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		Bemerkungen zur szenischen 
		Umsetzung 
		 
         
			
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				Zitat 
				Charles Baudelaire,  
				Richard Wagner et Tannhauser (1861)  
				 
				Der Gedanke, einen Unglücklichen gerade um dieses seines 
				Unglücks willen zu lieben, ist so groß, daß er nur in einem 
				völlig reinen und unbefangenen Herzen Raum finden kann; und es 
				ist wahrlich ein schöner Einfall, die Erlösung eines Verdammten 
				für die leidenschaftliche Selbstaufopferung eines jungen 
				Mädchens aufzusparen. Das ganze Drama ist mit sicherer Hand klar 
				und unmittelbar aufgebaut, jede Szene steht an richtiger Stelle, 
				die Gestalt der Senta zeigt eine so übernatürlich romantische 
				Größe, daß sie im gleichen Maße zu bezaubern wie Furcht 
				einzuflößen vermag. Die schlichte Einfachheit der Dichtung trägt 
				wesentlich zu ihrem Eindruck bei. Alles ist auf das Beste 
				überlegt, klar ausgedrückt und von wohlberechneter Wirkung. Die 
				Ouvertüre, die man anlässlich des Konzertes im Italienischen 
				Theater zu hören bekam, ist schaurig-geheimnisvoll wie das Meer 
				mit seinen Stürmen und Nebeln selbst. 
				
				Zitatende 
				
				   
				 
				Quelle und Foto: 
				HACH.LIVRE-BNF 
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		Und was macht die Intendanz der Niedersächsischen Staatsoper Hannover 
		daraus? 
		Ein  
		'Junge komm bald 
		wieder!' 
		 
		Es ist ihr wieder mal gelungen, mit Hilfe eines Teams aus dem 
		'Regisseurstheater' - unter Aufsicht des Theaterdirektors - eine große 
		romantische Oper zu albernem Entertainment zu degradieren. 
		Das Staatsorchester unter der wachsamen Leitung von Mark Rohde, der am 
		Vormittag engagiert und kompetent für die Uraufführung der Oper 'Lot' 
		geworben hatte, führte bei dieser Nachmittagsvorstellung dem Publikum im 
		gut durch Besucherorganisationen gefüllten Haus die Schicksale der 
		Personen um den Verfemten und die unermesslichen Kräfte der Natur vor. 
		(Die sonst so prachtvollen Hörner hatten aber keinen guten Tag - also: 
		“Gute Besserung!“) 
		 
		Vorbereitet durch die Einführung des munter plaudernden Dramaturgen 
		Christopher Baumann, der nach Informationen über das Leben Richard 
		Wagners, grausiger Erfahrung gestützten Inspiration zum Werk, uns allen 
		einen assoziationsreichen Abend wünschte, fordere ich nun auch Sie zum 
		munteren Assoziieren auf. 
		 
		Die Ouvertüre wird vor geschlossenem Vorhang gespielt. 
		Wenn dieser sich dann hebt, sehen wir zunächst nichts, denn die Bühne 
		ist dunkel. 
		 
		Für die Nr. 1 erscheint eine Gruppe – wohl Männer – aus dem Hintergrund, 
		mit Taschenlampen in der Gegend herumfuchtelnd, um dann einen von hinten 
		auftretenden schlanken Mann mit kleinem Rollkoffer anzuleuchten. 
		 
		Es ist der Handlungsreisende Daland, früher bei Richard Wagner ein 
		norwegischer Kapitän,  
		Sandwike 
		ist's! Genau kenn' ich die Bucht, 
		der hierher mit 
		seinem Schiff vom Sturm abgetrieben wurde.  
		 
