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Nr. 30

Leserbrief

 

 

Zitat

"Hallo Frau Gilles,

ich kann Ihre Frage nach der Tosca in Hannover nur unjuristisch, aber dafür in leicht verständlicher Sprache beantworten:

Selten so einen Schwachsinn gesehen!

Sie haben in Ihrer Mitschrift ja zig Punkte aufgeführt, die dem
Publikum alle völlig unverständlich bleiben... und in der Tat: niemand weiß es (wofür).

Höhe des ganzen Unsinns ist doch der Schluss.
Da sitzt einer, der eigentlich gar nicht mehr lebt!

Mir bleibt bei all dem tatsächlich rätselhaft, warum man heute die Musik 1:1 behält, alles andere aber in Frage stellt.

Warum nennt man das Stück dann eigentlich nicht "TOSCO" oder "TISCA" - eine Witzoper eines No-Name-Regisseurs, der von Musik keine Ahnung hat und deshalb - und weil es sich besser verkauft - einfach die Musik aus Tosca nimmt.

Hanebüchen alles!

Viele Grüße
Ihr K. aus H."

Zitatende



 

Vor fünfundsiebzig Jahren
 

… endete das ’Dritte Reich’ nach nur zwölf Jahren im Chaos.
Millionen von Menschen kamen während seiner Herrschaft zu Tode oder büßten ihre Gesundheit ein. Unschätzbare materielle Werte fielen ihm zum Opfer.
Tausende, die beim Film oder Theater tätig waren, flohen aus Europa, ließen Heim, Hab und Gut und Bekannte zurück. Nahmen Schaden an ihrer Gesundheit.
Viele hatten Europa auch schon der Machtübernahme verlassen oder begingen in einer ausweglosen Situation Selbstmord.
Da waren unter anderen:

 

 
  Paul Abraham
Gitta Alpár
Albert Bassermann
Elisabeth Bergner
Curt Bois
Ernst Busch
Fritz Busch
Erik Charell
Paul Czinner
Paul Dessau
Ernst Deutsch
Wilhelm Dieterle
Marlene Dietrich
Tilla Durieux
Marta Eggerth
Hanns Eisler
Adrienne Gessner
Therese Giehse
Curt Goetz
Joachim Gottschalk
Alexander Granach
Ernst Haeusserman
Lilian Harvey
Paul Hindemith
Friedrich Hollaender
Oskar Karlweis
Jan Kiepura
Erich Kleiber
Otto Klemperer
Erich Wolfgang Korngold
Fritz Kortner
Georg Kreisler
Ernst Krenek
Leopold Jessner
  Fritz Lang
Lotte Lehmann
Erich Leinsdorf
Lotte Lenya
Hermann Leopoldi
Leopold Lindtberg
Emanuel List
Albert Lieven
Peter Lorre
Ernst Lubitsch
Alma Mahler-Werfel
Valérie von Martens
Alexander Moissi
Asta Nielsen
Max Ophüls
Lilli Palmer
Erwin Piscator
Erich Pommes
Otto Preminger
Arnold Schönberg
Joseph Schmidt
Robert Siodmak
Robert Stolz
Josef Tal
Richard Tauber
Helene Thimig
Maria Augusta Trapp
Rosa Valetti
Conrad Veidt
Bruno Walter
Gustav v. Wangenheim
Kurt Weill
Alexander v. Zemlinsky
Carl Zuckmayer
 

 

Gezielt betrieben wurde die Verfolgung der Menschen im ‘Deutschen Reich‘ durch die am 22. September 1933 per Gesetz gegründete Reichskulturkammer. Aufgabe war, die Kultur im Deutschen Reich unter Kontrolle zu halten und gleichzuschalten,

Joseph Goebbels selbst wurde ihr Präsident. Der Reichskulturkammer waren sieben einzelne Abteilungen untergeordnet, die den gesamten Kulturbetrieb im Deutschen Reich abdecken sollten. Dies waren Reichsfilm-, Reichsmusik-, Reichstheater-, Reichspresse-, Reichsschrifttumskammer, Reichskammer der bildenden Künste und Reichsrundfunkkammer.

Jeder, der sich im Deutschen Reich der Kultur verpflichtet fühlte, als Musiker, Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur, Komponist, Maler, musste Mitglied der Reichskulturkammer werden. Doch die Kammer durfte eine Auswahl treffen. Damit konnten kritische Künstler an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden.

So war es letztlich nur den Künstlern möglich, ihren Beruf auszuüben, die im Sinne der Nationalsozialisten arbeiteten. Die Künstler, die nicht aufgenommen wurden, durften auch nichts mehr veröffentlichen und verloren die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Es ging nicht nur darum, kritische Stimmen auszuschalten, sondern auch um die Juden auszuschalten, da man für die Aufnahme einen so genannten ‘Ariernachweis‘ benötigte.

Zuständig als Leiter der Sektion Film war bis 1943 Fritz Hippler, ein Nationalsozialist von Schülerzeiten an. Er studierte Jura an den Universitäten Heidelberg und Berlin, fiel dort durch unbotmäßiges Verhalten auf und konnte das Studium nur durch einen Erlass des neuen nationalsozialistischen Kultusministers Bernhard Rust mit der Promotion 1934 abschließen.
Danach war er mit der Herstellung von Filmaufnahmen für die Wochenschau beschäftigt, lernte so das Filmhandwerk. Im August 1939 berief Goebbels den 29-Jährigen zum Leiter der Filmabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, im Februar 1942 ernannte er ihn zum Reichsfilmintendanten.
Er war damit verantwortlich für die Lenkung, Überwachung und Ausrichtung des deutschen Films, so auch für die Herstellung des Films ’Der Feldzug in Polen’ und des Films ’Der ewige Jude’.
Ein von Hippler gezeichneter Artikel in der Zeitschrift ‘Der Film‘ über seine Entstehung bezeichnete Juden als ‘Parasiten nationaler Entartung‘. Der Film diente als Vorbereitung und Einstimmung der Bevölkerung auf den kommenden Holocaust und wurde vor allem zur Schulung von Polizeieinheiten und SS-Mannschaften eingesetzt. Noch im gleichen Jahr erhielt Hippler von Hitler als Anerkennung eine geheime Sonder-Dotation in Höhe von 60.000 Reichsmark.
1943 entließ ihn Goebbels wegen Alkoholproblemen und weil er verschwiegen hatte, dass seine Urgroßmutter jüdischer Abstammung war.
Nach dem Krieg und zwei Jahren Gefängnishaft, konnte er wieder arbeiten, war verantwortlich für Werbung verschiedener Institutionen und Firmen und betrieb bis zu seinem Tod, 2002, ein Reisebüro in Berchtesgaden

Nachfolger war ab 1943 Hans Hinkel, Sohn eines Fabrikanten, der das Abitur in seiner Geburtsstadt Worms absolvierte, 1919/20  Staatswissenschaft und Philosophie in Bonn und München, ohne Abschluss, studierte.
Er trat am 4. Okt. 1921 in die NSDAP ein und nahm 1923 am Hitler-Putsch in München teil, 1928 war er Schriftleiter im ‘Kampfverlag‘ bis 1932 Redakteur für den ‘Völkischen Beobachter in Berlin. Von Goebbels im Juli 1935 als Sonderbeauftragter im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda als Leiter des Sonderreferats Reichskulturwaltung mit der Überwachung der geistig und kulturell tätigen Juden im deutschen Reichsgebiet – damit der ’Entjudung’ des Reichsgebietes - betraut.

1945 wurde er interniert und 1947 an Polen zur Abbüßung einer Strafe wegen des Raubes polnischer Kulturgüter ausgeliefert. Darauf Rückkehr in die Bundesrepublik, ohne hier für seine Taten zur Verantwortung gezogen zu werden.

Zum Opfer fielen der Reichskulturkammer unter den vielen anderen, die namentlich nicht mehr genannt werden können, der Operettenkomponist Leon Jessel, der 1917 einen sensationellen Erfolg mit der Operette ’Schwarzwaldmädel’ erzielen konnte - innerhalb der folgenden 10 Jahre rund 6.000 Mal aufgeführt -, dem aber als zum Protestantismus konvertierten Juden 1934 Aufführungsverbot erteilt wurde.
1941 von der Gestapo verhaftet als ein 1939 von ihm an seinen Librettisten Wilhelm Sterk nach Wien geschriebener und bei einer Hausdurchsuchung gefundener Brief, in dem Jessel geschrieben hatte: „Ich kann nicht arbeiten in einer Zeit, wo Judenhetze mein Volk zu vernichten droht, wo ich nicht weiß, wann das grausige Schicksal auch an meine Tür klopfen wird.“, gefoltert in einem Krankenhaus an den Folgen der Qualen am 4. Januar 1942 starb.

Joachin Gottschalk, ein bekannter Theater- und Filmschauspieler in Berlin geriet unter Druck der Reichskulturkammer, als er sich von seiner jüdischen Frau nicht trennen, lieber mit ihr ins KZ gehen, wollte. Da man ihm dies verweigerte, drehte er in der Nacht zum 6. November 1941 den Gashahn auf und ging mit Frau und 8-jährigem Sohn in den Tod.

Stefan Zweig, der für Richard Strauss noch das Libretto zur Oper Die schweigsame Frau verfassen konnte - die Oper wurde aufgrund persönlicher Genehmigung Adolf Hitlers in der Dresdner Oper aufgeführt - musste dann aber wegen Stefan Zweig als jüdischem Textdichter abgesetzt werden.
Er floh aus Österreich über die Stationen London, New York, Argentinien und Paraguay gelangte im Jahr 1940 schließlich nach Brasilien, wo er in der Nacht vom 22. zum 23. Februar 1942 mit seiner Frau Lotte mit einer Überdosis Veronal das Leben nahm.

Ernst Klee veröffentlichte in einem ’Kulturlexikon zum ’Dritten Reich’ „3600 Namen, die so oder so deutsche Kultur im Dritten Reich repräsentieren. Von vielen wurden erstmals, und nicht ohne Mühe, Lebensdaten recherchiert. Gesichert vor dem Vertuschen oder Vergessenwerden. Alle, Täter, Vordenker, Mitläufer, wirklich Widerständige und Opfer, gehören zu unserem kulturellen Erbe. Ein lexikalisches Mahnmal.“
Erschienen ist das Buch im Fischer Taschenbuch Verlag – ISBN 978-3-596-17153-8

Aus Anlass des Endes des ’Dritten Reichs’ am 8. Mai 1945 ist dieser Ausgabe der ’Mitteilung’ eine Sonderausgabe angehängt, die den Gang der Dinge von 1933 an noch einmal - kurz gefasst und somit ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aus unserer Sicht aufzeigen soll.

ML Gilles


 


 

Stefan Mickisch schreibt auf https://www.mickisch.de/:
 

 

 

Zitat
Richard Wagner – Werktreue

Zum Thema WERKTREUE gibt es seit vielen Jahren und Jahrzehnten eine lebendige Diskussion, nicht nur im Zusammenhang mit den Werken Richard Wagners.

Da der hier vorliegende Aufsatz von Herrn Dr. Peter Brenner ganz meiner eigenen Überzeugung entspricht, möchte ich diesen gerne und mit herzlichem Dank für die Überlassung desselben durch den Autor hier wiedergeben.

Stefan Mickisch
Zitatende

Ein Text von Dr. Peter Brenner:
 

 

 

Zitat

        WAS  IST  WERKTREUE  ?


So mancher Opernbesucher, der sich durch die Inszenierung in seinen Erwartungen getäuscht sieht und sich durch das, was er als regieliche Willkür empfindet, vor den Kopf gestoßen fühlt, beschwört den Begriff der Werktreue.

Wenn wieder einmal das Personal einer Händel-Oper in Wehrmachts- oder SS-Uni-formen gesteckt wird,

- wenn sich Elisabeth im Tannhäuser, von Wolfram von Eschenbach tatkräftig unterstützt, in einer Biogasanlage selbst entsorgt,

- wenn Florestan im Fidelio, statt im finsteren Kerker zu schmachten, in einer hellerleuchteten Wohnstube auf einem Sofa sitzt, versucht, eine kaputte Stehlampe anzuknipsen und dazu singt „Gott, welch Dunkel hier“,

- wenn  Alberich im Siegfried aus einem Gummipenis auf den am Boden liegenden Wotan pinkelt und die Begegnung von Erda und Wotan auf der Toilette stattfindet,

- wenn ein Regisseur es zu seinem Markenzeichen macht, irgendwelche mit Kalaschnikows bewaffnete Gestalten auf der Bühne herumrennen und herumballern zu lassen, ganz egal, ob es sich Tristan und Isolde, um Elektra oder um Don Giovanni handelt, um nur einige kleine Beispiele aus einer endlosen Reihe von „Regieeinfällen“ unserer Tage zu erwähnen
, dann fragt unser Opernfreund empört, warum man denn das Werk nicht so spiele, wie es geschrieben sei, und er fordert eine Realisierung, die den Vorstellungen und Anweisungen des Komponisten entspricht.

Doch lassen Sie mich warnen: selbst wenn man sich nicht nur von einer altgewohnten, liebgewordenen Sichtweise leiten lässt, sondern glaubt, triftige und gewichtige Gründe für seinen Protest zu haben, wird man sich auf höchst unsicheres Terrain begeben, man wird einer klugen Gegenargumentation nicht gewachsen sein, wenn man nicht einige wesentliche Faktoren bedenkt.

Treue zum Werk setzt dessen Kenntnis voraus, und diese Kenntnis ist auch für die Beurteilung erforderlich, ob die Interpretation werkgetreu erfolgt ist.

Wie viele Opernbesucher aber können mit Fug und Recht behaupten, das Werk wirklich zu kennen? Wird ihr Bild nicht vielmehr von einer gewissen Aufführungspraxis bestimmt, von  - vielleicht werkverfälschenden -  Traditionen, von den sattsam bekannten und abgestandenen Klischees des sogenannten modernen Regietheaters, von irgendwelchen extravaganten Interpretationen, die aber einen bleibenden Eindruck und die Überzeugung hinterließen, man habe das angekündigte Stück gesehen, und bei fremdsprachigen Werken von oft unzulänglichen, oder sogar entstellenden Übersetzungen?

Was ist denn eine Oper?
Zunächst doch nichts weiter als ein Haufen schwarzer Striche und Punkte auf weißem Papier, dazu etwas Text, Hieroglyphen, die entziffert sein wollen, um akustische und optische Realität zu werden, bestenfalls ein Skelett, das erst mit Fleisch und Blut versehen, dem Atem eingehaucht und das gekleidet werden muss. Dieser Akt der Verlebendigung ist notwendigerweise subjektiv, und das Ergebnis wird durch die Persönlichkeit des Nachschöpfers geprägt. Wer daher eine Opernaufführung, und sei sie noch so verstaubt, „museal“ nennt, gebraucht einen falschen Begriff.

Die Problematik wird nämlich deutlich, wenn man sich einen wesentlichen Unterschied zwischen Werken der bildenden und denen der darstellenden Kunst vor Augen führt : Skulpturen, sofern sie nicht beschädigt sind, Gemälde, soweit sich die ursprünglichen Farben erhalten haben, stellen sich uns so dar, wie sie der Künstler vor zehn, hundert oder tausend Jahren geschaffen hat. Und niemand wird auf die Idee kommen zu behaupten, der Bildhauer wollte gar kein mild lächelndes Antlitz, sondern eine schmerzverzerrte Fratze meißeln, niemandem wird es einfallen zu sagen, der blaue Himmel solle nach dem Willen des Malers eigentlich rot sein.

Das Werk der bildenden Kunst ist Wirklichkeit gewordene Vorstellung des Künstlers, es ist - man verzeihe diesen kommerziell klingenden Ausdruck -  ein Endprodukt, für dessen Form und Gestalt sein Schöpfer allein verantwortlich zeichnet. Was von einer Oper zu hören und zu sehen ist, entzieht sich der Verantwortung des Komponisten. Das Bildnis der Mona Lisa von Leonardo da Vinci z.B. gibt es. Es ist im Louvre in Paris zu besichtigen. Die Oper Così fan tutte von Mozart z.B. gibt es an sich nicht. Es gibt nur Versuche der musikalisch-szenischen Realisierung, die naturgemäß ein jeweils anderes Erscheinungsbild hervorbringen.

Nicht nur wird jede Inszenierung von der anderen abweichen, sondern auch jede Aufführung der gleichen Inszenierung – selbst mit der selben Besetzung – wird aufgrund der momentanen Disposition der Interpreten sowie der Zusammensetzung und Reaktion des Publikums Unterschiede aufweisen. Auch wenn wir  - bei Werken der Vergangenheit -  von der Fiktion ausgehen, dass eine Rekonstruktion der Uraufführung möglich wäre, brächte uns das nicht viel weiter, da die Komponisten sehr oft damals schon ihre Vorstellungen und Absichten nicht verwirklicht sahen.

Dazu kommt, dass es uns die Komponisten selbst manchmal zusätzlich erschwert haben, ihren Willen zu ergründen, indem sie ihr Werk umschrieben und abänderten. Welche Fassung ist die vom Autor gewollte?
Von Verdis Don Carlos existieren sieben verschiedene Fassungen, die vom Komponisten selbst stammen oder doch von ihm autorisiert sind.
Von Richard Wagners Tannhäuser gibt es nicht nur die Dresdner und die Pariser Fassung, sondern es gelangten schon in Dresden mehrere Varianten zur Aufführung. Wagner hat zwischen 1845 und 1860 rund 70 Änderungen vorgenommen und den Schluss der Oper nicht weniger als viermal musikalisch und dramaturgisch wesentlich umgestaltet. Kurz vor seinem Tod äußerte er seiner Frau Cosima gegenüber, er sei der Welt den Tannhäuser noch schuldig, so dass man auch die letzte Version nicht als die endgültige ansehen kann.

Mit welcher Fassung erfüllt man den Willen des Komponisten? Natürlich kommt es vor, dass der Komponist eine Version unmissverständlich als die einzig gültige bezeichnet, was aber nicht ausschließt, dass sich eine andere als die lebenskräftigere erweist.
So wollte Hindemith nur noch seine zweite Fassung des Cardillac aufgeführt wissen, durchgesetzt hat sich aber die erste - mit Recht, wie die Musikwelt übereinstimmend befand.
Von Belang sind auch die Gründe, die den Komponisten zur Umarbeitung bewogen haben. Nicht immer nahm er sie aus eigener Überzeugung vor, sondern manchmal auf Drängen von vielleicht wohlmeinenden, aber nicht sehr weitblickenden Freunden, manchmal unter dem Druck der Zensur, manchmal, um dem Publikum, das durch die Neuartigkeit des Werkes zunächst überfordert war, den Zugang zu erleichtern.

Von Mussorgskis Boris Godunow gibt es nicht nur mehrere szenische Versionen - einmal mit den Polen-Bildern, einmal ohne sie, einmal ohne die Szene auf dem Platz vor der Basilius-Kathedrale, einmal mit ihr, einmal mit dem Tod des Boris als Stückschluss, dann wieder mit der Revolutionsszene bei Kromy, wobei bis heute alle Varianten auf verschiedene Weise miteinander kombiniert werden -, es existieren auch mehrere musikalische Fassungen: die glättende und teilweise entstellende Bearbeitung Rimski-Korsakows, des großen Freundes und Förderers Mussorgskis, die Neu-Instrumentierung von Schostakowitsch, die eine Annäherung an Mussorgskis Tonsprache anstrebt, und die Originalpartitur, und natürlich kann man nur, wenn diese zur Aufführung gelangt, von Werktreue sprechen. Aber ohne Rimski-Korsakows  - aus heutiger Sicht anfechtbarer -  Bearbeitung hätte sich Mussorgskis Oper kaum durchsetzen können, denn erst in den letzten 30 bis 40 Jahren hat man die Vorzüge der  - im Vergleich zu den Bearbeitungen -  spröden und rauhen Originalinstrumentierung schätzen gelernt. Das bedeutet, dass das Prinzip der Werktreue, hätte man von Anfang an danach gehandelt, einer Verbreitung dieses Werkes im Wege gestanden wäre.

Weitere Verwirrung tritt bei der Frage auf, ob man das Werk kürzen darf. Im Grunde müsste man jeden Strich, also die Weglassung von Szenen, einzelnen Musiknummern oder auch nur von wenigen Takten, als einen Verstoß gegen die Werktreue bezeichnen, falls er nicht vom Komponisten ausdrücklich autorisiert ist. Und selbst dann ist zu prüfen, ob der Komponist nicht nur im Hinblick auf ganz spezifische Aufführungsbedingungen oder aus Rücksicht gegenüber ganz bestimmten Sängern seine Einwilligung zu Kürzungen gegeben hat, also aus rein pragmatischen Gründen, die unter anderen Voraussetzungen entfallen.
Verdi schrieb im Dezember 1882 an seinen Freund Giuseppe Piroli: „...Ich arbeite, aber ich arbeite an etwas beinahe Nutzlosem. Ich reduziere den Don Carlos für Wien auf vier Akte. In dieser Stadt schließen nämlich die Hausmeister um zehn Uhr abends die Haupttore zu, und alles isst und trinkt...Folglich muss das Theater bzw. die Vorstellung bis dahin aus sein. Zu lange Opern werden grausam amputiert...Da man mir die Beine abschneiden wollte, habe ich vorgezogen, das Messer selber zu wetzen und anzusetzen.“

Solche Gründe gibt es heute natürlich nicht mehr. Aber ist dem Werk gedient, wenn es dadurch, dass es ungekürzt dargeboten wird, Langeweile aufkommen lässt? Selbst ein so wunderbares Meisterwerk wie der Rosenkavalier weist schwächere Stellen auf, und die eine oder andere wird bei fast jeder Aufführung weggelassen.
Die Entscheidung darüber, ob und an welchen Stellen sich eine Kürzung empfiehlt, kann von Interpretation zu Interpretation unterschiedlich ausfallen, je nach subjektiver Ansicht des Dirigenten bzw. Regisseurs.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, dass nämlich nicht weniger, sondern mehr Musik gespielt wird, als der Komponist wollte. Als sich bei den Proben zur Wiener Erstaufführung des Don Giovanni herausstellte, dass der Sänger des Ottavio, der Tenor Francesco Morella, seine für die Prager Uraufführung geschriebene Arie „Il mio tesoro intanto“ nicht bewältigte, ließ Mozart sie einfach weg und komponierte eine andere ohne Koloraturen, die er statt im zweiten im ersten Akt platzierte: „Dalla sua pace“. Zu Mozarts Lebzeiten erklangen nie zwei Ottavio-Arien in einer Vorstellung. Versündigt man sich an der Werktreue, wenn man, wie es oft geschieht, dennoch beide Arien singen lässt?

Und wie verhält es sich mit den Übersetzungen fremdsprachiger Werke?
Ist es noch mit dem Begriff der Werktreue vereinbar, wenn der Komposition, die sich schließlich an ganz bestimmten Worten entzündet hat, ein Text in einer anderen Sprache unterlegt wird, und sei er dem Original noch so nahe? Jede Übersetzung ist ein Eingriff in die Substanz des Werkes. Aber nützt man ihm auf der anderen Seite, wenn man es von Sängern singen lässt, die die Sprache nicht beherrschen und vor einem Publikum spielt, das kein Wort versteht, an dessen Ohren nur unverständliche Laute vorbeiplätschern?

Wie sinnvoll ist es noch, wenn, wie z.B.  an der Deutschen (!) Oper am Rhein geschehen, eine Janacek-Oper in der tschechischen Originalsprache aufgeführt wird, vorwiegend mit amerikanischen und japanischen Sängern, so dass tschechische Besucher sich nachher interessiert erkundigten, in welcher Sprache man eigentlich gesungen habe?

Gerade die größten Opernkomponisten waren darauf bedacht, dass man ihren Texten folgen kann und dass sie daher in die jeweilige Landessprache übersetzt werden.
Es war für Verdi eine Selbstverständlichkeit, für seinen Don Carlos, da er in Paris uraufgeführt wurde, ein in französischer Sprache geschriebenes Libretto zu vertonen, und ebenso selbstverständlich war es für ihn, dieses Werk ins Italienische übersetzen zu lassen, als es in seiner Heimat zur Aufführung gelangte.

Die Pariser Fassung des Tannhäuser besteht nicht nur in der Umarbeitung und Neu-Komposition mancher Teile, sondern nicht zuletzt darin, dass diese Oper - unter maßgebender Mitwirkung von Wagner selbst - ins Französische übersetzt wurde.

Die Grand Opéra in Paris wollte Verdis Otello in der Originalsprache herausbringen. Der Komponist schrieb 1894 an den Impresario:„Otello in der großen Oper in italienischer Sprache? Das überrascht und erstaunt mich. Wenn man unbedingt den Otello in der Opéra bringen will, muss man ihn, glaube ich, ins Französische übersetzen.“

Der grandiose Librettist Da Ponte, dem Mozart seine drei wunderbarsten Operntextbücher verdankt, schrieb: „In einem Land, in dem die italienische Sprache unbekannt ist, wäre die Übersetzung aller Werke ins Deutsche überaus nützlich. Für 200 Gulden jährlich fände sich ein guter Übersetzer. Diese Ausgabe ist im Vergleich zu dem daraus zu ziehenden Nutzen überaus geringfügig.“

Mozart hat nur deshalb Libretti in italienischer Sprache vertont, weil an den betreffenden Theatern italienische Operntruppen engagiert waren. Er hatte sich z.B. sehnlichst gewünscht, sein für München italienisch geschriebener Idomeneo möge in Wien in deutscher Sprache aufgeführt werden.

Am 12. September 1781 schrieb er an seinen Vater: „…der Glucks Iphigenie in das Deutsche übersetzt hat, ist ein vortrefflicher Poet, und dem hätte ich recht gerne meine Oper von München zum Übersetzen gegeben.“  In einem Brief an Prof. Anton Klein in Mannheim aus dem Jahre 1785 beschwert er sich bitter und voller Ironie über die „Directeurs“ der Theater: „Wäre nur ein einziger Patriot mit am Brette, es sollte ein anderes Gesicht bekommen! Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende Nationaltheater zur Blüte gedeihen, und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal mit Ernst anfingen, deutsch zu denken, deutsch zu handeln, deutsch zu reden und gar – deutsch zu singen!“

Die Frage, ob man dem Werk und seinem Schöpfer gegenüber treuer ist, wenn man die Originalsprache oder wenn man eine – und natürlich möglichst gute – Übersetzung verwendet, ist oft schwierig zu beantworten und darf keineswegs generell, sondern nach gewissenhafter Prüfung nur für den Einzelfall entschieden werden, wobei diese Entscheidung letzten Endes wiederum nur subjektiv sein kann. Es sollte sich aber niemand darauf berufen, dass es im Interesse des Librettisten oder Komponisten sei, ihr Werk in der Originalsprache aufzuführen.

Fast alle deutschsprachigen Theater, selbst die kleinsten Provinzbühnen, haben sich inzwischen Übertitelungsanlagen zugelegt. Das Thema „Werktreue“ wird davon insofern berührt, als diese Möglichkeit die Bereitwilligkeit erhöht, in der Originalsprache singen zu lassen. Ist zu deren Gunsten entschieden worden, so liegt der Vorteil der besseren Verständlichkeit szenischer Vorgänge, die durch Übertitel ermöglicht wird, auf der Hand. Man sollte sich aber sehr gut überlegen, ob eine solche Entscheidung angesichts der Nachteile, die Übertitelungen mit sich bringen, auch wirklich gerechtfertigt ist. Dass die Zuschauer in den ersten Sitzreihen Genickstarre bekommen und die Sänger klagen, sie sähen vom Publikum nur noch die Nasenlöcher, ist das geringste Übel. Schwerer wiegt, dass - wenn es sich nicht gerade um eine Arie aus einer Händel-Oper handelt, die höchstens aus acht sich wiederholenden Zeilen besteht - , nur ein Bruchteil des gesungenen Textes wiedergegeben werden kann, dass der Librettist erbarmungslos kastriert wird und dass der Opernbesucher eine simple „Digest“-Version vorgesetzt bekommt. Überdies erreicht die verstümmelte Aussage den Zuschauer nur indirekt, nicht durch den Mund des Sängers, sondern durch eine projizierte Schrift, nicht durch etwas organisch-Lebendiges, sondern durch ein totes, technisches Hilfsmittel. Es fehlt die Unmittelbarkeit der Mitteilung. Pointen erscheinen fast nie zeitgleich, und es ist für den Sänger äußerst irritierend, wenn das Publikum schon lacht, bevor die witzige Bemerkung gefallen ist oder wenn die Reaktion erst Sekunden später erfolgt.

Manche Pointen gehen völlig verloren. Wenn in Così fan tutte Fiordiligi und Dorabella angstvoll fragen, ob ihre Liebsten tot seien und Don Alfonso antwortet „Morti ...“, dann eine Spannungspause macht, in der die Schwestern fast in Ohnmacht fallen, um wieder aufzuatmen, wenn er fortfährt „...non son“, dann bleibt bei einer Übertitelung das Amüsement des Publikums darüber aus, weil es von vornherein den ganzen Satz „Tot sind sie nicht“ liest.
Bei raschen Wortwechseln und bei Ensemblestellen muss sich der Besucher den Kopf zerbrechen, wer gerade was singt. Aus der Übertitelung ist es nicht ersichtlich. Darüber hinaus erweist sich die wochenlange Arbeit des Regisseurs weitgehend als vergebens. Dem Publikum entgehen szenische Vorgänge und wesentliche Details, weil es auf die Schrift starrt und auch dann nach oben blickt, wenn gar keine erscheint, aus Angst, etwas zu versäumen.
Auch die Leistungen des Dirigenten und des Orchesters werden nur vermindert wahrgenommen, da im Moment des Lesens die akustische Aufnahmefähigkeit beeinträchtigt ist.

Manchen Regisseuren allerdings kommen Übertitelungen höchst gelegen, weil sie ihnen die Möglichkeit bieten, in der Projektion diejenigen Textstellen wegzulassen, zu denen ihre Inszenierung im Widerspruch steht.

In Così fan tutte ist des Öfteren von „la spada“, dem „Degen“, die Rede. Lässt man die Oper in einer Autobahnraststätte spielen, in der man bestenfalls mit Schaschlikspießen, nicht aber mit Degen hantiert, spart man einfach die betreffende Übersetzung aus. Manchmal scheut man selbst davor nicht zurück, den projizierten Text gegenüber dem Original so zu verändern, dass er zum „Regie-Einfall“ passt.

Hier wird ein Betrug am Publikum verübt, der von kaum jemandem entdeckt wird. Wer die Fremdsprache nicht beherrscht oder das Libretto nicht ganz genau kennt, erliegt der arglistigen Täuschung, es handle sich um eine wörtliche Übersetzung des gesungenen Textes.

In den großen Opernhäusern sind „surtitles“ zu einem notwendigen Übel geworden. Internationale Stars oder Sänger, die als solche verkauft werden, würden jeden auslachen, der ihnen zumutete, eine italienische Oper auf Deutsch zu singen. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass Übertitel immer nur schwache Krücken sein können, mit deren Hilfe der Opernbesucher durch das Werk humpelt. Theater, für die bei der Wahl zwischen den grundsätzlichen Möglichkeiten, Originalsprache oder Übersetzung, allein schon das Vorhandensein einer Übertitelungsanlage ausschlaggebend ist, handeln fahrlässig.

Der verzweifelte Ruf nach Werktreue erschallt oft auch dann, wenn die Handlung in einer anderen Zeit gespielt wird, als man es erwartet. Aber auch hier sollte man vorsichtig sein und nicht voreilig Anklage erheben.

Mehr Opern als man denkt, weisen gar keine Zeitangabe auf, es hat sich nur eine Gewohnheit herausgebildet, sie in einer bestimmten Periode anzusiedeln. Und auch wenn der Autor die Zeit der Handlung angegeben hat, ist damit nicht unbedingt gesagt, dass dies seinem eigentlichen Willen entspricht.

Verdis Rigoletto enthält die Zeitangabe: 16. Jahrhundert. Verdi wollte aber - wie auch Victor Hugo mit seinem Drama Le roi s‘amuse, das der Oper zugrunde liegt - den Machtmissbrauch der Herrschenden seiner Gegenwart anprangern, musste jedoch, da das Werk die Zensur sonst niemals passiert hätte, die Handlung in die Renaissance verlegen.

Bei einer ganzen Reihe von Werken, die unter Diktaturen oder unter einem rigorosen Absolutismus entstanden, verhält es sich ähnlich. Heute, da es bei uns keine Zensur mehr gibt, haben wir keinen Grund, solche Zeitangaben sklavisch zu befolgen. Die Werktreue besteht eher darin, der ursprünglichen Absicht des Komponisten Rechnung zu tragen.
Auch in anderen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, eine Zeitverschiebung vorzunehmen. Diese Maßnahme ist aber nur dann zu verantworten, wenn sie der begründeten Überzeugung entspringt, dass dem Werk damit gedient ist.

Leider ist es eine törichte Mode geworden, Opern grundlos und willkürlich z. B. in die Entstehungszeit oder in unsere Gegenwart zu verlegen, und ich halte es für einen verhängnisvollen Irrtum zu glauben, eine Inszenierung sei schon allein deswegen modern (was auch immer das sein mag), weil die Sänger heutige Kleidung tragen. Ein solches Verfahren ist übrigens alles andere als neu: im 17. und 18. Jahrhundert war es durchaus üblich, griechische und römische Opernfiguren nicht in historischen, sondern in Barock- bzw. Rokoko-Kostümen auftreten zu lassen, sie also nach der damals herrschenden Mode zu kleiden, so wie ja auch Maler der damaligen Zeit biblische Szenen kostümlich in ihre Gegenwart verlegten und als Hintergrund nicht historische Stätten, sondern Ansichten ihrer Heimat wählten, wie z. B. an dem Gemälde „Der bethlehemitische Kindermord“ von Pieter Bruegel dem Älteren gut zu sehen ist.

Aber, so könnte man einwenden, sollte man sich nicht wenigstens an die Regiebemerkungen halten, die doch den erklärten Willen der Schöpfer des Werkes hinsichtlich der szenischen Umsetzung darstellen?
Nun, so sicher, wie es scheint, ist der Boden, auf dem wir uns hier bewegen, auch nicht. Voraussetzung ist, dass solche Regieanweisungen in der Partitur oder im Klavierauszug überhaupt existieren. Bei Mozart-Opern z.B. sind kaum welche zu finden. Dann muss man sich vergewissern, dass diese Anweisungen tatsächlich von den Autoren und nicht etwa von den Herausgebern oder Bearbeitern stammen, ob sie sich nicht aufgrund einer Aufführungspraxis nach und nach eingeschlichen haben. Und das ist nicht immer so klar ersichtlich wie z.B. in der Peters-Ausgabe der Tristan-Partitur, in der die nicht von Wagner, sondern von Felix Mottl stammenden Angaben deutlich gekennzeichnet sind.

Und schließlich hat man gründlich zu prüfen, um was für eine Art von Anweisungen es sich handelt. Ich möchte sie in drei Kategorien einteilen: solche, die man buchstabengetreu verwirklichen muss, weil damit eine wesentliche Aussage über den Charakter der Figur oder das Typische einer Situation gemacht wird, solche, deren Sinn man gerecht werden sollte, was aber auch durch völlig andere szenische Lösungen möglich ist, und solche, die man einfach nicht befolgen darf, weil sie so zeit- und geschmacksgebunden sind, dass ihre Realisation einer heutigen Aufführung nur schaden würde.

Gute Beispiele für diese drei Kategorien finden sich in Wagners Tannhäuser.
Im 2. Akt, bei dem Sängerwettstreit auf der Wartburg, schreibt Wagner nach dem Vortrag Tannhäusers: „Elisabeth macht eine Bewegung, ihren Beifall zu bezeugen, da aber alles in ernstem Schweigen verharrt, hält sie sich scheu zurück.“ Um die Bedeutung dieser Anweisung zu ermessen, muss man sich die Situation vergegenwärtigen: Wolfram von Eschenbach hatte die Liebe mit einem Wunderbronnen verglichen, den man nicht berühren, sondern nur aus der Ferne anbeten darf.

Daraufhin erwidert Tannhäuser:

Doch ohne Sehnsucht heiß zu fühlen,

ich seinem Quell nicht nahen kann;

des Durstes Brennen muss ich kühlen,

getrost leg ich die Lippen an.

In vollen Zügen trink ich Wonnen,

in die kein Zagen je sich mischt,

denn unversiegbar ist der Bronnen,

wie mein Verlangen nie erlischt.

Die spontane Zustimmung Elisabeths zu diesem Lobgesang auf die sinnliche Liebe zeigt ihre ganze Wärme und Liebesbereitschaft, und auch die kalte, verständnislose Haltung der verkrusteten Wartburg-Gesellschaft wird durch diese Regiebemerkung charakterisiert.

Eine solche Anweisung ist unbedingt zu befolgen. Wenn Wagner dagegen bei Beginn des ersten Aktes schreibt: „Im äußersten Vordergrunde links liegt Venus auf ihrem Lager ausgestreckt, vor ihr halb kniend Tannhäuser, das Haupt in ihrem Schoße“, so besteht keine Notwendigkeit, diese Anweisung genauso auszuführen. Man sollte man sie aber nicht unbeachtet lassen. Die Worte „das Haupt in ihrem Schoße“ enthalten eine Bedeutung, die für die ganze Ausgangssituation von größter Wichtigkeit ist. Wir haben es hier, wie oft bei Wagner, mit einem archetypischen Bild zu tun. Der Schoß gehört zum urmütterlichen Bezirk, der auch das Unbewusste repräsentiert. Wenn sich der Kopf Tannhäusers, der selbstverständlich den Sitz des Bewusstseins bedeutet, sich in diesem Schoß befindet, so ist sein Zustand ein dem Schlaf und Traum analoger, gleichsam unbewusster. Wie man diese Szene auch gestalten mag, man wird versuchen müssen, dem, was Wagner mit dieser Anweisung zum Ausdruck bringt, zu entsprechen.

Zu der dritten Kategorie, zu den Regiebemerkungen, die man besser außer Acht lässt, gehört die Anweisung am Schluss des ersten Aktes: „Das ganze Tal wimmelt jetzt von dem noch stärker angewachsenen Jagdtross. Der Landgraf und die Sänger wenden sich den Jägern zu. Der Landgraf stößt in sein Horn, lautes Horngeschmetter und Rüdengebell antwortet ihm. Während der Landgraf und die Sänger die Pferde, die ihnen von der Wartburg zugeführt worden sind, besteigen, fällt der Vorhang.“
Wollte man diese Anweisung befolgen, so würde man das Gesamtkunstwerk Wagners mit den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg verwechseln. Für die Beurteilung aber, welche Regieanweisung welcher Kategorie zuzuordnen ist, lassen sich keine allgemein verbindlichen, objektiven Richtlinien aufstellen, so dass wir auch hier wieder der subjektiven Meinung des Nachschöpfers ausgeliefert sind.

Wesentlich ist  - und nun wollen wir versuchen, doch wieder etwas festen Boden unter den Füßen zu gewinnen -  , dass diese unvermeidliche, ja notwendige Subjektivität als Verpflichtung und nicht als Freibrief verstanden wird, d.h. dass sie darin besteht, die eigenen (nach-)schöpferischen Kräfte in den Dienst des Werkes zu stellen und nicht darin, sie wild wuchern und in eine Selbstdarstellung münden zu lassen.

Nicht unbedingt nachahmenswert erscheint mir z.B. die Herangehensweise, wie sie in einem Interview von Katharina Thalbach zum Ausdruck kommt.
Die FAZ kommentierte im November 2009: „Katharina Thalbach inszeniert Oper… Diesmal: Rossinis Il barbiere di Siviglia. Das wird ein Spaß! In der Monatsschrift der Deutschen Oper Berlin erklärt sie uns, warum. Sie kennt das Stück nicht („etwas total Neues“), freut sich aber riesig, es bei den Proben kennen zu lernen. Sie kann keine Partitur lesen („versuche natürlich, über den Dirigenten etwas herauszubekommen“), sie kann kein Italienisch („hoffe aber, dass ich genug Leute um mich habe, die des Italienischen sehr mächtig sind, dass wir vielleicht damit doch noch ein bisschen herumspielen können“), …noch hat sie überhaupt irgendeine Ahnung („ich scheue mich, allzu viel vorher zu wissen“).

Frage: Würden Sie zu einem Friseur gehen, der sich total auf Ihren Kopf freut, aber weder Kamm noch Schere kennt und hofft, dass genug Leute im Laden herumstehen, die ihm sagen, wie Haareschneiden geht? Premiere ist am 29. November, wir schicken natürlich wieder unseren blinden Kritikerkollegen hin, der etwas schwerhörig ist und nicht schreiben kann.“

Der Weg, der mir der richtige zu sein scheint, ist mit Schwierigkeiten gepflastert. Wenn man ihn beschreitet, muss man zunächst die Frage stellen: was haben die Autoren, Komponist und Librettist, mit ihrem Werk gewollt? Glaubt man, die Antwort gefunden zu haben, muss sich man weiter fragen: wie kann ich den Willen der Autoren dem Publikum, dem heutigen Publikum verständlich machen, und wie kann ich es mit den Mitteln, die mir im konkreten Fall zur Verfügung stehen?
Dies sind die Grundfragen, die eine Unzahl weiterer Fragen in sich bergen.

Die Erfindungskraft muss sich am Werk entzünden. Es ist nicht notwendig, die Grenzen, die durch das Werk selbst gezogen sind, zu überschreiten. Es gibt innerhalb dieser Grenzen noch unendlich viel zu entdecken, es liegen noch reiche Schätze verborgen, und jede Zeit kann sich das entnehmen, was ihr wertvoll erscheint.
Ich darf an das Goethe-Wort erinnern: „Willst du ins Unendliche schreiten, geh nur im Endlichen nach allen Seiten!“, und es wäre hier zu ergänzen: auch in die Tiefe.

Ich halte es für einen Missbrauch des Werkes, von außen Tendenzen hineinzutragen, ihm Ideologien aufzupfropfen, die ihm fremd sind. Wem es um eine bestimmte Aussage geht, der soll sich das Werk suchen, das diese Botschaft enthält, und wenn er es nicht findet, dann soll er es sich selber schreiben.
Und wem es nur um Selbstverwirklichung zu tun ist, der suche sich ein anderes Medium.

Das Theater ist keine therapeutische Anstalt zur Heilung spätpubertärer Krankheitserscheinungen von Regisseuren. Der Opernbesucher, der sich eine Eintrittskarte für eine Don Giovanni-Vorstellung kauft, hat ein Recht darauf, in irgendeiner Weise mit Mozart und Da Ponte konfrontiert zu werden und bezahlt nicht, um sich mit den Schwierigkeiten auseinander zu setzen, die der Regisseur auf dem Gebiet der Sexualität hat.

Die Neigung mancher Regisseure, sich selbst wichtiger zu nehmen als den Autor und sein Werk, kann man nicht erst in unserer Zeit beobachten. Schon 1931 sah sich Arnold Schönberg veranlasst, an Anton Webern zu schreiben: „Ich wollte den neuen Beherrschern der Theaterkunst, den Regisseuren, möglichst wenig überlassen und auch die Choreographie soweit erdenken, als es nur möglich ist. Denn all das liegt heute sehr im Argen, und die Eigenmächtigkeit der Hilfsorgane und ihre Gewissenlosigkeit werden nur noch von ihrer Kulturlosigkeit und Impotenz übertroffen.“

Im Jahre 1948 mahnte Gustav Gründgens in einer Rede vor dem Deutschen Bühnenverein, dessen Präsident er damals war:
„Der größte Feind einer neuen Theaterentwicklung ist unsere Originalitätssucht: der Wunsch, neu zu sein um jeden Preis; auch um den Preis des Werkes, das wir zu interpretieren hätten. – Unsere Arbeit ist nicht dann schöpferisch, wenn wir eine Dichtung nehmen und uns mit ihr in Szene setzen, sondern unser Beruf beginnt dann schöpferisch zu werden, wenn es gelingt, vom Dichter Geschautes und Gewolltes in einer Aufführung zu verdeutlichen oder gar zu steigern.“

„Vom Dichter“ - und ich darf erweitern: vom Komponisten - „Geschautes und Gewolltes zu verdeutlichen oder gar zu steigern“: diese Forderung wird in zunehmenden Maße vernachlässigt oder missachtet.

Um sich zu rechtfertigen, versuchen Regisseure, ihre Elaborate mit verschiedenen Thesen theoretisch zu untermauern.

Lassen Sie mich drei davon herausgreifen!

Erstens: was man in der Musik hört, brauche man nicht zu sehen, ja, dürfe man gar nicht sehen, da sonst  eine Tautologie entstünde und die Wirkung sich aufhebe. So genüge es z.B. zu Beginn von Verdis Otello, wenn nur das Orchester den wütenden Meeressturm, das Peitschen der Wogen, das Krachen der Blitze schildert und der Chor seiner Angst vor den Elementen, seinem Bangen um das in Seenot geratene Schiff und seinem Jubel über die Errettung rein musikalisch Ausdruck verleiht, man könne sich eine optische Entsprechung ersparen, es sei z.B. viel origineller, wenn der Chor in Frack und Abendkleid hinter Notenpulten in einem Bühnenbild steht, das einem Schuhkarton gleicht (sehr beliebt !), und regungslos vor sich hin singt. So müsse man z.B. zu der unendlichen Weite und Einsamkeit, die die Einleitung zum dritten Akt des Tristan suggeriert, diesem Hauch von Ewigkeit, der uns in dieser Musik entgegenweht, im Bühnenbild einen Kontrast schaffen, am besten eine möglichst enge Zelle einer Irrenanstalt zeigen. Man müsse eine Irritation zwischen Akustik und Optik erzeugen, was dann oft auch großartig gelingt: das Publikum, falls es nicht schon nach kurzer Zeit die Augen schließt (was eigentlich nicht im Sinne des Regisseurs sein sollte), gerät in einen Zwiespalt, der Verärgerung und Aggression auslöst. Ist es das, was die Autoren mit der Schaffung ihres Werkes erreichen wollten?

Die zweite These geht noch einen Schritt weiter: was die Worte besagen, brauche man nicht mehr zu zeigen. Wenn z.B. in Alban Bergs Lulu der alte Schigolch die Teppiche in Lulus Zimmer bewundert und Lulu glücklich demonstriert „Ich geh so gerne barfuß drauf“, dann brauche man gar keine Teppiche auf der Bühne, sie seien ja schon erwähnt worden. Es genüge, wenn Rocco in der Kerkerszene des Fidelio zu Leonore singt „Komm hilf doch diesen Stein mir heben“, zeigen brauche man diesen Stein nicht auch noch, und es sei auch nicht notwendig, dass Florestan Fesseln trägt, es würde ja oft genug davon gesungen. Hier ist der Glaubwürdigkeit der Vorgänge endgültig der Boden entzogen, und auch die Figuren werden unglaubwürdig, da das, was sie äußern, als Unsinn erscheint. Man hat manchmal den Eindruck, auf der Bühne Schwachsinnige vor sich zu haben, die an Realitätsverlust leiden. Alles wird beliebig, und man könnte glauben, nicht einer Inszenierung, sondern einem Happening beizuwohnen, hätte der Wahnsinn nicht Methode und wäre meist minutiös einstudiert. Wenn man weiß, wie leidenschaftlich und manchmal verzweifelt gerade die bedeutendsten Opernkomponisten um jedes Wort gerungen haben, wie viel einem Richard Wagner, dem späteren Verdi, einem Puccini, einem Richard Strauss das Wort, das ihnen zur musikalischen Inspiration wurde, der durch die Worte bezeichnete Vorgang und seine szenische Umsetzung bedeuteten, dann kann man ermessen, was für ein Frevel an dem Werk und seinem Autor durch eine solche Vorgehensweise verübt wird.

Die dritte These enthält die Forderung, die Rezeptionsgeschichte des Werkes müsse mitinszeniert werden, das Wichtigste seien die gesellschaftlichen und politischen Vorgänge, von denen das Werk seit seiner Entstehung betroffen war. Typisch für diese Einstellung ist z.B. der Vorwurf, den ein Kritiker der Zeitschrift „Opernwelt“ einer Inszenierung von Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg machte: „Die Wirkungsgeschichte des Werkes bleibt außen vor: nicht der kleinste Seitenblick auf ideologische und historische Vereinnahmungen des Stückes.“ Warum aber muss man in einer Inszenierung dieses Werkes die Tatsache berücksichtigen, dass es - aufgrund eines fundamentalen Missverständnisses - die Lieblingsoper der Nationalsozialisten war? Was kann der deutsche Schäferhund dafür, dass Adolf Hitler eine Vorliebe für diese Rasse hatte? Thomas Mann, der ja wohl über den Verdacht erhaben ist, einen rechtsgerichteten Chauvinismus zu vertreten, brachte es auf den Punkt: „Es ist durch und durch unerlaubt, Wagners nationalistischen Gesten und Anreden den heutigen Sinn zu unterlegen – denjenigen, den sie heute hätten. Das heißt sie verfälschen und missbrauchen, ihre romantische Reinheit beflecken. Die nationale Idee stand damals, als Wagner sie…in sein Werk einfließen ließ, in ihrer heroischen, geschichtlich legitimen Epoche.“ Dem Konzept muss die Absicht zugrunde liegen, in der ein Werk geschrieben wurde, und nicht die Wirkung, die es aufgrund von Fehlinterpretationen nach sich gezogen hat.

