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Trotz aller Warnungen und Empfehlungen wurde seitens Richard Wagner
Verband International auf die Vorstellung des Tannhäuser im Theater
Augsburg nicht verzichtet.
Allerdings trat
Dr. Ulrich Peters,
der Intendant, vor den Vorhang und bat um Toleranz der Wagnerianer für
diese Produktion.
Trotz dieser Beschwörung war das Resultat die Ablehnung dieses Machwerks
durch die Wissenden, wenn sich auch die offensichtlich Harmlosen,
Einfältigen im Publikum von der Darstellung des Tannhäuser durch
Gerhard Siegel
überrumpeln ließen.
Bemerkte dieser nach dem Ersten Akt, dass er mit seiner Art zu singen,
seinem gequetschten Knödel, nicht ankam, trug er im zweiten
darstellerisch dick auf - hopste wie ein Dilldopp mit seinem Brierkrügl
herum - und vor allem im dritten Akt übertrieb er derart, dass es nur
als "die Sau rauslassen" bezeichnet werden konnte. Frei nach dem Motto:
"Euch werd' ich's zeigen, wenn ihr mich nicht gut finden wollt!"
So war der dritte Akt hart an der Grenze zum Komischen und so hätte der
Tannhäuser durch Gerhard Siegel zur Klamotte werden können. Sein
Rumgerutsche auf dem Boden mit viel zu heftigen, schnellen Bewegungen,
in der Kutte sah er aus wie Rumpelstilzchen, als dass ihm das Gequälte
nach der Enttäuschung in Rom hätte abgenommen werden können.
Das Hineinplumpsen in das umgefallene Zahnrad, die Nachahmung eines
fistelnden 90-jährigen Papstes wie mit der Stimme des Altoum in Turandot,
das Kopfwackeln eines Irren - er wäre darstellerisch wie stimmlich - ein
guter Blödsinniger im Boris. Aber es gelang ihm, was er geplant hatte,
er führte das Publikum am Nasenring vor und zwang es so zu seinem
persönlichen Erfolg. Als die Simplen im Publikum "Bravo" riefen, sagte
er zu sich bestätigend - wie Heinz Rühmann im Köpenick-Film - "Na,
also!"
Dass dies alles sehr an den Buffo Leopold im Rössl oder den Gogolori
oder auch den Mime erinnerte, focht Gerhard Siegel nicht an. Er hatte
erreicht, was er wollte: Erfolg.
Neben ihm der andere Buffo,
Stefan Sevenich,
als Biterolf. Er wirft sich
auf die Sitzgruppe, rauft mit Tannhäuser, gibt mit seiner wattigen
Stimme einen wilden Prahler. Von Hass auf Stefan Sevenich unsererseits
kann keine Rede sein, wie er mit seinem Link auf unsere Webseite
behauptete. Es ist wie und was er ist, ein Bass-Buffo, der mit seiner
Spielastik das Publikum in seinen Bann zieht. Eben wie der Tenorbuffo
Gerhard Siegel.
Szenisch konnte nochmals verinnerlicht werden, wie
Vuokko Kekäkälinen,
die Venus nach ihrer Ermordung entsorgt wird. Wie ein Sack hängt sie
über der Schulter. Wie auch bei ihrer Herodias schon beschrieben. Sie
schleppt als Venus stimmlich einen schweren Koffer, das Problem mit der
Höhe ist offenkundig. Wie schon am 11.12.03 sei nochmals gesagt: sie
kann froh sein, dass die Ur-Dresdener Fassung gespielt wird und ihr der
Wiederauftritt mit dem "Willkommen ungetreuer Mann" im dritten Akt
erspart bleibt.
Beachtenswert, wie sich
Sally du Randt
in den Augsburger Jahren entwickelt hat. Nun, nach mehreren
Vorstellungen hier in diesem Hause liegt ihr die Elisabeth
offensichtlich gut - die Rolle lässt sich auch wie Butter singen,
trotzdem hörte man kürzlich in Zürich von der Kollegin ein 'h' am Ende
der Arie, das mehr als geschrieen, denn gesungen angesehen werden
musste.
Sally du Randt überzeugt jetzt im Spiel und auch stimmlich. Die Töne
groß und rund, ihr hoher Sopran kommt gut und publikumswirksam zur
Geltung.
Guido Jentjens
als Landgraf wurde schon am 10.12.03 beschrieben. Erfreulich Rolf Romei
als Walther. Riccardo Lombardi mit seinem samtenen Wolfram, etwas mehr
Kern hätte man sich gewünscht, die Dopplungen der Endsilben - die
amerikanische Unart, schon bei Richard Brunner am 10.12.03 bemängelt,
auffallend deutlich.
Die Orchesterleitung durch
Rudolf Piehlmayer
zeigte Differenzen mit den Sängern bei der Wahl der Tempi. Der Beginn,
von der Ouvertüre - diese übrigens unapplaudiert - bis in die erste
Szene hinein, könnte delikater dargeboten werden.
Fazit: Eine überraschend positive Erfahrung mit Sally du Randt, eine
andere mit Gerhard Siegel, zu sehen, wie man als darstellender Sänger,
das große Publikum zwingen kann.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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