		Die Taschenlampenleuchter lenken den Schein auf einen Menschen oben an 
		der Reling, der behauptet 
		Wir haben 
		sich’ren Grund. 
		worauf der 
		Handlungsreisende, der vorher den Jüngling links oben fragend mahnte,
		 
		…. Die Wache 
		nimmst du wohl für mich? 
		Der Chor ist 
		inzwischen nach links abgegangen. 
		Der Handlungsreisende - 
		Tobias Schabel 
		ist dieser, er singt schön und agiert keck und flinkfüßig als ein so 
		ganz anderer Daland als die sonst üblichen Bass-Schwergewichte. Es ist 
		überzeugend - also warum nicht - folgt mit seinem Rollkoffer auch nach 
		links. 
		 
		Die Bühne 
		wird nun stärker erhellt. 
		Man sieht ein monströses Bauwerk. 
		Assoziiere:  
		- Die Lobby eines Urlauberschiffs? 
		- Eine Shopping-Mall, wie das Programmheft berichtet? 
		- Die Bauruine einer Pleitefirma? 
		In der Mitte prangt eine mit feinem Edelstahl umkleideter Treppenlauf, 
		dahinter eine Rolltreppe, die aber offensichtlich nicht funktioniert, 
		denn die sie Betretenden müssen ganz normal Stiegen steigen.  
		 
		Dicke Säulen ragen auf, das Monstrum wohl ein Schiffsrumpf, der auf Land 
		gestrandet ist und hier rechts im Dreck eines Ufers endete. Wie aber 
		soll von hier aus die Weiterfahrt Dalands gelingen? 
		 
		Der erste Stock mit der Geländerumrandung ist abgebrochen, links steht 
		eine blonde Schaufensterpuppe, am Ende des Abbruchs liegt rechts eine 
		tote Kuh, die, wie mir meine empfindsame Nase sagt, bald heftig stinken 
		wird.  
		Rechts unten 'an Land' ein weißer Container, der wohl ein Wohnhaus oder 
		das Büro der Zollabfertigung sein soll. 
		Unter der Rolltreppe in der Mitte führt eine Stiege auf die Unterbühne 
		in den Bauch des Schiffes oder in den Keller des Kaufhauses. 
		 
		Die Werkstätten der Staatsoper haben wie immer - man erinnere sich nur 
		an die zum Stück nicht passende, aber handwerklich hervorragende 
		Bühnen-Einrichtung bei 'Rusalka' - ausgezeichnete Arbeit geleistet, aber 
		wir müssen wohl noch fleißig assoziieren, um irgendeinen Sinn in diesem 
		teuren Bühnenbild zu entdecken. 
		 
		An der oberen Reling des Monsterbaus torkelt eine spastisch zuckende 
		Gestalt - Pawel 
		Brozek - und 
		macht sich in sexuellem Überdruck an der Schaufensterpuppe zu schaffen, 
		dann darf der arme Kerl in verdreckter Pennerkluft das bezaubernde Lied 
		des Steuermanns  
		Mit Gewitter 
		und Sturm aus fernem Meer 
		singen. 
		Eigentlich soll ein hübscher junger Tenor damit die Herzen zum Schmelzen 
		bringen, so wie es Fritz Wunderlich einst tat, aber wir sind ja im 
		Regisseurstheater, da muss man sich möglichst beschränkt geben. 
		 
		Die Bühne wird ’immer lichter’ beleuchtet. 
		Finstere Schattengestalten nahen sich von hinten und bleiben in der 
		Mitte unter dem Vorbau stehen.  
		 
		Im portugiesischen Kostüm aus Vasco da Gamas Zeit tritt der Held des 
		Abends auf: ’Der fliegende Holländer'. 
		Mit perfekt geführter Stimme singt 
		Stefan Adam, 
		seinen mordsschweren Monolog, die Nr. 2  
		Die Frist ist 
		um 
		und erfreut 
		unsere Ohren darüber hinaus während der ganzen Vorstellung.  
		 
		Mitten in der Holländer-Arie beginnen die finsteren Gestalten aus der 
		Mitte und über die Rolltreppe nach links unten abzugehen. Sie tragen 
		Allerlei, alte Waffen und Kostüme, einer hat das Geweih des Jägers Herne 
		aus dem Falstaff auf dem Kopf – sie stören den Gesamteindruck, der hier 
		tatsächlich einmal gelungen sein könnte. 
		 
