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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages


Friedrich Wilhelm von Brandenburg


   ... am 16. Februar 1620 in Cölln an der Spree geboren.

Nach dem Tod seines Vaters, des Kurfürsten Georg Wilhelm, am 1. Dezember 1640, trat Friedrich Wilhelm inmitten katastrophaler politischer Verhältnisse die Nachfolge über ein weit verstreutes Herrschaftsgebiet an.

Der Dreißigjährige Krieg hatte das Land schwer verwüstet
- ganze Landstriche waren entvölkert,
- Brandenburg und Kleve waren von schwedischen
  Truppen besetzt,
- Preußen galt als unsicherer Besitz, da der König von
  Polen jederzeit die Belehnung verweigern konnte,
- die Regierung des Hauptlandes befand sich in der
  Hand eines Intimfeindes, des Grafen Schwarzenberg.
Zudem waren die Finanzen des Staates zerrüttet, sodass die Söldner aufbegehrten.

Trotz der drohenden Staatspleite ließ sich Friedrich Wilhelm nicht davon abbringen, sich in die Bemühungen um Kolonien einzuschalten.
Hierfür brauchte er Schiffe. In Pillau in Ostpreußen begann er mit der Manufaktur von Segelbooten, musste die aber nach Emden verlegen, denn die Fahrt durch die Ostsee, um Dänemark herum, durch das Kattegatt und das Skagerrak gefährdeten die Schiffe unnötig.

Spanien, Holland, Belgien, Portugal aber hatten schon sehr viel früher mit den Eroberungen ferner Länder begonnen, so dass nur eine Fläche an der Westküste Afrikas, dem heutigen Ghana, zur Verfügung stand und hier am 1. Januar 1683 das Fort Groß-Friedrichsburg gegründet wurde.

Über diese Anlage beteiligte sich dann Friedrich Wilhelm am Sklavenhandel, der Arbeitskräfte nach Brandenburg brachte.

1685 hatte Ludwig XIV. das Edikt von Nantes aufgehoben, um die Protestanten in seinem Reich wieder zu unterdrücken.

Die dann aus Frankreich fliehenden Hugenotten fing Friedrich Wilhelm durch das Potsdamer Edikt vom 6. November 1685 auf.

Es ermöglichte 15.000 Flüchtlingen die Ansiedelung in seinen Brandenburgischem Land. Dies führte zu einem Aufschwung der Industrie, besonders in Berlin.

 

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Am 25. Juni 1675 hatte das brandenburgisches Heer unter persönlicher Führung von Kurfürst Friedrich Wilhelm in der Schlacht von Fehrbellin die Schweden entscheidend geschlagen
.
Seit dieser Schlacht wurde ihm durch seine Zeitgenossen der Beiname 'der Große Kurfürst' verliehen.
 




Bronze-Denkmal des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter
im Hof von Schloss Charlottenburg Berlin


In seinen 'Mémoires pour servir à l'histoire de la maison de Brandenbourg' beschreibt Friedrich der Große 1751, wie der Prinz von Hessen-Homburg in der Schlacht von Fehrbellin 1675 eigenmächtig voreilig angriff - und dadurch die Schlacht gewonnen habe. Diese Legende steht allerdings im Widerspruch zu den historischen Berichten.

Heinrich von Kleist nutzte sie dennoch als Quelle und entwickelte den Stoff frei weiter. Das Handeln des Prinzen 'ohne ausdrücklichen Befehl' wandelte er in ein Handeln 'gegen' den Befehl um.

Dieses letzte Drama Kleists stieß, wie seine anderen Werke, nicht nur bei den Zeitgenossen auf Widerstand.

Erst 1841 wurde es zur Geburtstagsfeier von König Friedrich Wilhelm IV. wieder gezeigt und für Kaiser Wilhelm II. wurde es zum Lieblingsstück. Er erwartete aber, dass die fatale Feigheitsszene gestrichen werde, die Todesfurchtszene galt lange als unzeigbar. Ebenfalls kritisiert wurde die Schlafwandelei des Prinzen.

Feigheit und Träumerei galten nicht als preußische Tugenden und die Plaisanterie des Kurfürsten waren Stilmittel der Komödie, die gegen die Verhaltensregeln der tragischen aristokratischen Figuren verstießen.

 

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Für die Zeit des 3. Reiches wurde das Schauspiel 'Der Prinz von Homburg' mit dem Zitat: 'In Staub mit allen Feinden Brandenburgs' vereinnahmt. Noch bis 1951 wurde das Stück nur bedingt in die deutschen Spielpläne aufgenommen, erst die Verfilmung mit Gérard Philipe als Prinz und Jeanne Moreau als Natalie brachte eine Neuaufnahme.

1972 war Bruno Ganz auf Kleist als scheiternde Person von Peter Stein angelegt, während die Langhoff'sche Inszenierung von 1978 den großen Kurfürsten mit seinem Hof als machtbessenen Apparat zeigt, der keine Subordination duldet und die erwiesene Gnade zur Strafe macht.

 

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Am 15. Juni 1960 fand während der Zeit von Rolf Liebermann als Intendant der Hamburgischen Staatsoper die Uraufführung von Hans Werner Henzes fünfaktiger Oper 'Der Prinz von Homburg' an statt. Die Textbearbeitung stammte von Ingeborg Bachmann, die Inszenierung war von Helmut Käutner, das Bühnenbild von Alfred Siercke.

Helmut Melchert sang den Kürfürsten, Vladimir Ruzdak war mit der Titelpartie besetzt, Toni Blankenheim war Kollwitz und Heinz Hoppe Graf Hohenzollern.
Die musikalische Leitung hatte Leopold Ludwig.

Unter Wolfgang Sawallisch spielte 1994 die Bayerische Staatsoper Henzes 'Prinz' mit Helga Dernesch als Kurfürstin und William Cochran als Friedrich Wilhelm wie auch 1997 die Deutsche Oper Berlin mit René Kollo als Kurfürst und Dietrich Henschel als Prinz. Christian Thielemann dirigierte.

2009 sang im Theater an der Wien Christian Gerhaher den Prinzen - Christof Loy inszenierte, Mark Albrecht dirigierte.
 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
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Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing