|
... am
23. Mai 1814
Sie kam 1822 von Dresden herüber und machte in Leipzig auf Wagner den
entscheidenden Eindruck.
Alle Frauenpartien seiner Werke, hier vor allem die Sopranpartien, sind
geprägt von der sängerischen und darstellerischen Qualität der
Wilhelmine Schröder-Devrient, die erste singende Schauspielerin.
Hatte Beethoven seine Mühe mit dem Werk - in drei Fassungen kam es auf
die Bühne, über Jahre verteilt - so ist die dritte die erfolgreichste,
am Kärntnertortheater in Wien dem Publikum vorgestellt.
Im September 2004 gab es in Regensburg eine Neuproduktion von 'Fidelio',
die unterschiedlich beurteilt wurde.
Ein Werk, das mit Sängern besetzt sein sollte, die den Part so
beherrschen, dass dem Publikum das Drama nahegebracht werden kann, ohne
dass es Sorge um die zu singenden Töne haben muss.
|
|
|
Und doch anders ging es mit
Gail Sullivan als Leonore in
Regensburg. Offensichtlich kommt sie gerade mit der hohen Lage
dieser Partie gut zurecht. Entgegen ihrer Santuzza bemüht sie sich
hier die Töne schlank zu führen, wodurch das Wabern dieser weitgehend vermieden wird.
So geriet, fein geführt, der 'Farbenbogen'. Die Arie gelang, wie auch die anderen
in ihr verhaltenen Stellen
- von Alois Seidlmeier
am Pult außerordentlich rücksichtsvoll getragen. Das ist ein
Dirigent. So richtig einer für Sänger. In ihrem Jeans-Kostüm sieht Frau
Sullivan aus wie der Gymnasiast in 'Lulu' oder wie ein
Schüler in 'Emil und die Detektive'. Und das Kapperl steht ihr,
wobei beim "Töt erst sein Weib" das Abnehmen dessen natürlich immer
ein besonderer Effekt ist, kommt dann ein wunderbarer Berg von
eigenen Haaren zum Vorschein. Im Spiel könnte sie einerseits
lockerer, andererseits bestimmter sein. Die aufgeregte Sorge im
Kerker, nun hoffentlich Florestan zu finden, kommt nur mühsam, wenn
nicht kaum rüber. Premierennervosität setzen zwar die Spielfreunde
und die Konzentration häufig herab. Nach ein paar Vorstellungen gibt
sich das meist und hoffentlich auch bei ihr. Aber Frau Sullivan
scheint in Gänze eher sehr introvertiert zu sein.
|
|
|
|
|
|
Katharina Leitgeb
jubelte ihre Marzelline in allen Lagen rund, wohlstimming -
überzeugend im Spiel - ein Lichtblick und Gewinn für Regensburg. Wie
sie da an dem DDR-Besprechungstisch auf den Küchenstühlen an ihrem
Computer sitzt, auf der Tastatur rumklimpert als wäre sie gerade ins
Guinness-Buch mit Schnellschreiben eingetragen worden, sie die
Brille putzt, die Bleistifte spitzt, die sie dann dem Jaquino
hinterher wirft, als wüsste sie nicht, dass bei dem Tenormangel, ein
solches Tun tunlichst zu unterlassen ist. Das könnte ja ins Auge
gehen.
|
|
Großformatig,
kernig, stimmlich zum Gänsehautkriegen
Adam Kruzel als Pizarro und
in dem tollem Mantel - sofort ausziehen und hergeben das Ding.
Im Spiel ist er geradezu zurückhaltend vornehm. Das "Ha, welch ein
Augenblick" oder "Triumph der Sieg ist mein" könnte eine gespannt-straffe Haltung und damit Ausdruck haben. 'Endlich hab ich
den Kerl und werde ihn erledigen.' Das müsste kraftvoll böse, echt
widerlich sein.
Mit der großen Stimme, was wäre Adam Kruzel für ein Holländer.
|
|
|
|
|
Falsch besetzt
der arme Jin-Ho Yoo mit dem tiefen Fernando. Ein Papageno, ein Posa
als Minister, das ist sehr mühsam und klingt dann auch so.
Richtig in seiner Rolle als Buffo - Michael Suttner - der Jaquino.