		Für das  
		Nur eine 
		Hoffnung soll mir bleiben 
		steigt der Holländer die Rolltreppe hinauf und geht einmal um die Reling 
		herum, kurz vor der toten Kuh rechts bleibt er stehen, um am Ende der 
		Arie linksrumdrehend die Rolltreppe wieder herunterzusteigen. 
		 
		Szene, Duett und Chor- Nr. 3 
		Die Bühne verdunkelt sich und links die Szene hinter Rollos erhellt sich 
		dafür. Toller Regieeinfall. Als der Holländer dem Vater Daland aufzeigt 
		Die seltensten 
		Schätze sollst du sehn; 
		kostbare Perlen edelsten Gestein 
		rennt der nach links über die Bühne und singt der beleuchteten Rollos 
		ansichtig werdend mit großem Echauffement  
		Wie! Ist’s 
		möglich! Diese Schätze! 
		Worauf der 
		Holländer einwirft 
		Doch, was du siehst, ist nur der kleinste Teil 
		von dem, was meines Schiffes Raum verschließt … 
		 
		Die beiden Männer werden – die Rolltreppe nach Vorgabe des Regisseur 
		Mottls rauf- und runterlaufend – und nach Vorgabe Richard Wagners zum 
		Ende der  
		Nr. 3 
		Weit komm ich 
		her, verwehrt bei Sturm und Wetter 
		[…] 
		Ja! Dem Mann mit Gut und hohem Sinn 
		gab froh ich Haus und Tochter dahin 
		
		handelseinig: Tochter gegen Piratenschätze. Die beiden planen die 
		Heimfahrt, der Wind steht günstig. 
		So jedenfalls meldet der Steuermann, jetzt wohl wieder bei Sinnen: 
		Südwind! 
		Südwind! 
		Ach, lieber Südwind blas noch mehr! 
		 
		Für die Matrosen zum Ende des ersten Aufzugs stellt die Choreografin
		Anastasiya 
		Bobrykowa den 
		Herrenchor auf den Befehl 
		
		Frisch! Jungen, greifet an! 
		in Reihen mit Schaufeln in der Hand für das  
		Mit Gewitter 
		und Sturm aus fernem Meer 
		auf. Heißt das: 
		- sie schaufeln das gestrandete Schiff frei oder 
		- sie werden gleich zur ’Internationale’ wechseln?  
		Oder sind es die armen ’Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins 
		Moor!’  
		Schaufel hoch, Schaufel runter, Schritt links, Schritt rechts – alles im 
		Takt, dabei wird wie immer prächtig gesungen, während ich assoziiere was 
		mein Normal-Gehirn hergibt. Dann noch ein paar Spatenstiche in den Dreck 
		der Küste vor dem Wohncontainer rechts. 
		Oben hampelt der Steuermann-Tenor herum, schlingt sich einem 
		Musselinschleier um den Hals hebt den Arm zum Gruß. 
		 
		Der Vorhang fällt. 
		Keine Pause, denn die Gefahr besteht, dass etliche der Zuschauer das 
		Weite suchen, es finden und nicht mehr wiederkommen. 
		Also nahtloser Übergang. 
		
		
		
		  
		
		Vorhang hoch für den Damenchor. 
		Der Monsterbau bleibt auch für den zweiten Akt stehen. Bei Richard 
		Wagner wären wir jetzt für die  
		Nr. 4 in der Spinnstube, dem angenehm heimeligen Kontrast zu rauer Welt 
		der Seeleute. Aber wieder schlägt das Regisseurstheater zu und 
		wohldressiert traben die Chordamen mit Schrittchen und Knickschen, in 
		Pelzmäntel gehüllt - da hingen wohl noch viele in den Kühlhäusern der 
		pleitegegangenen Pelzhäuser - jede eine große Einkaufstüte schwenkend, 
		auf den Köpfen einheitsblonde Perücken, in Kreisen herum und singen dazu 
		vom Rädchen, vom Fädchen und vom Spinnen. 
		Es ist zu blöd! 
		 
