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Aus den Tagebüchern des Dr.
Goebbels
Schon
früh ins Büro.
Angriff auf Kiel und Hamburg, aber ohne erhebliche Wirkung.
Wir greifen dagegen Birmingham und London mit 200 Maschinen an. Es geht
wenigstens wieder los. London ist ziemlich erschüttert. Vor allem auch
wegen der Schiffsverluste, die heute doch schon in großem Umfang
zugegeben werden. Das ist Englands verwundbarste Stelle. Wir haben
wieder einige Versenkungen zu verzeichnen.
Wir kommen groß mit unserer militärischen Hilfe in Libyen heraus. Unsere
Transporte sind nun alle heil drüben. Ein Malheur kann nicht mehr
passieren. Eine ganze motorisierte Division ist da. Und wenn jetzt
gesiegt wird, werden die Italiener nicht den Ruhm dann haben. Auch
London soll wissen, daß wir da sind.
Eine Menge Arbeit.
Filmsaal fertig.
Sehr schön geworden.
Flug nach Linz. Bei herrlichem Wetter. Zur dritten Jahresfeier des
Anschlusses.
Unterwegs noch tausend Sachen zu erledigen.
[...]
Statut der Internationalen Filmkammer geprüft. Gut vorbereitet. Die
ganze Sache müssen wir, auch wenn die Italiener sich sträuben, nach
Berlin ziehen. Wir sind die Filmgroßmacht Europas.
S.D. Bericht: Stimmung gut im ganzen Lande. Alles wartet auf die
Schläge.
Im Flugzeug Akten studiert, korrigiert, debattiert. Die Zeit vergeht
wirklich wie im Fluge.
Gegen Mittag in Linz. Die Stadt in einem Fahnenmeer. Dazu dieser
herrliche Frühlingshimmel.
Eigruber empfängt mich mit der ganzen Gauführerschaft.
Großer Einzug in die Stadt. Wie mitten im Frieden.
Man merkt hier nur wenig vom Krieg.
Berliner evakuierte Kinder bilden am Hotel Spalier. Sie sind alle
pausbäckig und gesund und wollen garnicht mehr nach Berlin zurück.
Der Oberbürgermeister hält eine gute Rede. Im Rathaus zeigt mir Prof.
Fick die Umbaupläne von Linz. Eine großzügige Arbeit, der man die
Planung des Führers ansieht. Linz muß sich gegen die zunehmende
Industrialisierung ein kulturelles Gegengewicht schaffen. Ein
Lieblingsplan des Führers, der doch sehr an seiner Heimatstadt hängt.
Anmerkung
Zitat
Hitler hatte schon als
16jähriger Pläne für den Umbau seiner Heimatstadt Linz — er war dort zur
Schule gegangen, seine Eltern lagen in Leonding begraben — skizziert.
Linz, das einzige der gigantischen Städtebauprojekte des Dritten
Reiches, das Hitler auch in den späten Kriegsjahren noch interessierte,
sollte nach einem freilich siegreich beendeten Krieg auch sein
Alterssitz werden. Hauptmotiv für den geplanten Umbau war jedoch, die
kulturelle Vorherrschaft Wiens, der Stadt, die ihn einst verstoßen
hatte, zu brechen. Hitler wollte in Linz ein deutsches Budapest erstehen
lassen, mit Opernhaus, Theater, Observatorium und Planetarium, einer
Parteianlage mit seinem Grabmal. Chefarchitekt von Linz war nicht Albert
Speer, sondern Hermann Giesler, der Generalbaurat für München, Augsburg,
Weimar und Linz, der sich an Auftragsvolumen ohne weiteres mit Speer
messen konnte und auch von Hitler wohl als dessen Konkurrent installiert
worden war.
Siehe dazu: Eintrag vom 6.4.1941; Bullock, Alan: Hitler.
Eine Studie über Tyrannei, Kronberg /Ts. 1977, S.710; zur
Auseinandersetzung Gieslers mit dem Reichsbaurat für Linz, Prof.
Roderich Fick, siehe: BA Koblenz, R 43 II/ 1019, 1019a
Zitatende
Göringwerke: großartige Anlage.
