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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Theater Regensburg

Thema des Tages
 

Bemerkungen eines Vollzahlers zur szenischen Umsetzung von
   

Euripides /
Christof Willibald Gluck

'Iphigenie'
    
Repertoirevorstellung 03. Mai 2016

 

 

 
'Euripides und Gluck an einem Abend'
 

Zitat


 

IPHIGENIE – Triumph und Trauma

spartenübergreifende Produktion | „Iphigenie in Aulis“ – Tragödie von Euripides (ca. 480–406 v. Chr.) | „Iphigénie en Tauride“ – Oper von Christoph Willibald Gluck (1714–1787) | In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Theater am Bismarckplatz

Musikalische Leitung Israel Gursky
/ Testuro Ban (nur 10./16.5.2016)
Inszenierung Matthias Reichwald
Bühne und Kostüme Toto 
Choreinstudierung Alistair Lilley 
Licht Wanja Ostrower 
Dramaturgie Kathrin Liebhäuser 
 


Termin Details:
Di, 03.05.2016 , 19.30 - 22.20
 

Preise C | freier Verkauf | Abo A | Karten online kaufen

 

Fotos: Jochen Quast

›Besser in Schande leben, als bewundert sterben!‹
Iphigenie in Aulis


Die griechische Flotte unter der Führung Agamemnons hat sich in der Bucht von Aulis versammelt, um in den Feldzug gegen Troja aufzubrechen. Doch das Heer sitzt fest: Windstille verhindert die Abfahrt. Die Ungeduld der Krieger wächst, und damit der Druck auf den obersten Feldherrn. Schließlich ist Agamemnon bereit, seine Tochter Iphigenie der göttin Diana zu opfern. Denn erst nach diesem Blutopfer, so ein Seherspruch, werde der Weg nach Troja frei. In letzter Sekunde entrückt Diana das Mädchen in das Land der Taurer und macht sie zu ihrer Priesterin. Im Opfertempel wird Iphigenie erwachsen und das Töten zu ihrer Hauptaufgabe. Die Tragödie nimmt ihren Lauf ...

2000 Jahre Theatergeschichte umfasst dieser Abend aus Schauspiel und Musiktheater: „Iphigenie in Aulis“, das düster-geniale Spätwerk des antiken Dichters Euripides, verbindet sich mit Christoph Willibald glucks Oper „Iphigénie en Tauride“, einem packenden musikalischen Seelendrama. Regie führt Matthias Reichwald, der mit Mozarts „Zauberflöte“ am Theater Regensburg bereits große Erfolge feierte.


 

Einführungsveranstaltung

Einführungen jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn (außer Premiere) im Foyer Neuhaussaal

Thementage Antike [10+] 24., 25. April 2016 | Junges Theater

 


Besetzung

Iphigenie in Aulis
 
Iphigenie / Bote Andine Pfrepper
Klytämnestra / Menelaos Silke Heise 
Agamemnon / Achill Michael Haake 
Diana Michaela Schneider 
Chorführerin
 Franziska Plüschke 
Chor der jungen Frauen / Boa Tina Essl, Heidi Huber, Manasvini K. John, Julia LeidholdFranziska Plüschke 
Schutzflehender / Boatpeople / Standtrommel Tamás Mester 
Orest als Kind
 Vincent Bärnreuther / Maximilian Käser
Musiker Michael Kessler 


Christoph Willibald Gluck
Iphigénie en Tauride
 
Iphigénie Theodora Varga 
Orest Matthias Wölbitsch 
Pylades Yinjia Gong 
Thoas Seymur Karimov (26.4., 7.5.2016) / Adam Krużel (23.4., 3./10./16./21.5.2016)
Diana Michaela Schneider 
1. Priesterin, 2. Priesterin, Griechin Myriam Chávez de Kühner (26.4., 7./21.5.2016) / Andrea Dohnicht-Pruditsch (23.4., 3./10./16.5.2016)
Tempeldiener, Skythe Tobias Hänschke (26.4., 7./16.5.2016) / Seymur Karimov (3./10./21.5.2016)
Skythen / Boatpeople / Totengeister / Iphigenie-Doubles Tina Essl, Heidi Huber, Julia Leidhold, Tamás Mester, Manasvini K. John
 
Doppelbesetzungen in alphabetischer Reihenfolge

Opernchor, Extrachor
Philharmonisches Orchester Regensburg


Zitatende




'Iphigenie - Triumph und Trauma'
so der Titel  der Produktion am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg.
Nur, 'was deutet der Name?'

Wer unvorbereitet - nur zur Unterhaltung - ins Theater kommt, das Programmheft mit erklärenden Texten sich nicht schon Tage vor dem Besuch der Vorstellung besorgt hat und die Worte auch las, der mit der griechischen Mythologie nicht vertraut ist, fragt, 'weißt du wie das wird?'

