Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de
 
 
 

 
 

Nr.49

Große Texte – Große Opern



 

Am 24.03.2024  meinte Jörn Florian Fuchs anlässlich seiner Kritik zur ‘Elektra’ in Baden-Baden – ‘Ein Libretto macht noch keine Oper’

Tonstudio-Tessmar.de und Kulturjournal.de stellen auf einer CD die von Richard Strauss textlich selbst bearbeitete Fassung seiner 1905 uraufgeführten Oper Salome auf der Basis der Dichtung von Oscar Wilde als Hörspiel in neuester KI-Technik zur Diskussion.

In folgender Besetzung:

Herodes - Emil Jannings (* 23. Juli 1884, † 2. Januar 1950)
Herodias - Marie-Louise Gilles
Salome - Renate Müller (* 26. April 1906, † 7. Oktober 1937)
Jochanaan - Heinrich George (* 9. Oktober 1893, † 25. September 1946)
Naraboth - Horst Caspar (* 20. Januar 1913, † 27. Dezember 1952)
Ein Page der Herodias - Friedrich Kayßler (* 7. April 1874, † 24. April 1945)
Erster Jude - Wilhelm Bendow (* 29. September 1884, † 29. Mai 1950)
Zweiter Jude - Otto Gebühr (* 29. Mai 1877, † 13. März 1954)
Dritter Jude - Max Gülstorff (* 23. März 1882, † 6. Februar 1947)
Vierter Jude - Ferdinand Marian (* 14. August 1902, † 9. August 1946)
Fünfter Jude - Paul Wegener (* 11. Dezember 1874, † 13. September 1948)
Erster Nazarener -Albert Bassermann (* 7. September 1867, † 15. Mai 1952)
Zweiter Nazarener - Max Pallenberg (* 18. Dezember 1877, † 26. Juni 1934)
Erster Soldat - Joachim Gottschalk (* 10. April 1904, † 6. November 1941)
Zweiter Soldat - Will Dohm (* 8. April 1897, † 28. November 1948)
Ein Kapadozier - Fritz Kampers (* 14. Juli 1891, † 1. September 1950)
Sklave - Lotte Lorring (* 6. Dezember 1893, † 20. März 1939)


 

Anlass für diese Publikation ist die jetzt geplante Wiederaufnahme der unsäglichen und damit indiskutablen Klügl-Produktion der Nds. Staatsoper Hannover und die Neuproduktion des Schauspiels am Residenztheater in München in der kommenden Spielzeit.

Vorgesehen war, die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover einzubeziehen, um Studierenden die Möglichkeit zu bieten, sich mit einem klassischen Operntext als Hörspiel durch eine CD-Produktion auseinanderzusetzen.

Dieses Institut zeigte weder in der Abteilung Schauspiel, noch der der Oper Interesse – man habe ja so viel Arbeit mit dem normalen Lehrplan zur Pflege der Wissenschaft – damit diese in der Wahrnehmung der Bevölkerung nicht völlig untergeht und deswegen keine Zeit, sich einem solchen praktischen Projekt zu widmen.

Die fatale Spaltung der HMTMH in Wissenschaft und Kunst dokumentiert sich auch in der Organisation der Einrichtung in Form einer Vertretung ‘Eva Baumann – Vizepräsidentin Wissenschaft‘ und ‘Oliver Wille - Vizepräsident Kunst‘. Die Hochschule ist also keine kompakte Einheit, sondern eine in sich widerstrebende Einrichtung, wobei die Wissenschaft neidisch auf die Kunst schaut, die sich allenthalben dem Volk präsentiert, während die Öffentlichkeit von der Wissenschaft kaum Notiz nimmt – ja nehmen kann, weil sie im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit – wie im monatlichen Leporello der HMTMH – überhaupt nicht in Erscheinung tritt.

Nimmt man den Monat Juni 2024 im Veranstaltungskalender der HMTMH, so sind dort allein 83 Veranstaltungen aus der Praxis - der Kunst - bei 30 Tagen im Monat Juni vor Publikum aufgezeigt.

Was möglich ist, zeigte sich außerordentlich deutlich beim Stipendiatenkonzert vom Förderkreis der HMTMH am 18. Juni 2024.
Talente, gepaart mit intensivem Probieren, brachten außergewöhnliche Leistungen zu Tage.

Die Kunst muss üben, um Erfolge generieren zu können. Da bleibt kein Platz für Ränkespiele und Kabalen.

Wenn auch der Minister am 27. April 2024 in der HAZ meinte, sich besänftigend einbringen zu wollen, so ist doch der Bewerber um das Präsidium der HMTMH jetzt schon verbrannt.

Das Land Niedersachsen sollte in die Tasche greifen und ihn abfinden. Ansonsten verstärkt sich zwangsläufig die ‘Störung des Betriebsfriedens‘ auf Dauer.

 

Ein Bild aus glücklicheren Tagen
Zitat

 

 

 

Zitatende
Quelle: https://staatstheater-hannover.de/de_DE/staatsoper

Der Zuschauerraum der Nds. Staatsoper Hannover gefüllt mit Besuchern.
Der Zuspruch so groß, dass auch der dritte Rang geöffnet und mit erwartungsfrohen Opernfreunden belegt werden konnte, ohne dass die Karten verhökert und die Auslastungszahlen in der Statistik geschönt wurden - 
- nach dem Motto:

.

Geschmacklose Werbung:
bring deine Puten, deine Ziege, deine Sau mit ins Theater.

 

 

 

Quelle: Nds. Staatsoper Hannover GmbH


Die Theater in einer Legitimationskrise!

Die Uni Hildesheim untersucht in einer Studie die Situation an den Theatern.

 

 


Zitat
Theater beanspruchen als besonders personalintensive Betriebe einen relativ hohen Prozentanteil der gesamten öffentlichen Kulturförderung bei einer vergleichsweise geringen Eigenfinanzierung. Das weckt immer wieder Begehrlichkeiten anlässlich von Verteilungskämpfen zwischen Kultureinrichtungen, der freien Szene, aber auch in der allgemeinen politischen Diskussion. Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich zu erfahren, welche Einstellung eigentlich die breite Bevölkerung (der Steuerzahler) zum Erhalt und zur Finanzierung der Theater hat. Dieser Forschungsfrage ist das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim als Teilprojekt einer Gesamtstudie mehrerer deutscher Universitäten nachgegangen. Wenn auch explizit von Stadt- und Staatstheatern die Rede ist, kann von einer entsprechenden Übertragbarkeit auf öffentlich geförderte Orchester ausgegangen werden.

Legitimationsprobleme für Theater können entstehen,
1. wenn nur noch eine schrumpfende Minderheit der Bevölkerung Interesse an den Angeboten zeigt,
 
2. wenn die soziale Spaltung zwischen höher gebildeten und sozial bessergestellten Besuchern und dem Rest der Bevölkerung wahrgenommen wird,

3. wenn das Theaterangebot nicht den Erwartungen des Publikums und der Bevölkerung entspricht und

4. wenn die Förderungswürdigkeit von weiten Teilen der Bevölkerung infrage gestellt wird. Immerhin äußern 33 Prozent der Bevölkerung Interesse an klassischen Kulturangeboten, dabei Frauen deutlich häufiger als Männer (41 zu 25 %). 59 Prozent der Befragten gehen nicht ins Theater, während 10 Prozent als Vielbesucher gelten und immerhin 31 Prozent als Gelegenheitsbesucher. Allein diese Zahlen zeigen, dass es für die Theater (und Orchester) bei der Besuchergewinnung in der Gruppe der Gelegenheitsbesucher noch deutliche Potenziale gibt.

Eine besonders wichtige Aussage enthält die Studie bei der Frage nach der öffentlichen Finanzierung: 86 Prozent der Bevölkerung stimmen weitgehend darüber ein, dass Theater auch zukünftig öffentlich gefördert werden sollten. Diese Aussage deckt sich auch mit den Erhebungen der
KulturBarometer vergangener Jahre, wonach auch Nicht-Besucher die öffentliche Förderung unterstützen, obwohl sie die Angebote selbst nicht nutzen. Das sollte allerdings für die Theater kein Grund sein, sich entspannt zurückzulehnen, denn in der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 39-Jährigen waren deutlich mehr Befragte dafür, die Theaterförderung zu kürzen. Ein Ansporn, noch mehr in Vermittlungsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene zu investieren.
Zitatende
Quelle: https://dasorchester.de/artikel/theater-in-der-legitimationskrise/

Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen:

 

 

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1. Einführung und theoretischer Rahmen

Die deutsche Stadt- und Staatstheaterlandschaft mit ihren ca. 140 staatlich geförderten Häusern, meist mit mehreren Sparten, eigenem Ensemble, Repertoirebetrieb und Gewerken, beansprucht einen großen Teil öffentlicher Mittel für Kultur und ist in vielen Kommunen die am höchsten geförderte Kultureinrichtung.

Die Eigenfinanzierungsquote durch Einspielergebnisse mit etwa 10 bis 20 Prozent (Theaterstatistik Deutscher Bühnenverein 2016/17) ist im internationalen Vergleich relativ gering. Im Unterschied zu privaten Kulturunternehmen unterliegen Stadt- und Staatstheater deshalb zwar weniger stark dem Kriterium wirtschaftlicher Effizienz, dafür aber einem stärkeren öffentlichen Rechtfertigungsdruck.

Im Kulturmanagement-Fachdiskurs wird vermutet, dass „die selbstverständliche und umfassende Subventionierung von Kultur und insbesondere Theater als Statussymbol und Ausdruck eines freiheitlich-bildungsorientierten Staates (...) von der Gesellschaft zunehmend in Frage gestellt ist“ (v. Cossel 2011, S. 45). Befinden sich Stadt- und Staatstheater also in einer Legitimationskrise, weil das Interesse an und die Nachfrage nach Theaterangeboten sowie die Einschätzung der Theater als gesellschaftlich wertvolle Einrichtungen in der Bevölkerung nicht (mehr) hinreichend vorhanden sind?

Dieser Frage geht der vorliegende Bericht auf der Grundlage einer Bevölkerungsbefragung nach.

Die Befragung wurde im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekts des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim „Strukturwandel der Kulturnachfrage als Auslöser von Anpassungs- und Innovationsprozessen an Stadt- und Staatstheatern“ konzipiert. Das Forschungsprojekt ist Teil des von den Theaterwissenschaften der LMU München beantragten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Gesamtprojekts „Krisengefüge der Darstellenden Künste“, an dem insgesamt sechs Teilpro-jekte verschiedener Universitäten mitwirken.

Im Projekt des Instituts für Kulturpolitik werden zum einen die Kulturnachfrage und die Einstellungen der Bevölkerung einschließlich des tatsächlichen und des potentiellen Publikums zum Theater durch die hier vorgestellte Befragung analysiert. Zum anderen wird die Perspektive der Theaterschaffenden auf ihr Publikum und auf veränderte Ansprüche der Kulturnachfrager anhand von Fallstudien an drei staatlich geförderten Theatern und einer schriftlichen Befragung aller Intendant/innen und führenden Dramaturg/innen an deutschen Stadt- und Staatstheatern untersucht.

Für das Projekt wurde ein theoretischer Rahmen entwickelt, der auf der neo-institutionalistischen Organisationstheorie basiert. Diesem Theorieansatz zufolge reagieren Organisationen bei der Gestaltung ihrer Strukturen, Programme und Verfahrensweisen vor allem auf Erwartungen wichtiger Anspruchsgruppen, um ihre Legitimität und so den Zufluss der erforderlichen Ressourcen zu sichern (Hasse/Krücken 1999; Walgenbach 2006).

Zu den für die Legitimität der Stadt- und Staatstheater relevanten Anspruchsgruppen gehören insbesondere die staatlichen Zuwendungsgeber der Theater (Städte, Landkreise, Bundesländer), die Kulturpolitiker/innen der Parteien in den zuständigen Parlamenten, die Fachöffentlichkeit (Fachkollegen/innen, Fachmedien, Feuilleton) sowie das „organisierte“ Stammpublikum in Form von „Freundeskreisen des Theaters“ oder einflussreichen Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft.

Die Legitimität ihrer Förderung mit Steuergeldern müssen die Stadt- und Staatstheater über den Rückhalt bei den maßgeblichen Anspruchsgruppen, aber auch in der Bevölkerung insgesamt sichern. Die allgemeine Bevölkerung verfügt zwar über keine institutionalisierten Kommunikationskanäle, über die sie Erwartungen an die Theater artikulieren könnte. Dennoch ist ihr Interesse am Theater für dessen Legitimität von zentraler Bedeutung. Über die Nachfrage nach Theaterveranstaltungen äußert sich eine direkte Wertschätzung dieser Kultureinrichtungen.

Eine ausreichende Nachfrage gilt als zentrales Argument für die staatliche Förderung eines Theaters, neben der allgemeinen Maxime, dass insbesondere die Kunst gefördert werden sollte, die es schwer hat, sich auf dem Markt durchzusetzen. Für die Legitimität der Theater sind auch die Einstellungen der Bevölkerung zum Theater und der staatlichen Förderung von Bedeutung, zumal Bürgerinnen und Bürger nicht nur tatsächliche oder potentielle Nutzer von Theatern sind, sondern auch Steuerzahler und Wähler.

Entsprechend der Fragestellung der Gesamtstudie konzentriert sich die Befragung auf Themen, die für die Legitimität der staatlich geförderten Theater von Bedeutung sein könnten: das Interesse an klassischen Kulturangeboten im Verhältnis zu anderen kulturellen Freizeitangeboten; die Wahrnehmung von Theaterangeboten in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen; Gründe, warum Theater nicht oder nicht häufiger besucht werden; die Erwartungen an die Aufgaben und Leistungen von Theatern und die Einstellungen zu ihrer staatlichen Förderung.

Als Grundlage für die Entwicklung des Fragebogens1 wurden folgende Thesen zur möglichen Entstehung von Legitimationsproblemen für Stadt- und Staatstheater im Zusammenhang mit der Kulturnachfrage der Bevölkerung formuliert:

Legitimationsprobleme für Stadt- und Staatstheater können entstehen,

1. wenn nur eine kleine und schrumpfende Minderheit der Bevölkerung Interesse an Theaterangeboten zeigt und sich das kulturelle Interesse zunehmend auf andere Kulturformen richtet;

2. wenn es eine starke soziale Spaltung des Kulturpublikums gibt und Theaterangebote weitgehend nur von einer höher gebildeten und sozial eher besser gestellten Gruppe der Bevölkerung wahrgenommen werden;

3. wenn Theater im Hinblick auf ihre künstlerischen und gesellschaftlichen Leistungen nicht den Erwartungen des Publikums und der Bevölkerung entsprechen;

4. wenn die Förderungswürdigkeit von Stadt- und Staatstheatern von weiten Teilen der Bevölkerung in Frage gestellt wird.

Die vorliegende Befragung bildet die aktuelle Situation des Interesses an der Nachfrage nach Theaterangeboten in Deutschland ab. Für die Diskussion der Thesen werden neben den Befragungsergebnissen auch Trenddaten aus anderen Befragungen herangezogen. Zudem werden mögliche Erklärungsfaktoren für erkennbare Strukturveränderungen der Theaternachfrage erörtert, wie insbesondere der demografische Wandel, die Entwicklung der kulturellen Interessen vor allem in der jüngeren Generation sowie Veränderungen des Marktes für kulturelle Freizeitangebote.

2. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Nur ein Drittel der Bevölkerung ist an klassischen Kulturangeboten wie Theater interessiert – überdurchschnittlich Frauen, ältere Menschen, formal hoch Gebildete und Großstadtbewohner.

Ein Interesse an klassischen Kulturangeboten wie insbesondere Schauspiel, Oper, Klassikkonzerte oder Kunstausstellungen äußern 33 % der Bevölkerung.

Im Vergleich Frauen häufiger als Männer (41 % zu 25 %); höher Gebildete häufiger als niedrig Gebildete (45 % zu 26 %); die Altersgruppe ab 60 Jahre häufiger als 18- bis 39-Jährigen (40 zu 31 %). Bei den 18- bis 39-Jährigen sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern besonders ausgeprägt: Während sich 40 % der jungen Frauen für Klassikangebote interessieren sind es bei den jungen Männern nur 24 %.

Nischen- und Subkultur wie Jazz, Weltmusik, Kunstperformances oder Filmkunst interessiert 24 %. Ein gutes Drittel der Bevölkerung (36 %) äußert ein Interesse an popkulturellen Veranstaltungen wie Rock/Popkonzerte oder populäre Blockbuster-Filme. 40 % interessieren sich für Feste und Events in der Umgebung.

Das Interesse an primär unterhaltungsorientierten Kulturformen ist also etwas stärker verbreitet als an “ernsten“ Kulturformen.

Während sich immerhin 71 % der Bevölkerung für mindestens eine der genannten Kulturformen interessieren, also im weitesten Sinne als „Kulturinteressierte“ gelten können, kann man 29 % als „Kulturmuffel“ bezeichnen, die sich für keine dieser außerhäusigen Kulturformen interessieren.

Generell zeigt sich: Wer sich für eine (außerhäusige) Kulturform interessiert, hat häufig auch ein Interesse an anderen Kulturformen. Umgekehrt gilt: Wer sich nicht für mindestens eine Kulturform interessiert, dem bleiben mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch die anderen Kulturformen verschlossen.

Nur wenige gehören zu den Vielbesucher/innen von Theatern, über die Hälfte zu den Nichtbesucher/innen

Nur 10 % haben in den letzten 12 Monaten mindestens vier Mal ein Theater besucht. 31 % waren gelegentlich (ein bis drei Mal) und 59 % gar nicht im Theater.

Bildung ist der wichtigste Einflussfaktor auf die Besuchsfrequenz. Von den Personen mit höherer Bildung waren in dem genannten Zeitraum
14 % häufiger und 43 % gelegentlich im Theater. Von den Personen mit einfacher Bildung haben nur 9 % häufiger und 19 % gelegentlich ein Theater besucht.

Betrachtet man die Gruppe der Theatergänger, d.h. Personen, die mindestens ein Mal im Theater waren, so besteht diese allerdings nur knapp zur Hälfte aus höher Gebildeten, ansonsten aus mittel und einfach Gebildeten.

Nach einer aus dem „Interesse an klassischen Kulturangeboten“ und „Besuchshäufigkeit von Theatern“ gebildeten Typologie können etwa
7 % der Bevölkerung zu den „Kern-Besucher/innen“ von Theatern und 47 % zu den „Nie-Besucher/innen“ gerechnet werden.

Zeitmangel wird häufiger als mangelndes Interesse als Grund für den Nicht-Besuch angegeben

Bei dem Hauptgrund für den Nicht-Besuch oder nicht häufigeren Besuch von Theatern wird „mangelnde Zeit“ (36 %) an erster Stelle genannt, erst dann folgt „mangelndes Interesse“ (28 %), was ein Zeichen für die soziale Erwünschtheit von Theaterbesuchen sein könnte. Mit Abstand werden an dritter Stelle die institutionellen Gründe „zu teuer“ und „begrenzte Auswahl bzw. mangelnde Qualität“ mit jeweils 12 % angeführt.

Große Zustimmung zur Förderung von Theatern mit Steuergeldern

Die Bevölkerung stimmt weitgehend darin überein (86 %), dass öffentliche Theater, auch in Zukunft mindestens in bisheriger Höhe mit Steuergeldern gefördert werden sollten. Nur 14 % wollen die finanzielle Förderung kürzen.

Selbst in der Gruppe der ‘Nie-Besucher/innen‘ vertreten nur 19 % diese Meinung. Daran wird deutlich, dass der Großteil der Bevölkerung Theater als gesellschaftlich wertvolle Institutionen sieht, die weiterhin staatlich gefördert werden sollten, auch wenn sie persönlich daran kein Interesse haben. Die jüngste Altersgruppe der 18- bis 39-Jährigen ist deutlich häufiger dafür, die Förderung der Theater zu kürzen, als die älteren.

Über die Produktion von Kunst hinaus sollen Stadt- und Staatstheater vor allem für eine breite Teilhabe sorgen

Nach mehrheitlicher Auffassung sollen Stadt- und Staatstheater nicht nur Kunst zeigen, sondern darüber hinaus auch soziale und gesellschaftliche Aufgaben übernehmen.

Befragt nach den Erwartungen an die Theater stehen in Bezug auf die Spielplangestaltung auf den ersten Plätzen:

„Programme für Kinder und Jugendliche“ (89 %), „Programme anbieten, bei denen man lachen kann“ (86 %) und

„Stücke zeigen, die für jeden verständlich sind“ (80 %). 66 % wollen „aktuelle Stücke und künstlerische Experimente“,

60 % erwarten „klassische Stücke von wichtigen Autor/innen“. Viele wollen sowohl klassische als auch experimentelle Stücke auf dem Spielplan sehen. Der Wunsch nach humorvollen Stücken ist unabhängig von Bildung und Alter.

Im Hinblick auf sonstige Erwartungen an die Theater ist der Bevölkerung besonders wichtig eine „Preisgestaltung, die Menschen aus allen sozialen Schichten Teilhabe ermöglicht“ (92 %), gefolgt von der Erwartung, dass
„Theater ein Treffpunkt für die breite Bevölkerung der Stadt sein sollten“ (73 %), und dass sie „gesellschaftliche und politische Diskussionen in der Stadt anstoßen“ (57 %). Am seltensten werden partizipative Angebote erwartet bei denen man „selber Theater spielen“ kann (33 %).

Für große Mehrheiten ist es also wichtig, dass die Theater durch spezifische Programme für Kinder und Jugendliche sowie durch günstige Preise und humorvolle und verständliche Stücke für eine hohe Zugänglichkeit sorgen.

Die Legitimation der Stadt- und Staatstheater in der Bevölkerung scheint derzeit nicht gefährdet, es deuten sich aber mittel- und längerfristig Legitimationsrisiken an, die vor allem vom Wandel des Lebensstils junger Generationen und von der demografischen Entwicklung ausgehen. Die hohe Zustimmung dafür, die Theater auch zukünftig mindestens auf dem bisherigen Niveau mit Steuergeldern zu fördern, weit über den Kreis der Nutzer hinaus, verweist auf die gesellschaftliche Bedeutung, die den Theatern zugeschrieben wird. Dahinter scheint auch die Erwartung zu stehen, dass Theater über die Produktion von Kunst hinaus soziale und gesellschaftliche Leistungen erbringen sollten.

Allerdings zeichnet sich für die nächsten Jahrzehnte ein Rückgang des Theaterpublikums ab. Trenddaten des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigen einen tendenziellen Rückgang des Interesses an und Nutzung von Theatern bei der jungen Bevölkerung mit hoher Bildung (de Sombre 2017). Dies verweist auf intergenerationelle Verschiebungen im kulturellen Geschmack und Lebensstil. Popkulturelle Veranstaltungen haben in dieser Altersgruppe eine deutlich höhere Bedeutung, und es gibt Anzeichen dafür, dass sich dies kaum verändern wird, wenn diese Generation älter wird.

Zitatende
Quelle: https://hilpub.uni-hildesheim.de/entities/publication/e8c50478-1cdf-4dcf-b95d-04db0f59637a/details

Kommentar

 

 

Zitat
Das Werk!

Weshalb und für wen?


Das Bedürfnis hinter einer Maske oder in der Gestalt einer dichterischen Figur das Leben zu deuten, gibt es seit Urzeiten und weltweit.
Dabei zuzuschauen und hernach ergriffen zu sein, ist genauso ein Urbedürfnis.
Die plumpe Rohheit oder die geistige Bildung des Publikums ist die Spannweite zwischen blutigem Gladiatorenkampf und sublimem Kammerspiel.
Dazwischen gibt es unendlich viele Abstufungen, abhängig von den geistigen Grundlagen der verschiedenen Epochen.

Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde die bis dahin als gottgewollt angesehene Ständeordnung abgeschafft und die Frauen erkämpften sich mühsam einen Platz in der Gesellschaft.