		Das Programmheft – und das braucht das Publikum mit der vor der 
		Vorstellung notwendigen Lektüre, um zu erkennen, was dieses 
		kostenträchtige Bühnenbild überhaupt darstellt.  
		Nochmal: Dies soll angeblich das Innere eines Kaufhauses darstellen, 
		neudeutsch eine ’shopping-mall’, der verderbliche Tempel westlicher 
		Konsumsucht, und ich assoziiere: 
		daher der Bühnenaufbau mit Rolltreppe, die nicht funktioniert. 
		Und noch mal: Es könnte natürlich auch auf einem der großen 
		Kreuzfahrtschiffe der Shopping-Bereich sein, in welchem sich die 
		Chordamen einkleideten, in Pelz und Fummel. 
		Da hampeln und trippeln sie nun herum, der Musik folgend, schwingen ihre 
		Einkaufstüten. 
		…. Man weiß 
		ja, was ein Jäger gilt! 
		Beim komponierten Lachen knicken sie alle devot zusammen. 
		Warum? Nichts steht darüber im Programmheft und auch der wonnige 
		Dramaturg verschwieg des Inszenators Gedankengänge. 
		 
		Seitlich vor der Rolltreppe steht links ein Bänkchen mit der Figur des 
		holzbeinigen Piraten aus der 'Schatzinsel'. Neben ihm hockt eine 
		schwarz-gothic vermummte Gestalt, die Kapuze vor das Gesicht mit 
		Reißverschluss gezogen, den sie, o welche Offenbarung, zum Singen für – 
		noch immer die Nr. 4 - das 
		
		Traft ihr das Schiff im Meere an 
		öffnet. 
		Ich assoziiere: 
		- pubertierendes Mädchen, Hormonschwierigkeiten, lebensverneinend, aha, 
		schwarze Klamotten im ’gothic-style’. 
		Frau Mary in hellblau mit blondem Zopf und Haushaltsbuch, 
		Julie-Marie Sundal, 
		klingt hübsch, hat aber keine Chance gegen die pelzbemäntelten Damen, 
		die sich unter den Baldachin zurückziehen, stehen und warten - 
		wahrscheinlich, um bald die Klamotten aus den Einkaufstüten 
		auszuprobieren. 
		Senta stürzt nach vorne, hockt sich an das ’Gestade’ - 
		Karine Babajanyan 
		– singt jugendlich und fein nuanciert ihre Ballade, rennt zurück zum 
		Bänkchen, die Hand zärtlich auf dem Holzbein der dort positionierten 
		Piraten-Holz-Puppe positionierend. 
		Die Chordamen kommen beim  
		Vor Anker alle 
		sieben Jahr 
		nach links vorne, ziehen ihre Pelzmäntel aus, lassen sie auf den 
		Bühnenboden fallen und heben zum frommen Gebet die Arme in die Luft um 
		das  
		Ach! Wo weilt 
		sie, die dir Gottes Engel einst könne zeigen?
		 
		zu unterstreichen.  
		Oder wie? Oder was? 
		 
		
		
		
		  
		
		 
		Inzwischen ist eine männliche Gestalt links herangeschlichen, einen 
		Kanister auf dem Rücken, die mit einer langen Spritze die Ränder der 
		Säulen und den Boden besprüht - und ich assoziiere:  
		Ein Kammerjäger zur Vertilgung von Kakerlaken und sonstigem Ungeziefer. 
		