Dazu ein umfassender Wohnungsbau, den Eigruber mit Energie betreibt. Er
macht überhaupt einen sehr energischen und vitalen Eindruck. Wird der
Sache schon Herr werden.
Nach Leonding. Am Grabe der Eltern des Führers einen Kranz niedergelegt.
Erschauern!
Im Jugendhaus des Führers. Hier hat sich vieles verändert. Nicht zu
Gunsten dieser Stätte. Sie ist auf fein gemacht. Trotzdem bin ich wieder
auf das Tiefste ergriffen. Die Leondinger sind sehr begeistert.
Fahrt nach St. Florian.
Zum Stift, wo Bruckner wirkte.
Welch ein wunderbarer Barockbau. Wir wollen hier die Pfaffen vertreiben,
eine Hochschule für Musik und die Brucknergesellschaft hinlegen. Ein
großartiger Plan. Ein wundervoller Marmorsaal. Prachtvolle handwerkliche
Schnitzarbeit in der Sakristei, und dann diese einzigartige Kirche.
Bruckners Orgel. Sein letzter Schüler spielt darauf. Eine Stunde der
Sammlung. Ich stehe dann unten in der Gruft an seinem Sarge, der gerade
unter der Orgel, auf der er so lange Jahre spielte, seinen Platz hat.
Ein Bauernbursche, der die Welt mit seiner Musik erobert. Wie reich ist
dieses Land an Kultur, Geschichte, aber auch gegenwärtiger
künstlerischer Kraft. Das zeigt sich bei der Verleihung des
Gaukulturpreises im Landhaus. Da werden Namen wie Richard Billinger
genannt. Ich bin sehr zufrieden. Spreche auch selbst ein paar Worte über
die kulturellen Zukunftsaufgaben von Linz.
Immer Fahrt durch endlose Menschenspaliere. Eine großartige
Begeisterung.
Und dabei wissen die Leute noch nicht, daß der Führer abends kommen
will. Im Hotel, einem etwas primitiven Steinzelt, kurze Rast nnd
Ruhepause. Abends zur Versammlung. Durch ein riesiges Menschenspalier.
Ein Jubel ohne Ende.
Überfüllte Versammlung.
Bombenstimmung.
Ich rede über die Lage. Jeder Satz wird von Beifallsstürmen
unterbrochen.
Ich bin in guter Form.
Dann spricht noch kurz der Gauleiter.
Und nun kommt für die Versammlung gänzlich überraschend der Führer.
Der Begeisterungssturm läßt sich garnicht beschreiben. Der Führer ist
frisch und elastisch. Er redet 30 Minuten mit höchstem Elan. Absolute
Siegeszuversicht.
Das Volk rast.
Fahrt durch endlose Spaliere.
Im Hotel. Im Zimmer des Führers stehe ich dann mit ihm auf dem Balkon,
und wir schauen auf seine Heimatstadt herab. Er liebt diese Stadt sehr,
und das ist auch verständlich. Er will hier ein neues Kulturzentrum
errichten. Schon als Gegenpol gegen Wien, das allmählich etwas
ausgeschaltet werden muß. Er mag Wien nicht, schon nicht aus politischen
Zweckmäßigkeitsgründen. Ich erzähle ihm einige Sachen aus Wien, direkt
reichsfeindlich, die ihn tief empören. Aber Linz ist sein Liebling. Ich
berichte ihm von meinen Eindrücken, was ihn sehr erfreut. Er will St.
Florian auf seine Kosten umbauen. Mit Eigruber ist er auch mehr und mehr
zufrieden. Ein schöner Abend mit dem Führer.
Er repliziert mir seine Ansichten von der Lage:
es steht alles gut, militärisch und diplomatisch.
Wir können sehr zufrieden sein.
Lange parlavern wir noch mit den Linzern.
Echte deutsche Männer.
Keine Wiener Schlawiner.
Es wird sehr spät.
3 Stunden Schlaf.
Zitatende
Quelle: Ralph Georg Reuth - Tagebücher - Piper 1992 - Seite 1534 - 1535
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Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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