Diesem Vorhaben stehen natürlich weltweit die patriarchalen, religiösen Gesellschaftsformen entgegen.

Hier in Mitteleuropa und auch in Deutschland, das mit seiner bürgerlichen Kultur eine Fülle kostbarer Theaterbauten und eine solche Menge großer Werke für das Theater hervorgebracht hat, die sowohl erheiternd als auch erschütternd wirken, neigt sich das Bedürfnis des Publikums in erschreckendem Maße wieder dümmlicher Unterhaltung oder dem brutalen Kampf entgegen.

Die Masse entscheidet über Hit oder Flop. Darf, soll, muss sich die Theaterkunst jedem Trend anpassen? Gibt es einen Weg zwischen Dramaturgengeschwurbel und plattem Entertainment?

Wie steht es um 'das Werk'?

Begegnen wir ihm mit Respekt als der Leistung großer schöpferischer Persönlichkeiten oder ist es das Spielzeug selbstbesessener Theatermacher?

Und für wen spielen wir Theater?
Für versnobte Journalisten und Theaterwissenschaftler oder für das Publikum, das alles zwangsweise finanziert?
Im eigenen Verlag veröffentlichte Klaus Siebenhaar im Jahr 2015 das Buch
'Auftrag Publikum' - Der Hochkultur-Betrieb zwischen Audience Development und Ereignisästhetik.

Wie mit emporgerecktem Arm eines Redners beginnt er das Kapitel ‘die kuratierte Kultur‘ mit
"Das Werk löst sich auf, der Betrachter wird zum Bestandteil des künstlerischen Ereignisses. Die Interpendenz von Publikumsentwicklung und Ereignishaftigkeit künstlerischer Produktion und Rezeption kennzeichnet die vorläufig letzte Stufe im Prozess der Moderne."

Also 'Mitmach-Theater'?

Warum nicht?!
Dafür gibt es die Statisterie, den Kinderchor, den Extrachor, den Bewegungschor.
Dafür gibt es Improvisationstheatergruppen, Chöre aller Art, Tanzschulen aller Art, Spielgruppen, die Klassiker und Komödien in oft hervorragender Qualität aufführen.

Warum schreibt man nicht neue 'Performances', die Raum geben für die Inter-Aktionen?
Das ist wohl zu viel Arbeit! Und der Erfolg ist nicht garantiert.
Außerdem erhoffen sich die Intendanten mehr Publikum, wenn es heißt
'Nach Euripides' und / oder
nach Shakespeare, Goethe, Schiller, Hauptmann und so weiter.

Den Opern werden die Privat-Probleme der Regisseure durch die Regisseure aufgedrückt und so wird brutalisiert, sexualisiert, politisiert.
Dazu Video-Shows bis zum Überdruss und außerdem erscheint überall ob 'Meistersinger' in München oder 'Die Krönung der Poppea' in Hannover das Sängerensemble in Probenklamotten.

Haben wir nicht allmählich genug davon, dass Intendanten und Regisseure dem Hassprediger Frank Castorf und seinen Jüngern nachrennen.


Zitat
3SAT-kulturzeit am 27.01.2016:
Frank Castorf sagt von sich selbst, dass er die Stücke bei einer Inszenierung zerschlagen muss.
Und am Ende eines ZDF-Beitrags:
"Ich spucke auf alles, was mich umgibt. Das habe ich in der DDR gelernt, und ich werde es auch nicht mehr ändern!"
Zitatende

An ihm und der Band 'Rammstein' richtet Katharina, die Herrin von Bayreuth ihren künstlerischen Geschmack aus, entsprechend sind die Inszenierungen, wofür sie dann mit dem Professoren-Titel geehrt wird.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass in irgendeinem Beruf der Hass die Basis der Tätigkeit ist.


- Wer mag in einem Restaurant essen, in dem der Koch Lebensmittel
   hasst?
- Wer mag sein Bauvorhaben einer Firma anvertrauen, die nur Betrug
  und Schlamperei bietet?
- Welche Eltern schicken ihre Kinder in Schulen, in denen sie gequält
  werden?
- Wer engagiert einen Gärtner, der Pflanzen hasst?

 

 

Zitat
Der deutsche Hochkulturbetrieb - ob öffentlich-rechtlich oder gemeinnützig-privat - sucht in Quantität wie Qualität weltweit seinesgleichen.
Infrastrukturelle Dichte, künstlerisches Niveau, Facettenreichtum des Angebotes, Kundigkeit der Publika setzen im internationalen Kontext die Maßstäbe.

Zitatende
Quelle:
Klaus Siebenhaar - 'Auftrag Publikum' - B&S Siebenhaar Verlag - 2015 - Seite 39

Das klingt voll der Anerkennung, was im Vergleich zu anderen Ländern richtig sein mag.

Aber was nützt der beste Fabrikationsbetrieb, wenn das Rohmaterial nichts taugt.

Hochschulen füllen die Gesangsklassen, um weiter existieren zu können.

Opernhäuser müssen, um die Werke der Literatur aufzuführen, Agenturen rund um die Welt auf die Suche schicken, um die Rollen besetzen zu können.

Im schweren deutschen Fach:
Heldentenor, hochdramatischer Sopran.

Bayreuth 2019 gab uns ein Beispiel.
Ein hochachtbarer älterer Herr sang den Tristan und den Tannhäuser,
sonst hätte man das Werk überhaupt nicht aufführen können.

 

Da die assoziative Bebilderung das Werk völlig überwuchert, geht der Opernsnob nicht mehr in den 'Lohengrin' von Richard Wagner, sondern in den von Hans Neuenfels.
Ach ja - den mit den entzückenden Ratten.
Oder in Salzburg gibt es nicht die 'Salome' von Oscar Wilde und Richard Strauss, sondern einige waren hingerissen von Romeo Castellucci's assoziativen Beigaben.
Er wurde von den Kritikern der Zeitschrift 'Opernwelt' zum besten Regisseur des Jahres ausgewählt.

Machen wir uns doch mal den Spaß und interpretieren wir seine Interpretation:
Herodes und seine Entourage ist eine Mafia Gesellschaft, die sowohl im Blut als auch im Sumpf agiert.
Dafür sind die Gesichter entweder zur Hälfte rot wie Blut oder grün wie Entengrütze geschminkt.


Jochanaan, der Prophet, ein Schamane. Also her mit der großen Trommel!
Der abgeschnittene Pferdekopf: Racheandrohung der Mafia.
Salomes nicht ausgeführter Tanz. Hier hockt eine mit einem Lederriemen Festgebundene auf einem Block.
Aha, sie ist in der Gesellschaft gefesselt.
Und so geht es weiter.
Eigentlich ist das Assoziieren gar nicht so schwer.
Allerdings macht sich neuerdings eine Tendenz zu überbordender Bilderflut und Realismus breit.

In 'Verkaufte Braut' in München ist die Bühne voller Heu und hier in Hannover wird in der 'Jüdin' die Problematik des Stückes, nämlich der unversöhnliche Hass der Religionen, unter Schau und bunten Bildern verschüttet.
Es ist alles sehr eindrucksvoll, aber die Rache im Namen Jahwes, die Eléazar an seiner Ziehtochter Recha vollzieht, wird nicht in seinem Verhalten deutlich.

Natürlich ist das Publikum von der Schau begeistert und beklatscht mit Recht die Leistung der Mitwirkenden.

Aber sagt uns das Werk etwas
- über das Aufeinanderprallen der Religionen zur Zeit des
  Konzils zu Konstanz   von 1414 bis 1418,
- über die gespaltene katholische Kirche,
- über die Reformer um Johannes Huss,
- über das in seinen Gebräuchen erstarrte Judentum und
- über unsere jetzige Zeit?
Denken wir über das Erlebte nach, wenn sich die Tür des Theaters hinter uns schließt?

Über das innere Verarbeiten des Erlebten schreibt Klaus Siebenhaar:

 

 

Zitat
Die Intensität hochkultureller Praxis ist unlösbar mit dem Bildungsniveau verknüpft, Elternhaus und Schule sind die für die kulturellen Neigungen entscheidenden Primär-Instanzen. Diese positiven oder auch negativen Prägungen der frühen Jahre sind später nur schwer zu kompensieren oder gar zu korrigieren.
Zitatende
Quelle: Klaus Siebenhaar - 'Auftrag Publikum' - B&S Siebenhaar Verlag - 2015 - Seite 90 - 91

Wir gewinnen das junge Publikum für die Oper nicht durch dämliche oder brutale Inszenierungen gegen die sich die Mehrzahl des Publikums durch Wegbleiben wehrt, sondern durch eine werk- und autorengerechte Umsetzung der Stücke und damit Begeisterung für die Arbeit des Theaters.
ML Gilles
Zitatende

Ersterscheinung in Nr. 28 der Mitteilung an meine Freunde
Quelle: https://www.telezeitung-online.de/
Eine_Mitteilung_Nr.28_Dez_2019_-_Jan_2020_final_30.11.2019.htm

 

Kommentar

Überschriften zu Kommentaren lassen das Publikum aufhorchen und sich entscheiden, nicht mehr ins Theater zu gehen:

‘Isolde lassen sie uns zur Sitzgruppe gehen‘
 (Tristan in Braunschweig)

'Stumme Jule im Schneewittchensarg'
(Tristan in Regensburg)

Niederbayerische Erstaufführung
(Tristan in Landshut)

'Fasching in Braunschweiger Schrebergartenkolonie'
(Cosi in Braunschweig)

Unverschämte Irreführung
(Manon in Regensburg)

'Putz' und schrubb', du gutes Mädchen'
(Holländer in Regensburg)

'Starke Schachteln schichtet mir dort
inmitten der Bühne zuhauf'

(Holländer in Bayreuth)

'Und die Suppe ist auch kalt'
(Giovanni in Braunschweig)

'Klettermaxe - Die Wände hoch'
(Kabale am DT in Berlin)

‘Die Schlacht, sie tobt ganz fürchterlich,
Herrjeh, da liegt ein Brief für mich!‘
(Kabale an der Schaubühne in Berlin)

‘Die Irre von Sandwike‘
(Holländer in Essen)

‘Abge- kupfert‘
(Holländer in Freiburg

‘Von der Bahnsteigkante zurücktreten‘
(Manon in Regensburg‘


Die Theater leiden unter den Verfälschungen mit denen die Stücke, mit Billigung der Theaterdirektoren, den heute Ungebildeten gezeigt werden.
Man redet sich auf ‘Freiheit der Kunst‘ raus, produziert aber durchgängig - an welchem Haus auch immer – Unsinn und vertreibt damit das Publikum.


 

Presseschau - Überschriften im Rückblick

 

 

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Geschichtspolitik der Kulturstaatsministerin:
Will zu viel und leistet zu wenig

10. April 2024, 12:40 Uhr

Lächelt meist sehr freundlich - hat sich aber nun den gesammelten Zorn der Träger der deutschen Erinnerungskultur zugezogen: Kulturstaatsministerin Claudia Roth.

(Foto: RONNY HARTMANN/AFP)

Claudia Roth versucht sich an einer großen geschichtspolitischen Umarmung der Zivilgesellschaft. Doch ihr Entwurf für einen Rahmenplan zur Erinnerungskultur geht grandios daneben.

Von Joachim Käppner

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/claudia-roth-erinnerungskultur-gedenkstaetten-1.6537820
 

 

 

Zitat
Umstrittene Ausstellung in München:
Ärger um Leni Riefenstahl

19. April 2024, 15:13 Uhr

 
(Foto: Frank Mächler/dpa)

Zeitlebens umstritten:
Das Foto zeigt Leni Riefenstahl (1902 bis 2003) in ihrem Haus in Pöcking.
Eine Ausstellung mit Fotografien der NS-Regisseurin und ein zugehöriger Film stoßen in München auf Protest. Eine Diskussion im Filmmuseum wurde abgesagt.

Von Jürgen Moises

Zitatende
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-leni-riefenstahl-ausstellung-film-protest-1.6564180?reduced=true

 

 

Zitat
Brandschutz am Theater: Land unter

10. April 2024, 15:43 Uhr

Manchmal regnet es auch ganz kontrolliert im Theater; wie hier in der Bayerischen Staatsoper bei der Generalprobe von "Karl V." von Ernst Krenek mit Bo Skovhus im Jahr 2019.
Berliner Ensemble unter Wasser: Durch Sprinkleranlagen entstehen an deutschen Theatern immer wieder massive Wasserschäden. Was läuft da schief?

Von Christiane Lutz

Zitatende
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/wasserschaden-theater-sprinkleranlage-berliner-ensemble-1.6538037

 

 

Zitat
Theater: Goodbye, Leni

5. April 2024, 15:55 Uhr

 
(Foto: Bohumil Kostohryz)

Tänze im Reichspropagandaministerium:
Jacqueline Macaulay und Wolfram Koch in "Stahltier".


Albert Ostermaier bringt mit "Stahltier" eine kritische, lange Zeit verbotene Recherche zur NS-Filmkünstlerin Leni Riefenstahl auf die Bühne des Berliner Renaissance-Theaters.

Von Peter Laudenbach
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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/rezension-kritik-nina-gladitz-1.6522896?reduced=true

 

 

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Tanz: Kunst statt Kot

21. April 2024, 14:02 Uhr


(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Der Choreograf Marco Goecke in der Staatsoper Hannover, die nach der "Hundekotaffäre" jetzt wieder eine seiner Arbeiten zeigt.

Nachdem Hannovers Ballettchef Marco Goecke eine ihm unliebsame Kritikerin mit Fäkalien beschmierte und deshalb entlassen wurde, darf er dort jetzt wieder arbeiten.

Von Dorion Weickmann

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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/marco-goecke-hundekotaffaere-1.6564626?reduced=true

Kommentar

Und nun wird Herr Göcke Choreograph in Basel. Herr von Peter, der mehr oder weniger überall, Opern in den Sand setzt, nimmt ihn jetzt als dortiger Theaterdirektor unter seine Fittiche.

Da kann der Hundekotschmierer von Hannover seiner Auffassung von Ballett weiter frönen, die doch von denen ihm nicht Geneigten als Abklatsch eines Verkehrspolizisten auf einer Verkehrsinsel einer belebten Straßenkreuzung durch in der Luft rudernde Arme bezeichnet.

 

 

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Tanz: Nürnbergs Ballettchef geht

17. Mai 2024, 12:02 Uhr

Der Spanier Goyo Montero leitet seit 2008 das Ballett am Staatstheater Nürnberg. (Foto: Günter Distler/NNZ)

Goyo Montero wechselt von Franken nach Hannover. Er tritt dort die Nachfolge von Marco Goecke an, dem Protagonisten der Hundekot-Attacke.

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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/goyo-montero-ballettchef-nuernberg-hannover-hundekot-attacke-marco-goecke-nachfolge-1.7252636?reduced=true

Dr. Billand meint:

 

 

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https://www.youtube.com/watch?v=6RKw6dJMDNk


Die kurze Video-Kritik unmittelbar nach der Aufführung hat den Reiz größerer Authentizität und Emotionalität! Nehmen Sie teil bei „Billand blickt drauf“ … verfolgen Sie interessante Opernabende, vor allem Neuinszenierungen!

In seiner letzten WEB-Vorschau auf den Monat Mai 2024 der Wiener Staatsoper formulierte der Wiener Staatsoperndirektor Bogdan Roščić seine Sicht des sogenannten postdramatischen Theaters, das sich momentan in einer „riesigen Diskussion befinde“ (sic!), die er auch beobachte.

Wir verstehen darunter das „Regietheater“, ein Ausdruck für die Dominanz der Regie über Musik und Gesang in der Kunstgattung Oper. Er kommentierte damals am 1. März, „ob die großen Stoffe nicht eine Renaissance erleben sollen oder müssen“, wo er sich aber lieber nicht einmischen wolle.

Aber eines könne er sagen: „In der Oper geht das posttraumatische Theater, also das Infragestellen von klassischen Rollen der Darsteller, das Infragestellen eines vorgegebenen Textes, weil er das Geschehen auf der Bühne vielleicht zu sehr einengt, nicht. Denn da ist der Stoff mit der Musik verwoben.“ Der Staatsoperndirektor schließlich: „Man müsste also sehr viel Musik neu erfinden. Und über diese Schwelle mag sich dann doch niemand so recht trauen…“

Das Regierteam Jossi Wieler, Sergio Morabito (Chefdramaturg der Wiener Staatsoper) und Anna Viebrock (Bühne und Kostüme) hat aber nun in seiner bereits in Salzburg zu Ostern 2022 auf einiges Unverständnis gestoßene „Lohengrin“-Produktion genau das gemacht, und man muss sich in der Tat fragen, warum dieser „Lohengrin“ nun nach Wien kommen musste. Man will mit dieser entfremdenden Inszenierung eine „Befragung der Rollenbilder“ des „Lohengrin“ durchführen, die Figuren aus einer, wie Morabito es nennt, „szenischen Schockstarre befreien“, als ob Wagner nicht all diesen Rollen klare und aus dem Stück heraus nachvollziehbare Positionen zugewiesen hätte.

Bei 17 inhaltlichen Aufsätzen im Programmbuch, das kaum einer im Publikum vorher durchgelesen haben dürfte, wenn er überhaupt eines gekauft hat, befinden sich allein fünf vom Chefdramaturgen, aber kein einziger von Richard Wagner, der das Stück immerhin geschrieben und komponiert hat.

Das Ergebnis: Allenfalls eine Inszenierung für einen Festspiel-Versuch oder ein Stagione-Haus, aber nicht für ein Repertoire-Theater wie die Wiener Staatsoper!

Dr. Klaus Billand, 18. Mai 2024, für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Quelle:
https://klassik-begeistert.de/billand-blickt-drauf-1-lohengrin-wiener-staatsoper-klassik-begeistert-de-18-mai-2024/

 

 

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Oberammergau:
Passionstheater fällt aus

7. Mai 2024, 12:20 Uhr

 
(Foto: Sebastian Schulte)

Zwischen den alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspielen wird auf der Freilichtbühne in Oberammergau im Sommer auch Theater gezeigt. 2023 war es "Julius Caesar" in der Regie von Christian Stückl.

Das gab es bislang nicht: Wegen mangelnder Besuchernach-frage entfällt das Passionstheater in Oberammergau 2024. Christian Stückl hätte sein eigenes Stück "Der Rebell" insze-nieren sollen.

Von Yvonne Poppek, Oberammergau

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Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/bayern/passionstheater-oberammergau-2024-absage-christian-stueckl-der-rebell-1.7010048

 

 

 

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Festspiele Erl:
Wie Jonas Kaufmann Erl umkrempeln will

26. April 2024, 14:33 Uhr

 
(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Da freuen sich zwei: Star-Tenor Jonas Kaufmann (links) und Hans Peter Haselsteiner, Präsident der Festspiele Erl und Hauptsponsor, bei der Präsentation von Kaufmanns erster Saison als Intendant.

Der Startenor ist der neue Intendant der Tiroler Festspiele. Sein Programm soll Bodenständigkeit und Avantgarde vereinen. Er selbst ist als "Parsifal" zu erleben.

Von Rita Argauer, Erl

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Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/jonas-kaufmann-festspiele-erl-tirol-programm-1.6634338

 




Vor achtzig Jahren

 

 

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Der Führer hat zum ersten Male vom Flugzeug aus Berlin nach seiner Zerstörung gesehen. Das hat ihn tief beeindruckt. Er hat nun die Entscheidung gefasst, Berlin vom Grund auf neu aufzubauen.
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Quelle: Joseph Goebbels – Tagebücher – Seite 2040 – Band 5 - Piper-Verlag - 1991


Endlich bemerkte der ‘Führer‘ durch unmittelbare Inaugenscheinnahme, unter welchen Umständen die deutsche Bevölkerung ‘im Reich‘ zu leben hatte. Jetzt am 26. April 1944 nahm er endlich den Umfang der Zerstörungen zur Kenntnis.

Öffentlichkeit und Reichsführung ergingen sich in Kritik an Reichsmarschall Hermann Göring, der für die Luftwaffe zuständig, in seiner Villa Karinhall in der Schorfheide nördlich von Berlin ein von Luxus geprägtes Leben führte und sich wenig um Kampf und Krieg und die von ihm kommandierte Luftwaffe kümmerte.

Dabei hatte er die Luftschlacht um England vorzubereiten. Es galt den Versuch zu wagen, England nach dem Sieg über Frankreich zwischen Sommer 1940 und Anfang 1941 mit Luftangriffen gegen die britischen Streitkräfte und britische Städte die Kapitulation Großbritanniens zu erzwingen bzw. durch die Erringung der Luftüberlegenheit die geplante Invasion der Insel vorzubereiten.

International bekannt als Battle of Britain, war die Luftschlacht eine Serie von Gefechten im britischen Luftraum, die von der deutschen Luftwaffe gegen die Royal Air Force (RAF) geführt wurde. Britische Historiker legen den Zeitraum der Schlacht vom 10. Juli bis zum 31. Oktober 1940 fest, da ab diesem Tag die Tagangriffe in größerem Ausmaß ausblieben und als man die Kampfgeschwader der Luftwaffe für das Unternehmen Barbarossa abzog, wurden die Invasionspläne intern auf unbestimmte Zeit verschoben, also faktisch aufgegeben.

In einer völlig unzutreffenden Beurteilung der britischen Flugabwehr und Flugzeugproduktion zeichnete Hermann Göring das Bild einer auf nahezu allen Gebieten überlegenen deutschen Luftwaffe.
Doch die Großeinsätze über England offenbarten die deutschen Rüstungs- und Ausbildungsmängel. Häufig waren die deutschen Piloten unzureichend ausgebildet im Schutz von Kampfflugzeugen im Verbandsflug. Allein am Tag des "Battle-of-Britain", dem Höhepunkt der Luftschlacht am 15. September 1940, verlor die Luftwaffe zu viele von 1.700 eingesetzten Maschinen.

Nach diesem Rückschlag mit den großen Verlusten an Mensch und Material war die Unterlegenheit der deutschen Luftwaffe nach der verlorenen Schlacht um die Lufthoheit über England, deren Gelingen als die Voraussetzung einer Invasion der britischen Insel vorgesehen war - geradezu katastrophal.

Das Deutsche Reich verlor in der Luftschlacht um England 2.265 Maschinen, weitere 867 waren zu über zehn Prozent beschädigt. Die knapp 2.000 gefallenen und etwa 2.600 vermissten oder gefangenen Piloten waren für die Luftwaffe in den folgenden Monaten kaum zu ersetzen.

Die Folgen der schleppenden Zurverfügungstellung von Kriegsmaterial waren verheerend.
Im Juni 1941 hatte die Luftwaffe gerademal 228 Bomber, im November weitere 284 Flugzeuge neu hinzubekommen – eine grotesk geringe Zahl.
Dabei war gerade für das Zusammenspiel von Luftwaffe und Heer der Garant für die Erfolge in den Blitzkriegen gegen Polen und Frankreich. Und dabei stand nun die nächste Herausforderung an: das Unternehmen Barbarossa – also der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion.

Die deutschen Großangriffe auf Ziele in England wurden Mitte September 1940 eingestellt.
Im Frühjahr 1941 wurde der Luftkrieg gegen England ganz abgebrochen: Hitler benötigte die Flugzeuge nun für den Überfall auf die Sowjetunion.

Der ‘Führer‘ war geradezu ungehalten über Göring. Immer wieder habe er seit Monaten die notwendigen Maßnahmen zur Verstärkung der Luftabwehr gepredigt, aber Göring habe daraus nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Nun solle die Luftwaffenproduktion ganz in die Obhut von Rüstungsminister Speer gelegt werden.

Göring sträube sich zwar gegen diese Maßnahme, aber die Erfolge, die Speer auf dem Gebiet der Jägerproduktion erreicht habe, seien so imponierend, dass es nicht mehr zu verantworten sei, Göring von der Luftwaffenproduktion nicht zu entlasten und sie Speer weiterhin vorzuenthalten.

