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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

16. November 2018

   Zitat

Bündnis für die Zukunft des Kepler-Areals

Offener Brief

 

16.11.18

An Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer Bürgermeister Jürgen Huber
alle Stadtratsfraktionen
Stadtrat Christian Janele
Stadträtin Tina Lorenz Pressestelle

Zur Kenntnis an die Regensburger Medienredaktionen
 
Das Bürgerbegehren gegen ein RKK am Ernst-Reuter-Platz war erfolgreich. Wie muss es weitergehen?
Wie einem Pressebericht der Mittelbayerischen Zeitung vom 08. November 2018 zu entnehmen war, soll im Januar 2019 der Abriss des Gebäude-Komplexes trotz des Bürgerentscheids auf dem Kepler-Areal beginnen.
 
Wir sind entsetzt. Es kann doch nicht sein, dass die Planungen und Arbeiten am Kepler-Areal nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid unverändert weitergehen. Dies würde weder dem Ergebnis des Bürgerentscheids noch dem Stadtratsbeschluss vom Februar 2018 entsprechen.
Denn in der Beschlussvorlage, auf die sich der Stadtratsbeschluss bezieht, heißt es auf Seite 12: "Der Planungs- und Beteiligungsprozess hat hervorgehoben, dass der Stadtraum in seiner Gesamtheit zu betrachten ist. Die Projektbausteine stehen daher in engen Abhängigkeiten zueinander und können nur bedingt getrennt voneinander gedacht werden."
Daher ist es selbstverständlich, dass der Wegfall des Projektbausteins "RKK am Kepler-Areal" ein grundsätzliches Überdenken der bisherigen Planungen erfordert.

Angesichts der geänderten Sachlage fordern wir:

eine grundsätzliche Überarbeitung bzw. Revision der bisherigen Planungen

einen Aufschub des Rückbaus der Gebäude auf dem Kepler-Areal bis eine Neukonzeptionierung vorliegt,

Verhandlungen mit dem Eigentümer zwecks Änderung des Erbpachtvertrags, in dem der Abriss vereinbart ist, da durch den Bürgerentscheid die Geschäftsgrundlage des Vertrags sich nachhaltig verändert hat bzw. teilweise entfallen ist,

eine Beteiligung der Regensburger Bevölkerung bei der Überarbeitung der Planungen,

eine Neubefassung des Stadtrats statt der Schaffung irreversibler Fakten.

Der voreilige Abriss des seit 45 Jahren von Bäumen eingewachsenen Kepler-Campus ist auf jeden Fall unnötig, dabei aufwändig, teuer und aufgrund der darin gebundenen „grauen Energie“ auch unter bauökologischen Gesichtspunkten nicht vertretbar und stellt damit einen Verstoß gegen das Gebot der Nachhaltigkeit dar.

Der Abriss der Gebäude und die Zubetonierung der Fläche für einen Interims-ZOB und Baustofflager bedeutet vor allem jahrelange Großbaustellen und Kollateralschäden – alternative Ausweichflächen für Busse und Baumaterial wurden offenbar nur ungenügend geprüft.

Die Ausführungen in der Stadtratsvorlage (Drucksache VO/18/13996/DB1) vom Februar 2018 mit dem Gegenstand: Beteiligungsprozess "Stadtraum gemeinsam gestalten" und Bürgerbefragung zur Neugestaltung des Bereichs rund um den Hauptbahnhof sind in vielen Punkten nicht stichhaltig bzw. bedürfen dringend nach dem Bürgerentscheid einer erneuten Evaluierung. Dies möchten wir mit den folgenden Anmerkungen verdeutlichen:

Auf Seite 17 des Dokumentes wurden folgende bauliche Gründe für einen Abriss des Studentenwohnheims/Wirsing-Baus angeführt, die aus unserer Sicht nicht zutreffen bzw. bloße Behauptungen darstellen:

1. „insbesondere aus baulichen Gründen kann eine Integration in einen Neubau, trotz der in den Ideenwerkstätten herausgearbeiteten positiven Aspekte eines Erhalts des Studentenwohnheims, nicht empfohlen werden (vgl. Anlage 3).“

Anmerkung: Da der Wirsing-Bau jetzt nicht mehr in einen Neubau (eines RKK) integriert werden muss, entfällt dieses Argument. Die positiven Argumente der Ideenwerkstätten zum Erhalt des Studentenwohnheims bleiben indes bestehen.

2. „die aufgrund des Baujahres vermuteten Schadstoffe in den Ausbaumaterialien lassen höchstens den Erhalt des Betontragwerkes zu“

Anmerkung: Da der Abbruch der Wirsing-Gebäude mehrere Millionen Euro kosten würde, wäre es nur seriös, wenn Angaben zu Schadstoffen nicht auf Vermutungen beruhen würden, sondern Ergebnisse konkreter Voruntersuchungen wären. Die vermuteten Schadstoffe wären aus gesundheitlichen Gründen hauptsächlich während des Abbruchs eine Gefahr, da sie dann freigesetzt werden würden.

3. „insbesondere aber sind die Raumhöhen bereits im Bestand am Minimum des rechtlich zulässigen Maßes für Wohnungsbau gemäß BayBO. Eine Büronutzung ist gemäß Arbeitsstättenrichtlinie nicht zulässig.“
(s. Handskizze Anlage 3)


Anmerkung: Diese Behauptung ist insoweit nicht nachvollziehbar, da die Raumhöhen in der uns vorliegenden Genehmigungsplanung von 2.52 m bis 3.20 m reichen.
 


