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04.01.2010 - dradio.de

 

 
 
 
 
 

 Damals in Regensburg

 

Thema des Tages

'Regensburger Wochenschau'
 
22.02.2008
 
 


Die Mistelkur

Die Premiere von Lummers "Norma" –
eine Kurzkritik

Römer im Militär-Röckchen und gallische Druiden im Miraculix-Look erwartete keiner der Premierengäste.
Im Vorfeld schon hatte Regisseur Rupert Lummer klargestellt, dass seine Inszenierung eher ein Seelendrama denn einen Kulturkampf fokussieren werde. Er hat Recht daran getan. Regensburg erlebte eine deutlich akklamierte Norma-Aufführung, getragen von einem intelligenten Regiekonzept.

Mit Kreativität und Poesie verdeutlicht Lummer Situation, Verzweiflung und Ringen der liebenden und der wegen einer Jüngeren Verlassenen. Die genaue Personenführung in einem auf psychologische Eyecatcher reduzierten Bühnenbild (Rainer Sellmaier) gelang.

Viele gute Einfälle, viele sinnfällige kleine Gesten, die sich erst bei weiteren Besuchen erschließen.

Dass die musikalische Seite hinter der szenischen zurückstand, lag möglicherweise am Premierenfieber und daran, dass für die erkrankte Anna Pesches eilends Rita Kapfhammer vom Münchner Gärtnerplatztheater geholt worden war, die innerhalb von wenigen Tagen die Probenarbeit eines ganzen Monats nachholen musste. Sie meisterte ihren Part mit Bravour.

Das Stück und ihre Darsteller:
Die verhassten Besatzer sind im Land, das Volk stöhnt unter dem Joch der Unterdrücker.
Die Oberpriesterin Norma (Christina Lamberti – mit ausgeprägter Mittellage und Schwierigkeiten in der extremen Höhe), von der Menge kultisch verehrt, unterhält seit Jahren heimlich ein Verhältnis mit Pollione (Yoon-Jong Koog, höhensicher und laut, mitunter gestemmt), dem eingesetzten Militär- Gouverneur.
Zwei Kinder entstammen dieser verbotenen Liebe.

Nun wendet sich der Befehlshaber der jungen Priester-Anwärterin Adalgisa (fulminant, stimmlich durchgehend mezzotimbriert: Rita Kapfhammer) zu.

Die privaten Konflikte, verflochten mit einer politischen und kulturellen Situation analog Ex-Jugoslawien, drohen zu eskalieren.
Und in der Tat, mit dem Finale der Oper, lässt Lummer eine Welt einstürzen. Die strenge alte Ordnung, verkörpert durch Normas Vater Oroveso (Martin-Jan Nijhof, ausgeprägt bassig), nimmt aber in der Katastrophe menschliche Züge an.

Nicht immer gelang es Kapellmeister Georgios Vranos „Graben und Bühne“ zusammenzuhalten, er dirigierte ein kraftvoll aufspielendes Orchester, Hörner-Kickser leider inbegriffen, blechdominiert massiv.
Der Chor war von Christoph Heil bestens für die Premiere präpariert.

Nach dem Pausen-Smalltalk ein kleiner Volksaufstand: Publikum verließ Türen knallend den Saal, Theaterdirektor Weil zuckte zusammen, Schlimmes befürchtend.

Aber: Es blieb beim „Zwergenaufstand“.

Die Premierengäste waren entweder intelligent genug, der aufschlussreichen Inszenierung zu folgen oder wussten nicht, ob „gangsta’s paradise“ vom Rapper Coolio zum Stück gehört, zu dem die beiden Bühnenkinder auf angedeuteten Trümmern Basketball spielten.

Die Regensburger Norma straft alle selbsternannten Kulturpäpste Lügen, die verbreiten, Regensburgs Drei-Sparten-Theater habe lediglich eine kulturelle Grundsicherung zu erbringen. Absolutes Ärgernis des Abends: die nie textkongruente Übertitelungsanlage.

So doof sind die Regensburger nicht, aus der Inszenierung nicht die richtigen Schlüsse ziehen zu können.
(dh/pl)
 

 


Redaktionen des Lesers Hannes Eberhardt von wochenblatt-digital

F http://www.regensburgerwoche.de/wp-content/uploads/pdf//080221.pdf

Endlich ist in der Oper mal was los

Zustimmung und Widerspruch
erntet unsere Premierenkritik
der „Norma”

In erster Linie kann man Ihrer Meinung zustimmen, in den meisten Punkten, wie die große
Leistung der Adalgisa und die kleinen Schwierigkeiten der Norma, sowie die durchweg gute
Darbietung des Chores und des Orchesters, welches aber nicht so hoch gelobt werden
sollte wie in Ihrer Kritik, da es sich einige Ausrutscher leistete.
Dies waren zwar zumeist Einzelfehler von verschiedenen Soloinstrumenten,
die aber an einem B-Haus durchaus nicht mehr vorkommen sollten.

Die Einspielung "Gangsta's Paradise" ist durchaus passend und ein guter Einfall, die Einspielung
ist jedoch ca. 20 Sekunden zu lang geraten und forderte dadurch die Zuschauer direkt auf,
mit Zwischenrufen und Türenschlagen zu reagieren.