		Beim
		 
		Senta! Senta! Willst du mich verderben 
		entreißt 
		dieser Kammerjäger den Chordamen die Pelzmäntel und wirft sie auf den 
		Boden. 
		Die Damen klauben dann beim 
		Sie sind 
		daheim 
		und im turbulenten Ensemble:  
		Das 
		Schiffsvolk kommt mit leerem Magen, 
		um das  
		Bleib Senta! 
		Bleib nur einen Augenblick 
		nicht zu stören, die Mäntel auf und enteilen schnurstracks in ihre 
		Kabinen, wohl um die vorhin gekauften Sachen aus der schiffseigenen 
		Mode-Boutique anzuziehen. 
		Als 
		der Kammerjäger dann mit dem 
		Der Vater 
		kommt 
		anfängt zu singen, stellt sich heraus, dass es Erik ist. Bei Richard 
		Wagner von Beruf Jäger, ein ehrlicher Naturbursche als wohlbedachter 
		Kontrast zum schicksalsbeladenen Holländer. 
		Erich Laporte 
		singt kernig und kraftvoll seine sehr unangenehme hoch angelegte Partie. 
		- Hochachtung! - Dann stürzt er hinaus, wohl an die frische Luft nach 
		der ich mich auch sehne. 
		
		Im Regisseurstheater von Bernd Mottl - sein Urahn Felix 
		Mottl dreht sich im Grabe um - und der Jäger Erik wird zum Kammerjäger 
		umfunktioniert. 
		Blöder geht's nimmer. 
		Das war daneben wie in Bremen beim ’Rienzi’ mit dem Saugbläser in der 
		Regie der Wagner-Urenkelin. Seitdem heißt es bei der Benutzung dieses 
		Gartengeräts in meinem Haus: “Nimm doch den Rienzi!“ 
		 
		Unauffällig sind Daland und der Holländer auf die Szene gekommen und - 
		ach! - vertan vom Regisseurstheater ist der von Richard Wagner geplante 
		Moment, wo neben dem alten Bild der echte Holländer auftritt, so dass 
		Senta bei seinem Erscheinen ihren Schrei ausstößt. 
		Der charmante Tobias Schabel preist als Daland den reichen holländischen 
		Schwiegersohn in spe an, muss aber mangels  
		Sieh dieses 
		Band, sieh diese Spange!  
		mit dem 
		Knopf an der Manschette seines Hemdes vorlieb nehmen. 
		 
		Die Tochter zerrt Vater Daland die Gummistiefel von den Beinen, drauf 
		putzt der seine Schuhe, die er im Koffer mit sich führte. 
		Senta hat sich inzwischen ihrer Gothic-Kluft entledigt und sieht im 
		schwarzen spitzenbesetzten Unterrock recht attraktiv aus. 
		 
		Da während des Zwiegesangs der Nr. 6 mit 
		Wie aus der 
		Ferne längst vergangner Zeiten
		 
		zwischen Holländer und Senta und beim Terzett Daland, Holländer, Senta
		 
		Verzeiht! Mein 
		Volk hält draußen sich nicht mehr
		 
		kein inszenatorischer Unfug – bis auf das einfältige Rolltreppe rauf, 
		Rolltreppe runter, mal Senta, mal Holländer oben am Geländer und Sentas 
		Kerzchen Aufstellen auf der rechten Seite. rings um den Holländer herum 
		- passiert, freut man sich, welch vorzügliches Ensemble und welch 
		stimmgewaltigen Chor die Staatsoper Hannover doch hat, mit dem man 
		großartiges Theater machen könnte. 
		Der Vorhang fällt schnell. 
		 
		
		
		
		  
		 
		Für den eigentlich dritten Aufzug erscheint der Chor für sein 
		Steuermann! 
		Laß die Wacht! 
		adrett gekleidet in Matrosenanzügen und putzigen Matrosenkleidchen, das 
		scheinen die Klamotten zu sein, die der Damenchor in der ’Spinnstube’ in 
		den Einkaufstüren mit sich führte. 
		 
		Wäre der Ort dieser Inszenesetzung nicht die Niedersächsische Staatsoper 
		Hannover, sondern ein Musicaltheater in Hamburg an der Reeperbahn, 
		könnte man seine Freude haben, denn die ’show-moves’ sind professionell 
		einstudiert, rechtes Bein, linkes Bein, rechter Arm, linker Arm und 
		rundherum, das ist nicht schwer. 
		Jetzt wünscht man sich, das Freddy Quinn unter allgemeinem Schunkeln:
		 
		"Junge, komm bald 
		wieder" singt. 
		 