Hier das Dilemma der Produktion. Das Publikum kann die Situationen nicht nachvollziehen. Und so ist auch der Applaus nach dem Schauspiel und der Schlussapplaus nach der Vorstellung am 3. Mai 2016. Das Publikum ratlos und deswegen gehemmt. Auch kein Szenenbeifall. Im dritten Rang nur 16 Personen.

Die Menschen im Zuschauerraum sehen die Umsetzung eines dramaturgischen Kunstwerkes mit vielen Regieeinfällen, mit denen Personen auf der Bühne in Aktionen treten, die effektvolle Choreographien abliefern.

Aber die Handlung als solche ist nur schwer nachzuvollziehen, zumal dann, wenn die gewünschten Verschränkungen von Schauspiel des Euripides mit der Oper von Gluck gezeigt werden sollen.

Alle Figuren, bis auf Thoas, Orest und Pylades, kommen im Schauspiel wie in der Oper vor. Das bedeutet, wenn die Kostümierung nicht in beiden Teilen gültig ist, kann der Zuschauer die Figur für sich nicht als Einzelinterpret im Gesamtdurchlauf identifizieren.

Warum muss Iphigenie auf Tauris ein anderes Kostüm tragen als in Aulis? Nur weil zehn Jahre ins Land gegangen sind und das weiße Kleid, mit dem sie in Aulis auf dem Rednerpult stand und Unverständliches ins Mikrophon tönte, wegen der Blutflecke vor Tauris dringend in die Reinigung musste?

Dass Mitspieler in mehreren Rollen auftreten, belebt den Ablauf und gibt den Darstellern die Möglichkeit, an einem Abend Facetten verschiedener Art aufzuzeigen.

Menelaos ist auch Klytämnestra, da überzeugend das Pathos, aus der Penthesilea der Heise bekannt, dann die private Klytämnestra, die auch schon als Eboli und als Milford auftrat. Da ist man eben einfach authentisch, wenn man verschiedene Rollen nicht differenziert darstellen kann, ist man eben authentisch. Da muss man sich am wenigsten anstrengen und für den Regisseur ist alles auch viel einfacher, er muss nichts vorspielen.
Ende der Durchsage.

Die Verschränkung der Sparten birgt somit Gefahren, denen man ausweichen könnte, um der gut vorbereiteten Produktion zum Erfolg zu verhelfen.
Hier sieht man die Arbeit, die sich Regisseur, Bühnenbildner und Musiker im Vorfeld machten. Die kamen nicht zu Proben und lamentierten: "Bietet an!"

Eine solche Produktion, in der Vielfalt der gezeigten Aktionen, lässt sich nicht vor Ort in vier Wochen entwickeln, hat man die Endprobenzeit mit DekBel abgezogen.

Das auch hier wieder einmal krampfhaft mittels Boatpeople verheutigt werden muss, steht auf einem anderen Blatt, hat aber den Nebeneffekt, z.B. die Ouvertüre zum Tauris-Teil optisch beleben zu können. Das müssen aber keine Boatpeople sein, Erynien würden auch gut passen, die sich am Strand von Tauris rumtreiben und Orest sekkieren bzw. auf neue Opfer zur Schlachtbank warten.

Dass die Musik - ob nun neu im Schauspiel oder alt in der Oper - viel abverlangt, zeigt sich bei den Damen.
Pylades hat kein Problem, Orest - die Stimme vibriert bereits erheblich (der Sharpless war auch zu früh, soll er sich über den Zahlkellner weiterentwickeln, aber den meint er ja angeblich nicht nötig zu haben, er sei ja Opernsänger.
Wer mag ihn geschoben haben? Fragen sie Frau Brigitte!)

Thoas allein stimmlich überzeugend, ein Gewalttäter aus eigener Kraft.

Wer die Kunst der Machart verstehen und finally auch genießen will, muss sich vorbereiten - auch anhand des Programmheftes - und wenigstens drei Abende mit Iphigenie im Theater Regensburg verbringen.

Sonst heißt's aus dem Regensburger Publikum am Ende des Abends - wie erlebt -
"Woas woar nacha des?

Angeblich hat auch dem Regensburger Theaterdirektor die Produktion nicht gefallen, er hatte angenommen, es würden wechselseitig Teile aus dem Schauspiel und aus der Oper zusammengesetzt.
Dass dies hier garnicht geht, ist dem großen Regensburger Theaterfachmann noch nicht klar geworden.

Na, ja!
 

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Ich verstehe diese Besprechungen und Kommentare
nicht als Kritik
um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf
- nach meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt
nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

 

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