Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Fehlstart

 
    ... am 22. und 23. September 2018

Es sollte ein Neubeginn am Theater Regensburg werden.

Die Zeit der Frau Junge, die als Schauspieldirektorin am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg ihr Unwesen trieb, sollte endgültig ad acta gelegt werden können.

Viele Produktionen missfielen in den fünf Jahren dem Publikum, gingen in der Gestaltung am Bildungsauftrag vorbei, wurden darob von Schulen abgelehnt.

Und - das Schlimmste - der Theaterdirektor griff nicht oder zu spät ein.
Nun soll es ein erfahrener Schauspielmann aus Nürnberg - dort lange Oberspielleiter - richten.
Für die ersten beiden Produktionen holte er ehemalige Mitarbeiterinnen als Inszenatorinnen.

Das 'Käthchen von Heilbronn' setzte Julia Prechsel, immerhin schon 26-jährig, in den Sand, die zweite, Christina Gegenbauer, scheiterte an der Produktion 'Die Domäne'.

In beiden Fällen trugen das Bühnenbild bzw. Bühnenaufbauten zum Nichtverstehen bei.

Beim 'Käthchen', ein riesiger Klapperatismus, der ein Eigenleben führte, somit dem Stück ein Bein stellte.
Allerdings sehr praktisch, denn in diesem Bühnenbild lässt sich alles von Schiller, Goethe, Shakespeare, Verdi, Puccini, Wagner spielen. Auch 'Blume von Hawaii' ginge sehr gut oder 'Die Rose von Stambul'.

Bei der 'Domäne' - hier auf der kleinen Bühne am Haidplatz - ebenfalls ein riesiger Aufbau an Bauklötzen auf denen das Stück von der Schauspieltruppe des Oberpfälzer Metropol-Theaters Regensburg dargeboten wurde.

Der normale Betrachter lässt sich in beiden Fällen auf ein Wagnis ein. Beim 'Käthchen' ein Stück, das Kleist 1807 als großes deutsches Ritterschauspiel schrieb, das 1810 in Wien uraufgeführt wurde und seit dem nur noch gelegentlich auf den Bühnen im deutschsprachigen Raum zu sehen ist.

In der Regensburger Szenerie - Bühnenbild und Kostüme - eine merkwürdige Fassung, die noch im Programmheft mit einer Spielzeit von 2 Stunden und 50 Minuten ausgewiesen ist, lässt bei einer effektiven Spielzeit von 2 Stunden und 30 Minuten darauf schließen, dass noch im letzen Moment erheblich gekürzt wurde.

Das heutzutage unwissende Publikum nimmt das Dargebotene hin, ist nicht irritiert, dass die Produktion zum Beispiel nicht vermitteln kann,
- dass die Burg Thurneck in Brand gerät,
- dass Kunigunde das 'Käthchen' bittet, das für sie wichtige Bild des
   Verlobten, in dessen Futteral die Besitzurkunden für die strittigen
   Ländereien sind, aus den Flammen zu retten,
- dass sie hofft, das Mädchen damit in den sicheren Tod zu schicken
   oder bei Erfolg des Auftrages die Schenkungsbriefe wiederzuer-
   langen,
- dass 'Käthchen' eine illegitime Tochter des Kaisers ist - erinnert sei
   an die Regensburger Geschichte der Barbara Blomberg als Geliebte
   von Karl V. und Mutter des Don Juan d'Austria.

Die Kostüme passen - wie 'Käthchens' Baby-Doll-Hemdchen und die tuntige Aufmachung des Kaisers - nicht zum Stück.

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Beim zweiten Werk zum Spielzeitauftakt - 'Die Domäne' - trägt alles, was sich abspielt und was an Bühnenbild gezeigt wird, zum Unverständnis beim Publikum bei. Gefasel um einen Wert des Ganzen, Drumrumgerede, was das Publikum als Deppen hinstellt.

Was die Bauklötze, die die Bühne am Boden einnehmen und die an der Decke fortgesetzt werden, sollen, erschließt sich nicht.
Angeblich ermöglicht das Programmheft hier Aufklärung.

Die Lektüre eines Beiblattes zu einer Produktion kann aber nicht akzeptiert werden.
Das Bühnengeschehen muss das Werk erschließen.

Die modische Einrichtung, nach dem Motto:
Wie zerre ich das Stück ins Heute, ist nicht die Aufgabe des Theaters. Dafür werden heute Stücke geschrieben, die das Jetzige wiedergeben.

Wenn nicht gelingt, zu zeigen,
- was wollte der Autor?
- wann spielt das Stück, wo spielt es, unter welchen Umständen
  spielt es?
muss die Regie und die Theaterleitung im Sinne einer richtigen Verwendung von Steuergeldern gerügt werden.

Dies hat im Falle der beiden Schauspiel-Produktionen zum Beginn der Spielzeit 2018/2019 zu geschehen.

Management, wie im Falle des Regensburger Theaterdirektors, reicht nicht aus.
Es gilt die Entwicklung der Produktionen während der Probenzeit zu kontrollieren und nicht wie im Falle 'Black Rider' sich hinterher drauf rauszureden, man habe sich zu der Zeit zu viel um das Stück 'Die 'Banalität der Liebe' kümmern müssen.

Und wie war es beim Regensburger 'Woyzeck'?
Da soll im letzen Moment und somit viel zu spät durch den Intendanten gestrichen worden sein, was dann die Regisseurin bewog, ihr Leid öffentlich zu machen und verzweifelt, die Hände ringend, die Tränen trocknend, durch die Stadt zu laufen.
 

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Außerordentlich befremdlich das von Kollegen des Ensembles angestimmte Beifallsgejohle am Ende der beiden Vorstellungen, was die nichtsahnende Presse wie auch die Theaterleitung dazu verleitet, zu meinen, es handle sich hier um einen Publikumserfolg.

Neben mir saß eine, die bei der 'Domäne' permanent unmotiviert lauthals lachte, bis ich sie fragte, ob es ihr nicht gut gehe und ob ich einen Arzt rufen solle.
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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