Genau so abwegig ist z.B. die Meinung, man dürfe dem optimistischen, versöhnlichen Schluss der Zauberflöte nicht trauen, man müsse ihn ins Negative umdeuten, da man heute wisse, dass Mann und Weib und Weib und Mann nicht an die Gottheit heranreichen, dass die Großen dieser Welt nicht auf dem Pfad der Tugend und Gerechtigkeit wandeln und dass aus der Erde kein Himmelreich geworden ist. Ähnlich absurd ist die Ansicht, man müsse das Jubelfinale des Fidelio umfunktionieren und zeigen, dass politische Gefangenschaft, Folter und Mord nach wie vor an der Tagesordnung sind, dass die Befreiung der Menschheit nicht gelungen ist. Wie anmaßend und überheblich kann man denn noch sein, dass man glaubt, Mozart und Beethoven korrigieren und belehren zu müssen? Als ob diese und manche andere Komponisten nicht schon damals die Inhumanität unserer Welt klar erkannt hätten! Das war für sie ja der Anlass, Gegenbilder zu schaffen. Gerade weil sie eine Welt vor Augen hatten, in der immer noch Tyrannei und Unterdrückung geistiger Freiheit herrschten, zeigten sie die Erreichung eines Idealzustandes, gerade weil sie sich der Realität schmerzlich bewusst waren, entwarfen sie eine Utopie. Sicher gibt es Werke, in denen es sich der Autor zur Aufgabe gemacht hat, der Welt einen Spiegel vorzuhalten, sie so zu zeigen, wie sie ist. Es gibt aber auch Werke, die die Welt so zeigen, wie sie sein sollte. Wer diese Tatsache nicht erkennen kann oder will, sollte einen Fidelio nicht inszenieren.

Ich habe eingangs die Opernpartitur mit einem Skelett verglichen, aus dem die Interpreten ein Wesen aus Fleisch und Blut zu machen haben und das sie, wenn ein lebendiger Körper entstanden ist, kleiden müssen.

Nun gibt es Regisseure, die auf genialische Art einen schnittigen, modischen Anzug entwerfen, ohne eine Ahnung zu haben, wie der Körper beschaffen ist, ohne sich die Mühe gemacht zu haben, zunächst einmal den Knochenbau kennen zu lernen. Natürlich wird der Anzug nicht passen, aber das ist ja kein Problem: man schneidet hier ein Stück Fleisch weg und fügt dort eine Plastik hinzu, und wenn es dazu beiträgt, dass der schöne Anzug noch besser zur Geltung kommt, nimmt man auch schon einmal eine Amputation vor oder setzt eine Prothese ein; ein Verfahren, das oft zu großem Erfolg führt. Ein Teil des Publikums lässt sich von dem interessanten und, ach, so modernen Habitus blenden und sieht nicht, dass der Körper verunstaltet und das Skelett verkrüppelt ist, und so kommt es dazu, dass man das Werk für minderwertig hält, hingegen bewundert, was die Regie doch noch daraus gemacht hat.

Dabei ist eine ganz erstaunliche gegenläufige Entwicklung zu beobachten, was den musikalischen und was den szenischen Bereich betrifft.
Noch nie in der Musikgeschichte gab es so starke Bestrebungen, das ursprüngliche Notenbild wiederherzustellen und die Partituren möglichst originalgetreu, zum Teil unter Verwendung historischer Instrumente, so erklingen zu lassen, wie sie vermutlich zur Zeit ihrer Entstehung gespielt wurden.

Wenn die Ergebnisse auch oft unterschiedlich und letzten Endes nur hypothetisch sind, so besteht doch eine unverkennbare Tendenz, sich dem musikalischen Willen des Komponisten und seiner klanglichen Vorstellung so weit wie möglich anzunähern.

 

Ganz im Gegensatz dazu steht der modische Trend bei der szenischen Realisation. Die Werke werden als Steinbruch verwendet, werden zerschlagen, und die Trümmer dienen als Material für neue Gebilde, die nichts mehr mit der Vision des Komponisten zu tun haben, sondern von den seltsam verknoteten Gehirnwindungen der Regisseure bestimmt werden.
Erstaunlich ist aber nicht nur dieses Auseinanderdriften der Vorgehensweisen bei der musikalischen und der szenischen Umsetzung, es ist auch höchst verwunderlich, dass dieselben Dirigenten, die mit missionarischem Eifer die Werktreue ihrer Interpretation verkünden, gegenüber den Vorgängen auf der Bühne völlig gleichgültig sind, auch wenn diese den Intentionen des Komponisten offensichtlich zuwiderlaufen und die Wirkung der Musik schädigen.

So schrieb der berühmte Musikkritiker Joachim Kaiser in der „Süddeutschen Zeitung“: „Wenigstens ein harmloses Beispiel für gewisse Aktualisierungs-Absurditäten: in Mozarts Heimat Salzburg begann bei den Sommer-Festspielen des Jahres 2003 der Titus, eine strenge Seria-Oper aus dem letzten Lebensjahr des Komponisten, nicht mit der glänzenden Ouvertüre. Sondern: nachdem es dunkel geworden war und jeder sich gespannt freute auf den festlichen Ton von Mozarts, heller als tausend Sonnen leuchtendem Einstimmungs-C-Dur, erblickten wir eine (sich später als der Kaiser Titus erweisende) Figur, die nervös zu telefonieren suchte. Endlich, von mancherlei Aktionen versehrt, durfte auch die Ouvertüre erklingen. Dass ein Regisseur, auf Modernisierung erpicht und dem Geist der Musik gegenüber grenzenlos gleichgültig, im Stande ist, einen solchen Anfang zu ersinnen, lässt sich einsehen. Aber dass Nicolaus Harnoncourt, der große Mozart-Kenner und Opera-seria-Dirigent, dabei mittut, schien wahrhaft schlimm.“

An dem Verlust der Maßstäbe für Werk und Interpretation sind die Feuilletonisten nicht ganz unschuldig. So mancher Kritiker, der ein Werk schon so oft gesehen und rezensiert hat, dass er gar nicht mehr weiß, was er schreiben soll (was in Programmheften oder in der Sekundärliteratur nachzulesen ist, hat er längst alles abgeschrieben), begrüßt freudig jede neue Variante, und sei sie noch so widersinnig. Er vergisst, dass es sich für viele Besucher um die erste Begegnung mit dem Werk handelt und dass neue Generationen heranwachsen, die ein Recht darauf haben, mit dem Werk selbst konfrontiert zu werden und nicht mit der zehnten oder fünfzehnten Variation, in der das Thema nicht mehr erkennbar ist. Manche Inszenierungen können so abstrus sein wie sie wollen, es findet sich garantiert ein Rezensent, der das, was auf der Bühne stattfindet – oder auch nicht stattfindet – für genial hält.
Aber das kennen wir ja zur Genüge: wenn einem Regisseur in seiner absoluten Hilflosigkeit nichts mehr einfällt, wenn er z.B. vor dem Liebesduett im zweiten Akt des Tristan kapituliert und Isolde ganz rechts und Tristan ganz links an die Rampe stellt – oder umgekehrt – und sie frontal ins Publikum singen lässt, dann können wir in der Rezension lesen, wie wunderbar der Regisseur die tragische Beziehungslosigkeit dieser Figuren, die erschütternde Vereinsamung der Seelen zum Ausdruck gebracht habe.

Die Presse hat einiges dazu beigetragen, dass so mancher Opernbesucher verunsichert wurde und Minderwertigkeitsgefühle entwickelte.

Wenn er den Vorgängen auf der Bühne nicht mehr zu folgen vermag oder nicht zu folgen gewillt ist, wird er einfach als altmodisch und zu konservativ hingestellt. Sicher gibt es ab und zu Aufführungen, die so überraschend und neuartig sind, dass das Publikum ihre Qualität erst nach einer gewissen Zeit zu schätzen weiß.

Man denke nur an die eine oder andere bahnbrechende Bayreuther Inszenierung Wieland Wagners! Aber das sind Ausnahmen. In der Regel richtet sich der Protest dagegen, dass eine Inszenierung antimusikalisch, sinnentstellend, geisttötend oder in sich selbst widersprüchlich ist.

Die ausgebuhten Theatermacher verstehen sich als Opfer eines bornierten, reaktionären Publikums, sofern sie das Buhkonzert nicht vorsätzlich provozieren, um wenigstens auf diesem Wege Aufmerksamkeit zu erregen.

Mit Redewendungen wie
„gegen den Strich bürsten“,
„hinterfragen“,
„gegen Publikumserwartungen angehen“,
„Denkanstöße geben“,
„Brüche aufzeigen“,
um nur einige Beispiele aus dem Phrasenkatalog für Kritiker zu zitieren, verschleiert man nur allzu oft die eigene Unsicherheit in der Beurteilung.

Begriffe werden missbraucht, Aufführungen, die sich am Werk orientieren, als konventionell abqualifiziert, solche, die es vergewaltigen, als innovativ gepriesen, es wird als modern ausgegeben, was in Wirklichkeit nichts als modisch ist.

Wenn während der Aufführung die Zuschauer Türe knallend den Saal verlassen, spricht man von „lebendiger Auseinandersetzung“, wenn die Besucherzahlen und Einnahmen sich ständig verringern, verkünden die Intendanten, dass bei ihnen eben anspruchsvolles, richtungsweisendes Theater gemacht werde, für das das rückständige Publikum erst noch reif werden müsse.

Um dieser Begriffsverwirrung und Begriffsverdrehung zu entgehen, genügt eine einzige Unterscheidung: die in gutes und schlechtes Theater. Theater ist gut, wenn es die Werke so darstellt, dass das Publikum in die Lage versetzt wird, ihre Werte zu erkennen und sich daran rational und emotional zu bereichern. Theater, das diesen Anspruch nicht erfüllt, ist schlecht.

 

Nach allen diesen Ausführungen möchte ich - und das scheint mir sehr wichtig - in Erinnerung rufen, was ich zu Beginn über die Schwierigkeit gesagt habe, ein Werk wirklich zu kennen. Mangelhafte Kenntnis oder gar Unkenntnis des Werkes können auf Seiten des Publikums dazu führen, dass eine Inszenierung abgelehnt wird, obwohl sie dem Willen der Autoren im Grunde gerecht wird, nur vielleicht in einer neuartigen, ungewohnten Form. Mangelhafte Kenntnis oder Unkenntnis des Werkes auf Seiten der Interpreten kann dazu führen, dass diese nicht mehr auf seinem Boden stehen, sich von ihm entfernen und auf Irrwege geraten.

 

Lassen Sie mich zum Abschluss einen Autor zitieren, dem sicher niemand nachsagen wird, konservativ oder reaktionär gewesen zu sein:

Bertold Brecht.
Was er über die Aufführung klassischer Werke sagt, lässt sich auf Theaterproduktionen im Allgemeinen übertragen: „Der lebendigen Aufführung unserer klassischen Werke steht viel im Wege. Das Schlimmste ist die Denk- und Fühlfaulheit der Routiniers. Es gibt eine Tradition der Aufführung, die gedankenlos zum kulturellen Erbe gezählt wird, obwohl sie das Werk, das eigentliche Erbe, nur schädigt: das ist eigentlich eine Tradition der Schädigung der klassischen Werke. Es fällt sozusagen durch Vernachlässigung mehr und mehr Staub auf die alten großen Bilder, und die Kopisten kopieren mehr oder minder fleißig diese Staubflecken mit. Hauptsächlich verloren geht dabei die ursprüngliche Frische der klassischen Werke, ihr damalig Überraschendes, Neues, Produktives, das ein Hauptmerkmal dieser Werke ist… Natürlich entsteht dadurch mit der Zeit eine schreckliche Langeweile, die den Klassikern ebenfalls ganz fremd ist. Dagegen nun richten sich die Bestrebungen oft talentierter Regisseure, neue, bisher nicht gesehene, sensationelle Effekte auszudenken, die jedoch rein formalistischer Art sind, das heißt dem Werk, seinem Inhalt und seiner Tendenz aufgesetzt und aufgedrängt werden, so dass es zu sogar noch schlimmeren Schädigungen kommt als bei traditionsgebundenen Aufführungen; denn hierbei werden Inhalt und Tendenz des klassischen Werkes nicht nur verdunkelt oder verflacht, sondern direkt verfälscht. – Wir müssen das Werk neu sehen, wir dürfen uns nicht an die gewohnheitsdiktierte Art halten. Und wir dürfen nicht rein formale, äußere, dem Werk fremde ‚Neuerungen‘ anstreben. Wir müssen den ursprünglichen Ideengehalt des Werkes herausbringen.“

 

Insofern gibt es wohl doch eine Werktreue, die aber nicht im Befolgen des Buchstabens, sondern im Aufspüren des Geistes besteht. Und es gibt eine Werk-Untreue, die zur Beschädigung und Zerstörung des Werkes führen kann.

Zitatende

Quelle:
Vortrag von Peter Brenner-Felsenstein – vorm. Intendant in Darmstadt und in Mainz

 

 

 

 

 

Bildung oder nur Wissen?

 

 

Zitat
Zwischen Goethe und Google
Was ist Bildung?

Allgemeinbildung und der schnelle Klick bei Google müssen einander nicht ausschließen. Vermutlich lässt sich in der Schule beides miteinander verbinden.

Bildung ist der Schlüssel zur Welt, heißt es. Aber was bedeutet Bildung in Zeiten von Google, Alexa & Co? Welches Wissen brauchen wir, um die Welt zu verstehen – und wie sollte ein zukunftsfähiges Bildungssystem aussehen? Diskutieren Sie mit!

„Bildung ist unsere gelebte Neugier und nicht etwa unsere Zurichtung für eine Karriere oder für eine Verwendbarkeit auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Stephan A. Jansen, Professor für Management, Innovation & Finanzen an der Karlshochschule in Karlsruhe.

In Zeiten der Digitalisierung sei es wichtiger denn je, andere Wege einzuschlagen. Der alte Kanon habe ausgedient: „Belohnt wird nicht das Selbstdenken, sondernd das Repetieren von bereits anderweitig Gedachtem, Erkanntem, Aufgeschriebenem.“
 

Aus Lehranstalten werden Anregungsarenen

Sein Gegenentwurf: „Bildung ist Stolpern, sich Fangen, sich Weiterbewegen.“ Den Bildungskanon könnten auch Alexa und Siri verwalten, Wissen sei weltweit mit ein paar Klicks verfügbar. Lehranstalten seien out, Schulen und Universitäten sollten „Anregungsarenen“ sein. Seine Auffassung skizziert der Wirtschaftswissenschaftler in seinem Buch „Die Befreiung der Bildung“.

„Bildung funktioniert nur über konkrete Inhalte“, sagt Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes. Der Verband vertritt 90.000 Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien, Gesamtschulen, Hochschulen sowie an anderen Bildungseinrichtungen, die auf das Abitur vorbereiten. „Ich kann mich nicht über mich allein definieren, ich muss mich über irgendetwas definieren, in der Auseinandersetzung mit etwas. Das darf nicht beliebig sein.“

„Wir brauchen vertiefte Allgemeinbildung“

Man müsse sich schon auf einen gemeinsamen Kanon verständigen, so die ehemalige Lehrerin und beurlaubte Professorin für Schulpädagogik an der Philips-Universität Marburg. „Wir brauchen Wissen, vertiefte Allgemeinbildung, um sicher und kompetent einschätzen zu können, was Google und Alexa uns anbieten. Natürlich habe auch ich ein Smartphone, aber ich habe die Kompetenz, um stutzig zu sein, wenn wir jemand etwas Idiotisches erzählen will.“

Der Reiz von Google und anderen Diensten bestehe darin, dass sie jederzeit und an jedem Ort verfügbar seien. „Schule muss das Gegenteil sein: Ruhe, Gründlichkeit, Vertiefung. Bildung ist immer auch Selbstreflektion. Und das kann mir kein Gerät abnehmen.“
(sus)


Zitatende

Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/zwischen-goethe-und-google-was-ist-bildung.970.de.html?dram:article_id=470307

 


Was andere schrieben

 

 

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„Follies”

Dresden, Staatsoperette: Ein Tanzensemble, dreißig Jahre - und viele geteilte Erinnerungen. Kurz gesagt sind das die Fäden, aus denen Stephen Sondheim und James Goldman 1971 ihr Musical „Follies" strickten. Das Stück ist in mehrfacher Hinsicht revolutionär für das Genre: Mehr Show als Theater verbindet es die famose und vielschichtige Musik Sondheims mit einem teils düster-bitteren Figurenpsychogramm... Regisseur Martin G. Berger hat das zuletzt 1991 in Deutschland gespielte Werk für die Staatsoperette Dresden ins Deutsche übertragen und zeigt es im Kraftwerk Mitte auch als Replik an die Geschichte des Hauses. Hier sieht man die vier Protagonisten des Abends zunächst via Videoprojektion (Vincent Stefan) vor der alten Spielstätte in Dresden-Leuben stehen, wo sie ihre Zeitreise in die Vergangenheit antreten.

Diese inszeniert Berger mit allerhand Sinneszauber... Der Zauber wirkt auch an der Staatsoperette sofort: Sondheims großartige Musik lässt manche Länge im Text vergessen...

Nein, musikalisch wie darstellerisch bleiben hier wirklich keine Wünsche offen. Das Orchester und das Ensemble der Staatsoperette Dresden bescheren mit ihrem inspirierten, mitreißenden Spiel viele prickelnde Momente. Zu verdanken ist das auch der Musik, denn Dirigent Peter Christian Feigel kann bei Sondheims zwar leichtfüßigen, aber nie simplen Kompositionen stets aus dem Vollen schöpfen... Besonders im zweiten Teil jedoch offenbaren sich Brüche in der Stückkonzeption... Regisseur Martin G. Berger rettet sich mit Humor und Unterhaltungseffekten, was funktioniert, aber zugleich irritiert...

NICOLE CZERWINKA - DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN - 04.11.2019
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„SAMSON ET DALILA”

Berlin, Staatsoper: Die Philister sind überall und saugen sich mit ihren Sitzorganen fest in dieser Welt... Bei der Premiere von „Samson et Dalila" an der Berliner Staatsoper Unter den Linden sind natürlich viele Philister im biblischen Sinne, also die vorchristlichen Feinde des Volkes Israel, auf der Bühne. Tomasz Kajdanski hat für sie, den umwerfenden Staatsopernchor und einige Tänzerinnen, eine Choreografie zuckender Lust an der Ermordung mehrerer Juden ersonnen, von Olaf Freese ausgeleuchtet wie ein Gemälde von Hans Makart...

Damián Szifrons Inszenierung, deren realistisches Kolorit zwar manchmal komisch wirken kann, zeugt gleichwohl von genauem Lesen und Hören... Szifron zeichnet aber auch Dalila, die Samson betört, ihn in eine Falle lockt und ihm das Geheimnis seiner Stärke entreißt, als eine komplexe Figur. Eine Hexe, eine bezahlte Dirne ist sie keinesfalls...

Szifron hat mit Elina Garanca als Dalila und Brandon Jovanovich als Samson zwei überragende Sänger, die sich auch darstellerisch auf ein Wagnis einlassen...

Auch stimmlich zielt hier alles auf Konzentration, Zurücknahme, Intimität, meisterhaft getragen von der Staatskapelle und Daniel Barenboim... Es ist herrlich! Man kann gar nicht genug davon bekommen.

JAN BRACHMANN FAZ, 26.11.2019
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„WEISSE ROSE”

Schwerin: Ob man will oder nicht, jede Aufführung von Udo Zimmermanns Kammeroper „Weiße Rose" ist eine Geschichtsstunde... Anders noch bestätigte sich das in Schwerin, wo intensiv der Seelenverfassung der beiden zum Tode Verurteilten nachgegangen wurde...

Die Inszenierung hatte Toni Burkhardt besorgt... Geschickt nutzte er den Raum, erzeugte sinnvoll Spannungen, die aus Text und Musik verständlich waren und ohne Exaltiertheiten in Gesten und Aktionen das Auf und Ab der Gefühlsmomente verdeutlichten... Zwei hauseigene Kräfte hatten die Partien übernommen, Katrin Hübner die der Sophie und Cornelius Lewenberg die des Hans, gesanglich wie in der Erscheinung, auch darstellerisch beide eine Idealbesetzung...

Die musikalische Leitung hatte Martin Schelhaas... Zimmermanns teils schrille Klänge mit ihrer Imitation von Stiefeltritten, von Kettengerassel oder Eiseskälte bildeten die Mitglieder der Mecklenburgischen Staatskapelle bedrohlich nach, gestalteten auch die kontemplativen Erinnerungsbilder feinsinnig und konzentriert...

„Nicht schweigen, nicht mehr schweigen", stand anfangs auf dem Vorhang. Die Aufforderung beendete auch die Aufführung. Der Beifall ließ hoffen, dass die Botschaft angekommen war.

ARNDT VOSS - NMZ ONLINE - 09.12.2019
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„DIN0RAH”

Görlitz: Eine Kostbarkeit ist in Görlitz mit Meyerbeers Oper „Dinorah" zu erleben - als Fest für die Sänger... Der Besuch zeigt, dass sich die Entdeckung lohnt, insbesondere wenn man für die nur drei Gesangspartien so hervorragende Solisten hat wie Görlitz... Die Musik von „Dinorah" schöpft den ganzen Reichtum spätromantischer Oper aus: beeindruckende Arien, spannungsreiche Ensembles, große Chöre, stimmungsvolle Zwischenspiele. Die Neue Lausitzer Philharmonie kann das, auch wenn sie am Sonntag unter Leitung von Ewa Strusinska eine ganze Weile gebraucht hat, ihr gewohntes Niveau zu erreichen.... Der Görlitzer Opernchor überzeugt, insbesondere an den Stellen kraftvoller Präsenz, mit eindrucksvollem Klang. Höhepunkt aber waren die Solisten. Jenifer Lary gibt die Titelfigur im Spannungsfeld zwischen zarter Verletzlichkeit und kraftvollem Aufbegehren im genretypischen Ausdruck der Wahnsinnigen, die in den höchsten Tönen das Nichtsagbare singt...

JENS DANIEL SCHUBERT - SÄCHSISCHE ZEITUNG - 26.11.2019
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„LUCIA DI LAMMERMOOR”

Kiel: ... Gaetano Donizettis romantisches Meisterwerk ist nach Jahrzehnten zurück, vor allem weil Hye Jung Lee im Ensemble ideale Voraussetzungen für die in jeder Hinsicht anspruchsvolle Titelpartie mitbringt... Vor allem begeistert die Sopranistin mit warmherzig flutenden Piano-Tönen und erlesenen Pianissimi und entsprechend inniger Ausdrucksintensität. Das legitimiert die Regie von Paris Mexis allemal, sie als einzig lebendigen Mittelpunkt in einer in zeichenhaften Ritualen erstarrten Männergesellschaft vorzuführen wie ein selten gewordenes menschliches PierettePhänomen.

In den faszinierend bunt changierenden Farbkreisen, Lichtwänden und -kegeln, die der Designer George Tellos da in perfekter Zusammenarbeit mit Martin Witzels Beleuchter-Team in den schottischen Hochmoor-Nebel auf der leeren Bühne schießt, assoziiert man mehrfach faschistische Formationen. Aus ihnen heraus werden Akteure auf der Drehbühne spannungsvoll in Front gebracht oder aus dem (von Lam Tran Dinh wieder glasklar einstudierten) Chor herausgeschält...

CHRISTINA STREHK - KIELER NACHRICHTEN - 9.12.19
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„LUCIA DI LAMMERMOOR” Darmstadt: ... An der Wahnsinnsarie muss sich die Aufführung von Gaetano Donizettis „Lucia di Lammermoor" messen lassen. Im Darmstädter Staatstheater siegt die Sängerin Bianca Tognocchi auf ganzer Linie... Und es erscheint ganz selbstverständlich, dass diese Frau auf dem Höhepunkt ihrer Verzweiflung kein bisschen wahnsinnig wirkt, sondern die Regie übernimmt in dem mörderischen Spiel, das ihr Bruder Enrico angezettelt hat, um die moralisch und finanziell bankrotte Familie zu retten... Diese Frau ist kein Opfer mehr.

Und sie durchbricht den alten Generationenvertrag der Gewalt. Von Marcos Darbyshires Regie wird das überzeugend vorbereitet. Seine Inszenierung macht die abstrakte Unglücksmaschine konkret. Sie zielt auf die Familie als den tragischen Kern des Unglücks...

Am Ende ist nichts mehr so, wie es war. Was bleibt, ist der von Frank Lichtenberg quer durch die Epochen kostümierte Chor der vorangegangenen Generationen, der die geisterhafte Bluthochzeit gefeiert hat. Die von Sören Eckhoff einstudierten Chöre agieren ebenso kraftvoll wie differenziert...

Andriy Yurkevych dirigiert im engen Kontakt mit der Szene, braucht keine dick aufgetragene Dramatik, sondern nutzt die geschärften Klangeffekte dieser beweglich dargebotenen Partitur, die den Schrecken mit Schönheit präsentiert. So hat diese Inszenierung auch musikalisch originelle Sichtweisen bereit, wie auch die Regie der Schauergeschichte neue Plausibilität verleiht: ein spannender, begeistert aufgenommener Theaterabend, an dem es viel mehr zu entdecken gibt als den großen Wahnsinn, auf den alle warten.

JOHANNES BRECKNER - DARMSTÄDTER ECHO - 09.122019
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„PETER GRIME5”

Mannheim: Einem solchen Mob möchte man nicht auf der Straße begegnen. „Wer uns verachtet, den töten wir!", schreien sie, die Bewohner eines Fischerdorfs an der englischen Küste. Um 1830 spielt die Geschichte, die Benjamin Britten 1945 vertonte, aber sie könnte auch heute spielen. Leicht könnte man die Geschichte um eine durchdrehende Dorfgemeinschaft mit aktuellen Vorkommnissen von Kandel bis Chemnitz garnieren und aktualisieren. Doch von solchen Verbindungen ins Heute distanziert sich die Inszenierung der Oper „Peter Grimes" von Markus Dietz am Mannheimer Nationaltheater Und das ist gut so...

Hauptakteur des Stücks ist der riesige Chor (Einstudierung: Dani Juris). Er trägt den größten Teil der Handlung, sei es in der Fischfabrik, sei es in der Kneipe, sei es als düsterer Klanghintergrund im großen Schlussmonolog des Fischers Peter Grimes...

Astrid Kessler (Ellen), Thomas Berau (Balstrode) und Sung Ha (Richter Swallow) gestalteten weitere große Rollen sängerisch und in der Darstellung sehr überzeugend, auch kleinere Rollen waren (zum Teil mit Chormitgliedern) bestens besetzt...

Markus Dietz' Inszenierung nutzt die unglaubliche Dynamik, die sowohl die Musik als auch der soziale Sprengstoff der Geschichte entfacht... Alexander Soddy weiß das Nationaltheater-Orchester klanglich flexibel, hoch differenziert, aber auch kraftvoll zu formen: ein sensationeller Britten-Sound, den so vielleicht nur Engländer hervorbringen können.

MATTHIAS ROTH - RHEIN-NECKAR-ZEITUNG - 05.11.2019

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„IN DER STRAFKOLONIE”

Ulm: Ist es tatsächlich so? Erlangt der Mensch Macht über andere, ist es mit der Menschlichkeit vorbei... Eine Strafkolonie, irgendwo auf einer Insel dieser Welt. Man denkt an Guantanamo, der Ort kann aber auch fast überall sonst sein...

Als Franz Kafka seine Novelle „In der Strafkolonie" 1916 in München öffentlich las, sollen Zuhörer in Ohnmacht gefallen sein angesichts der Grausamkeiten im Text. Sich denen emotional zu entziehen, macht die Kammeroper-Version des Stoffes des US-Amerikaners Philip Glass in der Aufführung im Podium des Theaters Ulm unmöglich. In unprogrammatischer Klarheit liefert die „Minimal Music« des Streichquartetts der Ulmer Philharmoniker unter Leitung von Hendrik Haas einen gleichsam unbeteiligten Kontrast zu dem, was sich vor den Augen des Publikums abspielt und was Maria Rosendorfsky (als Besucher der Strafkolonie) und Martin Gäbler (...) in schockierender Klarheit singen...

Das Ende der Oper kommt überraschend und anders als bei Kafka. Es lässt den Besucher erschrocken und ratlos zurück. Wie war das mit der europäischen Menschlichkeit?

DAGMAR HUB - AUGSBURGER ALLGEMEINE - 11.11.2019
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„UN BALLO IN MASCHERA” Oldenburg: Oft haftet Operninszenierungen die Verlegung in die heutige Zeit etwas angestrengt Gewaltsames an, auch wenn die Ergebnisse in der Regel viel Spannung haben. Nicht so beim Deutschlanddebüt der griechischen Regisseurin Rodula Gaitanou, die jetzt Giuseppe Verdis Schmerzensoper „Un Bailo in Maschera" in die Jetztzeit und darüber hinaus in das Milieu der Mafia versetzte... Es gelingt Gaitanou, tief und differenziert in die liebenden, wütenden, seelisch verletzten Personen hineinzuhorchen und sie mit großer, oft krimihafter Spannung agieren zu lassen. Hatte Michael Talke vor gut einem Jahr in Bremen den Fokus auf die politische Verschwörerstory gelegt, spielt bei Gaitanou die Dreiecksgeschichte die Hauptrolle...

Musikalisch stand die Interpretation unter der Leitung von Hendrik Vestmann auf höchstem Niveau. Das Oldenburgische Staatsorchester wartete mit unerhörter dramatischer Wucht auf, erreichte einfach tolle bedrohliche Crescendi und kontrastierte mit zartesten Instrumentalfarben (Flöte, Klarinette)... Besonderes Lob dem Chor, der mit vielen einzelnen, auch komischen Charakteren auftrat. Besonders lang anhaltender Beifall.

UTE SCHALZ-LAURENZE - NMZ ONLINE - 09.12.2019
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Kalenderblätter
 



















Franco Corelli
... am 8. April 1921 geboren
                                     / Foto EMI

Zu den Tenor-Idolen Italiens in der Nachfolge eines di Stefano und del Monaco zählte der in Pesaro und Mailand ausgebildete Sänger, der neben einer attraktiven Erscheinung eine sinnliche und metallisch glänzende Stimme sein eigen nannte.

Nach dem Debüt als Don José in Bizets Carmen 1951 in Spoleto gelang ihm 1954 der Sprung an die Mailänder Scala als Licinio in Spontinis ’La Vestale’ an der Seite von Maria Callas, mit der er 1958 nochmals als Gualtiero in Bellinis ’Il pirata’ und 1960 als Donizettis ’Poliuto’ auftrat.

Ein Jahr später debütierte er in einer seiner Glanzrollen. Verdis Manrico in ’Il trovatore’, an der Seite von Leontyne Price an der New Yorker Metropolitan Opera, der er bis in die 70er Jahre verbunden blieb und wo er vor allem auch für seinen unwiderstehlichen Calaf in Puccinis Turandot neben Birgit Nilsson Ovationen empfing.

Unter seinen vielen Schallplatten findet sich als Mitschnitt auch einer seiner größten Erfolge - der Manrico unter Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen 1962.

 

 

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Schöne Stimme, schöner Mann: Franco Corelli

Veröffentlicht am 01.11.2003 | Lesedauer: 2 Minuten

Von Jochen Breiholz

r war der King of High Cs, als Luciano Pavarotti noch zur Schule ging. Und er sah besser aus, viel besser: Franco Corelli, das Idol einer ganzen Generation von Opernfans. Obwohl in den sechziger Jahren kein Mangel an großen italienischen Tenören herrschte, verwies Corelli seine Kollegen Mario del Monaco, Carlo Bergonzi und Giuseppe di Stefano auf die hinteren Plätze: Keiner von ihnen besaß eine solch strahlende, mühelose Höhe, ein solches Charisma, einen solchen Sex Appeal. Allerdings war auch keiner so schwierig.