Wird man ihm den Florestan in der Zweitbesetzung glauben, selbst
wenn er die Töne kriegt, die Stimme ist viel zu wenig machtvoll und
dunkel getönt. Oder macht er auf Peter Anders, Anton Dermota, Julius
Patzak? Traute hat er schon, denn seine Bühnenpräsenz ist enorm
selbstverständlich. Die verleitet dann natürlich auch zu Rollen, die
sicher ein anderer besser erfüllen kann.
|
Besetzung der Hauptrollen
24.09.04 |
Leonore |
Gail Sullivan |
Florestan |
Juuso Hemminki |
Marzelline |
Katharina Leitgeb |
Jaquino |
Michael Suttner |
Don Pizarro |
Adam Kruzel |
Don Fernando |
Jin-Ho Yoo |
|
|
'Der arme Mann' war wieder
Juuso
Hemminki - als Florestan. Eine Bühnenerscheinung, die sich so quält.
Er leidet selber sichtbar. Fürsorgepflicht des Intendanten ist
gefragt. Aber nein, der will Fidelio machen, koste es Herrn Hemminki
auch die Stimme. |
|
|
|
Und
doch, es war ein sicherer Erfolg, der in die neue Spielzeit
einstimmt. Ging man bebend ins Haus - wie geht das mit den Hörnern -
kieksen die, schafft die Leonore die hohen H-s? Und
beides klappte. Auch die Bläser bei der Arie
irritierten die Leonore nicht durch ungenauen Tonansatz. War schon
erstaunlich und ungewohnt. Die Theaterfreunde verteilten wieder mal
Blumen an die Solisten auf der Bühne. Wieder blieben Sträuße übrig.
Kann man denn nicht mal vorher durchzählen, wie viel es sein müssen.
Und wenn schon zu viel, dann drück ich dem/der Letzten in der Reihe
alle in den Arm und gehe nicht mit der Hälfte der Sträuße wieder ab.
Merkwürd'ger Fall. |
|
Das
Regiekonzept und die Personenführung durch den Intendanten Ernö Weil
gab wieder einige Rätsel auf. Rücksichtsvoll lässt er bei Ensembles
das Spiel ganz sein und gibt so den Sängern
die Möglichkeit, sich auf den Gesangspart zu konzentrieren.
Grundsätzlich stellt sich die Frage: muss das Werk aus der Zeit
gerissen werden, in der es spielt ? Revolution sieht heute doch wohl
anders aus.
Computer, Hochtechnik-Gefängnis und Kunstgewerbeketten vom
Schnürboden herab für Florestan, die nicht einmal klappern, nur die
kleinen an den Handgelenken aus dem Baumarkt machen Geräusche. Oder
das musikalisch vorgegebene Klopfen an der Pforte in der modernen
Umgebung. Ging wegen Stromausfall an der Stelle die Klingel oder
Rufanlage gerade nicht und es muss doch nach Beethoven gepocht
werden ?
Wie will man denn bitte an die Akten in der obersten Regalreihe
rankommen, keine Leiter - keine sonstige Vorrichtung. So günstig der
Schalldeckel der Aktenwand für die Sänger auch ist, unlogisch sollte
es dann doch nicht sein.
Warum muss auch der Vortrag der Depesche, der Minister reise an, vom
Band kommen, als wäre Adam Kruzel des Lesens nicht fähig. Bei dem
internationalen Ensemble, warum soll nicht Pizarro seine slawische
Seele auf der Zunge tragen ? |
|
|
|
|
|
|
|
Über allem war zu spüren
die Betroffenheit über den so frühen Tod
der Kostüm- und Bühnenbildnerin Dorin Kroll, die auch diesen Fidelio
geschaffen hat und den Premierenerfolg nicht mehr erleben konnte.
Unvergesslich wird sie dem Regensburger Publikum mit ihrem Bühnenbild
zur Boheme bleiben, das so unglaublich schnelle Umbauten zwischen den
einzelnen Akten ermöglichte.
Geradezu genial war die Verwandlung vom 2. in den 3. Akt mit dem
Wintergewitter, das die Reste der Feier im Cafe Momus hinwegwehte.
Anrührend heute die Lichtwechsel auf der leeren Bühne am Ende der
Vorstellung als Erinnerung an sie.
"De mortuis nisi nil bene." So über das Fidelio-Bühnenbild den Mantel
der Trauer gedeckt und dieses nicht weiter im Detail kommentiert.
DH
|
|
|
|
|
Theaternachrichten
|
Eine Initiative des
Deutschen Bühnenvereins
|
|
|
|
|
|
|
|
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
|
|