		Körbe mit Baguettes werden aus dem Bühnenhimmel heruntergelassen und 
		Schnapsflaschen verteilt. 
		Eigentlich folgte jetzt eine der grandiosesten Chorszenen der 
		Opernliteratur zwischen den Matrosen und dem Geisterchor auf dem 
		Holländerschiff. 
		 
		Zur Erinnerung: 
		Die konzertante Aufführung im Kuppelsaal am Tage der Bundestagswahl 2013 
		wo Gänsehaut einem über den Rücken rieselte. 
		Wenn es szenisch so kommt wie jetzt in Hannovers Staatsoper zu Lasten 
		der Steuerzahler, dann besser und werkgetreuer in einer konzertanten 
		Aufführung. 
		 
		Dem hochbezahlten Team des Regisseurtheaters aber fällt nur der Auftritt 
		eines Statisten von rechts ein, der die Rolltreppe mit einer flammenden 
		Fackel hinauf rennt und die er in das ’Schiff’ oder in den Keller fallen 
		lässt, worauf ein bisschen rotes Licht und etwas 'Qualm' auf der Treppe, 
		aus dem Unterbau erscheint. 
		Dies führte dann zur Überschrift in der HAZ:  
		’Leichen im Keller!’ 
		 
		Der verteilte hochprozentige Fusel tut seine Wirkung, alle Choristen 
		liegen flach auf dem Bühnenboden und stehlen sich dann doch torkelnd 
		davon. 
		 
		Auch Senta liegt im Dreck als Erik nun in schwarzem kleidsamen Hemd und 
		Hose äußerst lebhaft agierend in der Nr. 8 mit Senta 
		Was muss ich 
		hören  
		und mit seinem 
		Willst jenes 
		Tags du nicht dich mehr entsinnen 
		Senta wieder zu gewinnen sucht. 
		 
		Die Kavatine gelingt, aber Senta bleibt ablehnend. Trotzdem versteht der 
		Holländer die Situation falsch,  
		Verloren! Ach 
		verloren! Ewig verlornes Heil! 
		fühlt sich 
		trotz Sentas 
		Was ich 
		gelobte, halte ich!  
		betrogen und 
		beschließt mit seinem Geisterschiff die nächste Reise. Er steigt hierfür 
		hinab auf die Unterbühne, um Glut in die Kessel zu bringen – oder wie 
		oder was?  
		 
		Senta folgt ihm. 
		Die Musik von Richard Wagner deutet Erlösung an - (es wird in Hannover 
		die 'Erlösungsfassung' gespielt.)  
		 
		
		
		
		  
		
		Der spastische Steuermann hat inzwischen die 
		Schaufensterpuppe in eine verschleierte Muslima verkleidet und schmust 
		vorne rechts mit einer weißen Taube oder sonstigem Vogel aus dem 
		Repertoire des Regisseurstheaters. 
		 
		Das Publikum beklatscht die Leistung der Solisten, des Chores und des 
		Orchesters. 
		 
		Viele haben sich nicht begeistert gezeigt, wie ein Stück großer 
		Opernliteratur hier in Hannover wieder einmal platt gemacht wurde. 
		 
		Die anderen haben sich darüber amüsiert, dass man doch so leicht - durch 
		den hannoverschen Theaterdirektor Klügl - Spaß haben kann, und ich 
		assoziiere, dass die Couch eines Psychoanalytikers der bessere Ort zur 
		Aufarbeitung solch wirren Unsinns ist, als die Nds. Staatsoper Hannover. 
		 
		
		
		
		  
  
		  
        
			
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                Um 'Missverständnisse' zu vermeiden: 
				 
				
				
				Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten 
				Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
				diese Besprechungen und Kommentare nicht als 
				Kritik um der Kritik willen,  
				sondern als Hinweis auf - nach 
				meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.  
				 
				Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und 
				Satire.  
				 
				Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, 
				Grundgesetz, in Anspruch. 
				 
				Dieter Hansing 
  
				
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