Corelli, der ursprünglich Schiffsbau studiert hatte, wurde 1954 an der Mailänder Scala über Nacht zum Star - als Partner von Maria Callas in Spontinis "La Vestale". Auftritte in Paris, London, Wien, Salzburg folgten. 1961 debütierte er in der Titelpartie von Verdis "Il Trovatore" an der New Yorker Met, deren unangefochtener Divo er die nächsten 15 Jahre blieb.

Corelli war berüchtigt für sein Lampenfieber. Jede Aufführung wurde zur Zerreißprobe für Intendanten, Dirigenten, Kollegen und Publikum, die bis zur letzten Minute nie wussten, ob der Tenor nun auftreten würde oder nicht. Meist traf er erst eine Viertelstunde vor Vorstellungsbeginn im Opernhaus ein, und das bedeutete nicht, dass er tatsächlich singen werde. An der Met stand während jeder Corelli-Aufführung nicht nur seine eifersüchtige Ehefrau Loretta, sondern auch ein fertig geschminkter und kostümierter Ersatz-Tenor hinter der Bühne, um für den unberechenbaren Star einzuspringen. Etwa dann, wenn dessen Partnerin das hohe C länger gehalten hatte als er.

1976 zog sich Corelli von der Bühne zurück. In New York konnte man ihn bis vor wenigen Monaten noch oft im Café "Taci" am Broadway sitzen sehen, wie er mit kritischem, wehmütigen Blick jungen Nachwuchssängern zuhörte. Denen bleibt, wie uns, nur Franco Corellis discographisches Vermächtnis. Doch das ist für alle Zeit unausweichlich.

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Quelle: https://www.welt.de/print-welt/article270215/Schoene-Stimme-schoener-Mann-Franco-Corelli.html

 

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Leo Nucci
am 16. April 1942 geboren
                      
/ Foto Decca

Er arbeitete als Autoschlosser.
Dann merkte er, dass er Stimme hatte und begann eine Ausbildung bei Mario Bigazzi und später von
1959 bis 1968 bei Giuseppe Marchesi in Bologna. Die leicht ansprechende Höhe verleiteten die Lehrer, in ihm einen Tenor zu sehen.
Leicht fiel ihm daher 1967 das Debut in Spoleta als Figaro im ’Babier’. Da es aber nach diesem Erfolg nicht recht weiter ging, nahm er eine Stelle im Chor der Mailänder Scala ein und gab sich damit zufrieden. Er konnte singen, bekam Geld dafür und war auf der Bühne.

1975 – also fast zehn Jahre später – gelang im in Padua der Durchbruch. Er war wieder Figaro und mit dem startete er 1976 an der Scala in Mailand seine internationale Karriere.
1978 sprang er in London für Ingvar Wixell in ’Luisa Miller’ neben Katia Riccarelli und Luciano Pavarotti ein.
Ab 1980 an der Met und international mit Amonasro, Luna, Scarpia, Macbeth, Rigoletto.

 

 

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Nuccis Weigerung im Jahre 1986, wegen des modernen Regiekonzepts in einer Rigoletto-Inszenierung des Regisseurs Johannes Schaaf an der Hamburgischen Staatsoper mitzuwirken, was den damaligen Intendanten Rolf Liebermann dazu veranlasste, Schaaf auszuladen und eine alte, konventionellere Inszenierung von Gilbert Deflo von den Städtischen Bühnen Nürnberg als Ersatz einzukaufen, um Nucci zu halten, führte dazu, dass Nucci einigen Gegenwind bei Teilen des deutschen Publikums und vor allem der deutschen Presse bekam. Fortan gastierte er auf deutschen Opernbühnen wegen der deutlich gewordenen gegensätzlichen Gesinnungen selten.
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Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Nucci
 

Wie der Sänger noch heute aktiv ist zeigt die Auflistung von operabase.com

März 2020 – Genua - ’Maskenball’ – René und Regie
July 2020 – Peking – ’Rigoletto’
July bis November 2020 - Mailand Scala - ’Traviata-Germont’ unter Metha
Dezember 2020 – Verona - ’Maskenball’ – René und Regie


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Anja Silja
am 17. April 1940 geboren
                  
 
/ Foto Decca

Mit zehn Jahren gab sie ihr erstes Konzert im Titania-Palast Berlin, dem dann viele weitere im In- und Ausland folgten.

Mit sechzehn Jahren begann ihre Bühnenlaufbahn in Braunschweig mit Rollen wie Rosina/IL BARBIERE DI SIVIGLIA, Zerbinetta/ARIADNE AUF NAXOS und Micaëla/ CARMEN.

1958 folgten das Staatstheater Stuttgart und die Oper Frankfurt.
Von dort engagierte sie Wieland Wagner 1960 nach Bayreuth als Senta im FLIEGENDEN HOLLÄNDER.
Bis zu seinem Tod sang sie dort und in fast all seinen Inszenierungen Europa weit alle großen Wagner-Partien: Isolde, Brünnhilde, Eva, Elisabeth, Elsa, Venus. Ihr Repertoire umfasste von der Königin der Nacht, Fiordiligi, Konstanze bis Santuzza, Leonore (Fidelio und Macht des Schicksals), Desdemona, Lady Macbeth, Lulu und Marie/WOZZECK fast das ganze gängige Opernrepertoire.

In den letzten Jahren sang Anja Silja in Wien, Zürich, Barcelona, Berlin, Hamburg, New York, London, Paris, Aix-en-Provence und beim Glyndebourne Festival hauptsächlich die grossen Frauenrollen von Leos Janacek wie die Küsterin/JENUFA und Emilia Marty/DIE SACHE MAKROPULOS, für deren Interpretation sie den Kritikerpreis des Jahres in England und den Grammy Schallplattenpreis gewann.
Ortrud/LOHENGRIN, Amme/FRAU OHNE SCHATTEN und Klytämnestra/ELEKTRA gehören ebenfalls zu ihrem Repertoire wie auch die Mère Marie und Madame de Croissy/ DIALOGUES DES CARMÉLITES, die sie unter Riccardo Muti an der Mailänder Scala sang.

Mit James Levine und Pierre Boulez war sie im Jahr 2007 in New York, Boston und Aix-en-Provence mit ERWARTUNG und PIERROT LUNAIRE von Schönberg zu hören; ausserdem sang sie ERWARTUNG mit Daniel Barenboim und der Staatskapelle Berlin beim Lucerne Festival und als Doppelvorstellung mit Robert Wilsons THE MURDER OF DEAFMAN GLANCE an der Staatsoper unter den Linden.

Grosse Erfolge feierte sie als Kostelnicka/JENUFA an der Metropolitan Opera New York und der Mailänder Scala, als Herodias/ SALOME mit Marc Albrecht und dem Orchestre Philharmonique de Strasbourg in Strassburg und in der Salle Pleyel in Paris, mit PIQUE DAME an der Wiener Staatsoper und an der Komischen Oper Berlin, als Kabanicha/KATJA KABANOVA am Theater an der Wien und in HÄNSEL UND GRETEL am Covent Garden London und in Paris.

Zahlreiche Opernaufnahmen unter den grossen Dirigenten des 20. Jahrhunderts dokumentieren ihr künstlerisches Schaffen, u. a. DER FLIEGENDE HOLLÄNDER, LOHENGRIN, TANNHÄUSER, Bergs LULU und WOZZECK (beide für DECCA), SALOME, Fricka in Wagners RING, Schönbergs ERWARTUNG, Janáčeks DIE SACHE MAKROPULOS und JENUFA (auf Video bzw. DVD) sowie die Hauptwerke von Kurt Weill. Für ihre Verdienste um Kunst und Kultur wurde Anja Silja mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Im März 2011 erhielt sie zudem den Europäischen Kulturpreis.


Quelle: http://www.artistsman.com/de/kunstler/anja-silja/

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Siegfried Jerusalem
... am 17. April 1940 geboren

                                             Foto EURODISC 


Der Sohn eines Elektroingenieurs studierte zunächst von 1955 bis 1960 Fagott an der Folkwanghochschule in Essen, arbeitete nach dem Examen als Fagottist, zuletzt von 1971 bis 1977 im Rundfunkorchester Stuttgart.

Dann begann er 1976 ein privates Gesangsstudium, da so erfolgreich war, dass er in einer ZDF-Produktion für Franco Bonisolli die Partie des Barinkay übernahm.
Im gleiche Jahr debütierte er als Lohengrin in Darmstadt und Aachen und sang bereits 1977 in Bayreuth.
Dort sang er im Parsifal (1987–1988, Regie: Götz Friedrich, Dirigent: Daniel Barenboim und James Levine), im Siegfried (1988–1992), in der Götterdämmerung (1989–1992, Regie: Harry Kupfer, Dirigent: Daniel Barenboim) sowie in Tristan und Isolde (1993–1999, Regie: Heiner Müller, Dirigent: Daniel Barenboim.

Im April 2019 gastierte er als Balthasar Zorn in den ’Meistersingern’ in der Staatsoper Berlin unter der Leitung von Daniel Barenboim.

 

 

 

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Jerusalems frühe Aufnahmen beweisen zweierlei: daß seine Stimmsubstanz lyrisch ist, von großer Schönheit, aber auch Weichheit, und daß der Lohengrin eine Grenzpartie für ihn ist. Sie zeigen außerdem, daß er immer Probleme mit der Höhe und dem »passaggio« zwischen Brust- und Kopfregister hatte, wie sie bei seinen Versuchen mit dem schwierigen Stolzing immer wieder schmerzhaft deutlich wurden. Den Problemen mit der Höhe geht Jerusalem bei den Siegfrieden natürlich aus dem Wege, das Problem, daß seine Stimme nicht die erforderliche Durchschlagskraft für diese Rollen hat, stellt sich jedoch erneut und verschärft. So wird man konstatieren müssen, daß Jerusalem dieses Manko durch vermehrte körperliche Kraftanstrengung auszugleichen sucht, die Stimme jedoch verliert dabei den ihr eigenen Reiz, und auch wenn sie dadurch an Volumen gewonnen hat, wird sie wohl nie das angestrebte Ziel völlig erreichen, weil Substanz und »squillo« dafür einfach nicht ausreichen. Der internationale Erfolg hinterläßt auf diese Weise einen problematischen Nachgeschmack für den, der sich von seiner überzeugenden Bühnenverkörperung nicht das Hören auf die stimmlichen Phänomene abnehmen laßt.


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Quelle: Jens Malte Fischer – ’Große Stimmen’ – Suhrkamp 1995

 

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Graziella Sciutti
... am 17. April 1948 geboren  
                              / Foto DECCA

 



 
   

 

 

 

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Letzte Arie: Graziella Sciutti (73)

Von Manuel Brug - Feuilletonmitarbeiter

Manche haben das Lächeln in der Stimme. Wenn sie zu singen anheben, geht die Sonne auf

Mit solchen vokalen Prachtgaben war die Sopranistin Graziella Sciutti ausgestattet. In den fünfziger und sechziger Jahren war sie der italienische Inbegriff einer Soubrette, eines leichten Mädchens mit zauberisch süßem Sang. Ihre freche "Figaro"-Susanna, die unbotmäßige Norina in Donizettis "Don Pasquale", die schlaue Rosina im "Barbier von Sevilla", alle diese sopranigen Luftikus-Madämchen waren ihr Terrain. Mochte ihre Stimme klein, im Farbenspektrum beschränkt, bisweilen unsicher in der Intonation sein: Richtig eingesetzt war Graziella Sciutti ein Fräuleinwunder aus dem Land, wo die Zitronen blühen.

Heute mag man solche Dämchen gerne emanzipiert. Nur dienen und schön sein will keine mehr. In der Nierentisch-Ära aber zog man sie sich gerne zart und zerbrechlich heran, im schwarzrosa gestreiften Rokoko-Petticoat, mit einem Schönheitsfleck an der richtigen Stelle, einer frechen Locke auf der milchweißen Stirn und einem Samtband um den Schwanenhals.

Ein fernes Ideal, dem Graziella Sciutti gerne entsprach. Sie studierte in Rom, debütierte 1951 in Aix-en-Provence und spezialisierte sich schnell auf Mozart, Donizetti, Rossini und die Musik des 18. Jahrhunderts. Wenn sie in modernen Opern auftrat, dann in so aus der Zeit gefallenen wie Saugets "Die Capricen der Marianne" oder Malipieros "Die launenhafte Herrin". Mochten andere die große Scala beherrschen, die Sciutti zierte die auf das Kammerrepertoire spezialisierte Piccola Scala genauso wie die Festspiele in Aix, Salzburg und Glyndebourne, die Opern in Wien, London und New York. Nach ihrem Bühnenabschied unterrichtete sie viel und führte weltweit Regie. Am häufigsten inszenierte sie, worin sie selbst am hellsten als Adina glänzte: Donizettis "Liebestrank".

Graziella Sciutti wurde am 17. April 1927 in Turin geboren. Sie starb am 9. April 2001 in Genf.
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Quelle: https://www.welt.de/print-welt/article445394/Letzte-Arie-Graziella-Sciutti-73.html

           

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Giulietta Simionato
... am 12. Mai 1910 geboren
                   / Foto: Preiser Records

1927 stand die Simionato erstmals auf der Bühne, am Teatro Sociale in Rovigo, in der heute völlig vergessenen komischen Oper ’Nina non fare la stupida’ von Giorgio Giacchetti.
1928 sang sie die Lola in Montagnana, der Geburtsstadt von Aureliano Pertile, dem italienischen Startenor der dreißiger und vierziger Jahre.
1935 gab die Simionato ihr offizielles Operndebüt, ebenfalls in Florenz, im Rahmen des Maggio Musicale Fiorentino, in der Uraufführung der Oper L'Oro von Ildebrando Pizzetti.
1936 wurde sie als Anfängerin an die Mailänder Scala verpflichtet. Sie debütierte dort  als Blumenmädchen in Richard WagnersParsifal’.
1937 sang sie in der Uraufführung der Oper ’La morte di Frine’ von Lodovico Rocca. In der Folgezeit sang Simionato an der Scala allerdings nur kleine Rollen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg größere Rollen: La Cieca in ’La Gioconda’, die Suzuki in der Butterfly, die Maddalena im Rigoletto, die Meg Page im Falstaff, den Hänsel in Hänsel und Gretel (1942) und den Cherubino in Le nozze di Figaro (1944).


1947 sang sie in Mailand die Mignon und die Dorabella.
1948 folgte die Rubria in der Oper Nerone von Arrigo Boito unter der musikalischen Leitung von Arturo Toscanini.
1950 übernahm sie die Charlotte in Jules Massenets Oper Werther mit Tito Schipa als Partner. Weitere wichtige Rollen an der Scala waren
1954 die Angelina in La Cenerentola,
1955 die Isabella in L’Italiana in Algeri und
1955 die Santuzza in Cavalleria rusticana, im April
1957 die Giovanna Seymour in Anna Bolena an der Seite von Maria Callas[4], im April
1958 ebenfalls die Giovanna Seymour diesmal an der Seite von Leyla Gencer,
1960 die Didon in Les Troyens und
1962 die Valentine in Die Hugenotten.

Dann kam Salzburg
1962 das Alt-Solo im Verdi-Requiem in einer Aufführung mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Herbert von Karajan und der legendäre Mitschnitt einer Troubadour-Aufnahme mit ihr als Azucena, mit Leontyne Price als Leonore, Franco Corelli als Manrico, Ettore Bastianini als Luna und Nicola Zaccaria als Ferrando.


Und es gab eine Neueinspielung der ’Fledermaus’ unter Karajan, der für den zweiten Akt Gäste einlud wie Birgit Nilsson die ’Wien, Wien nur du allein’ sang. Dazu kamen die Simionato und Ettore Bastianini mit dem Song ’Alles, was du kannst, das kann ich viel besser’ aus ’Annie get your gun’,

1965 begann das Engagement an der Wiener Staatsoper. Sie trat dort bis in 11 verschiedenen Partien in über 130 Vorstellungen auf. Sie sang dort Amneris, Azucena, Carmen, Santuzza, Cherubino, Mrs. Quickly, Eboli, Maddalena, wiederum Glucks Orfeo und außerdem die Preziosilla in ’Die Macht des Schicksals’ und die Ulrica in ’Ein Maskenball’.