Dabei hatte der Wiederaufbau der Luftwaffe in den dreißiger Jahren so hoffnungsvoll begonnen und zu Beginn des Krieges 1939 verfügte sie über 400.00 Mann Personal und 4.000 Flugzeuge modernster Bauart. Dazu gehörten der Bomber Heinkel He 111, der eine maximale Bombenlast von 1.800 Kilogramm transportieren konnte. Der Jäger Me 109 und das Mehrzweckflugzeug Me 110 der Firma Messerschmitt sowie das von den Junkers-Werken gebaute Transportflugzeug Ju 52 gehörten zur Standardausstattung.

Ernst Udet, einer der erfolgreichsten deutschen Jagdflieger des Ersten Weltkrieges, forcierte ab 1936 als Leiter des Technischen Amts im Luftfahrtministerium den Bau aerodynamisch verbesserter Flugzeuge. Der Übergang von der Wellblech- zur Glattblechplankung sowie die Anwendung stärkerer Motoren und neuer Technologien erhöhten die Geschwindigkeit und Gipfelhöhe der Flugzeuge erheblich. Der Doppeldecker wurde endgültig vom Eindecker aus Ganzmetall abgelöst.

Udet war maßgeblich für die Entwicklung des Sturzkampfbombers (Stuka) Ju 87 verantwortlich, der im Zweiten Weltkrieg wie kein zweites Flugzeug mit dem von Udet erfundenen Sirenengeheul während des Sturzflugs gegnerische Truppen psychologisch demoralisierte und mit seiner maximalen Bombenlast von 1.800 Kilogramm Schrecken in der Zivilbevölkerung auslöste.

Das Zusammenspiel von Luftwaffe und Heer war der Garant für den schnellen Erfolg der Wehrmacht in Kriegszeiten. Die massive Luftunterstützung für das Heer entfaltete sich direkt über dem Gefechtsfeld zum Ausschalten gegnerischer Verbände und Stützpunkte geflogen. Gleichzeitig trugen Kampfbomber den Luftkrieg zur Zerstörung von Industrieanlagen und Nachschubverbindungen tief ins feindliche Hinterland und den Tod in die Städte des Gegners.

Mit der geplanten Eroberung der Luftüberlegenheit sowie der Zerstörung britischer Rüstungsindustrien wurden der Luftwaffe in der "Luftschlacht um England" hingegen Aufgaben zugewiesen, denen sie weder qualitativ noch quantitativ gewachsen war. Die Schlacht der von Göring vollmundig propagierten "Luftmacht Deutschland" gegen Großbritannien offenbarte die deutschen Rüstungs- und Ausbildungsmängel schonungslos: Den britischen Hurricans und Spitfires war die Me 109 technisch unterlegen.
Hinzu kam, dass die deutschen Jägerpiloten unzureichend ausgebildet im Schutz von Bomberverbänden waren. Durch britische Jäger erlitt die Luftwaffe so erhebliche Verluste. Zudem verfügten die Briten mit ihrem neu entwickelten Radar über ein technologisch revolutionäres Frühwarnsystem, das ihnen hohe Trefferquoten erlaubte.
Nach dem Verlust von über 2.200 Maschinen wurde der Luftkrieg über England im Frühjahr 1941 eingestellt und der Großteil der zumeist 120 Flugzeuge umfassenden Geschwader für den bevorstehenden Krieg gegen die Sowjetunion nach Osten verlegt.

Aber auch Nordafrika forderte seinen Zoll, denn im September 1940 eröffneten italienische Streitkräfte von ihrem libyschen Kolonialgebiet aus eine Offensive gegen das unter britischer Herrschaft stehende Ägypten. Eine Ende des Jahres 1940 begonnene Gegenoffensive führte die Briten bis Anfang Februar 1941 nach El Agheila an der Großen Syrte. Gleichzeitig gingen die italienischen Kolonien in Ostafrika an britische Truppen verloren. Der drohende Verlust Libyens und seines gesamten Kolonialreichs veranlasste Benito Mussolini, den Verbündeten Deutschland um militärische Hilfe zu ersuchen. Um die Schwächung der Achse Berlin-Rom durch eine Instabilität Italiens zu verhindern, sah sich Adolf Hitler gezwungen, der Bitte nachzukommen. Ein Sieg der Briten in Nordafrika und die Stärkung ihrer Stellung im Mittelmeerraum hätten eine britische Invasion in Italien und die Eröffnung einer neuen Front in Südeuropa zur Folge haben können.

So war also die deutsche Luftwaffe an der Ostfront, gegen England und nun in dem schwer mit Nachschub zu versorgenden Nordafrika gebunden. Die Briten operierten von Malta aus und legten Nachschubwege von Griechenland oder Italien nach Tripolis mit ihren U-Booten zeitweilig völlig lahm.
Die deutsche Flugzeugproduktion war der britischen und sowjetischen während des Zweiten Weltkrieges deutlich unterlegen. Nach dem Kriegseintritt der USA und der Verlegung von US-Kampfgeschwadern nach Europa verschob sich der alliierte Rüstungsvorsprung noch weiter zuungunsten des Deutschen Reiches. Aufgrund nahezu uneingeschränkter alliierter Luftherrschaft konnte die Wehrmacht 1944 weder die Invasion in der Normandie noch den alliierten Vormarsch in Frankreich und Italien oder den Vorstoß der Roten Armee an die Reichsgrenzen unterbinden.
Es fehlte später an gut ausgebildeten und erfahrenen Piloten, um technische Vorteile weiterentwickelter Maschinen wie des Jagdbombers Focke-Wulf FW 190, des Nachtjägers Dornier Do 217 oder des 1944 erstmals eingesetzten Düsenjägers Me 262 ansatzweise ausnutzen zu können.

    ME 262 – Foto: Wikipedia

Und dann kam die Invasion.

In der Nacht auf den 6. Juni 1944 waren die ersten Truppen der Amerikaner, der Briten und der Kanadier zwischen Le Havre und Cherbourg an Land gegangen.

 

 

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Der Führer ist außerordentlich aufgekratzt. Die Invasion findet genau an der Stelle statt, an der wir sie erwartet hatten und genau mit den Mitteln und Methoden, auf die wir uns vorbereitet haben. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn wir damit nicht fertig würden. Die Luftlandetruppen, die im Hinterland herumzigeunern, schätzt der ‘Führer‘ nicht allzu hoch ein.
[…]
Leider hat der Feind schon einige Panzereinheiten eingesetzt; aber dagegen werden jetzt unsere operativen Reserven mobil gemacht. Zwei erstklassige Panzerdivisionen, die in 150 km Entfernung standen, sind in Marsch gesetzt. Sie werden bis nachmittags um 6 Uhr zum unmittelbaren Einsatz bereitstehen. Der ‘Führer‘ ist davon überzeugt, dass es ihnen gelingen wird, die gelandeten Einheiten des Feindes wieder hinauszuwerfen und vor allem die Luftlandetruppen zu vernichten.
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Quelle: Joseph Goebbels – Tagebücher – Seite 2051 – Band 5 - Piper-Verlag - 1991


Anfänglich war die Wetterlage günstig für die Wehrmacht. Die Angreifer kamen nicht so gut voran, wie es bei einer anderen Wetterlage zu befürchten gewesen wäre. Man befand sich hier meteorologisch gesehen in der Westwinddrift, hatte also eher mit dem Durchzug von Warm- und Kaltfronten von West nach Ost zu tun. Beim kontinentalen Klima an der Ostfront, wo Kaltluft aus dem Osten und Norden das Wetter anders beeinflusste als an der Atlantikküste. Somit konnte die Überlegenheit des Feindes in der Luft bei den gegebenen Wetterbedingungen nur zum Teil zur Wirkung kommen. Worüber der ‘Führer‘ sich begeisterte. Endlich komme das Wetter einmal der Wehrmacht zu Hilfe.

 

 

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Göring […]  ist wie immer optimistisch, um nicht zu sagen überoptimistisch. Er hat die Schlacht beinahe schon gewonnen.
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Quelle: Joseph Goebbels – Tagebücher – Seite 2052 – Band 5 - Piper-Verlag - 1991


Die deutsche Bevölkerung geriet auf Grund eines unkontrollierten und durch nichts begründeten Optimismus bzw. gar Illusionismus in der Berichterstattung in eine Art von Erregungszustand, wusste man doch, dass die Invasion der Alliierten den Ablauf der Kriegshandlungen im Westen wesentlich beeinflussen würde.

Neben Panzern hatte man auch Luftreserven herangezogen, so dass die Jäger stärker in die Bodenaktionen des Feindes hätten eingreifen können, zumal sich die Sichtverhältnisse gebessert hatten, was natürlich auch dem Feind zugutekam.

So war man über die Entwicklung des Schlachtverlaufs höchst - schon wenige Tage nach Beginn der Invasion - unzufrieden. Die vielen gemachten Versprechungen hielt die Wehrmacht nicht ein. Und die Luftwaffe trug einen großen Anteil der Fehlentwicklungen dazu bei, so dass den Masseneinflügen des Feindes kaum Gegenwehr geleistet werden konnte.

Diese außerordentliche Lage machte es notwendig, das deutsche Volk dazu zu bringen, einen ‘totalen Krieg‘ zu führen, das heißt alle Mittel aufzuwenden, um das Kriegsglück zu eigenen Gunsten zu wenden. Aber der totale Krieg – von Goebbels schon am 18. Februar 1943 verkündet, und dem Volk in seiner Rede im Berliner Sportpalast abgefordert - sei ja nur eine Phrase und in Wirklichkeit immer noch nicht vorhanden.


Die Menschen seien ja bereit, alles aufzuwenden – nur versäume man leider, es den Leuten zu sagen, wohin es folgen solle. Die Heeresführung behelfe sich mit halben Mitteln, setzten mit einer kompromisslerischen Politik die vorhandenen Kräfte nur verhalten ein – was zu ständigen Misserfolgen führe. Und dies zeige sich jetzt Ende Juni 1944 an der Westfront, in Italien an der Südfront und sicher bald wieder an der Ostfront, während die Russen weiter nach Westen vordrängten.

Das permanente Gerede von den ‘Vergeltungswaffen‘ führe nur dazu, das Volk irrezuleiten, da genüge ein Satz in der Presse, der eine falsche Interpretation zulasse und das Volk meine, der Krieg sei in drei Tagen beendet. Die Konsequenz sei, dass die Enttäuschung umso größer sei, wenn der Sieg dann nicht in der herbeigeredeten Form eintrete.

Die Lage an der Westfront hatte sich in den wenigen Tagen seit dem Beginn der Invasion durch die totale Überlegenheit des Feindes in der Luft so sehr verschlechtert, dass die Gebiete allein schon in Frankreich nicht mehr länger gehalten werden konnten und die Heeresleitung unbedingt eine politische Lösung des Problems finden müsse, wenn nicht alles verloren sein solle.

Die ständige Bombardierung trage dazu bei, dass auch im Inneren des Landes der Glaube an den Sieg bei der Bevölkerung immer mehr verloren gehe und defätistisches Gerede Platz greife. Am 21. Juni 1944 flog ein Geschwader von 1.000 amerikanischen Flugzeugen die Reichshauptstadt an. Die alte Reichskanzlei wurde aufs schwerste getroffen, das Zeitungsviertel ebenso, der Dom und das Schloss brannten, der Bahnverkehr war betroffen. Und die Luftverteidigung blieb aus.


Reichsmarschall Göring erfreute sich höchster Unpopularität, Hitler erging sich in schlimmsten Ausfällen gegen Göring, der gar nicht mehr recht zurechnungsfähig sei, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die lebensnotwenigen Hydrierwerke vor den Angriffen zu schützen. Gehe das so weiter, dann habe man im Sommer nur noch die Hälfte des Kraftstoffs für das Betreiben von Flugzeugen und Bodengerät zur Verfügung. Es müssten die einschneidensten Maßnahmen zur Einsparung von Treibstoff im zivilen Bereich eingeleitet und durchgehalten werden.

Trotz der momentanen Probleme sei der ‘Führer‘ noch nicht gewillt, den ‘totalen Krieg‘ auszurufen. Die Krise, in der man sich befinde, müsse erkannt, analysiert und durch eine Reform der Wehrmacht überwunden werden. Das Führungspersonal der Wehrmacht müsse gewechselt und der nach wie vor überbordende Luxus an Personal im Reich abgebaut werden. Goebbels meinte, er könne mittels Durchkämmen der Büros dem 'Führer' eine Millionen Soldaten zuführen.


Der ‘Führer‘ erwiderte, dass es mit der Bereitstellung der Menschen allein nicht getan sei. Diese müssten ausgebildet und bewaffnet werden. Und führe man tatsächlich ein großes Revirement in den Führungspositionen der Wehrmacht durch, was solle man mit tausenden von zurückgezogenen Offizieren anfangen, die z.B. im Staatsapparat nicht zu gebrauchen seien. Übernehme man sie besseren Wissens als Sachbearbeiter doch irgendwo in Bodenpositionen der Wehrmacht, könne man sich einen sich zwangsläufig ergebenden personellen Leerlauf nicht in Kauf nehmen, auch wenn es sich ‘nur‘ um ca. 50.000 Personen handele.

Und wie solle er die Ablösung dieses Führungspersonals jetzt abfangen, diese selbst aufgerissenen Löcher stopfen.

Der grundsätzliche Fehler sei gewesen, die nach dem ersten Weltkrieg ausgeschiedene Führungsmannschaften aus ihren Positionen in der Wirtschaft herauszuholen und mit maßgeblichen Aufgaben in der neuen Wehrmacht zu betrauen. Da hätten sich die Herrschaften zunächst einmal einen Apparat von Getreuen aufgebaut. Ansammlungen von Gruppen- und Abteilungsleitern, denen es an erster Stelle darum gehe, das eigene Wohlbefinden zuzusichern.

Und schon gar nicht könne Göring zurückgezogen werden, obwohl der in einer Welt völliger Illusionen lebe. Daher mache die Luftwaffe in ihrer Gesamtheit eine schwere Krise durch. Sie leide an einer überbordenden Bürokratie, Schwierigkeiten in materiellem und moralischem Sinne.

Schon 1937 zeichnete sich ein Manko in technischer Hinsicht ab. Mangelnde Erfahrung, fehlende Fertigungskapazitäten und ständig wechselnde Planziele hatten dafür gesorgt, dass die Zahl der einsatzbereiten Flugzeuge deutlich unter den Vorgaben war. In dem Zusammenhang sind der ständige Konkurrenzkampf zwischen den Firmen Heinkel, Junkers und Messerschmidt
zu berücksichtigen.

Verantwortlich wurde anfänglich Ernst Udet gemacht, der mit einer falschen Materialpolitik die ‘Schlacht um England‘ verloren und für die anfänglichen Niederlagen im Russlandfeldzug 1941 gerade zustehen habe.

Der ‘Führer‘ selbst habe kaum Einfluss nehmen können, da ihm die Kenntnisse fehlten. Er habe sich für Bodentruppen und deren Bewaffnung immer gut – auf Grund seiner Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Panzerwaffen – einsetzen können. Bei Flugzeugen aber fehle ihm der gesamte Überblick und er sei von anderen abhängig.



Göring habe die Luftwaffe technisch verkommen und damit ins Hintertreffen geraten lassen.

Der größte Fehler Görings aber sei, dass er nur das Angenehme hören wolle und sich über Fakten nicht orientiere, dass er seine Umgebung dazu erzogen habe, ihm nur glückliche Informationen zu bringen.

Dadurch lebe er in einem Zustand völliger Missinterpretation der Lage, übertrage seine so und durch eigenes Zutun gewonnen Eindrücke auf die gesamte Luftwaffe.

Was jetzt am Ende des Juni 1944 aus der Luftwaffe geworden sei, könne nur mit Görings eigenem und seiner ihn unmittelbar umgebenden Mannschaft als Versagen beurteilt werden.

Das Volk sei empört über dieses Fehlverhalten Görings und die sich daraus ergebende Lage der Luftwaffe, wie sie sich ja anhand der Feindeinflüge und großflächigen Bombardements durch die Alliierten nicht verheimlichen lasse.

Der ‘Führer‘ wisse auch, dass es sich bei Göring um einen Versager handele, der die größten Wunden schlage. Und doch könne er ihn nicht ablösen, da sonst Reich und Partei größeren Schaden nähmen.
Was Goebbbels nicht einleuchtete.

Am 23. Juni 1944 kam der erfolgreiche Generaloberst Dietl bei einem Flug von Salzburg nach Helsinki ums Leben.

Wieder einmal wurde deutlich, dass die deutsche Luftwaffe unter einer Pechsträhne ohne Ende leide.

Goebbels aber glaubte nicht an ein Unglück als Einzelfall, sondern dass es sich um Unfähigkeit, Saumseligkeit und Nachlässigkeit Görings handele, sie seien in höchstem Maße im Spiel.

Nun, Mitte 1944, war das Deutsche Reich immer mehr in die Defensive geraten.

 

 

 

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Die Lage auf der Halbinsel Cotentin ist natürlich für uns alles andere als erfreulich. Die amerikanische Artillerie schießt sich bereits ein und vor allem greift der Feind die Festung Cherbourg mit massierten Luftangriffen an.
Aus Italien wird nichts besonderes Neues berichtet.
Im Osten haben die Sowjets den ganzen Tag über bei Witebsk und Orscha angegriffen und zwar auf breiter Front und diesmal in Stärke vieler Divisionen. Es haben sich hier harte Kämpfe abgespielt.

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Quelle: Joseph Goebbels – Tagebücher – Seite 2070 – Band 5 - Piper-Verlag - 1991


Am 18. August 1943 – also ein Jahr zuvor - hatte sich der Generalstabschef der Luftwaffe, Hans Jeschonnek, erschossen. Jetzt – ein Jahr später erfuhr Goebbels, dass es seinerzeit eine erregte Debatte zwischen Jeschonnek und Göring gegeben hatte, nach der der Erstere noch die Abendlagebesprechung abhielt und sich dann in seinem Zimmer erschoss.
Göring hatte von einer Besprechung mit Hitler kommend, Jeschonnek vorgehalten, er trüge, wenn Deutschland den Krieg wegen der falschen Flugzeugproduktionspolitik verlöre, die Schuld daran.
Worauf Goebbels meinte, die Fliegerhelden machten es sich einfach, sich der Verantwortung für einen geschichtlichen Versager zu entziehen. Udet habe ja durch Kopfschuss so gehandelt, als ihm klar wurde, dass seine Politik in eine Sackgasse geführt habe.

Auf einer Fahrt nach Breslau kam Goebbels durch Trümmerlandschaften und er sah noch in Berlin, wie sehr die Stadt gelitten hatte, Der Dom eine Kirchenruine, das Schloss bot einen erbarmungswürdigen Anblick. Alles andere sei eine physische Qual.

Dazu dann am 20. Juli 1944 das Attentat, nicht erfolgreich, da Hitler verletzt überlebte.

Goebbels meinte, Staufenberg habe mit seiner Persönlichkeit eine ungeheure Rolle gespielt. Mit seiner großen Beredsamkeit habe er Wankelmütige und Zauderer überredet, mitzumachen. In den letzten Monaten habe er den Putsch massiv vorbereitet, sei von Verräter zu Verräter gefahren und sie unentwegt bearbeitet.

Der Komplex Westfront wurde in den Prozessen, die das Attentat auslöste, behandelt. In diesen wurde auch Rommel neben seinen Misserfolgen an der Atlantikküste schwer als Mitwisser am Attentat bezeichnet.

Die Ostlage war außerordentlich traurig. Es bestand keine Hoffnung, dass sich die eingeschlossenen Divisionen mit insgesamt 100.000 Mann zurückkämpfen könnten.

Speer wollte als Rüstungsminister - trotz der Misere an allen Fronten in Bezug auf den Mangel an Personal - aus der Rüstungsindustrie keinen der UK-gestellten Soldaten abgeben. E
r könne sonst die Produktion der Waffen nicht aufrechterhalten.

In der Öffentlichkeit machte sich eine defaitistische Stimmung breit, zumal ruchbar wurde, dass die Fronten wegen materieller und personeller Überlegenheit des Feindes nicht gehalten werden konnten.

Dass der Osten aufgegeben werden musste, hatte man hingenommen. Dass man im Süden zurückging, um im Westen stark zu bleiben, wurde nicht kritisiert.
Dass man aber im Westen jetzt auch noch unterlegen war und sich zurückziehen musste, sei dem Volk nicht zu vermitteln.
Irgendwo müsse man doch einmal zum Stehen kommen und die Front halten, sonst mache doch der ganze Krieg keinen Sinn mehr.

Es kam nichts mehr zum Stehen. Im Gegenteil, an allen Fronten waren nur noch Rückzugsbewegungen zu beobachten.
Im Westen begann das Vorrücken der Alliierten nach Osten im Rahmen des Unternehmens ‘Cobra‘ in Richtung Paris, ein Korps der 3. US-Armee stieß nach Westen vor, um die Atlantikhäfen einzunehmen. Die Überlegenheit des Feindes war so groß, dass man seitens der Heeresleitung mental sich nur noch damit abfinden konnte: der Krieg war verloren, denn wenn Frankreich völlig in die Hände der Alliierten fiel, war auch kein U-Boot-Krieg von den Häfen an der Atlantikküste aus mehr zu führen. Grundlegend war hier nichts zu erreichen, denn die Lufthoheit des Gegners war derartig überragend, dass fast jede Bewegung von Truppen am Boden zwangsläufig in der Zerstörung dieser führen musste. Auch der Austausch von Führungskräften konnte nichts bewirken, da alle mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Ob nun von Kluge oder den ihn ersetzenden Model waren der gleichen Problematik ausgesetzt. Kluge brachte sich um, da er unter seinen Fehleinschätzungen litt und befürchtete in Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli gebracht zu werden.

Nach der Landung französisch-amerikanischer Einheiten an der Mittelmeerküste zwischen Toulon und Cannes am 15. August 1944 und dem Zusammenbruch des Vichy-Regimes stießen die Alliierten auch Rhône- und Saône-aufwärts konzentrisch Richtung deutsche Grenze vor.

Am 25. August 1944 befreiten die Alliierten unter dem frenetischen Jubel der Bevölkerung kampflos Paris, wo Charles de Gaulle eine provisorische französische Regierung bildete. Der deutsche Stadtkommandant von Paris, General Dietrich von Choltitz (1894-1966), hatte zuvor kapituliert und damit einen Befehl Hitlers verweigert, Paris zu verteidigen oder "nur als Trümmerfeld in die Hand des Feindes fallen" zu lassen.

Auch die Ostfront geriet im Sommer 1944 immer mehr in Schwierigkeiten.

 

 

Zitat
Die Ostlage ist für uns im Süden natürlich außerordentlich traurig. Es besteht kaum noch Hoffnung, dass unsere eingeschlossenen Divisionen sich noch zurückkämpfen können. Es handelt sich um insgesamt um etwa 100.000 Mann […]
Demgegenüber hat sich die Lage in der mittleren und an der Nordfront etwas stabilisiert. Im Bereich des uns noch verbliebenen Teiles des Generalgouvernements herrscht ein wahres Chaos. Allerdings habe ich darüber so einen Krach mit Speer bekommen, der immer wieder darauf beharrt, dass die Rüstungsindustriellen nur UK-Stellungen aufheben dürfen, wenn sie eine schriftliche Erklärung abgeben, dass damit die Fertigung nicht herabsinkt. Das ist natürlich für die Rüstungsproduktion eine bequeme Ausrede, hinter der sie sich immer verstecken kann.

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Quelle: Joseph Goebbels – Tagebücher – Seite 2089 – Band 5 - Piper-Verlag - 1991


Selbst die Gutwilligen, die fest im Nationalsozialismus Verhafteten, zweifelten daran, dass die Krise an allen Fronten noch gemeistert werden könne.
Goebbels entschloss sich drauf hin, die Schließung aller Theater und Vergnügungsstätten zum 1. September 1944 zu verkünden. Wer nicht auf der Gottbegnadetenliste stand und damit die Möglichkeit hatte, beim Film  - der ja weiterhin in großen Mengen hergestellt wurde - , beschäftigt zu werden, musste an die Front oder zumindest in Rüstungsbetrieben arbeiten.

 

 

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Noch im April 1945, als weite Teile Deutschlands schon in Trümmern lagen, wurden im zerstörten Berlin in großen Kinopalästen Unterhaltungs- und Propagandafilme aufgeführt. Rother, der sich mit dem Thema seit Jahren beschäftigt und vor kurzem das Buch "Zeitbilder - Filme des Nationalsozialismus" veröffentlichte, weist auf die - aus Sicht der Nazis - überragende Bedeutung des Mediums Film hin.

Wenige Monate vor Kriegsende noch sollte die Bevölkerung abgelenkt, aber auch im Glauben an den "Endsieg" bestärkt werden: "Sie (die deutsche Filmproduktion, A.d.R.) ist 1944 weitergegangen, es gab auch Klagen seitens des Propagandaministeriums, dass die Anzahl der Filme nicht ausreichend sei. Es gab sehr deutlich das Bestreben, die Film-Produktion aufrechtzuerhalten und auch auf einem hohen Niveau zu erhalten, damit die sogenannte Grundversorgung gesichert war."
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Quelle: https://www.dw.com/de/totaler-kriegseinsatz-auch-beim-film-kino-bis-zuletzt/a-53332738

Annelise Rothenberger, die gerade in Koblenz ihre Karriere begonnen hatte, musste die Bühne verlassen und in einer Fabrik für Blechdosen arbeiten.
Die Theater in Österreich waren selbstverständlich von der Einschränkung der Tätigkeiten ebenso betroffen.
Auch die Salzburger Festspiel fanden 1944 nicht mehr statt. Clemens Krauss schaffte, die vorgesehen Uraufführung der Strauss’schen Liebe der Danae durch Umwandlung in eine Probe doch stattfinden zu lassen. Außerdem fanden noch drei Konzerte statt.

Taking Sides - Der Fall Furtwängler -

Spielfilm Deutschland/Frankreich/Großbritannien 2001

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs soll US-Major Steve Arnold aufklären, auf welcher Seite der berühmte Dirigent Wilhelm Furtwängler stand, der sich entschieden hatte, das nationalsozialistische Deutschland nicht zu verlassen; war er für oder gegen die Nazis? Arnold geht bis zum Äußersten, um "seine" Wahrheit zu finden.

Der Text des Films ist zu wichtig, trägt zur Aufklärung der Situation der Künstler in der damaligen Zeit bei, dass hier der Versuch einer Nachschrift unternommen wird.

 

 

Der Fall Furtwängler
Zitat
Person1:
Dr. Furtwängler? Der Herr Reichsminister!
Reichsminister: Dr. Furtwängler, ich möchte mich persönlich für diesen Stromausfall entschuldigen. Ihre Aufführung hat mir außerordentlich gefallen und ich meine, in Zeiten wie diesen können wir geistige Nahrung gebrauchen. Aber ich möchte diese unerwartete Unterbrechung nutzen, um mit ihnen zu reden. Als sie heute Abend auf das Podium traten, hab‘ ich gedacht, sie wären krank? Sie sahen sehr müde aus! Gehen Sie weg von den Bombenangriffen! Weg vom Krieg! Gehen Sie mal für eine Weile ins Ausland! Ja, Sie sehen müde aus, selbst in diesem Licht.
Ankläger A.: Sehen Sie sich das an?


 
Foto: https://www.arte.tv/de/videos/115953-000-A/taking-sides-der-fall-furtwaengler/

Männer, Frauen, Kinder, meine Güte, haben die ihn geliebt. Wissen Sie, Adolf Hitler hat etwas Dunkles, Wildes, Barbarisches berührt und das wird nicht über Nacht verschwinden. Man muss es mit Stumpf und Stiel ausrotten. Wissen Sie, was ich glaube, ich glaube, die waren alle Nazis und die wissen, dass ihre Führer, diese Mistkerle, die in Nürnberg vor Gericht stehen, es nicht allein hätten tun können, dieses Volk hat sie uneingeschränkt unterstützt. Freiwillig!
Da ist er ja! Furtwängler. Wilhelm Furtwängler.
Hallo! Also, Sie haben nie von ihm gehört?
Ankläger B.: Nein!
Ankläger A.: Wissen Sie, wer Arturo Toscanini ist?
Ankläger B.: Natürlich!
Ankläger A.: Der ist so bedeutend wie Toscanini, womöglich noch bedeutender. In dem Teil der Welt ist er so etwas wie eine Mischung aus Bob Hope und Betty Grable.
Ankläger B.: Und ich hab‘ nie von ihm gehört.
Ankläger A.: Sie waren vor dem Krieg bei einer Versicherung?
Ankläger B.: Ja! Ich war Schadensregulierer.
Ankläger A.: Entschlossen, gewissenhaft, hartnäckig.
Ankläger B.: Sie haben gesagt, ich sei hartnäckig?
Ankläger A.: Die haben gesagt, wenn Sie einen Fall übernehmen, verbeißen sie sich in ihm.
Aber wir können ja in diesem Land nicht alle Nazis vor Gericht stellen. Obwohl ich das gern täte. Es ist aber unmöglich. Wir greifen uns nur die Prominenten in Industrie, Erziehung, Justiz und Kultur.
Ankläger B.: Wie den Bandleader?
Ankläger A.: Ach wissen Sie, der ist etwas mehr als nur ein Bandleader, Steve. Er ist ein großer Dirigent. Ein genialer Künstler, aber wir glauben, dass er sich an den Teufel verkauft hat. Ihre Aufgabe ist es vor allem, ihn mit der Partei der Nazis in Verbindung zu bringen. Lassen Sie sich aber von ihnen nicht beeindrucken. Unsere Leute zu Hause sollen begreifen, warum wir diesen Krieg geführt hatten. Sie weisen nach, dass Wilhelm Furtwängler schuldig ist. Er repräsentiert alles, was in Deutschland widerwärtig war. Nein, bleiben sie Steve, ich habe noch andere Aufnahmen, die Sie unbedingt sehen sollten.

Oh, wir haben vielleicht ein kleines Problem. Unsere Besatzungsbehörden in Wiesbaden haben die Aufgabe, diesen armen Unglücklichen bei ihrer Verteidigung behilflich zu sein. Von denen hört man immer wieder, „wir müssen gerecht sein.“ Man muss den Eindruck haben, dass wir gerecht sind, aber ich hab‘ nur eine einzige Antwort für diese Liberalen in Wiesbaden. Leckt mich am Arsch! Sie werden ausschließlich mir berichten. Haben Sie verstanden? […]

Aufruf: Denke immer daran, keine Verbrüderung. Wer sich in Deutschland vor einem hübschen Mädchen verbeugt oder ein blondes Kind tätschelt, verbeugt sich vor Adolf Hitler, vor seiner Blutherrschaft. Ihr streichelt die Ideologie, die Tod und Zerstörung bedeutete. Man weiß nicht, wer Mitglied der Nazi-Partei war, lasst euch nicht täuschen, verbrüdert euch nicht.

Person 2: Fräulein, das ist Major Arnold!
Sir, das ist Ihre Sekretärin, Fräulein Emmi Straube. Ihre Akte liegt auf Ihrem Tisch. Die Verwaltung hat sie geschickt. Das wäre alles, Sir.
Ankläger B.: Sie wohnen hier in Berlin?
Sekretärin: Ja!
Ankläger B.:  Steno und Schreibmaschine?
Sekretärin: Ja!
Ankläger B.: Ok! Also! Wie lange waren Sie in dem Lager?
Sekretärin: 3 Monate.
Ankläger B.: Hier steht wegen Ihres Vaters. Was ist damit gemeint?
Sekretärin: Mein Vater war als Offizier an der Verschwörung gegen Hitler beteiligt. Sie verhafteten die Verschwörer und ihre Familien.
Ankläger B.: Und Ihre Mutter auch?
Sekretärin: Sie musste länger leiden. Sie war in Ravensbrück.
Ankläger B.: Und Ihr Vater wurde hingerichtet? Ich werde sie Emmi nennen und sie nennen mich Steve! OK? Ich habe eine Liste, auf der stehen Dinge, die Sie mir besorgen. Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie es mir.
Sekretärin: Major?
Ankläger B.: Steve!
Sekretärin: Es gibt ein paar Nachrichten für Sie. Ein David Willis hat angerufen. Vom Allied Control Office in Wiesbaden. Ich weiß nicht, wer er ist und dann, dann gab es 3 Anrufe von Doktor Furtwängler, er wollte wissen, wann Sie ihn sehen wollen, ich habe nicht persönlich mit ihm gesprochen.
Ankläger B.: Können Sie mir irgendwas davon besorgen.
Sekretärin: Oh ja! Major, ich habe Aufnahmen von all seinen Symphonien. Sie haben die Luftangriffe überlebt. Am meisten mag ich die siebte Sinfonie.
Ankläger B.: Oh, ich mag die Elfte.
Sekretärin: Aber er hat nur neun geschrieben, Major!
Ankläger B.: Das war nur ein Scherz, Emmi! Und haben Sie außerdem auch noch ein Grammophon?
Sekretärin: Nein, es ging kaputt.
Ankläger B.: Was sind das für Akten?
Sekretärin: Die Namen der Mitglieder des Berliner Philharmonischen Orchesters, seit 1934 und ihre Fragebögen. Major, was bitte soll ich denn Doktor Furtwängler sagen?
Ankläger B.: Sie sagen gar nichts, Emmi. Sollte er anrufen, sagen Sie, Sie wissen nichts, den lassen wir erstmal warten. Ich mach mich mit seinem Fall vertraut. Und mit dem, was die Zeugen sagen. Und Gott, hilf mir mit Beethoven.

David Willis: Ltd. Willis meldet sich zur Stelle. Major Arnold, Sir!
Ankläger B.: Was soll das? Diesen Scheiß kann ich nicht hören! Lassen Sie das sein!
Ankläger B.: Ich bin Steve Arnold! Wie heißen Sie?
David Willis: David Willis, ich bin Verbindungsoffizier zum Allied Control Office.
Ankläger B.: Das kann ja lustig werden. Also die großen Superjungs wollen mich überprüfen. Wir rekrutieren jetzt schon Kinder?
David Willis: Ich glaube ja, Sir.
Ankläger B.: Nennen Sie mich nochmal ‘Sir‘ zwinge ich Sie zum Beethoven hören. Wo kommen Sie her, David?
David Willis: Ich bin geboren in Leipzig. Ich bin ‘36 entkommen. Meine Eltern schickten mich zu meinem Onkel nach Philadelphia. Sie wollten nachkommen, aber, sie konnten nicht gleich weg und …. Unser Familienname war ‘Weil‘. Aber das klingt nicht gut in Englisch und darum hat mein Onkel …
Ankläger B.: Kommen Sie Emmi, das ist ja auch Ihr Büro. Emmi, das ist Ltd. David Willis. Er ist gekommen, um uns zu überwachen. Ich nehme an, Sie bewundern Musiker!
David Willis: Einige.
Ankläger B.: Tun Sie es nicht, das ist hier eine kriminalistische Ermittlung, David! Musiker, Bestatter, Ärzte, Anwälte, Metzger, Angestellte, sie sind alle gleich. Wir haben eine Pflicht. Eine moralische Pflicht!

Sekretärin: Herr Rudolf Werner?
Ankläger B.: Nehmen Sie Platz, Werner! Ich werde Ihnen erklären, warum Sie hier sind. Es werden Ermittlungen durchgeführt gegen Wilhelm Furtwängler - ehemaliger preußischer Staatsrat - Verbot öffentlicher Auftritte gemäß Kontrollratsbeschluss Nummer 24. Und der hat beantragt, vom Künstler-Tribunal des Entnazifizierungsausschusses gehört zu werden. Mich interessiert alles, was er in der Zeit von ‘33 bis zum Ende des Krieges getan hat. Haben Sie verstanden?
Rudolf Otto Werner: Ja!
Ankläger B.: Rudolf Otto Werner. Bläser seit 1936. Welches Instrument haben Sie gespielt?
Rudolf Otto Werner: Erste Oboe.
Ankläger B.: Ich habe hier ihren Fragebogen. Da steht, Sie waren niemals Mitglied der Nazi-Partei?
Rudolf Otto Werner: Das war ich nicht. Nein. Nein, ich war nie Nazi. Ich interessiere mich nicht für Politik, ich bin Musiker.
Ankläger B.: Nein, nicht so schnell. Fräulein Staube muss stenografieren, was Sie sagen.
Rudolf Otto Werner: Straube? Sind sie zufällig verwandt mit Oberst Joachim Straube?
Sekretärin: Mein Vater.
Rudolf Otto Werner: Es ist eine Ehre, mein Fräulein. Ihr Vater war ein wahrer Patriot. Doktor Furtwängler ist ein großer Musiker. Er hat aktiv Widerstand geleistet und später hat er vielen Juden bei der Flucht geholfen.
Ankläger B.: Wie erklären Sie es mir, dass man ihn trotzdem zum preußischen Staatsrat gemacht hat.
Rudolf Otto Werner: Das war Hermann Göring, ich habe gehört, er machte den Maestro zum Staatsrat, ohne ihn zu fragen, doch Doktor Furtwängler leistete Widerstand und auch Doktor Goebbels.
Ankläger B.: Er hat auch für Hitler dirigiert, nicht wahr?
Rudolf Otto Werner: Ja, das stimmt. Aber er verweigerte den Nazi-Gruß in Hitlers Gegenwart. Das war mutig!
Ankläger B.: Mutig? Da feiert man Hitlers Geburtstag und spielt ein bisschen heroische Musik von Wagner, aber verweigert den Nazi-Gruß. Bravo!
Rudolf Otto Werner: Es war Beethovens Neunte.
Ankläger B.: Halten Sie das wirklich sehr mutig? Hat er sich nicht verbeugt und ihm die Hand geschüttelt?

Schlee: Nein! Nein, ich gebe Ihnen mein Wort. Ich war niemals Mitglied der Nazi-Partei, niemals. Ich spiele ein Schlaginstrument. Ich bin Paukist. Das hätten sie sowieso nie zugelassen, mein Bruder war mit einer Jüdin verheiratet. Möge sie in Frieden ruhen und Goebbels sagte --- Bitte notieren Sie das wortwörtlich, denn es ist sehr wichtig, Fräulein?
Sekretärin: Straube!
Schlee: Straube? Sind Sie zufällig verwandt mit Oberst Joachim Straube?
Sekretärin: Mein Vater!
Schlee: Ah ja, er war ein, er war ein großer Held. Goebbels, Josef Goebbels sagte: in Deutschland dürfte wirklich kein einziger dreckiger Jude übrig sein, für den Doktor Furtwängler nicht interveniert hätte. Nein, nein niemand war weniger Nazi als Doktor Furtwängler.
Ankläger B.: Ja, aber derselbe Kerl dirigierte für Adolf an seinem Geburtstag,
Schlee: Er wurde gezwungen zu dirigieren, aber er verweigerte den Nazi-Gruß in Gegenwart Hitler. Er behielt den Taktstock in der Hand, man kann nicht …
Ankläger B.: Und was war in Nürnberg beim Reichsparteitag?
Schlee: Nein, wir spielten am Abend vor dem Parteitag.
Ankläger B.: Oh! Am Abend davor, ich verstehe.
Schlee: Ja, Sir! Doktor Furtwängler hat immer wieder deutlich betont, Politik und Kunst muss man immer voneinander trennen.
Ankläger B.: Politik und Kunst muss man immer voneinander trennen, das merke ich mir! Ja, aber Sie können mir vielleicht eine Frage beantworten, ich verstehe einfach nicht und ich würde das wirklich gerne wissen: Warum sie alle so verrückt nach diesem Mann sind. Was ist sein Geheimnis?
Schlee: Ja, das kann ich kaum erklären, ich kann ihnen nur, was ich erlebt habe, erzählen. Kurz nachdem ich in das Orchester kam. Wir probten die dritte Symphonie von Beethoven, die Eroica, und da gibt es wirklich einige sehr schwierige Passagen für die Pauke, ein bestimmtes Crescendo. Während der Pause fragte ich: “Bitte, wie soll ich das spielen?“ Er studierte seine Partitur, er sah nicht auf, als er sagte: “Beobachten Sie mich!“ Und das habe ich natürlich getan. Ich habe ihn immer beobachtet, der Moment kam und dann, dann wandte er sich mir zu. Und unsere Augen versenken sich ineinander und da gab es etwas in seinem Blick. Das forderte von mir das Crescendo. Ich werde diesen Blick nie vergessen, es war ein Moment voller: Magie!
Ankläger B.: Haben Sie Adolf Hitlers Augen gesehen, wenn er zu den Massen sprach? Ich hab‘ das in Filmen gesehen. War Furtwängler anzusehen genauso?
Schlee: Ich weiß nicht, was Sie meinen, Major?
Ankläger B.: Ich meine, als dieses Crescendo kam?

Ankläger B.: Glauben Sie man kann ein ganzes Orchester 120 Mann so im Griff haben.
Person 2: Ich glaube, das ist möglich!
Ankläger B.: Und was will der Russki von uns?
Person 2: Oberst Dymschitz wollte unbedingt Sie sprechen!
Ankläger B.: Dymschitz? Was zum Teufel machen die hier?
David Willis: Sie versuchen, Gemälde und Kunstwerke, die die Nazis im besetzten Gebieten gestohlen haben, zuzuordnen. Da, der da an der Wand, das ist Dymschitz, Kunsthistoriker, Direktor des berühmten Leningrader Kunstmuseums, Experte für deutsche Kultur.
Oberst Dymschitz: Major, mein Name ist Dymschitz. Ich freue mich, sie zu sehen.
Ankläger B.: Freut mich.
Oberst Dymschitz: Also Major, haben Sie Doktor Furtwängler inzwischen schon befragt?
Ankläger B.: Noch nicht.
Oberst Dymschitz: Oh! Ich war zweimal mit ihm zusammen, er ist ein großer Musiker. Manche meinen, der beste Dirigent der Welt. Sein Brahms, Beethoven, Schubert – unvergleichlich! Lassen Sie mich zur Sache kommen, ich habe ihm eine interessante Position angeboten, und zwar Dirigent der Staatsoper Unter den Linden. Abgelehnt! Aber ich will ihn haben, und zwar unbedingt. Und ich brauche Ihre Hilfe. Major.
Person 3: Einen Augenblick bitte, Sie hätten erst mit mir sprechen müssen,
Oberst Dymschitz: Aber ich rede doch gerade bei denen darüber!
Major. Ich will, dass Sie ihre Nachforschungen einstellen. Da könnten Sie uns allen viel Zeit und Ärger sparen.
Person 3: Wir können einen Fall nicht einfach ad acta legen.
Oberst Dymschitz: Sie können dafür, wenn Sie wollen, einen anderen Dirigenten eintauschen. Schriftsteller, Schauspieler, Musiker, was immer Sie wollen, aber ich hätte gern Furtwängler, der ist mein Lieblingsdirigent, mein und Hitlers – er ist unser Lieblingsdirigent.

Ankläger B.: David, ich muss Sie etwas fragen. Sie haben das Gerücht gehört, dass die Briten ein sogenanntes Hinkel-Archiv entdeckt haben. Und was ist das?
David Willis: Also, die Briten haben das Gebäude besetzt, in dem dieser Hinkel, Hans Hinkel, das Nazi-Ministerium für Kultur geleitet hat. Und offenbar haben sie sein Geheimarchiv entdeckt.
Ankläger B.: Und was hat das zu bedeuten?
David Willis: Ich weiß es nicht! Aber die Briten sind deshalb ziemlich aufgeregt. Man sagt, Hinkel hat über jeden Künstler im Dritten Reich eine Akte geführt.
Ankläger B.: Aha! Und werden die Briten diesen Fund mit ihren Alliierten teilen?
David Willis: Major Richards wird uns deswegen anrufen.
Ankläger B.: Hm, sehr lieb von ihm. Also befragen wir den nächsten Zeugen. Ich wette um eine Flasche französischen Champagner, die Taktstock Nummer hören wir in höchstens 10 Minuten.
David Willis: Nur 5 Minuten.
Ankläger B.: Gut, die Wette gilt, Sie haben es gehört, Emmi. Helmut Alfred Rohde. Zweiter Violinist seit 1935. Was bedeutet zweiter Violinist?
Helmut Alfred Rode: Ich war nicht gut genug, um erster Violinist zu sein.
Ankläger B.: Gut! Und entsprechend Ihrem Fragebogen, Helmut, sind Sie niemals der Nazi-Partei beigetreten?
Helmut Alfred Rode: Ich, niemals! Niemals! Ich hab‘ ... Ich weiß, alle behaupten, sie waren nie Nazis, aber was mich angeht, ist das absolut 100% wahr, ich bin Katholik. Das hätte sich gegen mein Gewissen gerichtet. Ist es wahr, dass Sie heute auch Doktor Furtwängler verhören?
Ankläger B.: Ich stelle die Fragen, Helmut.
Helmut Alfred Rode: Verzeihung. Wussten Sie, dass er den Nazi-Gruß verweigert hat, als Hitler im Publikum anwesend war? Das Problem war, wie konnte er vermeiden, den Gruß des Teufels zu entbieten, wenn Satan unter den Zuschauern saß, dann sagte ich zu Doktor Furtwängler, wieso treten sie nicht mit dem Taktstock in der rechten Hand auf. Hitler sitzt in der 1. Reihe und wenn Sie den Gruß entbieten mit dem Taktstock in der rechten Hand, sieht es aus, als würden Sie ihm eben die Augen ausstechen wollen. Er war, Er war mir wirklich sehr dankbar für diesen Vorschlag. Nach dem Konzert habe ich ihn gestohlen, diesen Taktstock. Ich nahm ihn als Erinnerung an eine mutige Tat. Ich habe ihn immer noch. Ich hätte ihn mitbringen sollen. Ich, ich hoffe ich, ich spreche nicht zu schnell für Sie, Fräulein?
Sekretärin: Straube!
Helmut Alfred Rode: Straube? Sind sie verwandt mit Oberst Joachim Straube?
Sekretärin: Mein Vater!
Helmut Alfred Rode: Es ist mir eine Ehre, ihre Bekanntschaft zu machen, Fräulein Straube. Ihr Vater, war ein wahrer Patriot, ein Mann Gottes.
Ankläger B.: Sie wollen Helmut etwas fragen, David?
David Willis: Ja, wie hat das Orchester reagiert, als Sie gebeten wurden, bei Hitlers Geburtstag zu spielen?
Helmut Alfred Rode: Wir haben nicht an seinem Geburtstag gespielt, wir spielten am Abend vorher, es war, es war der 19. April, nicht der 20.!
Ankläger B.: Kennen Sie Hans Hinkel?
Helmut Alfred Rode: Kenne ich Hans Hinkel?
Ankläger B.: Das habe ich gefragt. Sie haben die Frage offenbar verstanden, wie wäre es, wenn sie Sie beantworteten!?
Helmut Alfred Rode: Hans Hinkel war im Ministerium für Kultur, woher sollte ich einen solchen Mann kennen? Ich hörte, die, die Briten haben sein Archiv. Protokolle und Akten …
Ankläger B.: Wissen Sie, was dieses Archiv enthält?
Helmut Alfred Rode: Wie soll ich wissen, was in diesem Archiv ist?
Ankläger B.: Ok, Sie dürfen gehen, Helmut. Gehen Sie!

Sekretärin: Major, Major – er ist hier!
Ankläger B.: Schließen Sie die Tür, Emmi! Setzen Sie sich! Wir werden ihn etwas warten lassen. Emmi holen Sie uns Kaffee und bieten Sie ihm keinen Kaffee an. Sie grüßen ihn nicht einmal.
Furtwängler: Fräulein!? Wie lange wird man mich noch warten lassen?
Ankläger B.: Ok, Emmi - holen Sie ihn.
Sekretärin: Doktor Furtwängler?
Ankläger B.: Ich habe nicht gehört, dass jemand Sie gebeten hat, Platz zu nehmen.
Der Stuhl!
Ich erkläre Ihnen, warum Sie hier sind. Ihnen ist verboten, öffentlich aufzutreten, entsprechend Kontrollratsbeschluss Nr. 24. Wir untersuchen Ihren Fall, bevor darüber vor dem Künstler-Tribunal des Entnazifizierungsausschusses befunden wird. Haben Sie das verstanden?
Furtwängler: Ich wurde schon vom Entnazifizierungstribunal in Österreich entlastet.
Ankläger B.: Was die da in Österreich machen, das interessiert mich überhaupt nicht! Ok?
Ich habe hier Ihren Fragebogen. Gustav, Heinrich, Ernst, Martin, Wilhelm Furtwängler. Geboren in Berlin, Januar 1886, Orchesterdirigent. Und hier steht, Sie sind nie Mitglied der Nazi-Partei gewesen.
Furtwängler: Das ist richtig.
Ankläger B.: Erklären Sie uns doch bitte mal. Wie wurde man preußischer Staatsrat, wenn man nicht Mitglied der Partei war?
Furtwängler: Ich erhielt ein Telegramm von Hermann Göring, aus dem hervorging, dass er mich zum Staatsrat gemacht hatte. Ich hatte keine Möglichkeit, die Ernennung abzulehnen oder anzunehmen und nach den äußerst schrecklichen Vorfällen im November 1938, den Gewalttätigkeiten gegen die Juden, habe ich diesen Titel nicht mehr benutzt.
Ankläger B.: Was ist mit Vizepräsident der Reichsmusikkammer? Diesen Titel haben Sie benutzt, nicht wahr? Aber ich glaube, da haben Sie auch keine Wahl gehabt. Ich nehme viel eher an, Doktor Goebbels schickte Ihnen einfach ein Telegramm, lieber Herr Vizepräsident.
Furtwängler: Ich erhielt von Doktor Goebbels, glaube ich kein Telegramm, das wurde mir einfach in einem Brief mitgeteilt, dass weiß ich aber nicht mehr genau.
Ankläger B.: Tja, Goebbels und Göring überhäuften Sie mit Ehren nicht lang, der eine machte Sie zum Staatsrat, der andere machte Sie zum Vizepräsidenten der Reichsmusikkammer und Sie waren noch nicht mal Mitglied der Partei. Wie erklären Sie das?
Furtwängler: Es gab einen ständigen Kampf zwischen Göring und Goebbels, wer, von wem die deutsche Kultur kontrolliert werden sollte. Ich war nur eine Schachfigur. Auf jeden Fall bin ich aus der Musikkammer ausgeschieden und nahm meinen Abschied als musikalischer Leiter der Berliner Philharmoniker, das war 1934.
David Willis: Warum das? Warum traten Sie zurück, Doktor Furtwängler?
Furtwängler: Ich schrieb einen offenen Brief an die Zeitungen, in dem ich missbilligte, was sie der Musik antaten, indem sie zwischen Juden und Nichtjuden unterschieden haben. Es gibt für mich nur den Unterschied zwischen gut und schlecht, wenn es um Kunst geht. Irgendwann rief Goebbels mich zu sich. Und sagte mir, ich dürfte das Land verlassen. Wenn ich wollte, aber ich dürfte auf keinen Fall jemals wieder zurückkehren. Ich, ich habe immer geglaubt, dass, dass man von innen her kämpfen muss, aber nicht von außen. Und ich habe mich gefragt, wozu ist ein Künstler verpflichtet, zu gehen oder zu bleiben? Und dann hat Goebbels von mir verlangt, Hitler anzuerkennen als alleinverantwortlich für die Kulturpolitik. Tja, das war eine Tatsache und zwecklos, es zu leugnen. Ich habe einfach anerkannt, dass Hitler und der von ihm ernannte Minister für Kultur allein verantwortlich waren für die Kulturpolitik des Reiches. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich persönlich ganz bestimmt nicht verantwortlich zu machen sei für ihre Kulturpolitik. Ich war schon immer der Ansicht, dass Kunst und Politik nichts miteinander zu tun haben.
Ankläger B.: Aber warum haben Sie auf einem Reichsparteitag in Nürnberg dirigiert?
Furtwängler: Nein, ich dirigierte auf keinem Parteitag. Ich, ich dirigierte am Abend vor dem Parteitag.
Ankläger B.: Das klingt genauso wie das Kleingedruckte in einer unserer Versicherungspolicen, Wilhelm. Und der 19. April im Jahre 1942 der Abend vor Hitlers 53. Geburtstag, da gab es eine imposante Feier, da haben Sie doch für Hitler dirigiert. War das zu vereinbaren mit Ihrer Ansicht, dass Kunst und Politik nichts miteinander zu tun haben sollten?
Furtwängler: Das war etwas vollkommen anderes. Ich bin reingelegt worden.
Ankläger B.: Und wie?
Furtwängler: Dürfte ich um ein Glas Wasser bitten. Bitte, Fräulein?
Sekretärin: Straube.
Furtwängler: Danke. Danke. Ich war in Wien und probte Beethovens Neunte als Goebbels anrief und sagte, dass ich an Hitlers Geburtstag dirigieren müsse. Ich hatte es immer geschafft, mich aus solchen Einladungen herauszuwinden. Ich sprach von Engagements, Krankheit, ließ meine Ärzte Atteste schreiben usw. usw. - es war auch mein Glück, dass Baldo von Schirach, der Wien beherrschte, Doktor Goebbels hasste und alles tun würde, um dessen Pläne zu vereiteln. Aber leider war Goebbels diesmal vor mir bei meinen Ärzten und die bekamen furchtbare Angst. Von Schirach wurde schikaniert und bedroht und gab nach. Ich hatte keine Alternative, als für Hitler zu dirigieren. Glauben Sie mir, ich wusste, dass das ein Kompromiss war. Was ich zutiefst bedauere.
Ankläger B.: Das halte ich aber nicht für einen Trick. Ich glaube, Sie haben sich geeinigt.
Furtwängler: Das habe ich nicht getan.
Ankläger B.: Das glaube ich Ihnen nicht.
Furtwängler: Aber es ist die Wahrheit.
Ankläger B.: Ich höre immer wieder, Sie haben vielen Juden geholfen zu entkommen. Wie haben Sie das gemacht?
Furtwängler: Ich, ich, ich erinnere mich nicht im Einzelnen, es waren so viele.
Ankläger B.: Riefen Sie jemanden an, den Sie kannten?
Furtwängler: Das mag sein, ich weiß nicht, ich sagte doch ich erinnere mich nicht.
Ankläger B.: Ich bin gern behilflich, Sie haben den Hörer genommen und haben telefoniert. Hallo Adolf - Wilhelm am Apparat, sag mal Kumpel, kannst Du nicht einem jüdischen Musiker helfen? Er braucht eine Ausreisegenehmigung für Paris, vielleicht riefen Sie auch Goebbels oder Göring an, Sie standen sich ja so nahe, Sie saßen mit denen im selben Scheißhaus.
Furtwängler: Bitte darf ich Sie etwas fragen?
Ankläger B.: Sicher!
Furtwängler: Wann wird mein Fall vor Gericht angehört?
Ankläger B.: Das weiß ich so wenig wie Sie.
Furtwängler: Ich muss arbeiten. Meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich lebe vom Edelmut von Freunden.
Ankläger B.: Schlimm, schlimm für Sie!
Furtwängler: Und warum bitte ist ein anderer Dirigent, der wirklich ein Parteimitglied war und der immer vor seinen Konzerten das Horst-Wessel-Lied gespielt hat, entlastet worden und darf wieder arbeiten? Und warum muss ich warten, warten, warten?
Ankläger B.: Keine Ahnung. Ich hatte mit dem Fall nichts zu tun. Warum sind Sie kurz vor dem Kriegsende in die Schweiz geflohen?
Furtwängler: Was?
Ankläger B.: Warum sind Sie kurz vor dem Kriegsende in die Schweiz geflohen?
Furtwängler: Weil, weil ich erfahren hatte, dass die Gestapo mich verhaften wollte.
Ankläger B.: Und warum wollten die Sie verhaften?
Furtwängler: Ich glaube wegen eines Briefes, den ich an Goebbels geschrieben hatte. In dem beklagte ich den Verfall des musikalischen Niveaus aufgrund der Rassenpolitik.
Ankläger B.: Sie schrieben ihm diesen Brief nicht wegen der Rassenpolitik. Es ging nur um das musikalische Niveau. Ist das richtig? Und woher wussten Sie, dass die Gestapo hinter Ihnen her war?
Furtwängler: Während einer wegen eines Stromausfalls notwendig gewordenen Unterbrechung während eines Konzertes hier in Berlin ist Albert Speer, der Minister für Rüstung, zu mir gekommen und sagte: „Sie sehen überaus müde aus, Herr Furtwängler, gehen Sie doch mal für eine Weile ins Ausland. Ich, ich wusste genau, was gemeint war.
Ankläger B.: Sie kannten wirklich viele Menschen, die Macht hatten.
Furtwängler: Es, es wäre sicherlich viel richtiger zu sagen, viele Menschen, die Macht hatten, kannten mich.
Ankläger B.: Aber Sie hatten zu allen sehr gute Beziehungen. Zu Adolf, zu Hermann, zu Josef, zu Baldur und auch noch zu Albert. Also sagen Sie endlich die Wahrheit, Wilhelm. Dann haben wir es hinter uns. Wie war Ihre Partei Nummer?
Furtwängler: Sollten Sie vorhaben, mich mit so etwas einzuschüchtern, machen Sie erst mal Ihre Hausaufgaben, Major. Sie wissen offensichtlich nicht, wie unverschämt und dumm Ihre Fragen sind.
Ankläger B.: David, ich hab‘ doch mal gesagt, ich habe eine Frage für Wilhelm, die er nicht beantworten kann. Ich stelle Sie jetzt. Seien Sie auf etwas gefasst, Wilhelm! Es ist eine harte Frage. Warum haben Sie nicht ‘33, als Hitler an die Macht gekommen ist, das Land sofort verlassen, warum haben Sie Deutschland nicht verlassen? Auf meiner Liste stehen Namen von Menschen aus Ihrem Beruf. Die sind ‘33 gegangen. Bruno Walter, Otto Klemperer, Arnold Schönberg, Max Reinhardt.
Furtwängler: Sie waren Juden, sie mussten hier weg. Es war richtig, dass sie gingen. Ich konnte doch mein Land nicht verlassen, in seinem tiefsten Elend. Ich, ich bin doch Deutscher, ich meine …. Es ist, es war doch mein Heimatland. Ist das meine Sünde in Ihren Augen?
Ankläger B.: Tja, David er kann die Frage nicht beantworten. Ich frage Sie nochmal, Wilhelm. Aber ich will nicht noch einmal irgendwelchen intellektuellen Mist hören.

Sekretärin: Major Arnolds Büro! Ja, ist hier. Es ist Major Richard für Ltd. David Willis.
David Willis: David Willis, Yes Sir. Wollen Sie, dass ich es ihm sage? Okay, Major Richards würde gerne mit Ihnen sprechen, Sir.
Ankläger B.: Warum, fragt er denn nicht gleich nach mir, warum muss er erst nach ihnen fragen, diese verdammten Briten sind so korrekt. Steve Arnold!
Furtwängler: Es reicht mir! Ich gehe!
David Willis: Doktor Furtwängler, Doktor Furtwängler bitte, bitte!
Furtwängler: Nein!
David Willis: Gehen Sie lieber nicht. Als ich ein Kind war, da nahm mich mein Vater mit. Er nahm mich mit in eines Ihrer Konzerte. Ich erinnere mich, Sie dirigierten Beethovens fünfte Symphonie. Ich war tief bewegt. Ich habe die Musik seitdem immer geliebt. Ich war Ihnen dankbar dafür. Und ich habe Sie bewundert. Wie konnten Sie, wie konnten Sie nur diesen Verbrechern dienen?

Ankläger B.: Kompliment für diese Briten, David. Wissen Sie, was die Jungen sind? Anständig! Sagen Sie mal, Herr Doktor Furtwängler. Kennen Sie Hans Hinkel?
Furtwängler: Ich, ich hörte von ihm. Einfach verabscheuungswürdiger Mensch. Seine Aufgabe im Ministerium für Kultur war, jüdischen Künstler zu entfernen?
Ankläger B.: Ja richtig, das ist der Kerl. Wissen sie, was der noch gemacht hat? Dieser Schleimer führte Akten, wenigstens 250.000 Akten und wissen Sie, was in diesen Akten steht?
Furtwängler: Gewiss nicht, aber ich weiß, er hatte überall seine Informanten, auch in meinem Orchester gab es jemanden.
Ankläger B.: Wen?
Furtwängler: Das wurde mir nicht gesagt. Ich wusste es nur.
Ankläger B.: Woher?
Furtwängler: Ich wurde gewarnt.
Ankläger B.: Wer hat Sie gewarnt?
Furtwängler: Göring, weil Hinkel für Goebbels gearbeitet hat.
Ankläger B.: Was hat Göring gesagt?
Furtwängler: Ich solle aufpassen, ein Spitzel von Goebbels würde mich beobachten. Er las aus einem Bericht vor, in dem wörtlich zitiert wurde, was ich gesagt hatte.
Ankläger B.: Oh Mann, das wird Ihnen gefallen. Jetzt hören Sie mir genau zu. Diese besagten Akten enthalten Einzelheiten über sämtliche arbeitenden Künstler dieses Landes und die werden uns verraten, wer trat in die Partei ein, wer hat informiert und wer war hilfreich. [..]

Dymschitz: Doktor Furtwängler, der Regen? Nichtwahr, Doktor? Ich bin tief bewegt, immer wenn ich Schubert höre, Sie nicht auch?
Furtwängler: Die Tempi waren etwas zu korrekt für meinen Geschmack, aber ich nehme an, wegen des Regens.
Dymschitz: Herr Doktor, ich hörte, Sie hatten Schwierigkeiten mit den Amerikanern – ich wollte Ihnen sagen, ich bin Ihr Fürsprecher, wir können Ihnen helfen!

Helmut Alfred Rode: Major?
Ankläger B.:
Helmut!
Helmut Alfred Rode: Raten Sie mal, was ich hier habe? Mögen sie Ratespiele?
Ankläger B.: Sogar sehr, Helmut! Ich gebe es auf. Was haben Sie da mitgebracht?
Helmut Alfred Rode: Das ist der Taktstock von Doktor Furtwängler, der, den ich gestohlen habe.
Ankläger B.:  Den er in der rechten Hand behalten hat.
Helmut Alfred Rode: Ja, ja, Sie haben es nicht vergessen.
Ankläger B.:  Wie könnte ich das vergessen. Zeigen Sie‘s mir.
Helmut Alfred Rode: Was zeigen?
Ankläger B.: Ja, ja bitte, ich will sehen, wie Sie es tun. Ich bin jetzt mal Adolf. Sie sind der Maestro, Sie haben den Taktstock in der Hand, aber entbieten mir trotzdem den Gruß.
Helmut Alfred Rode: Nicht hier Major, hier sind doch überall Leute.
Ankläger B.: Tun Sie‘s Helmut!
Helmut Alfred Rode: Bitte, Major!
Ankläger B.: Richtig, bitte. Sieht gut aus, wenn Sie das machen? Jetzt versteh ich, sie hätten mir beinahe die Augen ausgestochen.
Helmut Alfred Rode: Ja, genau.
Ankläger B.: Keine Angst, Helmut, das bleibt unser Geheimnis.
Helmut Alfred Rode: Ja, Sie wollten mich sprechen? Sonst arbeiten Sie doch sonntags nicht, Major.
Ankläger B.: Das tu ich alles nur für die Humanität, Helmut oder wär‘ Ihnen 1049331 lieber?
Helmut Alfred Rode: Was?
Ankläger B.: 1049331 oder wär‘ es ihnen lieber, wenn ich Sie nur 1 nenne? Wissen Sie, wofür ich sie halte, Helmut? Sie sind ein widerlicher Haufen Scheiße!
Wer ist der Mistkerl? Hinkel? Warum? Er hat versprochen, Ihre Akte zu beseitigen. Und was war vorher, zu welchem Verein haben Sie in Österreich gehört? Etwas lauter, bitte.
Helmut Alfred Rode: Ich war Mitglied der kommunistischen Partei, ich war Kommunist. Das wusste Hans Hinkel über mich. Alles hat alles gewusst, er hatte die Macht über mich und so zwang er mich zur Zusammenarbeit.
Ankläger B.: Der Mann hat Sie zur Zusammenarbeit gezwungen und jetzt sind Sie wieder Kommunist. Ja?
Helmut Alfred Rode: Sie wissen doch gar nicht, was das heißt, wenn man jeden Morgen von Angst und Schrecken erfüllt aufwacht. Das wissen Sie nicht! Nicht in meinen Künsten träumen hätte ich zu hoffen gewagt, ich werde mal zweiter Violinist bei den Berliner Philharmonikern. Nachdem, nachdem sämtliche Juden aus dem Orchester entfernt waren, war das für Leute wie mich eine Chance.
Ankläger B.: Helmut, wissen Sie was Verfahrensabsprachen sind? Ich spreche über Macht, ich habe die Macht, Ihnen Arbeit zu geben, die Macht, Ihnen das Leben zu erleichtern, Ihre Vergangenheit würde nicht mehr erwähnt, ich könnte Ihnen morgen Arbeit geben, aber ich brauche eine Gegenleistung, so etwas, Helmut, nennt man: Verfahrensabsprachen.
Ich kann Ihnen Bewegungsfreiheit schenken. Die Freiheit, zu arbeiten, Freiheit, Helmut, aber ich brauche etwas dafür.
Helmut Alfred Rode: Major! Wir sprechen über einen genialen Menschen  
Ankläger B.: Ach, scheiß drauf, Helmut. Wollen Sie hier Symbole diskutieren? Der Kerl stand in vorderster Reihe, er war der Künstler, aber er spielte ihre Melodie. Haben Sie Zugang zu dieser Allegorie? Mich interessieren keine kleinen Fische, ich suche Moby Dick! Kommen Sie, Helmut. Harte Fakten.
Helmut Alfred Rode: Naja, das einzige, was ich weiß ist, er ist Antisemit.
Ankläger B.: Natürlich. So wie sie. So wie alle in diesem Gott verfluchten Land.
Helmut Alfred Rode: Mir ist gerade noch etwas anderes eingefallen.
Ankläger B.: Ja?
Helmut Alfred Rode: Furtwängler hat Hitler zum Geburtstag ein Telegramm geschickt.
Ankläger B.: So?
Helmut Alfred Rode: Das sagte einer ihrer Männer.
Ankläger B.: Einer meiner Männer?
Helmut Alfred Rode: Ja, ein, ein Korporal der US-Army, ein Jude. Er sagte, er hätte das Telegramm in der Reichskanzlei gesehen.
Ankläger B.: Na sieh mal einer an, wir finden diesen Corporal und dann finden wir das Telegramm. Ja, aber ich brauche urkundliche Beweise. Können Sie mir in dieser Hinsicht helfen?
Helmut Alfred Rode: Nein, wir haben ihn gehasst aus diesem Grund. Wir haben ihn bewundert als Dirigenten, aber wir haben ihn gehasst, weil er nicht in die Partei eintreten musste und weil es ihm besser ging, als jeden von uns und nach seinen Auslandsreisen musste ja auch niemals Berichte abliefern. Er hat immer alles von ihnen bekommen, ja, wirklich alles. Er war widerwärtiger, als wir Parteimitglieder es waren. Da gibt es ein Gerücht. Ich weiß nicht, ob was dran ist, aber fragen Sie ihn mal nach von der Nüll.
Ankläger B.:  Ich hab‘ nie von dem gehört. Wer ist es?
Helmut Alfred Rode: Edwin von der Nüll, Musikkritiker, er schrieb über Furtwängler schlimme Kritiken, schwärmte aber von Herbert von Karajan.
Ankläger B.:  Und wer ist das?
Helmut Alfred Rode: Auch ein Dirigent, überaus begabt und sehr jung. Von der Nüll nannte ihn mal das Wunder von Karajan und Furtwängler war außer sich. Es wird gesagt, er ließ Edwin von der Nüll zwangsweise einberufen, das geschah auch mit einem anderen Kritiker. Das stimmt oder nicht, das ist keine üble Idee. Schreibt eben einer schlechte Kritiken, verschwindet er an der russischen Front. Aber wenn sie Furtwängler wirklich erwischen wollen, dann fragen Sie mal nach Herbert von Karajan.
Ankläger B.: Das Wunderkind?
Helmut Alfred Rode: Ja, ja, womöglich fällt Ihnen auf, dass er es nicht fertigbringt, den Namen auszusprechen, der spricht nur von ihm als K. Und….. fragen Sie mal nach seinem Privatleben.
Ankläger B.: Sein Privatleben?
Helmut Alfred Rode: Ja. Da steht alles drin. Seine Frauen.
Ankläger B.: Und in wessen Auftrag sammelten Sie diese Informationen über sein Privatleben? Hinkel?

Captain Ed Martin: Wie stehen Sie zu dieser Sache?
David Willis: Zu welcher?
Captain Ed Martin: Ich meine Furtwängler!
David Willis: Ich weiß es nicht?
Captain Ed Martin: Sie repräsentieren jetzt die Vereinigten Staaten von Amerika, wir haben eine moralische Verpflichtung zur Gerechtigkeit, und die Welt muss es auch so sehen.
David Willis: Major Arnold glaubt auch, er hätte eine moralische Pflicht.
Captain Ed Martin: Wir sind dazu verpflichtet, Furtwängler zu helfen, deshalb möchte ich, dass Sie sich das hier anschauen. Das sind einige Kopien vom Prozess in Nürnberg. Sie sind, wie gesagt, nicht vollständig, aber Sie werden schon damit klarkommen, oder? Es ist die Aussage eines Herrn Namens Dalehros, er ist Schwede. Freund von Hermann Göring. Sie werden es sorgfältig lesen, und Sie werden es benutzen. Wir werden Ihnen bald noch mehr Material liefern. Wir verfolgen noch etwas anderes. Wir müssen unbedingt eine Verteidigung aufbauen, nicht auf Emotionen. Nicht auf Vorurteilen. Es müssen Fakten sein. […]

Sie wollen alle helfen, […] das ganze Orchester wird sich dafür verbürgen, dass er uns immer unterstützt hat.
David Willis: Wir brauchen Namen und wenn möglich mit Adressen, dann ist wirklich sehr dringend, Namen von Musikern, denen er mal geholfen hat. Menschen, denen er geholfen hat, ins Ausland zu fliehen. Wir gehen lieber wohin, wo wir allein sind.

