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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages

Marsch auf Rom


   ... ab 27. Oktober
1922


War man in Deutschland am Ende des Ersten Weltkriegs entsetzt über die so genannte Dolchstoßlegende, haderte man in Italien, das zu den Siegermächten gehörte, mit 'vittoria mutilata' - mit dem 'verstümmelten Sieg'.

Umstürze waren die Folge. Landarbeiter gingen gegen die Grundbesitzer vor, Fabrikarbeiter besetzten die Werke der Unternehmer.

Zur Bündelung der Vorgänge setzte sich eine faschistische Bewegung an die Spitze, die bald über 300.000 Mitglieder verfügte und zu deren Anführer Benito Mussolini - Sohn einer Lehrerin und eines Schmiedes aus der Provinz Forli - sich aufschwang.

Offizielle unternahmen nichts gegen die Faschisten, sahen sie in ihnen doch ein Regulativ, das auch für Ordnung im Staat sorgte, die sie selber nicht mehr gewährleisten konnten.

Am 1. und 2. Oktober 1922 demonstrierte Mussolini mit einem 'Marsch auf Bozen' - gegen die Deutschen in Südtirol gerichtet - dass er unbehelligt von den staatlichen Institutionen seine Machtvorstellungen ausleben konnte.

Ab 27. Oktober 1922 sammelte Mussolini Menschen um sich, die in Norditalien in Waffenlager eindrangen, um gegen die Regierung vorzugehen, die sich unter König König Viktor Emanuel III. nicht entschließen konnte, einzugreifen.

Politiker erhofften sich hohe Ämter, wenn sie im Falle eines Sieges der Faschisten, sich willig gezeigt hätten und der König selbst fürchtete die Ansprüche seines Vetters, dem Herzog von Aosta, auf den Thron.

Man war sich in der italienischen Regierung auch nicht der Standhaftigkeit der Armee sicher, man riet dem König dazu, die Solidarität der Soldaten mit ihm nicht unbedingt auf die Probe zu stellen.
Stattdessen solle der König Mussolini zum Ministerpräsidenten ernennen - damit könne die Gefahr gebannt werden.

Der König folgte dem Rat und bestellte Mussolini nach Rom und statt mit seinen Gefolgsleuten in die italienische Hauptstadt zu marschieren, fuhr er mit dem Nachtzug nach Rom und der König ernannte ihn am 30. Oktober 1922 zum Ministerpräsidenten.

Etwa 50.000 Sympathisanten, die nach Rom gefolgt waren, veranstalteten eine Parade für ihren 'Duce' und überfielen in den Folgetagen Sozialisten und Kommunisten.

 

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Für Hitler war diese Aktion Vorbild für sein eigenes Vorgehen, was allerdings am 9. November 1923 in München scheiterte.
Er wollte mit einem 'Marsch auf Berlin' die Regierung absetzen und sich selbst an die Macht putschen.

Es misslang, Hitler wurde verhaftet und für seine Tat mit fünf Jahren Haft in Landsberg bestraft.

Bereits ein Jahr später erfolgte die Entlassung und er konnte seine Aktionen auf 'legalem' Wege durch Wahlen fortsetzen, die dann mit der Machtergreifung am 30. Januar 1933 ihren vorläufigen Abschluss fanden.

 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing