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04.01.2010 - dradio.de

 

 



Thema des Tages


Jules Massenets 'Werther' 

  
 
 ... am 16. Februar 1892 in Wien uraufgeführt

Auf dem Weg von Bayreuth kam er 1885 durch Wetzlar.
Die Stadt nahm ihn ein, der 'Werther' lag noch nicht einmal 100 Jahre zurück - spürbar die Atmosphäre die Goethes Briefroman hinterlassen hatte, zumal er auch das Haus besichtigte, in dem der 'Werther' entstanden war.

Beeindruckt von der Liebesgeschichte sah er die Situation in deutlichen Bildern vor sich, schloss die Komposition schon im Frühsommer 1887 ab.

Sein Angebot an die Pariser Opéra Comique wurde von der Intendanz zurückgewiesen, man hatte eine neue 'Manon' erwartet, die ja gerade 1884 herausgekommen war.

Das Stück blieb liegen, bis die Wiener Hofoper sich für den 'Werther' interessierte und ihn 1892 in den Spielplan nahm.

 

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Massenet entwickelte für jedes seiner Musikwerke eine spezielle Musiksprache - von der 'Manon' über die klassische Tragödie des 'Cid' zum das Musical vorausahnenden 'Don Quichotte' bis hin zur Märchenoper 'Cendrillon'.

Was Richard Wagner abgelehnt hatte, nämlich das von Adolphe Sax erfundene und 1846 patentierte Saxophon für seine Kompositionen zu benutzen, war für Massenet eine Möglichkeit, eine besondere Farbe in seine Musik zu bringen.

 

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Es dauerte lange, bis deutsche Bühnen sich der Oper in größerem Rahmen annahmen. War es die Scheu vor dem Werk, das man verkleinert sah, da man es mit Musik umgab. Auf die Idee die angebliche Schärfe zu nehmen und wie bei Goethes 'Faust' auf 'Margarethe' in 'Charlotte' umzubenennen, kam man nicht.

Es war das Wenige an Handlung, das abschreckte und die Ressentiments, einem Sprechstück Musik zu unterlegen.

Dass kein deutscher Tondichter auf die Idee kam, den 'Werther'-Stoff zu verwenden, mag auch hier mit der Pietät gegenüber dem großen Erstlingswerk des Genies Goethe zusammenhängen.
Romanische Komponisten hatten weniger Probleme, Verdi nahm 'Die Räuber', 'Don Karlos' als Vorlage, 'Kabale' als 'Luisa Miller' - Rossini meinte, am 'Tell' nicht vorbeikommen zu können.

1892 folgte zwar in der Reihe der den 'Werther' aufführenden Theater schon Weimar, aber erst 1907 sah man ihn in Berlin.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing