volksgenossen gesprochen hatte.

An diesem 5. Juni 1943 blieb für Goebbels der große Jubel aus, hatte er doch mehr mit einfachen Arbeitern aus der Rüstungsindustrie zu tun, die sich aber ernst genommen fühlten, da Rüstungsminister Speer selber zu ihnen sprach und die ernormen Anstrengungen und auch Erfolge der Werktätigen lobte.

Könnte man nur immer mit solchen Erfolgsergebnissen aufwarten, dann wäre die Stimmung im Lande sicherlich besser - meinte der Reichspropagandaminister.

Die Situation hatte sich verschlechtert, so dass im deutschen Volk ein Stimmungs- und Haltungseinbruch zu verzeichnen war, der unbedingt augegleichen werden musste.
So kam an jenem 5. Juni 1943 die Verteilung von Ritterkreuzen gut an, die von Generälen an die Ausgezeichneten vergeben wurden. 
 

to top


Die immer stärker auftretenden Fliegerangriffe der Alliierten führten zusätzlich zum Stimmungseinbruch.

Gerade war Wuppertal mit 2.000 Toten schwer getroffen worden. Die Bewohner hatten gemeint, im engen Tal des Flusses mit seinen Nebellagen sicher zu sein, zumal sie ja auch alle Rundfunkgeräte ausschalteten, die als Peilung für die anfliegenden Alliierten genutzt werden konnten.

Inzwischen aber waren die technischen Möglichkeiten der Amerikaner und Engländer so weit fortgeschritten, dass sie vollkommen selbständig ausgewählte Ziele treffsicher erreichen konnten und nicht auf die Rundfunksender angewiesen waren.

Zu diesen Belastungen kamen noch Versorgungsprobleme, da die Fleischrationen gekürzt werden mussten. Schon am 9. Mai 1943 hatte Goebbels mit Hitler über die Notwendigkeit der Reduzierung besprochen, der aber anfänglich von dieser Maßnahme überhaupt nichts wissen wollte, dann aber aufgrund der Gesamtlage zustimmen musste. Die Kürzung beim Fleisch sollte mit der Abgabe von mehr Fett, Zucker und Brot ausgeglichen werden.

Von den Reichspropagandaämtern war inzwischen eine starke Depression im ganzen Land, vornehmlich aber in den Westgebieten, festgestellt worden, die besonders stark unter den Fliegerangriffen zu leiden hatten.

Allenthalben machte sich ein Kriegsdefaitismus bemerkbar, den Goebbels kaum noch verhindern konnte, so dass er sich zu drastischen Maßnahmen genötigt sah, durch Spitzel des SD, Personen, die sich als kriegsverneinend bemerkbar machten, verhaften, gerichtlich durch öffentliche Prozesse aburteilen und als Abschreckung auch exekutieren zu lassen.
 

to top


Goebbels meinte, die schlechte Stimmung im Reich sei auch darauf zurückzuführen, dass Göring aufgrund seiner resignativen Einstellung als innerer Führer gar nicht mehr wahrgenommen urde.

Der preußische Ministerpräsident zog sich in sein Refugium 'Karinhall' in der Schorfheide im Norden Berlins zurück und überließ die Situation sich selber.

Goebbels hatte vor, Hitler zu bewegen, den Reichmarschall wieder mehr in die Pflicht zu nehmen, scheiterte aber, da er sich nicht traute, die Sache vorzutragen, weil zum gleichen Zeitpunkt Hitler auf Göring wegen der Luftlage schlecht zu sprechen war. Ein gerade erfolgtes Bombardement auf Nürnberg verschlechterte die Stimmungslage bei Hitler zusätzlich.
 

to top


Goebbels versuchte beim Volk Stimmung zu machen und dessen Befürchtungen, die Kriegslage betreffend, zu beschwichtigen, indem er in Zeitungsartikeln argumentierte, man habe in der vergangenen Zeit so viele militärische Eroberungen gemacht, so dass diese ausreichten, um einem Gesamtsieg mit großer Gewissheit entgegengehen könne.

Es läge nun einmal in der Natur der Sache, dass bei einem flächenmäßig weit ausgedehnten Kriegsgeschehen an den Rändern Krisen entstehen könnten, die im Kern die politische und militärische Stellung nicht beeinflussen würden, aber gewisse Belastungen in psychologischer Hinsicht mit sich führten.
 

to top


 
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing

 

to top