Ankläger B.: Ich war in Wien und ich hatte einen österreichischen Chauffeur, der war einige Zeit im Konzentrationslager. Sie haben den Wienern zugesehen, als sie die Schäden der Bombardierung beseitigten. Sie haben Kippen aufgesammelt und im Müll was zu essen gesucht. Ich sage, eine Million von diesen Menschen stand damals am Straßenrand und hat Adolf begrüßt, als er in die Stadt einzog. 1.000.000! Und Max sagte: „Oh nein, das waren nicht dieselben Menschen, Major! Diese Menschen hier waren alle daheim und versteckten Juden auf den Dachböden! Das bedeutet doch, die stecken alle von oben bis unten voller Scheiße.“
Dymschitz: Furtwängler gehört zu einer anderen Kategorie.
Ankläger B.: Warum ist er denn nicht weggegangen als sich ihm die Gelegenheit bot. Ich habe ihn gefragt, aber er konnte nicht antworten. Warum ging er denn nicht weg und dirigierte in Amerika wie dieser Italiener Toscanini.
Dymschitz: Vielleicht hat er geglaubt, er könnte zumindest etwas bewahren, irgendetwas Wichtiges wie ein Orchester oder eine Schule, das ist seine Heimat, vielleicht hat er eine alte Mutter, die man nicht allein lassen kann, es gibt vielleicht Brüder, Schwestern?
Ankläger B.: Nein, nein, er hatte keine Schwestern, keine Brüder. Nur einen Haufen Liebesaffären.
Dymschitz: Ja, wie dem auch sei, Major, wieso, wieso sollte er sein Land verlassen, seine Muttersprache, seine Familie, seine Geschichte, seine Vergangenheit, seine Zukunft, und bloß, weil es hier einmal eine Diktatur gab.
Ankläger B.: Wieso? Ja was war, bevor sich alles zum Schlechten wendete. Was war, als sie alles mit Stacheldraht umgeben haben, Oberst.
Dymschitz: Ach, sprechen Sie nicht über Dinge, von denen Sie keine Ahnung haben. Er hat in einer Diktatur gelebt.
Ankläger B.: Kunst und Politik, naja!
Dymschitz: In einer Diktatur, da gehört die Kunst der Partei. Und wenn da jemand Dirigent sein will, dann braucht dieser jemand ein Orchester und ein Orchester kann man nur kriegen, wenn man Kontakte zu denen hat, die an der Macht sind. Nicht wahr, das Wichtigste sind die richtigen Kontakte und außerdem macht man auch noch Kompromisse.
Ankläger B.: Ja, gute Parteimitglieder, die helfen einem und andere waren niemals in der Partei, die informieren einen.
Dymschitz: Natürlich gaben sie ihm Privilegien und dann ganz plötzlich, ganz schnell. Dann fällt einem auf, dass Sie ähnlich sind wie du, und dann, dann, dann bist du Direktor des besten Museums der Welt, zum Beispiel.
Ankläger B.: Was für Museum?
Dymschitz: Tut mir leid. Nein, ich sagte Orchester. Verzeihung! Bitte glauben Sie mir, Steve, helfen Sie mir, Steve. Sie sagten, dass Sie nur jemanden verantwortlich sind, der ganz oben steht. Das gilt auch für mich. Ich habe einen Befehl von jemandem ganz oben. Wir wollen Furtwängler. Sie, Sie kriegen dafür von mir ein ganzes Orchester 4 - 5 Dirigenten. Aber hören Sie, Steve, ich brauche den Mann …
Ankläger B.: Nein, es geht nicht.
Dymschitz: Lassen Sie Furtwängler gehen, bitte.
Ankläger B.: Es ist meine Pflicht.
Dymschitz: Deine Scheißpflicht. Das Problem ist, ihr Amerikaner wollt, dass alle Menschen leben sollen, so wie ihr. Wir haben Berlin befreit, Major Steve, nicht ihr und unsere Pflicht ist es auch das Beste einer deutschen Kultur wieder zum Leben zu erwecken.
Ankläger B.: Ich lass nicht mit mir handeln. Auf keinen Fall!
Dymschitz: Ja, das heißt dann, dass sie mich töten.

David Willis: 1936 wurde Furtwängler die Leitung der New Yorker Philharmoniker angeboten - auf Vorschlag von Toscanini. Hätte er angenommen, wäre jetzt bestimmt der berühmteste Dirigent in Amerika.
Sekretärin: Als er seine Entscheidung getroffen hat, konnte er doch nicht alles wissen. Und besonders nicht, wie es jemand wie Sie tut. Sie kehren zurück aus dem Exil und denken, Sie hätten das Recht, über andere zu befinden, weil Sie frei sind von jedem Makel, denken Sie, Sie wüssten am besten, wie ein Täter ist und wer Vergebung verdient hat, aber Sie haben keine Ahnung, wie die Leute hier gelebt haben.
David Willis: Und als er ihm zu dessen Geburtstag die Hand gab, hat ihn das gefreut?
Sekretärin: Das weiß ich nicht, aber Sie und ich wissen inzwischen eins, er hat Leuten das Leben gerettet.

Ankläger B.: Emmi, in Bruckners Siebenter, wissen Sie, wo das Adagio beginnt?
Sekretärin: Ja, natürlich!
Ankläger B.: Bitte legen Sie die Stelle auf, ich sage Ihnen, wann Sie sie spielen.
Furtwängler: Es ist Punkt 9. Ich werde nicht hinnehmen, dass man mich wieder warten lässt.
Ankläger B.:  Reden Sie nicht mit mir, als wäre ich ein zweiter Violinist. Gehen Sie zurück in den Warteraum. Fräulein Straube wird kommen und Sie holen, wenn ich mit Ihnen reden will.
Oh Gott, nein, das darf doch nicht wahr sein. Wofür hält er sich? Wofür hält er sich?
Helmut Alfred Rode: Wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen gerne ein Glas Wasser, Herr Professor.
Furtwängler: Was hat dieser Mann hier zu suchen?
Ankläger B.:  Doktor Furtwängler, kommen Sie, kommen Sie, nehmen Sie Platz. Nein! Nein! Nehmen Sie den hier, der ist viel bequemer. Öffnen Sie die Krawatte, wenn Ihnen zu heiß ist.
Furtwängler: Ich möchte gerne etwas sagen.
Ankläger B.: Raus damit, wie Sie wünschen.
Furtwängler: Als ich das letzte Mal hier war, war ich nicht vorbereitet, ich wusste nicht, was mich erwartet, aber in den vergangenen Wochen habe ich intensiver nachgedacht und mir Notizen gemacht. Ich glaube, Sie sollten wissen, wer ich bin. Und was ich bin? Ich bin ein Musiker und glaube an die Musik. Ich bin Künstler und glaube an die Kunst. Kunst allgemein und die Musik im Besonderen verfügen für mich über eine mystische Kraft, die, die geistigen Bedürfnisse der Menschen befriedigt. Ich muss zugeben, ich war in einem hohen Maße naiv. Ich forderte über viele Jahre unumwunden die absolute Trennung von Kunst und Politik. Mein ganzes Leben habe ich der Musik gewidmet, weil ich. - und dies ist überaus wichtig - weil ich stets dachte, ich könnte durch Musik etwas, etwas Nützliches bewirken.
Ankläger B.: Was denn?
Furtwängler: Das Bewahren von Freiheit, Humanität und Gerechtigkeit.
Ankläger B.: Donnerwetter, das klingt ja wunderbar! Alle Achtung! Das ist wunderbar formuliert. Ich werde versuchen, es mir zu merken. Freiheit, Humanität und Gerechtigkeit – wunderbar! Aber Sie benutzen das Wort: Naiv! Heißt das, dass Sie glauben, dass Sie sich geirrt haben und Kunst und Politik nicht prinzipiell voneinander zu trennen sind.
Furtwängler: Ich glaube, Kunst und Politik sollte man immer trennen, aber dass das nicht der Fall gewesen ist, habe ich bitter erfahren.
Ankläger B.: Und wann wurde Ihnen das klar? Als Sie das Telegramm schickten? War das die Kapitulationserklärung, das Winken mit der weißen Fahne?
Furtwängler: Welches Telegramm?
Ankläger B.: Zum Geburtstag viel Glück, lieber Adolf Hitler - Wilhelm oder Worte mit demselben Inhalt. Das klingt, als wären Sie auf die Knie gefallen und hätten gesagt: Alles klar, Adolf, Du hast gewonnen, Du bist für mich die Nummer 1, war je ‘ne tolle Party!
Furtwängler: Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen.
Ankläger B.: Ihre Geburtstagsgrüße für ihren guten alten Kumpel, Adolf Hitler?
Furtwängler: Ich habe ihm weder Geburtstags- noch irgendwelche anderen Grüße geschickt.
Ankläger B.: Denken Sie noch mal drüber nach, Wilhelm! Vielleicht nicht in ihrem Namen - aber als Staatsrat oder als Vizepräsident?
Furtwängler: Darüber muss ich nicht nachdenken, das ist absolut lächerlich.
Ankläger B.: Ja? David?
David Willis: Zeigen Sie Doktor Furtwängler doch den Beweis, dann fällt es Ihnen vielleicht wieder ein.
Furtwängler: Er wird es nicht finden, denn ein solches Telegramm existiert nicht.
Ankläger B.: Tja, ich hab‘s versucht, ich gebe zu, ich hab‘s versucht, ich dachte womöglich gehen Sie mir in die Falle. Aber David war leider zu schnell für mich. Ein fabelhafter Zug, David, wirklich ein fabelhafter Zug. Gut, ich habe kein Telegramm, aber es existiert und gehen Sie davon aus, Wilhelm, wir suchen weiter danach, denn ich glaube, Sie haben es abgeschickt.
Furtwängler: Da irren Sie sich!
Ankläger B.: Kunst und Politik, Kunst und Politik. Was heißt das in Ihrem Fall? Sie und die Berliner Philharmoniker reisten durch das Dritte Reich, sie spielten in Ländern, die die Nazis erobert hatten, sind Sie der Ansicht, dass nach 39 in den besetzten Gebieten zu dirigieren, keine Werbung für Adolf war und für all das, wofür er stand?

Furtwängler: Wir haben das Regime niemals offiziell repräsentiert, wenn wir im Ausland spielten. Wir traten immer auf, als ein privates Ensemble. Ich habe Ihnen schon gesagt, ich war freiberuflicher Dirigent.
Ankläger B.: Darf ich Ihnen mal was sagen, Sie hätten unsere Versicherungspolicen schreiben sollen, bei Ihnen gibt es mehr Freizeichnungsklauseln als doppelte Versicherungssummen. Was glauben Sie denn, was man im Ausland dachte? Die Berliner Philharmoniker, übernommen von Doktor Goebbels und seinem Propagandaministerium. Aber Wilhelm ist ein Freiberufler, also Kunst und Politik, die sind wirklich vollkommen getrennt. Glauben Sie, dass das einfache Publikum das gedacht hat?
Furtwängler: Ich weiß nicht, was das einfache Publikum gedacht hat?
Ankläger B.: Nein?
Furtwängler: Nein, ich hatte immer nur einen einzigen Gedanken. Meine einzige Intention bei allem, was ich tat, war zu zeigen, dass Musik mehr bedeutet als Politik.
Ankläger B.: Erzählen Sie mir von Herrn von der Nüll.
Furtwängler: Von der Nüll?
Ankläger B.: Ja, von der Nüll.
Furtwängler: Von der Nüll?
Ankläger B.: Und wie lange soll das so weitergehen, Wilhelm? Ich sage von der Nüll, sie sagen, von der Nüll, ich sage von der Nüll, sie sagen von der Nüll, wir können das den ganzen Tag tun. Sie wissen doch, wer von Nüll ist, nicht wahr, Edwin von der Nüll, Musikkritiker?
Furtwängler: Ja, ich weiß, wer das ist.
Ankläger B.: Ist es nicht wahr, dass er schlechte Kritiken über Sie geschrieben hat und diesen jungen Mann von Karajan in den Himmel hob? Und sogar ein Wunder und schrieb, dass er ein besserer Dirigent sei als Sie. Haben Sie nicht veranlasst, dass er zwangsweise eingezogen wurde und dass seitdem niemand mehr etwas von ihm was gehört hat?
Furtwängler: Das ist eine ungeheuerliche Lüge!
Ankläger B.: Riefen Sie wirklich nicht ihre alten Kumpel an und sagten: „Das, das darf nicht wahr sein? Hast Du gelesen, was dieser von der Nüll über mich geschrieben hat, über den größten Dirigenten auf Erden? Schafft ihnen aus dem Weg! Er beschuldigt mich, ich spiele ihm nicht genug moderne Musik. Los, ab nach Stalingrad!“ Haben Sie das nicht getan? Sie ertragen keine Kritik, Wilhelm. Und auch nicht, wenn jemand sagt, ein anderer Dirigent sei besser als Sie. Erklären Sie, der Name von der Nüll wurde nie erwähnt in ihren Gesprächen mit Goebbels.
Furtwängler: Er sagte, er hätte, er hätte irgendwann gelesen, was der Mann über mich geschrieben hat.
Ankläger B.: Und was hat er gesagt?
Furtwängler: Er sagte: Nehmen Sie es ihm nicht übel, er arbeitet als Kritiker und Sie arbeiten als Dirigent.
Ankläger B.: Und was passierte mit von der Nüll?
Furtwängler: Ich hab‘ keine Ahnung.
Ankläger B.: Nein, Sie haben wirklich keine Ahnung. Ich sage Ihnen, was aus ihm wurde. Er ist gestorben. In Stalingrad!
Furtwängler: Das tut mir leid.
Ankläger B.: Und nun zu diesem jungen Dirigenten, wie ist noch sein Name? Das Wunderkind, Sie wissen, wen ich meine. Von Karajan! Aber Sie haben ihn immer anders genannt. Kommen Sie, wie nannten Sie von Karajan, sagen Sie es, gut, dann sage ich es. Kleiner K., hab ich recht, Sie konnten es nicht mal ertragen seinen Namen auszusprechen
Furtwängler: Bitte, hören Sie auf diese Spiele mit mir zu spielen. Warum erwähnen Sie plötzlich …? Warum sprechen Sie plötzlich über einen anderen Dirigenten? Das ist mir unbegreiflich.
Ankläger B.: Ich werde Ihnen sagen, warum. Ich sprach darüber, dass Sie an Hitlers Geburtstag gespielt hatten. Sie sagten mir, dass Goebbels ihre Ärzte erpresst hatte, dass Sie reingelegt worden waren.
Furtwängler: Ja, das entspricht der Wahrheit.
Ankläger B.: Ich habe da eine andere Version, Sie wurden nicht reingelegt. Nein, nicht so, wie Sie‘s beschreiben. Ich glaube, etwas anderes ist passiert. Ich war im Hinkel-Archiv, da gibt es Aufzeichnungen von Telefongesprächen und wenn man das alles zusammenfügt, dann ist nun eher folgendes passiert. Ich denke, Goebbels hat gesagt: „Wilhelm, wenn Du nicht für Adolf dirigieren willst, dann nehmen wir das Wunderkind, den Jungen, über den der Kritiker von der Nüll schreibt, er sei der größte Dirigent der Welt, der würde nicht nur wahnsinnig gern für Adolf dirigieren, der würde auch ‘Happy Birthday‘ als Solo singen.“ Kommen Sie, geben Sie‘s zu! K. machte Ihnen Angst, nicht wahr? Sie haben ihn immer gefürchtet. 1942 ist der 34 Jahre alt, Sie sind aber schon 56 und Goebbels und Göring sagten immer, wenn Du es nicht machst, wird es der Kleine K. machen. Hören Sie auf mit Kunst und Politik und intellektuellem Scheiß über die Freiheit, Humanität und Gerechtigkeit. Denn mir ist es egal, wie toll und genial Sie sind. Das ist die älteste Geschichte, die man kennt. Der alternde Romeo, eifersüchtig auf den jungen Bock. Sie haben das Land nicht rechtzeitig verlassen, weil Sie Angst gehabt haben, nicht wahr? Sie haben gefürchtet, wenn Sie weggehen, würden Sie verdrängt werden. Von diesem Wunderkind, dem zweimaligen Parteimitglied, dem strahlenden, talentierten Kleinen K.
Furtwängler: Das ist absoluter Unsinn.
Ankläger B.: Ja, ich beginne erst mein Thema zu entwickeln. Nennt man das nicht so in der klassischen Musik, ein Thema entwickeln? Tja, die Herren haben mit Ihrer Unsicherheit gespielt, das ist menschlich und überaus verständlich, aber es gibt einen, der mag den kleinen K. nicht in dem Maße, in dem er Sie mag, genau die absolute Nummer 1. Ihr alter Kumpel Adolf, der hält Sie für den größten, und wenn er sagt, Wilhelm soll an meinem Geburtstag spielen, dann müssen die dafür sorgen, dass Wilhelm kommt. Also ruft Josef Sie an und droht Ihnen mit einem kleinen K. Sie sagten: „zur Hölle mit der Neunten in Wien, ich werde für Adolf an seinem Geburtstag in Berlin spielen“. Das Spiel haben die mit Ihnen gespielt! Ja, die hatten Sie nämlich am Sack, und dann haben die zugedrückt, gnadenlos. Warum sind Sie nicht weggegangen? Warum haben Sie für die gespielt? Warum waren Sie der Fahnenträger für das Regime? Eifersucht!
Furtwängler: Es gab eine, eine Verschwörung gegen mich! Eine Kampagne sogar im Ausland.
Ankläger B.: Sehen Sie, Wilhelm, ich spreche über ganz einfache, alltägliche Gründe. Darum würde ich mit Ihnen auch wahnsinnig gerne über Ihr Privatleben sprechen. Wie viele uneheliche Kinder haben Sie?
David Willis: Major, ich wüsste nicht, was diese Art der Befragung mit der eigentlichen Sache zu tun hat.
Ankläger B.: David! David - spielen Sie jetzt den Anwalt der Verteidigung?
Haben Sie die Frage verstanden?
Furtwängler: Ja, ich, ich habe uneheliche Kinder.
Ankläger B.: Was?
Furtwängler:
Ich sagte, ich habe uneheliche Kinder. Ich weiß nicht, wie viele.
Ankläger B.: Sie mögen die Frauen, nicht wahr, Wilhelm? Sie haben vor jedem Konzert in ihrer Garderobe einer Frau eins mit dem Taktstock des alten Dirigenten verpasst. Das stimmt doch?
David Willis: Major, das ist beleidigend und widerwärtig und völlig irrelevant.
Ankläger B.: Nicht unbedingt, Herr Anwalt. Und Ihre Sekretärin, sie war nicht nur Ihre Sekretärin, sie hat Ihnen auch Frauen zugeführt, nicht wahr, so viele und so oft Sie wollten.
Furtwängler: Hören Sie auf damit! Bitte, bitte - hören Sie damit auf!
Ankläger B.: Nein, ich höre nicht auf damit. Hitler persönlich bot Ihnen ein schönes Haus und einen privaten Luftschutzbunker an.
Furtwängler: Ich hab‘ das Haus und den Luftschutzbunker aber nicht angenommen.
Ankläger B.: Aber Sie wissen, worauf ich hinaus will. Sie haben ein sehr schönes Haus, Sie werden gut bezahlt. Was sollen Sie tun, bleiben oder weggehen? Eine Stimme höre ich aber immer wieder. Und sie flüstert: „Bleib!“
David Willis: Major, das ist kein gutes Argument, wenn Doktor Furtwängler, das alles genossen hat. Diese, diese Privilegien hat das damit zu tun, wer er ist und was er ist. Das gilt für jeden führenden Künstler in jedem Land der Welt.
Ankläger B.: Deswegen wird niemand zum Heiligen, sie müssen auch aus dem Bett und pissen mitten in der Nacht oder etwa nicht? Sie können trotzdem rachsüchtig und neidig und gemein sein, so wie sie, so wie ich. Ja, so wie ich! Nichtwahr? Gut, Wilhelm, gehen Sie nach Hause. Gehen Sie nach Hause und denken Sie über die vergangenen 12 Jahre nach.
Furtwängler: Ich, ich weiß nicht, was Sie meinen.
Ankläger B.: Tja, das ist ihr Problem, Wilhelm. Sie verstehen nichts. Wir rufen Sie an, gehen Sie.

David Willis: Major?
Ankläger B.: Ja!
David Willis: Ihre Manieren!
Ankläger B.: Meine Manieren? Am besten, Sie gehen jetzt runter, trinken in der Tasse Kaffee und beruhigen sich.
David Willis: Sofort, Sir!
Ankläger B.: Was ist denn los, Emmi? Was haben Sie denn? Stimmt was nicht?
Sekretärin: Es tut mir leid. Aber ich muss gehen. Ich werde andere Arbeit finden. Sie werden sich jemand anderen suchen müssen.
Ankläger B.: Was heißt das, Emmi?
Sekretärin: Ich kann das nicht. Das ist nicht richtig.
Ankläger B.: Was ist nicht richtig?
Sekretärin: Ich wurde auch so verhört von der Gestapo. Genauso, so, so wie Sie ihn verhört haben.
Ankläger B.: Emmi, Moment, ich möchte Ihnen etwas zeigen, ich möchte ihnen etwas zeigen, und wenn Sie dann gehen wollen, dann dürfen Sie gehen. Bitte?! Bitte!
Das haben seine Freunde getan. Er gab Geburtstagskonzerte für sie.
Sekretärin: Aber er wusste nichts davon. So viele Menschen haben nichts gewusst. Ich, ich habe erst realisiert, was wirklich vor sich ging […]



Foto: https://www.arte.tv/de/videos/115953-000-A/taking-sides-der-fall-furtwaengler/

Ankläger B.: Wenn er nichts gewusst hat, warum mussten die Juden gerettet werden? Das ist meine Frage, Emmi, die stelle ich jedem Deutschen, warum mussten die Juden denn gerettet werden in diesem Land. Warum? Wenn niemand etwas gewusst hat?

David Willis: Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Major?
Ankläger B.: Bitte. Ja.
David Willis: Wenn Sie ihn nochmal verhören, tun Sie es mit etwas mehr Respekt.
Ankläger B.: Mit mehr, was? Mehr, was?
David Willis: Major, er ist vielleicht der, der größte Dirigent dieses Jahrhunderts und das, das gebietet der Respekt.
Ankläger B.: David, irgendwie versteh‘ ich nicht, was mit Ihnen los ist. Sie sind Jude. Sind Sie Jude?
David Willis: Ja, ich bin Jude! Aber ich denke, erst mal bin ich ein Mensch!
Ankläger B.: Wunderbar, sehr gut. Ein Mensch. Da bin ich aber froh. Ich dachte, Sie würden sagen, Sie wären Musikliebhaber. Dieser Mann, dieser große Künstler gab antisemitische Bemerkungen von sich, die Sie nicht für möglich halten würden. Ich kenne einige Briefe … ,
David Willis: Zeigen Sie mir den, der keine antisemitischen Bemerkungen gemacht hat, und ich zeige Ihnen das Tor zum Paradies.
Ankläger B.: Was ist denn mit Ihnen, wo sind Ihre Empfindungen, David, wo ist Ihr Hass und Ihr, Ihr Ekel, wo ist denn Ihre verdammte Empörung, David? Denken Sie mal an ihre Eltern und dieser Mann hat dirigiert. ‘Happy Birthday‘, lieber Adolf! Ich meine das. Auf welcher Seite stehen Sie denn eigentlich? Hallo! Werden Sie erwachsen! Ja, werden Sie verdammt noch mal erwachsen!

David Willis zur Sekretärin: Ich möchte, dass Sie wieder ins Büro kommen. Darf ich reinkommen? Wenn Sie da sind, können Sie Einfluss nehmen auf das, was geschieht. Was erreichen Sie damit, wenn Sie weggehen? Wenn Sie das tun, dann geben Sie auf. Und wie können Sie dann Furtwängler helfen? Vergessen Sie das Weggehen. Bleiben Sie!

Ankläger B.: Alle sagen, was für ein großer Wohltäter Sie für die Juden waren. Aber ich habe hier einiges, was Sie gesagt und geschrieben haben. Hören Sie sich das an: ‘Der jüdische Komponist Schönberg wird bewundert von der jüdischen Internationale‘. Und wie wäre es mit diesem Satz: ‘Jüdischen Musikern fehlt die natürliche Affinität zu unserer Musik. Jüdische Musiker sind fabelhafte Geschäftsleute. Sie kennen kaum Skrupel. Fehlende Wurzeln‘. Bestreiten Sie, das gesagt zu haben?
Furtwängler: Diese Haltung existiert nicht in mir.
Ankläger B.: Das glaube ich. Aber, antworten Sie nur auf die Fragen, Sie müssen mir nichts erklären.
Furtwängler: Im Gespräch mit Parteimitgliedern habe ich natürlich ihre Sprache benutzt. Alle haben das gemacht. Aber das bin nicht ich.
Ankläger B.: Und wer ist es? Wer hat gesprochen?
David Willis: Verzeihen Sie, dass ich unterbreche, Major. Aber vielleicht sollte man das, vielleicht sollte man das dem gegenüberstellen, was er für seine jüdischen Kollegen getan hat, das hier, das ist eine Kopie aus dem Verfahren in Nürnberg, ein schwedischer Geschäftsmann Birger Dalehros sagte während eines Kreuzverhörs aus, er sei einige Male bei Hermann Göring gewesen. Das erste Mal war Göring in ein stürmisches Gespräch mit Wilhelm Furtwängler, den berühmten Dirigenten der Berliner Philharmoniker, verwickelt, der vergeblich darum bat, seinen jüdischen Konzertmeister behalten zu dürfen. Emmi, nehmen Sie eine dieser Aussagen und lesen Sie sie laut vor, bitte.
Sekretärin: Ich möchte zu Protokoll geben, dass Doktor Furtwängler sein Leben riskiert hat, um jedem zu helfen, der ihn darum bat. Ich habe gesehen, dass im wahrsten Sinne des Wortes Hunderte am Abend vor seiner Garderobe auf ihn gewartet haben, um ihn nach dem Konzert um Hilfe zu bitten. Er hat nie jemanden abgewiesen. Nachdem ich ihm vorgespielt hatte, ich bin Violinist, schenkt er mir Geld, denn ich war nicht in der Lage, mich und meine Familie zu ernähren, dann hat er mir geholfen, nach Schweden zu entkommen, so wie mir hat er unzähligen anderen Menschen geholfen.
David Willis: Und das ist nur einer dieser Briefe, Major.
Ankläger B.: Ich habe doch erzählt, wie lange ich im Versicherungsgeschäft war. Denken Sie, ich erkenne eine falsche Police nicht, wenn sie sie mir vorgelegt wird? Ja, er hat Juden geholfen, so hat er sich abgesichert, das war nur seine Maske, im Grunde schwebte er immer als Maestro über allem, was ihm untertan war. Wissen Sie, Wilhelm, ich glaube, Sie waren deren kleiner Junge, deren Kreatur. Sie sind eine Art Werbeslogan für die gewesen. So etwas wird von uns produziert, der größte genialste Dirigent der Welt, und Sie fanden das wundervoll, Wilhelm, Sie mussten gar nicht Mitglied der Partei sein, ich habe einen Fehler gemacht, es geht nicht um Ihre Partei Nummer. Ich hätte Sie fragen sollen nach Ihrer Nichtpartei Nummer. Das gilt auch für ein paar andere weltbekannte Künstler. Emmi, bitte die Platte. Wissen Sie, was das ist?
Furtwängler: Natürlich weiß ich, was das ist. Okay und was ist es? Bruckner Siebente, das Adagio, dirigiert von wem?
Furtwängler: Von mir.
Ankläger B.: Wissen Sie, wann es das letzte Mal im Rundfunk gespielt wurde?
Furtwängler: Woher soll ich das wissen?
Ankläger B.: Ich werde es Ihnen sagen. Das letzte Mal ist diese Musik gespielt worden, als bekannt gegeben wurde, dass ihr Kumpel Hitler sich umgebracht hatte. Hören Sie zu. Wir haben hier eine Aufnahme des kleinen K. Eines anderen Dirigenten. Nein, die nahmen Ihre. Und warum? Ich nehme an, weil Sie die immer so wundervoll repräsentiert haben. Als der Teufel starb, da wollten die seinen Bandleader als Dirigenten des Trauermarsches. Sie haben denen alles bedeutet.
Furtwängler: Ich war immer um eine Analyse meiner selbst bemüht. Sehr eingehend. Ich dachte, wenn ich hier bleibe, dann wäre das eine Gratwanderung für mich. Zwischen dem Exil und dem Galgen. Offenbar machen Sie mir den Vorwurf, dass ich mich nicht habe aufhängen lassen. Ja, ich hab‘ der Partei nicht offen widersprochen. Ich sagte mir, das sei nicht meine Aufgabe. Hätte ich mich aktiv am politischen Geschehen beteiligt, hätte ich nicht hierbleiben dürfen. Als Musiker. Bin ich mehr als ein Bürger? Ich bin Bürger dieses Landes in dem ewig geltenden Sinne für den, für den die Genialität großer Musik Zeugnis ablegt. Ich weiß, eine einzige Aufführung eines großen Meisterwerkes ist eine stärkere und lebendigere Verneinung des bösen Geistes von Buchenwald und Auschwitz, als es Worte sind.
Ankläger B.: Haben Sie jemals gerochen, wie verbrennendes Fleisch riecht? Ich hab's aus vier Meilen Entfernung gerochen, aus vier Meilen Entfernung hab‘ ich es gerochen. Oder haben Sie jemals die Gaskammern gesehen? Die Verbrennungsöfen? Haben Sie die Berge verwesender Leichname gesehen?
Sie erzählen mir was von Kultur, Kunst und Musik. Das wollen Sie gegeneinander abwägen, Wilhelm, Sie stellen Kultur, Kunst und Musik gegen die Millionen, die von ihren Kumpels umgebracht wurden. In den Lagern haben sie Orchester gehabt? Sie spielten Beethoven, Wagner. Da gab es Henker, die spielten Kammermusik, wenn sie zu Hause bei ihren Familien waren. Das Verhältnis, das die Deutschen zur Musik haben, das begreif‘ ich nicht, wozu braucht man Musik, Ihre Kumpane, die Sie anrufen konnten, um ein paar Juden zu retten, wo doch Millionen vernichtet wurde. Ja, ich mache Ihnen zum Vorwurf, dass Sie nicht gehenkt wurden. Und ich mach‘ Ihnen Ihre Feigheit zum Vorwurf. Sie waren großartig und sind rumstolziert, Sie erbärmliches Stück Scheiße. Sie oberstes Aschloch in einem Scheißhaus. Sie haben eben von Gratwanderung gesprochen zwischen dem Exil und dem Galgen. Dazu sage ich nur: ‘Lügen‘!
Furtwängler: Ich liebe mein Land, ich glaube an die Musik. Was hätte ich denn tun, sollen?
Ankläger B.: Sehen Sie sich doch mal um, sehen Sie sich das Land an, dem Sie gedient haben? Sehen Sie sich die Menschen an, die wirklich Mut hatten, die etwas riskierten. Und wenn nötig, ihr Leben. So wie Emmis Vater.
Emmi! Emmi - nehmen Sie ihre Finger aus den Ohren. Ich spreche über Ihren Vater.
Sekretärin: Mein Vater hat sich erst an der Verschwörung beteiligt, als ihm klar wurde, dass wir den Krieg nicht gewinnen würden.
Furtwängler: Was für eine Welt wollen Sie, Major? Was für eine Welt wollen Sie erschaffen? Glauben Sie ernsthaft, dass die einzige Realität die materielle Welt ist. Wenn Sie das glauben, dann bleibt Ihnen nichts. Nichts als schmieriger Schmutz. Schmutz noch viel übelriechender - als der - von dem Ihre Nächte erfüllt sind. Wie hätte ich ahnen, wie hätte ich wissen können, wozu die fähig sein würden. Keiner wusste das. Ich will, ich will diesem Land nicht bleiben. Ja, ich hätte ‘34 weggehen sollen. Es wäre besser gewesen, wenn ich gegangen wäre.
Ankläger B.: Schaffen Sie ihn hier raus!
Furtwängler: Danke, Fräulein! Sie waren sehr freundlich!
Ankläger B.: Verdammte Hurensöhne!
Major Arnold - geben Sie mir General Wallace. General, Major Arnold, es geht um Furtwängler, ich weiß nicht, ob wir genügend gegen ihn in der Hand haben?

Ankläger B.: Wir übergaben Wilhelm Furtwängler den Zivilbehörden. Man warf ihm vor, dem Naziregime gedient, antisemitische Verleumdungen geäußert zu haben, bei einer offiziellen NSDAP Veranstaltung aufgetreten und preußischer Staatsrat gewesen zu sein. Doktor Furtwängler wurde entlastet, ich habe ihn nicht festgenagelt, aber ich habe ihn ins Schwitzen gebracht. Und ich weiß, dass ich das Richtige getan habe. Furtwängler setzte seine Laufbahn fort, aber er durfte nie in den Vereinigten Staaten dirigieren. Er starb 1954. Herbert von Karajan wurde sein Nachfolger als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker.
Zitatende
Quelle: https://www.arte.tv/de/videos/115953-000-A/taking-sides-der-fall-furtwaengler/

Die Rollen und ihre Darsteller

Quelle: https://www.arte.tv/de/videos/115953-000-A/taking-sides-der-fall-furtwaengler/

Leserbrief

 … zum Thema „Katharina Wagner bleibt Chefin der Festspiele“

Vor sechs Jahren enthielt meine Leserzuschrift im Kurier zum gleichen Thema den Titel: 'Blankes Entsetzen'. Ich hätte nie gedacht, dass ich mir Jahre später eine neue Überschrift suchen müsste, die meine grenzenlose Enttäuschung und Verärgerung über die erneute Vertragsverlängerung mit Katharina Wagner spürbar wiedergibt. Das gleiche Ergebnis, Katharina Wagner noch einmal fünf Jahre als Festspielleiterin, ist nur schwer zu ertragen.

92 % der Freunde der Aufführung von Wagners Werken im Festspielhaus haben Wagner in Verbindung zu Bayreuth längst abgeschrieben.

Den genannten Personen, die diese Entscheidung getroffen haben, fehlt jede tiefer gehende Beziehung zum Werke Richard Wagners. Die Aufführung seiner grandiosen Musikdramen im Bayreuther Festspielhaus bedeutet ihnen ebenfalls nichts, gar nichts! Sie kennen die komplizierten Strukturen und die Abläufe nicht, deren konsequente Erfüllung Grundlage der früher so grandiosen Festspielaufführungen waren. Letztlich haben sie der Nichterfüllung des Stiftungsauftrages „im Festspielhaus die Werke Richard Wagners festlich aufzuführen“, zugestimmt! Das ‘neue Konzept‘ von Frau Wagner bleibt wohl auch geheim, oder?

Die Verantwortlichen für diese Entscheidung haben keinerlei Ursachenforschung betrieben: Wie kam es zu dem katastrophalen Niedergang der Festspiele und wer trägt dafür letztlich die Verantwortung, wenn nicht Katharina Wagner? Ist ihnen nicht bewusst geworden, dass Katharina Wagner seit 2008 (durch die künstlerische Freiheit enthemmt) ungehindert, Jahr für Jahr, mit jeder neuen Inszenierung Wagners Werke aus dem Festspielhaus verbannt hat? Ihre Amtsführung als Festspielleiterin ist die Ursache für den katastrophalen Niedergang der Bayreuther Festspiele, in künstlerischer, organisatorischer und wirtschaftlicher Form. Ihre Amtsführung, bzw. die Auswahl der in Bayreuth tätigen Regisseure, Dramaturgen und Bühnenbildner sind der Grund für Bayreuths Niedergang, denn die Einnahmen der 92% der damals begeisterten Zuschauer, die die Lust verloren haben für viel Geld nur noch die Musik geboten zu bekommen, während auf der Bühne das totale Chaos herrscht, und die deshalb nicht mehr kommen, fehlen in der Kasse.

Der Rückgang in der Kartennachfrage besteht seit 2007. Spätestens nach dem Ring 2013 wurde sichtbar, dass - beschleunigt durch den immer stärkeren Rückgang im Kartenverkauf – die künstlerisch Verantwortlichen die Notbremse hätten ziehen müssen. Aber da war der „allgewaltige Toni Schmid“, der Vorsitzende sämtlicher Gremien in Bayreuth, der Frau Wagner immer und immer wieder unter Missachtung aller in der Stiftungssatzung festgelegten Regularien einfach im Amt bestätigte. Niemand hat gegen diese Vorgänge seine Stimme erhoben oder diese Entscheidungen zumindest in Frage gestellt.

Seit September 2023 ist der neue Regierungspräsident von Oberfranken, Herr Luderschmid, im Amt und er ist damit auch der erste Vorsitzende der Richard Wagner Stiftung Bayreuth. Herr Luderschmid hat genauestens Kenntnis über die Gründe, die zur Schaffung der Stiftung führten und über die Pflichten und Rechte, die aus der Stiftungssatzung erwachsen. Und trotzdem wurde der Stiftungsrat wieder ausgeschaltet. So etwas gibt es nur in Bayern!

Alle Hoffnung ruhte auf der Zeit „nach Herrn Schmid“. Aber weit gefehlt! Wieder wurde an der Findung eines geeigneten Anwärters für den Festspielleiterposten kein Künstler beteiligt, auch wurde die ganze Angelegenheit „in den Hinterzimmern der Macht“ abgewickelt! In der Annahme,dass das jetzt wieder so einfach abläuft, hat sich weder der (schon vor Jahren entmachtete) Stiftungsrat incl. seiner neuen Vorsitzenden, noch der Stiftungsvorstand wirklich um einen neuen Festspielleiter gekümmert bzw. kümmern dürfen, obwohl seit vielen Jahren feststeht, dass die Amtsführung Katharina Wagners als Festspielleiterin die alleinige Ursache dafür ist, dass die Bürger diese Festspiellaufführungen nicht mehr sehen wollen.

Die Allgewaltigen der wichtigsten Stifter, der Bundesrepublik und des Freistaates Bayern, die Staatsministerin Frau Claudia Roth und der bayrische Kunstminister Markus Blume, sinnieren derweil über ein besseres Publikum für Bayreuth und die Überarbeitung von Strukturen (welcher Strukturen, wenn es keine gibt?), oder – im Falle von Herrn Minister Blume – der ein von Frau Wagner vorzulegendes Konzept für die nächsten Jahre aussehen soll und wie man die Anteile der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth übernehmen kann, um damit noch mehr Einfluss in Bayreuth zu gewinnen. Dieses in der Zeitung angekündigte „sogenannte Rezept“ bleibt wohl auch geheim, oder?

Beide Minister, die für diese Entscheidung Verantwortung tragen, kennen also nicht die Gründe, die bis ca. 2005 die Einzigartigkeit jeder einzelnen Festspielaufführung möglich gemacht haben. Sie erkennen demnach auch nicht den künstlerischen Verlust, den die Musik- sprich Opernkultur Deutschlands durch den Ausfall Bayreuths erlitten hat.

Die schwere Entscheidung, Katharina Wagner im Amt zu halten, wurde nicht nach der Abwägung künstlerischer Gesichtspunkte demokratisch vom Stiftungsrat gefällt, sondern sie hat ganz andere, rein materielle Gründe, daran waren ausschließlich Politiker und Beamte beteiligt. Wer in Zukunft in Bayreuth Wagners Musikdramen in Vollendung sucht, wird bei dieser Suche verzweifeln.

Heribert A. Bludau - Lindenallee 2 - 23714 Malente


 

 

 

Zitat
Messa da Requiem

von Giuseppe Verdi | Text aus der katholischen Totenmesse
mit gesprochenen Texten von Martin Mutschler

In lateinischer, deutscher, spanischer, georgischer, polnischer und usbekischer Sprache mit deutschen Übertiteln | ca. 2 Stunden, keine Pause | Für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren

Termine und Karten

So, 09.06.2024 | 16:00 – 18:00 Uhr

23,50 € – 65,50 € | erm. ab 5,00 € Sonntagnachmittag 6a |Opernhaus |  

Einführung: 45 Minuten vor Beginn

Besetzung:
Musikalische Leitung James Hendry
S Barno Ismatullaeva A Monika Walerowicz T José Simerilla Romero B Shavleg Armasi X Heinrich Horwitz
Chor der Staatsoper Hannover, Extrachor der Staatsoper Hannover, Statisterie der Staatsoper Hannover,
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover

Zitatende
Quelle: https://staatstheater-hannover.de/de_DE/programm-staatsoper/messa-da-requiem.1343153


Der dritte Rang geschlossen, nach Personalangaben nicht einmal 400 Personen im Zuschauerraum bei 1.202 zur Verfügung stehenden Sitzplätzen.

Hierzu Bemerkungen eines Vollzahlers zur Neuproduktion von Verdis Totenmesse an der Nds. Staatsoper Hannover
unter der Geschäftsführung von Laura Bermann und der Dramaturgie von:

 

 

Zitat
Regine Palmai
Chefdramaturgin & Stellvertreterin der Intendantin

Dr. Sophia Gustorff
Dramaturgin

Daniel Menne
Dramaturg

Leira Marie Leese
Ballettdramaturgin

Dr. Birgit Spörl
Konzertdramaturgin

Katharina Schellenberg
Dramaturgieassistentin

Anna Weis
FSJ Kultur im Bundesfreiwilligendienst

Zitatende
Quelle: https://staatstheater-hannover.de/de_DE/hinter-der-buehne-oper#dramaturgie

 
Kommentar

Geschmacklos, taktlos, pietätlos, respektlos – aber Mätzchen machend nach dem Motto:
 
„Als Amerikanerin – ich liebe Unterhaltung“
 

Man zeige an diesem Nachmittag des 9.6.2024 das Requiem von Verdi - meint ein neuer Dramaturg namens Menne.
Die hannoversche Staatsoper führe es nicht rein konzertant auf, sondern szenisch, schließlich habe Verdi sein Werk von 1874 nicht nur als Konzertstück gesehen. Sehr bald sei es in der Scala in Mailand zur Aufführung gekommen.
Verdi habe schließlich auch opernmäßig gedacht und so habe man sich entschlossen, die Regisseuren, die mit ihrer Inszenierung des ’Mefistofele’ in Hannover nicht gerade Furore machte, wieder zu engagieren.
Dies war ein Fehler, denn sie griff nun bei der szenischen Umsetzung dieser Totenmesse völlig daneben.

Man traut im Hause der Nds. Staatsoper Hannover der Musik nicht und baut szenische Mätzchen ein – getreu der Maßgabe der Frau Geschäftsführerin der Oper, dass Remmi-Demmi zur Unterhaltung auf die Bühne komme.
Nach Aussage des Dramaturgen Menne, habe sich die Regisseurin in Berlin an der U-Bahn, Linie 8 (Die Verbindung über Osloer Straße nach Wittenau und in die andere Richtung bis zum Herrmannplatz) das Verhalten der Menschenmassen abgeguckt, um dies in die szenische Umsetzung in Hannover einzubringen. Im Telefongespräch mit dem Herrn Dramaturgen erwähnte sie weitere Figuren, die man noch in die Inszenierung einbauen könnte.
Offensichtlich hat die Dame öfters Peter Handkes Schauspiel ’Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten’ gesehen und sich an dessen Dramaturgie orientiert.

Gemäß dieser Maßgabe tummeln sich nun fast 100 Personen auf der Bühne, die über ein ansteigendes Gerüst als Tribüne verfügt, auf dem sich Mitwirkende auf- und abwärts bewegen. Dazwischen zwei Gänge links und rechts nach hinten, so dass auch Bewegungen auf der Bühne von vorne nach hinten und umgekehrt möglich sind.
Ein großartiger Einfall, der stark zur Belebung der Bühne beiträgt – nach dem Motto der Frau Geschäftsführerin der Oper:
„Als Amerikanerin - ich liebe Unterhaltung“!

Die Szene ist offen, also kein Vorhang – die Vorstellung beginnt mit dem Vorzeigen der leeren Bühne, das Gestühl nach oben hinten ansteigend, also als sängerfreundlich zu bezeichnen. Das Auditorium füllt sich mit auf dem Bühnenboden trampelnden Solisten und Choristen. Laut Besetzungszettel sind auch Statisten unter den Herumspazierenden bei dem im Moment schweigendem Orchester.

Gemäßigten Schrittes schlendern Solisten, Choristen, Statisten so zu den amphitheaterähnlich aufgestellten Sitzmöglichkeiten. Rechts oben die Sopranistin, rechts erscheint in dem Durchgang der Tenor, er steigt ganz nach oben, hangelt sich am Geländer entlang nach links hinten.
Suchbild, das zwangsläufig in Verbindung mit der Gesamtszene gesehen werden muss und trotz nun heller Beleuchtung der Bühne sich stellt:
Wo ist die Altistin und wo ist der Bassist?

Nach etwa sechs Minuten beginnt das Orchester mit der Nr. 1 der Totenmesse und da sich die Chorherrschaften mit den Solisten erheben, erkennt man auch die Altistin – diese hier mit einer Rot-Kreuz-Haube geschmückt – links unten – sie schreitet in die Bühnenmitte, verharrt dort, schaut ins Publikum und trägt dann ein in ihrer rechten Hand befindliches Portraitfoto nach rechts ans Portal und hängt dieses an dieses. Der Chor, vom Auftritt erschöpft, hat inzwischen wieder auf der Tribüne Platz genommen. Der Bassist - links aufgetreten - eilt durch den linken Gang nach hinten. Wohl hat er etwas vergessen, was er für den weiteren Verlauf der Vorstellung braucht.

Die Sopranistin schreitet rechts gemächlich die Treppe von der Tribüne herunter und ein nicht näher bezeichnetes Faktotum, das neben dem Portal stand, schaut sich nun das von der Altistin aufgehängte Foto auf der Pinwand an.

Während des ’Kyrie’ des Tenors, der oben links auf der Tribüne erschienen ist, eilt der Chor nach rechts zum Portal, um dort von ihm mitgebrachte eigene Wahlplakate mit Portraitfotos aufzuhängen. Es muss sich um eine Wahlkampfveranstaltung handeln, zumal der Tenor links die Choristen mit großen Gebärden auffordert, sich die Porträtfotos der Wahlkämpfer anzusehen.

Wer vom Chor nun nicht rechts auf das Portal mit den Wahlplakaten schaut, blickt heischend ins Publikum. Die Altistin strömt von rechts, wo sie sich mit der Sopranistin getroffen hatte, in die Mitte, wo sie den von links erschienenen Tenor herzlich mit Handschlag begrüßt, denn schließlich hat man sich ja seit 15 Minuten nach dem Verlassen der Solo-Garderoben nicht mehr gesehen.

Die Sopranistin ist von rechts in die Mitte hinzugetreten. Da aber löst sich die Solo-Gruppe sehr schnell auf, denn man ist ja dem Publikum Unterhaltung schuldig und die ist nur mit auf und ab und hin und her zu bewerkstelligen. Nur einfaches Rumstehen ist nicht erlaubt, denn vorgegeben ist seitens der Frau Geschäftsführerin Oper: Unterhaltung according to american style.

Links hatte sich der Bassist niedergelassen, zu ihm schritt die Altistin - nun löst sie sich wieder von ihm, bleibt zunächst wartend stehen und eilt dann in die Mitte, wo sie neben einem Kind, das die ganze Zeit schon einen überdimensionierten Elefanten mit sich herumträgt, der wohl von der von Herrn Dr. Klügel übernommenen Voges-Aida-Inszenierung übriggeblieben ist - innehält und mit den anderen erwartungsfroh in den Zuschauerraum blickt.

Nahezu unbemerkt ist der in Turnerkleidung aufgetretene Atlatus oder auch als Faktotum zu Bezeichnende auf der am rechten Portal bereitgestellten Leiter gestiegen und betrachtet die Menge auf der Bühne gemäß Regieanweisung. Ihm reicht die Altistin nun die Hand, damit er gefahrlos nach dem Anbringen der Wahlplakate herabsteige und die Leiter nach rechts hinter die Bühne trage.

Das Allegro agitato des ’Dies irae’ aus der Nr. 2 (Seite 17 Peters Klavierauszug) überrascht die Technik, denn das grelle Licht auf der Bühne verlischt plötzlich, worauf der Tenor, der rechts am Portal stand, vor Schreck hintenüberfällt und zunächst mal am Bühnenboden liegen bleibt. Von rechts sind die Altistin und dieser Atlatus wieder aufgetreten, nachdem sie die Leiter irgendwo hinten auf der Bühne verstauten.

Alle strömen plötzlich beim ’Solvet saeclum’ nach vorne, machen rechtzeitig an der Rampe halt und schauen auf die wenigen belegten Sitzplätze, wenn doch 1.202 zur Verfügung stehen und von denen weniger als 400 an diesem Nachmittag verkauft waren. Erschüttert von diesem Anblick lässt sich der Chor auf dem Boden nieder, nur die Sopranistin bleibt ungerührt stehen. Die Übrigen erheben sich dann wieder, begeben sich einige Schritte zurück und kehren gleich wieder an den Rand des Orchestergrabens zurück, um die von der Geschäftsführung gewünschte Bewegung zur Unterhaltung zu schaffen und sich dort dabei des Klangs der Blechbläser zu erfreuen.