Insgesamt muss man jedoch froh sein, dass endlich in der boomenden Großstadt Regensburg
auch in der Oper „mal was los” ist, und sich in unserem Fall Regisseure „auch mal
was trauen”, was nicht gelingen muss aber durchaus gelingen könnte, aber auf jeden Fall wieder
Interesse an neuen frischen Inszenierungen weckt und sicherlich
auch überregional beachtet würde.

In dem Fall der Übertitelungsanlage muss ich widersprechen:
Die verwendete Version ist sehr gelungen und auch sprachlich sehr gut eingebettet in die Inszenierung.

Großes Lob auch für die hauseigene Arbeit an der Übersetzung und dafür,
dass eben nicht die Einheitsversion eingesetzt wurde, die sonst auch
an größeren Häusern verwendet wird.

Hannes Eberhardt,
Regensburg
 


Entgegnung
 
Sehr geehrter Herr Eberhardt,

wir freuen uns natürlich sehr über Ihre Worte und die damit ausgedrückte Anteilnahme am Los der Regensburger 'Norma'.

Sie sind der Meinung, wir gingen zu zaghaft bei den Bemerkungen im Falle des Orchesters um - nicht zu vergessen, der GMD beendet seinen Vertrag, der erste Kapellmeister ist gekündigt.
Das Haus dümpelt wieder einmal musikalisch so dahin.
Herr Grüneis hat es nicht lange unter dem grünen Dach Europas ausgehalten - die jetzt kommenden Vordirigate werden sich zeitlich wieder hinziehen - wie nach dem Abgang von Herrn Rumstadt - viele musikalische Leiter werden wieder über das Orchester 'rutschen', zumal auch ein erster Kapellmeister gesucht wird.

Ein genaues Hinhören bei der 'Norma'-Premiere zeigte erhebliche 'Schwankungen', die - legte man es darauf an - Seiten füllten, führte man alle auf. Es ist ein B-Haus, eine Eingruppierung, die seinerzeit Hillary Griffith durchsetzen konnte und wie der Klangkörper auch immer katalogisiert ist - Kiekser, Ungenauigkeiten dürfte es nicht geben.
Ob, wann, wie, z.B. welcher Ton intonationssicher gesungen wurde - man könnte sich lange mokieren.

Die Rap-Song-Einspielung ist das typische Beispiel für einen Regisseur, der einem Trend hinterherläuft - wäre alles so genial, dann wäre Rupert Lummer nicht am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg und in der nächsten Spielzeit in Erfurt mit einem 'Hoffmann' engagiert, sondern zumindest an mittleren Häusern und nicht in der Provinz.
Wenn für Sie dieser Coolio-Background-Sound der Maßstab ist und den Hinweis rechtfertigen soll, es sei etwas los, dann kann uns dieser Griff in die Kiste sicherlich nicht überzeugen - ein schlüssiges Konzept bedarf keiner Mätzchen. Und nur mit Schmarrn auffallen um jeden Preis, kann nicht akzeptiert werden.

Lummers 'Otello' war gekrampft, die 'Loreley' ebenfalls - die 'Norma' hatte gute Ansätze, erinnerte nicht die Übertitelung daran, dass man sich in einem anderen Stück befand.

Warum gelang Angela Brandt ein 'Giovanni' und ein 'Hoffmann'?

Dass Sie sich für diese Anlage sich einsetzen, ist verständlich, denn Sie sprechen doch 'pro domo' - dürfen Sie doch - nach Ihrem eigenen Bekunden - an den Knöpfen drehen und die Übertitel einspielen.

Wären Sie hier unserer Meinung - würde Ihnen der Herr Theaterdirektor wohl nicht mehr gestatten, sich aktiv an der Präsentation der Übertitel-Texte zu betätigen.

Wir verwahren uns weiterhin vor Nichtleistungen dieser Anstalt des öffentlichen Rechts, zumal wir für diese auch noch in vollem Umfang Eintritt zahlen.

Mit den allerbesten Empfehlungen
Dieter Hansing
 

 

 

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Hotelpläne im Schlosspark Regensburg

Stadt und Fürstenhaus hätten laut Egon Johannes Greipl schon 1999 massive zerstörerische Umbaumaßnahmen geplant. Dem Bayerischen Denkmalamt sei es gelungen, dieses Mammutprojekt zu verhindern.

Schon vor 40 Jahren habe der Fürst von Thurn und Taxis im ehemaligen Kloster St. Emmeram Zwischengeschosse einziehen und Grundrisse verändern lassen.

Dies klingt so, als könne man derartige Maßnahmen in die Zukunft extrapolieren - nicht zu vergessen:
damals gab es keinen Schutz von Denkmälern - heute werden diese Dinge auch unter dem Aspekt des Status 'Weltkulturerbe' betrachtet.

Außerdem stellt sich die Frage, ob die Investoren überhaupt noch an einer Umsetzung ihrer Pläne, ein Hotel im Schloss zu erstellen interessiert sind.

Eine Bürgerinitiative stünde sicherlich schon in den Startlöchern, ein solches Bauvorhaben zu verhindern wie ja auch das Fällen von Bäumen in der Carl-Anselm-Allee für die Bürger bereits Diskussionsthema und Anlass für Protestmaßnahmen ist.

 
 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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