Bauvorlage - Schnitt durch das Lutherhaus -
 


4. „bei einer Sanierung nach den aktuellen Vorschriften allein für den Brandschutz und den Schallschutz würden die dadurch entstehenden Raumhöhen keiner genehmigungsfähigen Nutzung standhalten“

Anmerkung: Die Gebäude können jederzeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Baujahres ihrer Entstehung instand gesetzt werden. Bei den in der uns vorliegenden Baugenehmigung dokumentierten Raumhöhen können selbst nach Einbau eines zusätzlichen Schall- bzw. Brandschutzes die Anforderungen an Art. 45 Bayerische Bauordnung (BayBO) für Aufenthaltsräume eingehalten werden.

5. „Außerdem müssten alle tragenden Bauteile/Stahlbetonteile einer Betonsanierung unterzogen werden“

Anmerkung: Das die vorliegende Stahlbetonkonstruktion einer Betonsanierung unterzogen werden muss, steht außer Frage und ist ein völlig unzureichendes Abrissargument. In Anbetracht der „grauen Energie“ die in dem Bauwerk steckt, ist eine Sanierung nachhaltig und wesentlich umweltschonender. Der Begriff „graue Energie“ ist in Deutschland nicht eindeutig definiert und wird unterschiedlich verwendet. Die Schweizer Definition laut SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein), Merkblatt 2032, bezeichnet als graue Energie „die gesamte Menge nicht erneuerbarer Primärenergie, die für alle vorgelagerten Prozesse, vom Rohstoffabbau über Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse und für die Entsorgung, inkl. der dazu notwendigen Transporte und Hilfsmittel, erforderlich ist.“ Sie wird auch als kumulierter, nicht erneuerbarer Energieaufwand bezeichnet. Keine andere Branche verbraucht mehr Materialien und Energie oder produziert mehr Abfälle als die Baubranche. So wäre es auch beim Abriss der Wirsing-Gebäude.

6. „und das Gebäude eine neue „energetische Hülle“ bekommen“

Anmerkung: Die Gebäude können jederzeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Baujahres ihrer Entstehung instandgesetzt werden. Eine Anpassung an die aktuellen Energiestandards ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich.

7. „zusätzlich müsste ein zweites Treppenhaus als Fluchttreppenhaus ergänzt werden, da im Bestand der zweite bauliche und notwendige Rettungsweg fehlt“

Anmerkung: Da das Gebäude über eine gültige Baugenehmigung verfügt, können wir uns über dieses Argument nur wundern, da sich die gesetzlichen Regelungen hierzu in den letzten 50 Jahren nicht wesentlich verändert haben - höchstens deren Wertigkeit. Selbst ein „richtiges“ Hochhaus (Mindesthöhe 22 m) kann über lediglich ein Sicherheitstreppenraum erschlossen werden.

8. „schließlich wäre die besondere Architektur des Wirsing-Baus – eines der Hauptargumente der Architekten in den Ideenwerkstätten – nach den unumgänglichen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr ablesbar“

Anmerkung: Dies gilt es zu belegen, da die vorher angeführten Argumente durch die geänderte Aufgabenstellung nicht mehr greifen bzw. andere Lösungen möglich sind (siehe z.B. Sicherheitstreppenraum). Eine Sanierung des Wirsing-Baus kann aus unserer Sicht sehr wohl konservatorisch erfolgen, ohne dass die besondere Architektur des Gebäudes verloren ginge.

9. „Fazit: Die im Beteiligungsprozess veranschaulichte Idee, mit dem Erhalt des Studentenwohnheims ein besonderes Bauwerk zu erhalten und in den Obergeschossen Wohnnutzungen unterzubringen, muss folglich aufgegeben werden. Ein solches Vorhaben würde in keinem vernünftigen Verhältnis von Aufwand, Kosten und Nutzen stehen.“

Anmerkung: Das Studentenwohnheim des Architekten Wirsing bleibt ein besonderes, erhaltenswertes Bauwerk. Die Idee, es zu erhalten und in den Obergeschossen Wohnnutzungen unterzubringen muss aus baulichen Gründen gerade nicht aufgegeben werden. Das Kosten- und Nutzenargument stellt eine bloße Behauptung dar. Eine belastbare und ordentliche Kalkulation der Sanierungskosten ist vorzulegen und dann erneut abzuwägen. Bei der Neugestaltung des Kepler-Areals sollen die in den Ideenwerkstätten herausgearbeiteten positiven Aspekte eines Erhalts des Studentenwohnheims erneut bewertet werden.

Warum dieser „Hau-Ruck“-Abriss, wenn noch völlig unklar ist, was im Anschluss dort entstehen soll? Schließlich können sinnvolle Planungen für einen ZOB bzw. eine Tiefgarage erst dann beginnen, wenn ein Generalverkehrsplan für den gesamten ÖPNV und MIV vorliegt. Eine Stellungnahme diesbezüglich ist in Vorbereitung.

Wir möchten Sie hiermit nachdrücklich bitten, unsere Anmerkungen und Forderungen umgehend in die laufenden Planungen und Beratungen in der Verwaltung und im Stadtrat bzw. den zuständigen Ausschüssen einzubringen und uns hierzu kurzfristig eine Stellungnahme zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Bündnis für den Erhalt des Kepler-Areals


Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Anna-Lena Schnaudt (0152 581 086 93)
Quirin Quansah (0157 396 249 93)
Prof. Dr. Achim Hubel
Kersten Osterhaus (post@architekt-osterhaus.de) Winfried Leukam (0941 7501 7440)

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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