Der Bassist singt sein Solo ’Mors stupebit’ frisch und frei von links in die Mitte der Bühne schreitend ins Publikum hinein, während die Altistin, die von rechts aufgetreten ist und ein Wahlplakat – wie auch eines der Bassist im Arm hält wie bei einer Wahlveranstaltung präsentiert, und ihr ’Liber scriptus’ anfänglich unten auf der Bühne, dann von weiter oben singt, um den Chor als die potentiellen Wähler akustisch besser erreichen zu können. Dann verlässt sie den Aussichtspunkt. Der Chor ist nach hinten getreten, gibt den Solisten Raum.

Die Sopranistin ist da, der Tenor, die Altistin und auch der Bassist ist wieder präsent, der, der Altistin ansichtig werdend, durch den rechten Durchgang nach hinten die Bühne eiligst verlässt.

Zu den noch Anwesenden gesellt sich dieser Atlatus von rechts, er greift galant die Tasche der Altistin vom Boden, steigt links die Stiege hinauf, während links unten jemand in gelbem Kostüm mit weiß-blonder Perücke aufritt, nach rechts eiligst über die Bühne stöckelt, ein Wahlplakat an das Portal hängt, Turnschuhe, die rechts liegen geblieben waren, aufhebt und mit ihnen durch den rechten Tunnel nach hinten verschwindet. Der Atlatus hat in der ersten Reihe der mittleren Tribüne Platz genommen, wartet ab und steigt dann die Treppen links hinauf.

Die Sopranistin stöckelt nach vorne, hüpft auf der Bühne nach vorne, schaut in den Orchestergraben, argwöhnisch vom Atlatus beobachtet, damit er - zur Not im letzten Moment - einzugreifen und den Sturz der Sopranistin in den Orchestergraben zu vereiteln in der Lage ist.

Die Altistin singt die Plakatwand an, dann tändeln die drei Solisten über die Bühne, der Atlatus steigt links die Treppe hinauf in lichte Höhen der Tribüne, der Tenor geht nach rechts ans Portal, greift sich einen Hockeyschläger, den die Inspizienz weisungsgetreu dorthin am Boden platzierte. Damit hantiert er rücksichtslos herum, um beim ’Rex tremenda majestatis’ mit dem Stecken auf den Bühnenboden zu schlagen. Die Sopranistin lacht schallend, ob der tenoralen Aktionen.

Für das folgende ’Salva me fons pietatis’ hat die Altistin sich bemüßigt gefühlt, sich sicherheitshalber links vorne auf die Knie niederzulassen und sich damit in Deckung vor weiteren Attacken des Tenors mit dem Holzschläger zu gehen. Zu ihr gesellt sich die Sopranistin, so dass die beiden Damen musikalisch sehr leicht zusammenbleiben können.

Der Bassist war rechtzeitig für seinen Einsatz zum ’Salva me’ von links oben heruntergekommen, um nun in der Mitte der Bühne die Situation anzuführen und den um sich schlagenden Tenor in die Schranken zu weisen, dass man eben nicht auf die Umstehenden einschlägt, während man textgemäß ’Salva me’ singt.

Der Atlatus hat inzwischen den Tenor entwaffnet und hantiert nun selber mit dem Stecken.

Der Tenor zog sich auf die Tribüne oben zurück, der Atlatus war ihm gefolgt, die Sopranistin liegt auf den Knien, wischt mit der Hand über den Bühnenboden, erhebt sich rechtzeitig, um die hohe Lage der Töne an der Stelle besser abstützen zu können.

Während des ’Recordare Jesu’ leert sich die Bühne. Manche der Choristen bleiben an der Plakatwand stehen, der Tenor kniet sich auf den Bühnenboden und fotografiert mit Blitz die beiden links singenden Damen - Sopran und Alt.

Das erinnert sehr an die dämliche von Frau Dr. Palmai als Chefdramaturgin zu verantwortende ‘Tosca‘-Inszenierung an der Nds. Staatsoper Hannover, wenn Cavaradossi im ersten Akt den Mesner mit dem Kind fotografiert …. und das am Tag der Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800, an dem ja die ‘Tosca‘ spielt.
Es fragt sich, wer diese Leitungspersonen engagiert, die nicht einmal die simpelsten historischen Daten zur Verfügung haben.

Wie schön, dass sich alles nun bei den Grünen und der SPD politisch neigt – ob im Stadtrat in Hannover, im Land oder auch im Bund. Schlimm nur, dass das Elend am Nds. Staatstheater seit 2002 anhält und sich so die Lage unter der fachmännisch unqualifizierten Politik manifestiert.

Damit hier die Vorgabe der Geschäftsführung der Oper in Hannover erfüllt werden kann und Unterhaltung geboten wird, führt oben rechts die schon bekannte Figur im gelben Kostüm und heller Perücke Turnübungen durch.
Man kann es nicht richtig erkennen, aber handelt es sich bei der Frau nicht um Herrn Mutschler, der ja die verbindenden Texte in verschiedenen Sprachen für den zweiten Teil des Abend erfunden hat? Den hat aber doch Herr Schoner nach STR engagiert. Was macht der noch hier?
Unfug, wie es scheint, aber das fällt bei dem ganzen Getue und Gemache in dem Haus nicht mehr auf. Leidtragende sind die Solisten – gerade an dieser Stelle.

Für das ’Ingemisco’ erhebt sich der Tenor, der das Gespräch der beiden Damen auf den Stühlen in der ersten Reihe liegend angehört hatte. Das Licht wird mehr und mehr eingezogen, es wird ein heller Lichtkreis auf den Boden projiziert. Ein Statist betritt den Kreis, Kinder strömen herbei, gesellen sich zu dem soeben aufgetretenen Einzelgänger und halten dem Tenor beruhigend die Hand, denn jetzt kommt die hohe Stelle, vor der sich mancher fürchtet. Die Kinder schleppen den Tenor nach rechts, wedeln mit den Armen, um das Publikum abzulenken, falls der hier hohe Ton ‘in die Hose‘ geht.

Der Lichtkegel wird verkleinert zu einem Lichtring, der Sopran tritt von links hinzu, der Bass von rechts, die Kinder sind samt Tenor durch den rechten Tunnel von der Bühne geeilt. Auch der Kleine mit dem Klügel’schen ’Aida ’-Elefanten.

Der Bass tritt in den wieder aufgezogenen Lichtkegel und hat für sein ’Confutatis maledictis’ die Bühne für sich – bis auf dieses Faktotum, das mit dem Hockeyschläger um ihn herumschleicht. Nun tritt auch die Altistin hinzu, kramt da am Boden herum und stört, indem sie den Bassisten aus dem Lichtkegel herauszuziehen trachtet. Es gelingt ihr.
Der Lichtkegel erlischt und der Chor stürzt herbei, wird aus der Rampenbeleuchtung illuminiert und liefert sein ’Dies irae’ – unter Ableistung gewisser Turnübungen, wie ’Rumpf vorwärts beugt’, ab.
Im Hintergrund wird ‘dämpfig Gedünst‘ aus den entsprechenden Geräten zu Belebung der Szene seitens der Technik geliefert.

Für das ’Lacrimosa’ der Altistin wendet sich der Chor nach hinten, um der Sängerin die ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Dann steigt die Menge auf die Tribüne und damit in den Hintergrund, die vier Solisten fassen sich an den Händen, laufen dann die Treppe hinauf auf die Hälfte der Höhe und können sich dort ganz dem ’Dona nobis pacem’ widmen.
Das Faktotum hat rechts eine Reisetasche gegriffen, stellt sich mit dem Rücken zum Publikum mitten auf die Bühne, schaut den Chor auf der Tribüne an und wartet auf dessen ’Amen’.

Zur Nr. 3, dem ’Offertorio’, entsteht eine Pause, das Orchester schweigt und wird nicht einmal durch sein Arbeitslicht beleuchtet, der Chor sitzt auf der Tribüne. Dieses Tacet wird vom Faktotum genutzt, sich seiner Kleider weitgehend zu entledigen, die es dann herumliegen lässt. Irgendwelche Phrasen werden von ihm gedroschen, wohl die Worte von Herrn Mutschler, die aber durch schlechte Sprechtechnik und mangelnde Dynamik in der Sprechweise des Faktotums von den wenigen anwesenden Zuschauern nicht verstanden werden können.

Sopranistin und der Tenor steigen die Tribüne links herab, sie hebt den gelben Mantel ihres Kostüms auf und hängt ihn dem Faktotum um, kniet aus irgendwelchem Grund vor dem Faktotum nieder, steht aber gleich wieder auf. Die Altistin kramt in der Reisetasche des Faktotums herum und hilft dem in seine Hose, der Tenor hält den Hockeyschläger und schaut dem Treiben zu, ohne die Einsätze zum ’Domine Christe’ zu verpassen. Diese mitzumachen, gelingt auch den anderen Solisten, auch dem Bassisten, der rechtzeitig von rechts kommend, auf die Kollegen trifft. Einzelne Figuren auf der Tribüne bewegen sich rauf und runter, um die von der Frau Geschäftsführerin Oper anberaumte Unterhaltung, die sie ja als Amerikanerin so liebt, zu gewährleisten.

Das Faktotum wird von Solisten weiter eingekleidet, es erhält einen roten Umhang und stürzt dann mit dem flatternd wie eine Fledermaus die Treppe der Tribüne links hinauf, oben rum nach rechts, während unten links der wohl als Herr Mutschler identifizierte, gelb kostümierte, hell perückte Balletteur seine Übungen mit dem Hockeyschläger im Lichtkegel vollführt. Das als Fledermaus kostümierte Faktotum schlängelt sich inzwischen durch die Reihen des Chores auf der Tribüne runter auf die Hauptbühne.

Von links werden hochaufragende – weil mit Gas gefüllte – Luftballons hereingetragen und vom Faktotum wild herumrennend an die Solisten verteilt.
Alles zur Erfüllung der Vorgaben zur Unterhaltung durch die Frau Geschäftsführerin der Oper.
Wer hat die eigentlich eingestellt?

Nun folgen die wohl von Herrn Mutschler erfundenen Texte, von den Solisten in deren Muttersprache vorgetragen, die die Vorstellung nur aufhalten, weil „überflüssig wie der Dreck zu Pfingsten!“

Damit auch hier die Vorgabe der Unterhaltung erfüllt werde, steigt die Altistin dem Bassisten nach. Dann hebt sie das Jackett auf, das der Tenor auszog und vom Bassisten auf den staubigen Bühnenboden fallen ließ. So ist man ständig in irgendeiner Form in Bewegung.

Für die folgende Nr. 4 das ’Sanctus’ lässt der Tenor auch noch die Hose fallen und zeigt sich in einem silbrigen Kostüm, das er unter dem Straßenanzug trug und nun eine La Ola-Welle mit dem Chor initiiert, die ja - im Rahmen der von der Frau Geschäftsführerin Oper geliebten Unterhaltung – gezeigt wird.

Von rechts kommt das Faktotum mit einer Kühlbox und verteilt Eis am Stiel – oder sonst was, man kann es nicht erkennen, der Tenor schmust mit der Sopranistin, Frau Mutschler als Ballerina tanzt sich ein Solo, dann zieht die Sopranistin ein Mikrofonkabel von links nach rechts (sicherlich hätte man das auch gleich rechts anbringen können, aber dann hätte man ja dem Gang der Sopranistin mit schwingendem Mikrokabel entraten müssen).
Der Chor hampelt - zwischenzeitlich stehend - im Takt des ’Sanctus’ herum – ganz im Sinne der Frau Geschäftsführerin Oper – Hauptsache: ’Ä k t s c h n’!

Der Bassist setzt sich in die erste Bank der Tribüne und liefert seinen Mutschler-Text ab, dem nach einigen Minuten die Nr. 5 das ’Agnus Dei’ mit Sopran, Alt und Chor folgt. Die Altistin voller Begierde, dem Wunsch nach Unterhaltung zu folgen, läuft bis in die Mitte der Bühne, um den nach rechts gewankten Bassisten zu sich zu locken – es misslingt.
Nun versucht es die Sopranistin, den Bassisten aus seiner Lethargie, die ihn da in der rechten Ecke der Bühne neben der Wahlplakatwand überfallen hat, zu lösen. Ihr gelingt es und die Altistin, die der Sopranistin quer über die Bühne gefolgt ist, beobachtet die ’action’ der Sopranistin genau. Der Chor ist von links kommend nach rechts dem Vorgang gefolgt und rückt den Solisten nah, worauf sich der Bassist bedrängt fühlt und in sich zusammensackt. Natürlich springt – typisch für einen ’Mütteralt’, die Sängerin herbei und kümmert sich um den Gestürzten. Immerhin ist sie ja im Kostüm der DRK-Schwester (das Häubchen weist sie als solche aus) zum Helfen dienstverpflichtet. Um das Ganze im Rahmen der geliebten Unterhaltung zu bestärken, stößt der Bassist von Verdi nicht komponierte Quällaute hervor, worauf der Chor leicht zurückweicht. Die Sopranistin hat dem Bassisten die Schuhe ausgezogen, die sie zunächst an sich nimmt, diese ihm dann aushändigt und nach links abgeht.
Das Faktotum war inzwischen hinzugetreten. Die Altistin kniet nun bei dem gestürzten Bassisten am Boden. Statt ihn jetzt zu laben und sich ein ‘Erquickung schaff‘ ich‘ zur Maxime zu machen, sagt sie einen Mutschler-Text in polnischer Sprache auf.
Da umklammert die Altistin die Beine des Faktotums – Sopranistin und Tenor poltern laut mit den Absätzen auf dem hölzernen Boden über die Bühne und verlassen diese nach links. Die Altistin hat die Beine des Faktotums losgelassen und widmet sich weiterhin mit ‘Inbrunst im Herzen‘ ihrem Mutschler-Text.

Einige Statisten bewegen sich zwecks ’Unterhaltung’ mal rein, mal raus – schaffen so Bewegung und geben dem in so schwacher Anzahl erschienenem Publikum die Möglichkeit, von dem Bühnengeschehen – das ja gerade hier so voller Spannung ist, – enthusiasmiert zu sein.
Die Nr. 6 folgt mit ihrem ’Lux aeterna’ für Alt, Tenor, Bass. Die krampfhaft Unterhaltung schaffenden Statisten sind emsig dabei, durch hinauf und hinab der Treppen, wie auch raus und rein die Ausgänge benutzend - das Bemühen der Solisten kultiviert zu singen, zu stören.
Aber die stehen sich dabei ja selber im Weg, weil sie bei unnötigen Aktionen mitagieren müssen.

Wahlplakate werden vom Faktotum von der Pinwand am Portal abgenommen, der Altistin wird mit dem roten Fledermausumhang die Möglichkeit zum Einwickeln zur Verfügung gestellt, die abgenommenen Wahlplakate werden in die in die Luft und so dem Publikum vorgehalten.
Mit den letzten Tönen der Nr. 6 flattert das Faktotum mit wehendem Fledermausumhang von rechts nach links, um für eine hier nicht weiter genannte Amerikanerin, die ja Unterhaltung liebt, für diese zu sorgen.

Für die Nr. 7, das ’Libera me’, wird die Bühne abgedunkelt, sie erscheint nun in gelblichem Licht einer untergehenden Sonne und die Sopranistin nutzt die Gelegenheit, das in geringer Anzahl erschienene Publikum, mit ihrem Mutschler-Text vertraut zu machen. Das Faktotum quatscht ihr von links in deutscher Sprache dazwischen.

Endlich das Finale, angestimmt von der Sopranistin, der Chor unsichtbar, von hinten, dann mit Statisten auftretend, über die Bühne eilend und so für Unterhaltung sorgend, bevor die Bühne wieder in hellstem Licht erstrahlt und mit ’allegro agitato’ der Chor mit seinem ’Diese irae’ sowohl musikalisch und in Position stillstehend, ins Publikum wie auch auf den Dirigenten schauend, darstellerisch mittels emporgehaltener Wahlplakate, das Kommando übernimmt.

Das Faktotum schlendert durch Chormassen, die Sopranistin eilt links die Treppe der Tribüne hinauf, dann quer rüber und auf der anderen Seite wieder runter. Der Tenor nutzt die für ihn gesangsfreie Zeit und fühlt sich bemüßigt, diese für Übungen zur Körperertüchtigung mittels Schattenboxen zu nutzen.

Die Sopranistin wieder unten auf der Bühne - trittsicheren Boden habend – versucht sich bei dem permanenten Rumgerenne dem Gesang zu widmen, der Chor, ihr kniend zu Füßen, lenkt mit Handspiegeln das Scheinwerferlicht ins Publikum, mit der Absicht, dieses zu blenden. Dann werfen alle die Spiegel achtlos zu Boden und enteilen nach hinten auf die Tribüne.
Jemand klaubt die vom Chor liegengelassenen Spiegel auf, damit die zum Applaus auftretenden Menschenmassen sich nicht irgendwie verletzen.

Der Tenor schreitet in Siegerpose des Schattenboxers quer über die Bühne nach links und versucht mit entsprechenden Körperbewegungen Beifall des mitsingenden Chores zu erheischen. Der Bassist schaut befremdet dem tenoralen Treiben zu, versucht dann, ihn niederzuringen. Der Chor tritt herunter von der Tribüne, nach vorne an die Rampe, davor die Sopranistin - mit den letzten Tönen dieses großen Werkes.

Die paar Leute im Publikum sind gemäß dem ’Libera me’ befreit von szenisch geschmackloser Inszenierung an der Nds. Staatsoper Hannover und o.a. Text versucht das Konfuse des ganzen Unternehmens zu beschreiben.

Die auf der Bühne Mitwirkenden sind zu bedauern, sich hier einbringen zu müssen. Permanentes, planloses Rumgerenne, von links nach rechts, von oben nach unten, von hinten nach vorne - vice versa – verhindert kultivierten Schöngesang.
Das Ergebnis ist entsprechend.
 



 

Letzte Meldungen

 

 

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Schauspiel Dortmund:
„Nur kein Beifall von der falschen Seite“

7. Juni 2024, 13:47 Uhr

  

(Foto: Ralf Rottmann/Imago/Funke )

"Ich versuche, in meinem Haus ein offenes und einladendes Arbeitsklima herzustellen", sagt Julia Wissert, die Intendantin des Dortmunder Schauspiels. Das erleben manche am Haus anders.

Stress am Schauspiel Dortmund: Intendantin Julia Wissert kämpft mit verheerenden Auslastungszahlen und viel Unmut im Haus.

Von Von Alexander Menden, Uwe Ritzer

[…]   Nachdem einer der freundlichen jungen Platzanweiser im Foyer einen Blick auf das Ticket geworfen hat, sagt er: „Sie haben eine Karte für den Balkon. Wir können Ihnen heute ein spezielles Upgrade anbieten: Suchen Sie sich einen Platz im Parkett aus, von da sehen Sie besser.“

Wie sich herausstellt, hat man tatsächlich fast die freie Wahl: 36 Zuschauerinnen und Zuschauer verlieren sich in einem Auditorium, das 500 Leuten Platz böte – eine Auslastung von 7,2 Prozent. […]

Gerade Julia Wisserts eigene Inszenierungen fielen beim Publikum durch. Zieht man Freikarten ab, liegt die Auslastung des aktuellen „Rings des Nibelungen“ bei 37 Prozent. In der vorherigen Spielzeit brachte es die Produktion „Bakchen – die verlorene Generation“ auf ganze 23 Prozent.

[Zitatende
Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/schauspiel-dortmund-julia-wissert-lux.U3RvsGxCDdmWzDVTszo2Pa
 

 

 

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Zu wenige Musiklehrer
„Wurzeln unserer Musikkultur drohen zu vertrocknen“

Laut einer Studie fehlen an deutschen Schulen zunehmend Musiklehrkräfte. Antje Valentin vom Deutschen Musikrat ist besorgt. Das Fach sei auch wichtig für soziale Kompetenzen. Und zudem „ein großer Schatz für Mathe und Deutsch.“

Siniawski, Adalbert | 09. Juni 2024, 07:37 Uhr

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Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/kulturportal-100.html

 

 

 

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Andrè Schuen:
„Es gibt ein spezielles Liedpublikum“

9. Juni 2024, 15:10 Uhr

  (Foto: Guido Werner)

Beim Liederabend fließen die Tränen: Bariton Andrè Schuen.

Der Bariton Andrè Schuen schaffte es von einem Südtiroler Bergdorf auf die größten Opernbühnen der Welt. Seine heimliche Liebe aber gehört dem Liedgesang. […]

Andrè Schuen gehört zu den internationalen Stars der Opernszene. Allerdings ist ihm und dem Publikum sein zweiter Schwerpunkt, der Liedgesang, ebenso wichtig. Ende Juni ist er in London in Mozarts „Così fan tutte“ zu erleben, im Juli bei den Münchner Opernfestspielen, dazwischen mit Liederabenden in Kopenhagen und Schwarzenberg. Nach seinem großartigen Album „Schubert. Wanderer“ (avi music) von 2018 erschienen weitere Alben mit den Liederzyklen von Franz Schubert, jetzt dessen „Winterreise“ (DG) […]


Interview von Helmut Mauró
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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/andre-schuen-liederabend-schubert-1.7399898

 

 

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(Foto: picture alliance / Sven Simon / Frank Hoermann)


Ruth Maria Kubitschek
Lässige Grande Dame des deutschen TV

Ruth Maria Kubitschek wurde zuerst in der DDR am Theater gefeiert, dann im Westen zum Star. In Helmut Dietls Serien „Monaco Franze“ und „Kir Royal“ prägte sie eine TV-Epoche.
Jetzt ist die Schauspielerin im Alter von 92 Jahren gestorben.

Suchsland, Rüdiger | 02. Juni 2024, 17:47 Uhr

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Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/feine-dame-des-deutschen-tv-zum-tod-der-schauspielerin-ruth-maria-kubitschek-dlf-bccaaafc-100.html

 

 

 

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(Foto: picture alliance / Sammlung Richter)

Marika Rökk
Filmstar der Nazi-Zeit – und danach

Politik habe sie nie interessiert, sagte die Schauspielerin Marika Rökk rückblickend über ihre Karriere während der NS-Diktatur. Nach dem Krieg darf sie schon bald wieder Filme drehen – um beim Vergessen zu helfen. Vor 20 Jahren ist sie gestorben.

Klasen, Andrea | 16. Mai 2024, 09:05 Uhr

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Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/16-mai-2004-die-deutsch-oesterreichische-schauspielerin-marika-roekk-gestorben-dlf-42effb08-100.html

 

 

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Rundfunkbeitrag: Alarm für ARD und ZDF

In Bayern scheitert ein Kläger vor Gericht damit, den Rundfunkbeitrag wegen fehlender Programmvielfalt infrage zu stellen. Das Bundesverwaltungsgericht sagt: Das prüfen wir. Die Konsequenzen könnten erheblich sein.

Michael Hanfeld

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Quelle:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-bundesverwaltungsgericht-will-ard-und-zdf-pruefen-19783691.html

 

 

 

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Theater in Eisenach und Meiningen:
Intendant weist Vorwürfe zurück

Stand: 13.06.2024 16:59 Uhr

In einem anonymen Brief haben sich Mitarbeitende der Theater in Eisenach und Meiningen an die Öffentlichkeit gewandt. Darin werfen sie Intendant Jens Neundorff von Enzberg unter anderem ein toxisches Arbeitsklima und Mobbing vor. Der zeigte sich überrascht und wies die Vorwürfe zurück.
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Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/regional/thueringen/mdr-schwere-vorwuerfe-gegen-leitung-der-theater-in-eisenach-und-meiningen-naechste-theater-affaere-droht-in-thueringen-100.html

 

 

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RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Diese Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik ‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.

Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

ML Gilles

 




 

 


 


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Dieter Hansing