1959 war sie schon an die Metropolitan Opera in New York verpflichtet worden, wo sie als Azucena am 26. Oktober 1959 unter Fausto Cleva debütierte. Vier weitere Spielzeiten sang sie dort.
1965 endete der Vertrag, innerhalb dessen sie in insgesamt 20 Vorstellungen als als Amneris, Santuzza und Rosina zu hören war.

Die Simionato gastierte auch unter anderem an der Covent Garden Opera in London (1953, 1964 als Adalgisa, Amneris und Azucena), an der Grand Opéra in Paris, am Teatro Colón in Buenos Aires und an der Bayerischen Staatsoper in München.

Nach ihrer Karriere war sie als Gesanglehrerin tätig, war in Jurys verpflichtet und gönnte sich sonst ein gemütliches, aber doch sehr am Musikleben teilnehmendes, Rentnerleben.
Sie starb wenige Tage vor ihrem 100. Geburtstag.

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James King
... am 22. Mai 1925 geboren
                           
/ Foto: ORFEO

Der Vater war Sheriff in Dodge City in Kansas.

Er studierte an den Universitäten von Louisiana und Cansas City und debütierte nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Musikdozent 1961 als Bariton.

Nach einer Umschulung zum Tenor gelang ihm noch im gleichen Jahr mit dem Don José in Bizets Carmen an der San Francisco Opera das Debüt im neuen Fach.

1962 wurde er Mitglied der Deutschen Oper Berlin und der Bayerischen Staatsoper München, wo er sein Repertoire als Zwischenfach-Tenor aufbaute und glanzvolle Erfolge feierte.

Die feste Stimme mit metallischem Klang und sein attraktives Aussehen waren vor allem für die gefürchteten heroischen Partien von Richard Strauss ideale Voraussetzungen; den Bacchus in Ariadne auf Naxos sang er in seiner Laufbahn in über 200 Aufführungen.

Als Kaiser in ’Die Frau ohne Schatten’ trat er an den Opernhäusern von London und New York auf. An der Met hatte er 1966 als Florestan in Beethovens ’Fidelio’ debütiert und war dort auch ein geschätzter Interpret im Wagner-Repertoire.

Er mied aber den Tannhäuser, die Siegfriede und den Tristan.

Bei den Bayreuther Festspielen feierte man ihn von 1965 bis 1976 vor allem als ’Lohengrin’, Parsifal und Siegmund in ’Die Walküre’.

Den Aegisth in Strauss' ’Elektra’, den er schon 1964 bei den Salzburger Festspielen gesungen hatte, gestaltete er bis in die 90erJahre noch an den Opernhäusern von Wien, München und Berlin.

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Ingeborg Hallstein
am 23. Mai 1936 geboren
                        / Foto Acanta

 

 

 

Zitat

Sie erhielt ihre gesamte Ausbildung durch ihre Mutter, die Sopranistin Elisabeth Hallstein. 1956 debütierte sie am Stadttheater von Passau als Musetta in «La Bohnme».
1958-59 hatte sie ein Engagement am Stadttheater von Basel. Seit
1959 trat sie am Theater am Gärtnerplatz in München auf und wurde im gleichen Jahr Mitglied der Staatsoper von München. Es entwickelte sich nun eine glanzvolle internationale Karriere. Seit
1960 wirkte sie bei den Festspielen von Salzburg mit; hier sang sie 1960 die Rosina in «La finta semplice» von Mozart, am 6. 8. 1966 in der Uraufführung der Oper «Die Bassariden» von H. W. Henze.
1961 gab sie in Salzburg ein Mozart-Konzert.

Erfolgreiche Gastspiele an der Staatsoper von Wien, an der Londoner Covent Garden Oper und an den großen südamerikanischen Operntheatern. 1962 gastierte sie am Teatro Colön von Buenos Aires. Weitere Gastspiele an den Staatsopern von Hamburg, Stuttgart und Dresden, an den Opern von Köln, Frankfurt a. M., Leipzig, Karlsruhe, Mannheim und Kassel, in Rom, Venedig, Paris, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, Genf, Zürich, Amsterdam, Montreal und Ottawa.
1962 sang sie in der Eröffnungsvorstellung des renovierten Theaters an der Wien in Wien die Königin der Nacht in der «Zauberflöte» unter von Karajan.
Von den vielen Opernpartien, die sie gestaltet hat, seien genannt: die Konstanze in Mozarts «Entführung aus dem Serail», die Fiordiligi wie die Despina in «Cosi fan tutte», die Susanna in «Figaros Hochzeit», die Nonna im «Don Pasquale», die Frau Fluth in den «Lustigen Weihern von Windsor» von Nicolal, die Marie in «Zar und Zimmermann von Lortzing, die Sophie im «Rosenkavalier», die Zerbinetta in «Ariadne auf Naxos», die Annchenim «Freischütz», die Gilda im «Rigoletto, die Traviata, die Nedda im «Bajazzo», die Adele in der «Fledermaus», dazu viele weitere Aufgaben. Zugleich hatte sie eine triumphale Laufbahn als Konzert- und Operettensängerin;
1964 erregte sie großes Aufsehen, als sie bei der Uraufführung der Solo-Kantate «
Being Beauteous » von Hans-Werner Henze diese schwierige Koloraturpartie innerhalb von 24 Stunden einstudierte.
Sie gehörte zu den beliebtesten Sängerinnen, die im deutschen Fernsehen auftraten. Ab
1981 war sie Professorin an der Musikhochschule Würzburg.
 

Hervorragend schöner, technisch brillant geführter Koloratursopman; auf der Bühne wurde auch das darstellerische Talent der Künstlerin bewundert. Schallplatten: DGG («Frau ohne Schatten» von R. Strauss, Querschnitt «Zar und Zimmermann»), Ariola-Berteismann, BASF (Lied-Aufnahmen), Eurodisc (Szenen aus Operetten, vollständige Operette «Im weißen Rößl» von Benatzky, «Abu Hassan» von Weber), HMV (Marzeffine im «Fidelio»), Movimento Musica (Königin der Nacht in der «Zauberflöte»

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Quelle:
Kutsch – Riemers – Großes Sängerlexikon – Frank Verlag Bern - 1987

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Inge Borgk
am 26. Mai 1921 geboren
                      
/ Foto MYTO

 

 

 

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Inge Borkh: die Hochdramatische
als Frau von heute

Sie war so modern, so direkt.
Als sie, die ursprünglich Schauspielern hatte werden wollen, sich in den Fünfzigern anschickte, als Hochdramatische die Opernbühnen der Welt zu erobern, da muss Inge Borkh wie ein Wirbelsturm, zumindest aber wie ein super erfrischender Frühlingswind gewirkt haben. Waren doch Sieglinden, Elektras, Turandots, „Fidelio“-Leonoren, Färberinnen, (von Tänzerinnen gedoubelte) Salomes doch damals (die verehrungswürdige Birgit Nilsson eingeschlossen, die freilich alles mit ihren Stimmfluten wett machte) eher statuarische Damen, Singsäulen, Musiktruhen gar. Karl Löbl prägen dem bösen Ausspruch von der „Kredenz auf Radln“.

Ein viel flatterhafterer, nervös-zeitgemäßer, ja eben backfischhafter Opernzugvogel war indessen die Mannheimerin Inge Borkh, geborene Simon, in der Schweiz groß geworden, weil ihr Vater Jude war.
Sie begann 1944 in Luzern als Operetten-Alt und endete 1973 in Palermo als Elektra. Das jugendliche Feuer ihres tragfähigen Soprans prädestinierte Borkh als zeitgenössische Tragödin, die die wilden Weiber der Opernbühne menschlich machte und psychologisierte.

In der Schweiz machte sie erstmals Furore als Magda Sorel in der deutschsprachigen Erstaufführung von Gian Carlo Menottis heute zu Unrecht vergessener Oper „Der Konsul“. Dies war ihr Durchbruch zu internationalen Erfolgen, gefolgt mit Engagements in den Opernhäusern Wien, München, Berlin, London, New York und San Francisco.
1952 sang sie bei den Bayreuther Festspielen die Freia und die Sieglinde.
1957 übernahm sie bei den Salzburger Festspielen die Titelrolle in einer längst legendären, zum Glück akustisch festgehaltenen „Elektra“ unter Dimitri Mitropoulos.

Sie verbrannte sich dabei, verabschiedete sich früh von der großen Bühne und startete eine zweite Karriere als Diseuse.
Verheiratet war sie mit dem jugoslawischen Bass-Bariton Alexander Welitsch (1906–1991).
Bis fast um Schluss reiste Inge Borkh ihren klassischen Lieblingen hinter, Mariss Jansons und Christian Gerhaher zum Beispiel.
„Ich komm‘ vom Theater nicht los“, hieß eines ihrer Programme. Tatsächlich kommt man bis heute von dieser weißglühenden, Sinn und Klang transportierenden Stimme nicht los. Ihre Aufnahmen sind deutsch im besten Sinne: seelenvoll und beherzt.

Vielleicht singt man heute ihre großen dramatischen Rollen, Salome, Elektra, Färberin, Lady Macbeth, Tosca, Turandot, aber eben auch Cherubinis Medea oder Orffs Antigone, schöner, geschmeidiger.
Aber bei der Borkh, dieser lustigen, geerdeten Person, war es immer großes Drama. Und so relativiert sich so machen zeitgenössische Salome-Sensation, denkt man an die Wonderwoman der Borkh zurück.
Am 26. August 2018 ist sie gestorben, gesegnete 97 Jahre alt.

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Quelle:
http://klassiker.welt.de/2018/08/27/zum-tod-von-inge-borkh-die-hochdramatische-als-frau-von-heute/

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George London
am 30. Mai 1920 geboren
                                         Foto: DECCA

 

 

 

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Er studierte in Los Angeles und New York und bildete 1947, gemeinsam mit Mario Lanza und Frances Yeend das »Belcanto-Trio« für weltweite Konzerttourneen.

1949 gelang ihm durch die Verpflichtung von Karl Böhm der Sprung an die Wiener Staatsoper als Amonasro in Verdis Aida. Hier hatte er mit seinem suggestiv dramatischen Gesang und seiner machtvollen Autorität große Erfolge in seinen zentralen Partien vor allem aber als Wagner Interpret, als der er von 1951 bis 1964 auch bei den Bayreuther Festspielen Geschichte machte. Die Titelrolle in Der fliegende Holländer und der Amfortas in Parsifal gehören zu seinen singulären Leistungen;

1962-64 sang er in der Ring-Inszenierung von Wieland Wagner am Opernhaus Köln auch den Wotan und Wanderer. Er war mit seiner intelligenten Gestaltung und der szenischen Präsenz der Prototyp des singenden Darstellers, gefeiert an den großen Bühnen von Mailand bis New York. Der Met, wo er 1951 als Amonasro debütiert hatte, gehörte er bis 1960 an und wurde dort vor allem für seine Interpretationen des Scarpia in Puccinis Tosca, des Mandryka in Strauss' Arabella sowie der Titelhelden in Mozarts Don Giovanni und Mussorgskis Boris Godunow umjubelt. Die Partie des russischen Zaren gab er als erster ausländischer Sänger 1960 auch am Moskauer Bolshoi-Theater.

Noch auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde er 1968 zum Künstlerischen Leiter des Kennedy Center Washington ernannt; Anfang der 70er Jahre trat er auch als Regisseur in Erscheinung und inszenierte 1973-75 an den Opernhäusern von Seattle und San Diego den ersten englischsprachigen Ring in den USA. Viele bedeutende Schallplattenaufnahmen erinnern an den grandiosen Interpreten.


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Quelle: Bassermann Opernführer – Gütersloh - 2000

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Die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger schreibt:

 

 

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Staatsballett Berlin

Auf dem Rücken des Ensembles

 

Beim Berliner Staatsballett gibt es neue Unruhe: Johannes Öhmann und Sasha Waltz wollen ihre gemeinsame Intendanz schon wieder aufgeben - dabei liegt der Amtsantritt noch nicht mal ein halbes Jahr zurück. Leidtragende sind die Tänzerinnen.

Die Berliner Choreografin und der schwedische Tänzer und Kulturmanager waren erst zum 1. August 2019 als Co-Intendanten berufen worden. Weil der glücklose Vorgänger Nacho Duato das Staatsballett aber schon ein Jahr vor dem Vertragsende verlassen hatte, sprang Johannes Öhman ein und übernahm für die Spielzeit 2018/19 allein die Leitung der Kompanie. Die Kritiker der Berufung werden sich vermutlich bestätigt fühlen. Der Protest war seinerzeit in einer Online-Petition „Rettet das Staatsballett!" mit fast 20.000 Unterschriften kulminiert. Vor allem gegen Sasha Waltz richtete sich der Widerstand. Als Choreografin mit einer dezidiert zeitgenössischen Bewegungssprache wurde ihr von Tänzer*innen die Fähigkeit abgesprochen, eine klassische Kompanie zu leiten. Viele Vorbehalte schienen sich in der Zwischenzeit gelegt zu haben Öhmann und Waltz wollten eine Brücke schlagen zwischen dem klassischen Ballett und dem zeitgenössischen Tanz. Sie kündigen einen ausgewogenen Spielplan an, der zu fünfzig Prozent aus klassischen Produktionen und zur anderen Hälfte aus zeitgenössischen Werken bestehen sollte. „So wie sie sich in der Öffentlichkeit präsentieren, geht es beiden nicht um einen Umsturz, um das Killen der Klassik, sondern um einen Ausgleich", schrieb der Berliner Tagesspiegel.

 

Vor allem Johannes Öhman war immer ein glühender Verfechter des Doppelspitzen-Modells: „Alle künstlerischen Entscheidungen werden von uns beiden getroffen", betonte er stets. Von dem fruchtbaren Dialog mit Waitz hat er immer wieder geschwärmt. Dass das Duo tatsächlich keineswegs so perfekt harmonierte, war indes kein Geheimnis. Man spürte deutlich, dass Sasha Waltz, kaum war sie im Boot, den Hut aufhatte. Nicht ausgeschlossen, dass es zu einem Machtgefälle kam, das Öhmann jetzt auflöst und dem Ruf an seine Heimatstadt Stockholm folgt, um dort Künstlerischer Leiter und Managing Director am renommierten ‚Dansenhus', dem Schwedischen Haus für Tanz, anzunehmen - nach jüngsten Informationen schon zum 1. März. Ende des Jahres will dann auch Sasha Waltz das Haus verlassen und sich auf ihre künstlerische Arbeit als Choreografin konzentrieren.

In einer Erklärung des Ballett-Vorstands, aus der die Deutsche Presse-Agentur zitiert, ist von Empörung über die Rücktritte die Rede: „Mehr noch sind wir enttäuscht, dass wieder einmal wir Tänzerinnen und Tänzer die Leidtragenden dürftigen Kulturmanagements sind." Bei ihrem Antritt hätten die Intendanten einen Dreijahresplan angekündigt, um das Staatsballett wieder an die europäische Spitze zu bringen, hieß es. Nun offenbare sich „die Oberflächlichkeit dieser Pläne". Das Vertrauen in die Fähigkeit des Senats, die Kompanie „wohl überlegt in die Hände einer ehrlich engagierten Ballettdirektion zu geben", sei erschüttert. Seit 2014 sei das Land Berlin nicht in der Lage, dem Staatsballett Kontinuität und künstlerische Perspektive zu garantieren: »Uns stellt sich die Frage, warum wir bis in die Mitte der nächsten Spielzeit mit einer künstlerischen Leitung weiter zusammenarbeiten sollten, die uns ohnehin kurzfristig verlassen will." Dies werde zu einer weiteren chaotischen und von Umstellung geprägten Spielzeit führen. Obwohl man seinerzeit gegen die Ankündigung der Co-Direktion von Herrn Öhman und Frau Waltz protestierte, habe Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) gebeten, dem Duo eine Chance zu geben.

Für Tänzer*innen hätten derartige politische Prozesse katastrophale Folgen - beruflich und persönlich: »Für eine aktive Bühnenkarriere sind uns durchschnittlich fünfzehn bis zwanzig Jahre gegeben. Angesichts dessen ist jedes Jahr der künstlerischen und damit beruflichen Ungewissheit gravierend."

Das Ensemble will in die Entscheidungsfindung über die nächste künstlerische Leitung eingebunden werden. Die Tänzer* innen sollten in einer Findungskommission mit Stimmrecht von Anfang an beteiligt sein.

