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04.01.2010 - dradio.de

 

 



Vor fünfundsiebzig Jahren

Thema des Tages

 

      ... 13. Januar 1943

"Die Lage in Stalingrad ist natürlich weiterhin außerordentlich besorgniserregend. Alles hängt vom Wetter ab."

Es war nicht nur das Wetter.
Es war die Schönrederei der gesamten Situation.

Was hatte allein Göring zu verantworten.

300 Tonnen Nachschub wollte er in den Kessel von Stalingrad fliegen.
Tatsächlich bewältigte das VIII. Fliegerkorps nur etwa 95 Tonnen.

Hier spielte das Wetter tatsächlich eine große Rolle, denn die schneebedeckten Böden, unwegsames Gelände, Nebel - verhinderte, dass die Transportmaschinen ausreichend Marterial eifliegen kommeten.

So waren die eingeschlossenen Truppen auf auf geringste Rationen gsetzt, sie erhielten nur 50 Gramm Brot pro Tag und ernährten sich sonst von den Resten des Pferdebestands.
Und die 'Befreiungsarmee' war räumlich noch weit entfernt, konnte nicht eingreifen.

Und selbst dies Elend beschrieb Goebbels noch positiv, denn der Winter 1941/42 sei bedrohlicher gewesen.

Jetzt sickerten russische Truppenverbände durch die front, hatten damals aber nicht die Potential, um zu operativen Umschließungen zu gelangen, so war ihnen das jetzt möglich.

Hinzu kam die Gefahr durch Partisanen, die mehr und mehr subversive Kräfte entfalteten.
Dies lag begründet in der brutalen Behandlung der Bevölkerung beim Durchstoß der deutschen Wehrmacht nach Osten und den folgenden SS-Einheiten, die die Bevölkerung terrorisierten.
Hatten die Menschen in den besetzten Ostgebieten anfänglich geglaubt, vom Stalinismus mit seinen Gräueltaten befreit zu werden, mussten sie erkennen, dass noch größere Verbrechen an ihnen durch Deutsche geübt wurden.

25 Jahre Stalinismus hatte die russische Bevölkerung geprägt. Man hätte sehr viel früher und konsequenter damit beginnen müssen, zu vermitteln: es geht gegen den Bolschewismus und nicht gegen das russische Volk.

Jetzt, nach dem grausamen Verhalten der Deutschen, war es schwer den Menschen etwas anderes als weiter Verbrechen erdulden zu müssen nahezubringen.

Die von Goebbels beschriebene Denkschrift des Militärs vom 9. Januar 1943, die dem Führer zugeleitet werden sollte, zeigte auf, was alles im Argen lag:

- Widerstandswille der Roten Armee ungebrochen
- verstärkte Kraftentfaltung unter der Parole des 'nationalen Krieges'
- Verschlechterung der Stimmung der deutschfreundlichen Menschen
- Bandengebiete breiten sich weiter aus
- kulturelle Vernachlässigung
- Schließung von Schulen und Instituten
- Verkennung des Stolzes auf technische Errungenschaften
- rücksichtslose Menschenjagd für den Arbeitseinsatz in Deutschland
- unwürdige Behandlung der Arbeiter im Reich

Vielmehr müsste, so meinten die Militärs, der 'Führer' müsse dem russischen Volk in einer Art von Rahmenproklamation, Avancen machen, dass

- religiöse Freiheiten garantiert würden;
- keine Verurteilung zum Sklavendasein;
- Gewährung des Eintritts in das kommende Europa.

Lapidar bemerkte Goebbels am Schluss seiner Tagesaufzeichnungen, er "glaube nicht, dass der Führer sich dazu herbeilässt, dieser Denkschrift seine Zustimmung zu geben.
 

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Zusätzlich zu den Schwierigkeiten im Osten war auch an der Nordafrikafront keine Entspannung zu verzeichnen.
Im Gegenteil, denn die seit dem 8. November 1942 von Osten heranrückenden Briten und den von Westen sich ausbreitenden amerikanischen Truppen, brachten Rommel in eine gefährliche Zwangslage.
Hinzu kam der Streit Rommels mit der italienischen Armeeführung, sollte man die in Libyen kämpfenden Truppen zurücknehmen dann  zu versuchen, die operative Freiheit zurückzugewinnen oder nicht.

Es kam zu keiner Entscheidung und so musste Libyen aufgegeben werden, denn den Truppen der Achsenmächte Deutschland und Italien standen eine halbe Million Mann alliierter Soldaten und damit einer doppelten Übermacht gegenüber. Auch verfügten die Alliierten über die vierfache Anzahl von Panzern und über die uneingeschränkte Luftüberlegenheit.
Die Briten besetzten Tripolis, damit war der Nachschub an Menschen und Material über Tripolis nicht mehr zu bewerkstelligen.

Rommel wurde zurückgerufen. Als dann Rommels Nachfolger Generaloberst Hans-Jürgen von Arnim später bei Tunis kapitulierte, war der Nordafrikafeldzug verloren.

Goebbels hatte den Nimbus des Helden von Afrika geprägt und auch die ausländische Presse dazu beigetragen, dass die Meinung vorherrschen musste, Rommel, der 'Wüstenfuchs' könne mit allen Schwierigkeiten fertig werden.

Die deutsche Öffentlichkeit reagierte entsetzt auf die Niederlage und die vielen Toten in Nordafrika und nannte alles ein 'zweites Stalingrad'.

Die zweite Front war eröffnet.
Die alliierten landeten in Sizilien, setzten auf das italiensche Festland über, drangen nach Norden vor.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
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Dieter Hansing