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150 Jahre hat das Stück gelegen. Jetzt wurde es konzertant wieder
aufgenommen. Um zu verstehen, worüber sich Richard Wagner im Falle
Meyerbeer: "Wirkung ohne Ursache" ausließ, sollte man eine der noch
beiden folgenden Aufführungen unbedingt hören. Die Aneinanderreihung von
guten musikalischen Einfällen mit trivialen Bindegliedern formen dieses
Werk, das einmal der Hit war. Aber auch Wagners Rienzi - die große Oper
im Stile Meyerbeers - wird heute kaum noch gegeben. Über ihn gingen
zunächst Holländer, Tannhäuser und Lohengrin hinweg.
Die Dramatik Verdis setzte neue Maßstäbe, die uns heute 'Die Hugenotten'
befremdlich erscheinen lassen. Das Theater Regensburg konnte sich
teilweise auf Solisten stützen, die ihre Rollen kannten und somit
wussten, was sie sangen.
Die Valentine von Sonja Mühleck, engagiert und differenziert mit schönem
Timbre gesungen, hatte allerdings Probleme mit den extremen
Spitzentönen. Dagegen Katharina Leitgeb als Margarethe, problemlos in
allen Lagen. Eine strahlend virtuose Stimme, sie könnte etwas runder in
der Tongebung sein, dies hängt aber mit dem relativ kleinen Kopf als
Resonanzraum zusammen. Sie betont das Aussehen des Hauptes noch mit
einer unvorteilhaften Frisur. Wenn sie sich nicht überfordert, darf man
von ihr noch schöne Leistungen erwarten.
Mi Soon Jang als Page, freier als mit der Sophie, da stilistisch nicht
so eingeengt. Oder hat sie sich selber oder der Regisseur im
Rosenkavalier zu einer Kunstfigur stilisiert, die ihr dann
Schwierigkeiten beim Singen bereitete, was sich bei Strauss noch durch
das viele Textgeplapper potenzierte? Hier jedenfalls, als Page, ohne
dass der typisch koreanische Technik-Knödel, das Quetschen und Piepsen
hörbar wurden. Sie sang frei von der Leber weg und man hörte ihr gern
zu.
Ingrid Dominique als Ehrendame - ein Modell, aber keine Sängerin -
jedenfalls nicht mit dieser Übergähn-Technik.
Beim Raoul von Juuso Hemminki befürchtete man permanent das
Heiserwerden, doch - der Knödel hält. Völlig unbeteiligt stand er da,
sang laut und leise, aber keiner und er selber wohl auch nicht - wusste
warum.
Michael Doumas 'rief' den St. Bris. Ein typischer Schulmusiker,
intelligent, gut aussehend, auf dem Podium überintensiv, um die nicht
vorhandene 'Sänger-Stimme' zu vermogeln.
Im Gegensatz zu ihm repräsentiert Adam Kruzel die perfekte
Sänger-Stimme, Wohllaute verströmend, nuancenreich und engagiert.
Genussvoll anzuhören war der Bass von David Cale Johnson. Der Mann kann
singen und wusste offensichtlich auch, die Rolle zu erfüllen, selbst auf
dem Podium kam die väterliche Güte und humorige Brummigkeit des Marcel
deutlich zur Geltung.
Michael Suttner als Cossé - auch hier lässt sich von der Stimme etwas
erwarten, wobei er die Belcanto-Führung noch nicht im Griff hat, das
heißt: "Junge, Legato und messa di voce üben!!!"
Brent Damkier als Tavannes konnte von seiner hohe Lage der Stimme nicht
viel zeigen.
Victor Schierling, keck sich darstellend als Bois-Rosé, der Buffo par
excellence - eine solche Stimme, die über alles hinwegträgt - man denke
an das Krähen im Terzett der drei Strolche in 'Die Kluge' - braucht man
in einem Ensemble. Jin-Ho Yoo und Werner Rollenmüller fügten sich in die
Gruppe der jungen Adeligen dezent ein.
Die Höhepunkte waren die großen Chor-Tableaus. Der Hauschor verstärkt
durch Chorsänger aus Parsberg gaben dem Abend die musikalische Prägung.
Fabelhaft einstudiert von Karl Andreas Mehling und Walter Johannes
Hansch.
Das Orchester unter der Leitung des GMD Rumstadt musizierte wach und
engagiert.
Die Soli von Bassklarinette und Bratsche fielen hier besonders positiv
auf.
Die Optik störte die unterschiedliche Garderobe der Solisten. Man kam
sich vor wie in der Herrenkonfektionsabteilung bei C&A. Mal Frack, mal
blau-grauer, mal dunkler Anzug, mal Fliege, mal Krawatte, dass nicht
einer noch im Rollkragen und Jeans kam, verwunderte. Beim gesamten Chor
war doch ein einheitliches Erscheinungsbild möglich, wieso nicht bei den
Protagonisten, Herr Intendant?
Dass der Bassist auf dem Podium, in seinem Sessel lümmelnd, aus einer
Flasche nuckeln darf, der Sopran ein Glas Wasser auf die Bühne bringt,
das er dann gar nicht braucht, Herr Suttner im Klavierauszug blättert,
als suche er eine verlegte Telefonrechnung, Herr Doumas ebenfalls
blättert - wie viele Seiten sind es denn noch?
Ist das die Disziplin von Coburg oder Pforzheim, Herr Intendant?
Und die Chefdramaturgin Friederike Bernau saß mit überschlagenen Beinen,
provokant lässig und unfrisiert, mitten unter den Solisten auf dem
Podium, statt irgendwo an der Seite, von wo sie abgehen könnte, wenn sie
nichts zu sagen hatte, schaute kritisch um sich - dass sie sich nicht
noch zum Chor umwandte - las mit tonloser Stimme aus irgendeinem
Operführer, was nur verwirrte - statt zur Aufklärung der Bühnensituation
beizutragen - die Zuhörer langweilte, ermüdete und den Abend unnötig in
die Länge zog.
Beifall nahm sie dafür auch noch entgegen!!
Auf Manieren auf dem Podium - wo jede kleinste private Bewegung stört
und ablenkt - sollte die Leitung des Hauses achten. Mag sein, dass
Benehmen in Coburg oder Pforzheim nicht so gefragt war, bei einem guten
Theaterleiter verhalten sich Solisten der Konzertsituation entsprechend,
Herr Intendant.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz,
in Anspruch.
Dieter Hansing
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