Nach Redaktionsschluss verkündetete Sasha Waltz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Johannes Öhmann, sie sei von dessen Entscheidung überrascht worden und wolle nun überlegen, in welcher personellen Konstellation sie beim Staatsballett bleiben könne. Danach wolle sie einen Vorschlag vorlegen. Ihr als Vertreterin des modernen Tanzes müsste jemand mit »klassischer Expertise" zur Seite stehen. Sie könne sich aber nicht vorstellen, dass so jemand jetzt »aus dem Hut gezaubert« werde.

 Zitatende

Quelle: Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger Heft 2 2020 – Seite 17

 

 

Zitat

BURGTHEATER

Prekäre Arbeitsbedingung für „Choristen"

Am Wiener Burgtheater gibt es seit vergangenem Herbst,,Die Bakchen" von Euripides zu sehen. Die sogenannten Choristen" protestieren nun gegen prekäre Arbeitsbedingungen.

Die Inszenierung, von der Kritik hochgelobt, ist für das in den Vorjahren von einer Finanzkrise gebeutelte Burgtheater sehr aufwändig gestaltet, allein das Bühnenbild soll 350.000 Euro gekostet haben. Neben den wohlbestallten Solisten lebt das Stück vor allem von 15 sogenannten Choristen - Schauspieler*innen und Schauspielschüler*innen, die als zentrales Element den Gutteil der Handlung vorantreiben. In der dreistündigen Inszenierung agieren sie keineswegs statisch. Wie alle Darsteller sind auch sie auf Laufbändern in ständiger Bewegung, ihre Sprecheinsätze müssen exakt synchron ablaufen, die Textmenge ist groß und herausfordernd, physische wie psychische Hochleistung ist gefordert. Nun haben nach Medienberichten sämtliche „Choristen" zum Spielzeitende ihre Verträge gekündigt und als Begründung ihre Arbeitsbedingungen angeführt. Während der Proben erhielten sie demnach zwar Pauschalzahlungen, für die Aufführungen danach aber nur noch Gagen von 300 Euro pro Aufführung - drei- oder viermal im Monat. Doch ein Zuverdienst, so der Vorwurf, wird vom Burgtheater massiv erschwert. Das Haus hat sich zum einen die Entscheidung darüber vorbehalten, welche Zusatzengagements die »Choristen" annehmen dürfen. Zum zweiten würden Vorstellungstermine erst sechs Wochen vorher bekanntgegeben, was jede Langzeitplanung unmöglich mache.

Zitatende

Quelle: Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger Heft 2 2020 – Seite 16
 




In Deutschland wurden nach unwidersprochenen Angaben des Bundes der Steuerzahler seit über vierzig Jahren jährlich Steuergelder in Höhe von ca. € 30.000.000.000 durch die öffentliche Hand verschwendet. Berechnete man den Zinseszins mit 4% dann kommen wir auf eine Verschwendungssumme von ca. € 2.160.000.000.000.

Das entspräche in etwa unserer heutigen öffentlichen Verschuldung des Bundes. Stünden diese Gelder zur Verfügung, dann gäbe es keine Schulden, die Renten wären entschieden höher, die Steuerlast wäre niedriger und man könnten bürgernahe Aufgaben bewältigen, hätten bessere Straßen, eine bessere Infrastruktur, etc..

Auch der Bundesrechnungshof prangert jährlich die Steuergeldverschwendung an.
So die Meinung des Steuerzahlerbundes.

Die Leitung der Nds. Staatstheater Hannover GmbH hatte zum Beginn der Spielzeit 2019/2020 gewechselt.

Eine wirtschaftliche wie künstlerische Verbesserung der Situation der Gesellschaft gegenüber der Zeiten Puhlmann und Klügl ist in Hinsicht auf die Nds. Staatsoper Hannover nicht zu erkennen.

Ein nicht durch Zufälle wie Corona-Virus plötzlich entstandener, sondern geplanter Leerstand des Großen Hauses, war für den März mit 11 Tage angesetzt.

Geplante Belegung Nds. Staatsoper Hannover – Großes Haus – 3/2020
 

Datum

 

 

 

Anzahl der Veranstaltungen

 

 

 

Belegung

 

 

 

 

 

 

Ballett

Sonstige

Oper

 

 

 

 

 

 

 

 

 

01. März

 

 

1

Ballett-Gastspiel

 

 

01

02. März

leer

01

 

 

 

 

 

03. März

leer

02

 

 

 

 

 

04. März

leer

 

2

3 Generationen

 

 

02

05. März

 

 

3

3 Generationen

 

 

03

06. März

leer

03

 

 

 

 

 

07. März

leer

 

 

 

 

Barbier

01

04

08. März

 

 

 

 

Kinderfest
Kinderfest

 

05
06

09. März

leer

04

 

 

 

 

 

10. März

leer

05

 

 

 

 

 

11. März

 

 

 

 

 

Alcina

02

07

12. März

leer

06

 

 

 

 

 

13. März

 

 

4

3 Generationen

 

 

08

14, März

 

 

 

 

 

Alcina

03

09

15. März

 

 

 

 


Poetry Slam

Barbier

04

10
11

16. März

leer

07

 

 

 

 

 

17. März

leer

08

 

 

 

 

 

18. März

 

 

5

3 Generationen

 

 

12

19. März

leer

09

 

 

 

 

 

20. März

 

 

 

 

Grand Hotel

 

13

21. März

 

 

 

 

 

Greek Passion

05

14

22. März

 

 

6

3 Generationen

 

 

15

23. März

leer

10

 

 

 

 

 

24. März

leer

11

 

 

 

 

 

25. März

 

 

 

 

 

Greek Passion

06

16

26. März

 

 

7

Nijinski

 

 

17

 

 

 

 

 

 

 

 

27.März

 

 

 

 

 

Tosca

07

18

28. März

 

 

 

 

 

Greek Passion

08

19

29. März

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

 

 

20

30. März

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

 

 

21

31. März

 

 

8

3 Generationen

 

 

 

22

 

 

 

 

 

 

 

Summen

11 Leerstände

22 Veranstaltungen

 

 

 

 

 


8 x Oper
4 x Konzert incl.
2 x Kinderfest
8 x Ballett incl.
1 x Ballett-Gastspiel

 

 

Es wurden für den März 2020 Oper nur 8 Mal geplant, dazu 4 Konzerte und 8 Mal Ballett.

Der dritte Rang war bei den Vorstellungen ‘Alcina‘ geschlossen (die Premiere war ausgenommen), obwohl die Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH für die Ausgabe der HAZ vom 26. November 2019 feststellte, dass der dritte Rang geöffnet bleiben solle, da es Menschen gebe, die lieber im dritten Rang als im Parkett säßen.


Deutlich erkennbar die nicht verkauften Karten und der nicht dargestellte und somit nicht in den Verkauf gegebene dritte Rang

Der Jahresspielplan beinhaltet Produktionen aus früheren Jahren, die alle erfolglos waren, die dem Wert des Hauses als Nds. Landeshauptstadt nicht entsprechen und vom Publikum bereits abgelehnt wurden.

So sollen die alten Produktionen ‘Aida‘, ‘Fledermaus‘, ‘Rigoletto‘ und ‘Giovanni‘ zum Ende der Spielzeit 2019 / 2020 im Mai und Juni 2020 wieder auf den Spielplan kommen, so dass davon auszugehen ist, dass sie in der kommenden Spielzeit 2020/2021 wieder gezeigt werden.

Das entspricht nicht der Vorstellung eines ausgewogenen Spielplans, zumal die ‘Spieloper‘ völlig außen vor bleibt.

Bericht zur Veranstaltung des RWV Hannover
mit der Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH

 

 

Zitat

“Die Veranstaltung im Landtag war mit ca. 50 Personen gut besucht - es waren auch Teilnehmer aus dem Freundeskreis dabei. Nach den obligatorischen Fragen des Lebens, der Kindheit, der Ausbildung und nicht zuletzt der Aufstieg in die Hierarchie verkündete die Geschäftsführerin in aufgesetzter Freundlichkeit, dass in dieser Saison an 220 Tagen Opernaufführungen, Konzerte, Ballettaufführungen, Gastspiele etc. erfolgen. Sie lobte alle Mitarbeiter vor, hinter und auf der Bühne (obgleich ich bereits andere Aussagen gehört habe).

Zu den Operninszenierungen sagte sie, dass man auch ein jüngeres Publikum im Auge haben und die Interpretation immer offen bleiben und kein Ergebnis vorgeben dürfe.
(Seltsam - ich erlebe andere Libretti). Die Regisseure hätten oft ein tieferes historisches Wissen der darzustellenden Figuren (als der dumme Opernbesucher!!!).

Eine Wagner-Oper sei auch in Planung - leider habe der vorgesehene Regisseur aus privaten Gründen kurzzeitig abgesagt.

Was haben wir für schöne Opernabende  v o r  der Ära Puhlmann und Klügl erlebt.....

Die Dame berichtete weiter, dass im Jahre 2017 bei ihrer Assistentin in Basel ein Anruf aus dem hannoverschen Kultusministerium eingegangen sei und man um Rückruf bat.

Da keine Beziehung hierzu vorhanden war, wurde gegoogelt und zurückgerufen. Der Mitarbeiter legte ihr dann nahe, sich für die freiwerdende Intendanz zu bewerben.

Hat‘ ja geklappt, und darüber bin ich doch sehr erstaunt.

Ist das der übliche Filz in den Behörden?“


Zitatende



Kommentar

Geradezu empörend die Meinung der Frau Geschäftsführerin, wonach
“man auch ein jüngeres Publikum im Auge haben und die Interpretation immer offen bleiben und kein Ergebnis vorgeben dürfe.

Hier liegt ja gerade das Problem, dass die Nds. Staatsoper Hannover GmbH die inzwischen nichtmehr vorhandene Allgemeinbildung – vornehmlich der jüngeren der heutigen Besucher  ausnutzt, um mit ihrem szenischen ‘Heck-Meck‘ das Haus zu füllen, die Fälschung als wahr und richtig anzubringen, statt dem Publikum das Original im Rahmen des Bildungsauftrages vorzustellen.

Beispielhaft hierzu die bisher laufende ‘Tosca‘-Produktion.

In der Fortsetzung des Berichts wird erwähnt,
dass in dieser Saison an 220 Tagen Opernaufführungen, Konzerte, Ballettaufführungen, Gastspiele etc. erfolgen.

Fest steht, dass die Oper im Spielplan kaum vorkommt. Im März 2020 waren ganze acht (in Ziffern 8) Vorstellungen geplant:

2 x Barbier
2 x Alcina
1 x Tosca
3 x Greek Passion

Um auf die – von der Frau Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH - erwähnten 220 Tage Präsentationen zu kommen, muss man dann sämtliche Spielstätten zusammenfassen, als da sind Pseudoveranstaltungen, die mit der Oper nichts zu tun haben und nur ablenken und füllen sollen wie z.B.

- ‘Kuckuck‘ Oper - für Babys von 0 – 18 Monate‘ oder
- ‘Zählen und erzählen – Musiktheater für Unerwachsene‘
oder
- ‘Sturmfrei – Unterhaltsamer Ballettabend, während die Kinder in einem Workshop selber
   tanzend aktiv werden‘
oder
- ‘Opera Insiders – Spannende Begegnungen mit Mitarbeiter*innen des Opernhauses‘

Die 31 Kalendertage im Großen Haus des März 2020 aber wurden vom Plan her mit acht Vorstellungen Oper mit 4 x Konzert und Kinderfest, 8 x Ballett gefüllt, der Rest waren 11 Tage Leerstand zu Lasten der Steuerzahler.

Von Ausgewogenheit im Spielplan kann keine Rede sein. Und von Vielfalt schon garnicht.


Die Nds. Staatstheater Hannover GmbH gab am 11. März 2020 bekannt:

 

Zitat

Hinweis zum Coronavirus

WIR SPIELEN WEITER!

Aufgrund der Allgemeinverfügung des Gesundheitsamts der Region Hannover reduzieren wir die Platzkapazitäten im Opernhaus auf unter 1000 Sitzplätze. Die Spielstätten Schauspielhaus, Ballhof Eins und Ballhof Zwei sind davon nicht betroffen.

Für die stattfindenden Veranstaltungen der Staatstheater Hannover besteht nach aktueller Einschätzung keine besondere Gefährdung. Wir beobachten die Lage sehr genau und stehen in regelmäßigem Austausch mit den Gesundheitsbehörden.

Die empfohlenen Schutzmaßnahmen wurden an den Staatstheatern umgesetzt (Hinweisschilder zu Hygienemaßnahmen, Handdesinfektionsspender in den Eingangsbereichen, erhöhte Frequenz der Reinigungszyklen, aufmerksames Gesundheitsmanagement für Mitarbeitende mit Krankheitssymptomen).


Zitatende

Quelle: https://www.staatstheater-hannover.de/oper/

Am Freitag, den 13. März 2020, verkündete dann die Nds. Staatstheater Hannover GmbH die Schließung ihrer Spielstätten.

Zur Problematik der Stückverträge – d.h. wer nicht singt, wer nicht spielt, bekommt auch kein Geld – kein Wort des Hauses zu dieser Problematik.

Die Leitung der Nds. Staatsoper Hannover GmbH wurde sträflicherweise von einer rot-grünen Landesregierung – ohne öffentliche Ausschreibung der ’Planstelle Opernintendanz’, unter Außerachtlassung jeglicher Transparenz – aus dem Hinterzimmer des Ministeriums in die Hände einer Frau gelegt, die nach dem amerikanischen Prinzip des ‘Hire-and-Fire‘ hantiert.

Das bestehende Ensemble wurde von ihr aufgelöst.
Von sozialen Aspekten war und ist bei ihr offensichtlich keine Rede.


 

Schlussbemerkung

Wer über den Verlauf des Zweiten Weltkriegs - pompös als ‘Tausendjähriges‘ – ‘Drittes Reich‘ angekündigt – liest, kann doch nur am Verstand der Männer, die sich um den ‘Führer‘ scharten zweifeln.

So viel Blindgläubigkeit, Dummheit, Verbohrtheit, Eitelkeit ist unbegreiflich.

Haben wir aus der Katastrophe gelernt?
Sind wir wieder in Gefahr, Schreihälsen hinterherzulaufen, religiös getarnten zerstörerischen Zivilisationsfeinden aus falsch verstandener Toleranz viel zu viel Raum und Schutz zu geben um eine kriminelle Parallelgesellschaft aufzubauen, die im Namen ihrer archaischen Gebräuche unsere humanistische Ordnung untergräbt?

Zahlen wir riesige Summen an Steuergeldern an Familien, deren Frauen aus religiösen Gründen nahezu rechtlos nur dazu dienen müssen, die Kinderzahl zu vergrößern, um die Macht der Patriarchen zu erhalten und sogar noch zu erhöhen?

Ist es nicht möglich, die Streitereien der politischen Häuptlinge zu versachlichen, um gemeinsam die dringenden Probleme:
Bildung, Klima, Verkehr, Überbevölkerung in den Griff zu bekommen?

Es ist zwar biologisch festgelegt, dass das Männchen für die Reviersicherung und Fortpflanzung zuständig ist, aber der Homo sapiens wird in seinem Machttrieb zum Feind seiner selbst.

Mit bewundernswerter Klarheit hat es Richard Wagner im ‘Rheingold‘ ausgedrückt und ich habe Frickas Worte immer mit tiefer Überzeugung gesungen:


Wotan schildert sich und seine Ziele in der zweiten Szene von ‘Das Rheingold‘ eindeutig so:

Mannes Ehre
Ewige Macht
ragen zu
Endlosem Ruhm


- wohingegen Fricka argumentiert:

Was ist euch harten
doch heilig und wert,
giert ihr Männer nach Macht


ML Gilles

        www.bi-opernintendanz.de

 

 

Impressum



erscheint als nichtkommerzielles Beiblatt zu



- ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg -

kulturjournal.de - Holzländestraße 6 - 93047 Regensburg

Ersterscheinung der Ausgabe Regensburg am 27.07.2007
Erscheinungsweise: kulturjournal-regensburg zehn Mal pro Jahr von Februar bis August und Oktober bis Dezember

Verteilung:
Direktversand, Hotels, Theater, Galerien, Veranstaltungsorte, Tourist-Info, Bahnhöfe

Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz.de
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Staatsanwaltschaft Hannover,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen

RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen, aus dem Internet u.a. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen.

Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir meist auf Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.


 


Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
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Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing