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Damals
in Regensburg
Thema des Tages
'Regensburger Wochenschau'
22.02.2008
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Die Mistelkur
Die Premiere von Lummers "Norma" –
eine Kurzkritik
Römer im Militär-Röckchen und gallische Druiden im Miraculix-Look erwartete
keiner der Premierengäste.
Im Vorfeld schon hatte Regisseur Rupert Lummer
klargestellt, dass seine Inszenierung eher ein Seelendrama denn einen
Kulturkampf fokussieren werde. Er hat Recht daran getan. Regensburg erlebte eine
deutlich akklamierte Norma-Aufführung, getragen von einem intelligenten
Regiekonzept.
Mit Kreativität und Poesie verdeutlicht Lummer Situation, Verzweiflung und
Ringen der liebenden und der wegen einer Jüngeren Verlassenen. Die genaue
Personenführung in einem auf psychologische
Eyecatcher reduzierten Bühnenbild (Rainer Sellmaier) gelang.
Viele gute Einfälle, viele sinnfällige kleine Gesten, die sich erst bei weiteren
Besuchen erschließen.
Dass die musikalische Seite hinter der szenischen
zurückstand, lag möglicherweise am Premierenfieber
und daran, dass für die erkrankte Anna Pesches eilends Rita Kapfhammer vom
Münchner Gärtnerplatztheater geholt worden war, die innerhalb von wenigen Tagen
die Probenarbeit eines ganzen Monats nachholen musste. Sie meisterte ihren Part
mit Bravour.
Das Stück und ihre Darsteller:
Die verhassten Besatzer sind im Land, das Volk stöhnt unter dem Joch der
Unterdrücker.
Die Oberpriesterin Norma (Christina Lamberti – mit ausgeprägter
Mittellage und Schwierigkeiten in der extremen
Höhe), von der Menge kultisch verehrt, unterhält seit Jahren heimlich ein
Verhältnis mit Pollione (Yoon-Jong Koog, höhensicher und laut, mitunter
gestemmt), dem eingesetzten Militär- Gouverneur.
Zwei Kinder entstammen dieser
verbotenen Liebe.
Nun wendet sich der Befehlshaber der jungen
Priester-Anwärterin Adalgisa (fulminant, stimmlich durchgehend mezzotimbriert:
Rita Kapfhammer) zu.
Die privaten
Konflikte, verflochten mit einer politischen und kulturellen Situation analog
Ex-Jugoslawien, drohen zu eskalieren.
Und in der Tat, mit dem Finale der Oper, lässt Lummer eine Welt einstürzen. Die
strenge alte Ordnung, verkörpert durch Normas Vater Oroveso (Martin-Jan Nijhof,
ausgeprägt bassig), nimmt aber in der Katastrophe menschliche Züge an.
Nicht immer gelang es Kapellmeister Georgios Vranos „Graben und Bühne“
zusammenzuhalten, er dirigierte ein kraftvoll aufspielendes Orchester, Hörner-Kickser leider inbegriffen, blechdominiert massiv.
Der Chor war von
Christoph Heil bestens für die Premiere präpariert.
Nach dem Pausen-Smalltalk ein kleiner Volksaufstand: Publikum verließ Türen
knallend den Saal, Theaterdirektor Weil zuckte zusammen, Schlimmes befürchtend.
Aber: Es blieb beim „Zwergenaufstand“.
Die Premierengäste waren entweder
intelligent genug, der aufschlussreichen Inszenierung zu folgen oder wussten
nicht, ob „gangsta’s paradise“ vom Rapper Coolio zum Stück gehört, zu dem die
beiden Bühnenkinder auf angedeuteten Trümmern Basketball spielten.
Die Regensburger Norma straft alle selbsternannten Kulturpäpste Lügen, die
verbreiten, Regensburgs Drei-Sparten-Theater habe lediglich eine kulturelle
Grundsicherung zu erbringen.
Absolutes Ärgernis des Abends: die nie textkongruente Übertitelungsanlage.
So doof sind die Regensburger nicht, aus der Inszenierung nicht die richtigen
Schlüsse ziehen zu können.
(dh/pl)
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Redaktionen des Lesers
Hannes Eberhardt von wochenblatt-digital
F
http://www.regensburgerwoche.de/wp-content/uploads/pdf//080221.pdf
Endlich ist in der Oper mal was los
Zustimmung und Widerspruch
erntet unsere Premierenkritik
der „Norma”
In erster Linie kann man Ihrer Meinung zustimmen, in den meisten
Punkten, wie die große
Leistung der Adalgisa und die kleinen Schwierigkeiten der Norma,
sowie die durchweg gute
Darbietung des Chores und des Orchesters, welches aber nicht so hoch
gelobt werden
sollte wie in Ihrer Kritik, da es sich einige Ausrutscher leistete.
Dies waren zwar zumeist Einzelfehler von verschiedenen
Soloinstrumenten,
die aber an einem B-Haus durchaus nicht mehr vorkommen sollten.
Die Einspielung "Gangsta's Paradise" ist durchaus passend und ein
guter Einfall, die Einspielung
ist jedoch ca. 20 Sekunden zu lang geraten und forderte dadurch die
Zuschauer direkt auf,
mit Zwischenrufen und Türenschlagen zu reagieren.
Insgesamt muss man jedoch froh sein, dass endlich in der boomenden
Großstadt Regensburg
auch in der Oper „mal was los” ist, und sich in unserem Fall
Regisseure „auch mal
was trauen”, was nicht gelingen muss aber durchaus gelingen könnte,
aber auf jeden Fall wieder
Interesse an neuen frischen Inszenierungen weckt und sicherlich
auch überregional beachtet würde.
In dem Fall der Übertitelungsanlage muss ich widersprechen:
Die verwendete Version ist sehr gelungen und auch sprachlich sehr
gut eingebettet in die Inszenierung.
Großes Lob auch für die hauseigene Arbeit an der Übersetzung und
dafür,
dass eben nicht die Einheitsversion eingesetzt wurde, die sonst auch
an größeren Häusern verwendet wird.
Hannes Eberhardt,
Regensburg
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Entgegnung
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Sehr geehrter Herr Eberhardt, |
wir freuen uns natürlich sehr über Ihre Worte und die damit ausgedrückte
Anteilnahme am Los der Regensburger 'Norma'.
Sie sind der Meinung, wir gingen zu zaghaft bei den Bemerkungen im
Falle des Orchesters um - nicht zu vergessen, der GMD beendet seinen Vertrag, der erste
Kapellmeister ist gekündigt.
Das Haus dümpelt wieder einmal musikalisch so dahin.
Herr Grüneis hat es nicht lange unter dem grünen Dach Europas
ausgehalten - die jetzt kommenden Vordirigate werden sich zeitlich
wieder hinziehen - wie nach dem Abgang von Herrn Rumstadt - viele
musikalische Leiter werden wieder über das Orchester 'rutschen', zumal
auch ein erster Kapellmeister gesucht wird.
Ein genaues Hinhören bei der 'Norma'-Premiere zeigte erhebliche 'Schwankungen', die - legte man es darauf an - Seiten füllten, führte
man alle auf. Es ist ein B-Haus, eine Eingruppierung, die seinerzeit
Hillary Griffith durchsetzen konnte und wie der Klangkörper auch
immer katalogisiert ist - Kiekser, Ungenauigkeiten dürfte es nicht
geben.
Ob, wann, wie, z.B. welcher Ton intonationssicher gesungen wurde -
man könnte sich lange mokieren.
Die Rap-Song-Einspielung ist das typische Beispiel für einen Regisseur,
der einem Trend hinterherläuft - wäre alles so genial, dann wäre
Rupert Lummer nicht am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg und
in der nächsten Spielzeit in Erfurt mit einem 'Hoffmann' engagiert,
sondern zumindest an mittleren Häusern und nicht in der Provinz.
Wenn für Sie dieser Coolio-Background-Sound der Maßstab ist und den
Hinweis rechtfertigen soll, es sei etwas los, dann kann uns dieser
Griff in die Kiste sicherlich nicht überzeugen - ein schlüssiges
Konzept bedarf keiner Mätzchen. Und nur mit Schmarrn auffallen um jeden Preis, kann nicht akzeptiert
werden.
Lummers 'Otello' war gekrampft, die 'Loreley' ebenfalls - die
'Norma' hatte gute Ansätze, erinnerte nicht die Übertitelung daran,
dass man sich in einem anderen Stück befand.
Warum gelang Angela Brandt ein 'Giovanni' und ein 'Hoffmann'?
Dass Sie sich für diese Anlage sich einsetzen, ist verständlich, denn Sie
sprechen doch 'pro domo' - dürfen Sie doch - nach Ihrem eigenen
Bekunden - an den Knöpfen drehen und
die Übertitel einspielen.
Wären Sie hier unserer Meinung - würde Ihnen der Herr
Theaterdirektor wohl nicht mehr gestatten, sich aktiv an der
Präsentation der Übertitel-Texte zu betätigen.
Wir verwahren uns weiterhin vor Nichtleistungen dieser Anstalt des
öffentlichen Rechts, zumal wir für diese auch noch in vollem Umfang
Eintritt zahlen.
Mit den allerbesten Empfehlungen
Dieter Hansing
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Hotelpläne im Schlosspark Regensburg
Stadt und Fürstenhaus hätten laut Egon Johannes Greipl schon 1999
massive zerstörerische Umbaumaßnahmen geplant. Dem Bayerischen
Denkmalamt sei es gelungen, dieses Mammutprojekt zu verhindern.
Schon vor 40 Jahren habe der Fürst von Thurn und Taxis im ehemaligen
Kloster St. Emmeram Zwischengeschosse einziehen und Grundrisse
verändern lassen.
Dies klingt so, als könne man derartige Maßnahmen in die Zukunft
extrapolieren - nicht zu vergessen:
damals gab es keinen Schutz von Denkmälern - heute werden diese
Dinge auch unter dem Aspekt des Status 'Weltkulturerbe'
betrachtet.
Außerdem stellt sich die Frage, ob die Investoren überhaupt noch an
einer Umsetzung ihrer Pläne, ein Hotel im Schloss zu erstellen
interessiert sind.
Eine Bürgerinitiative stünde sicherlich schon in den Startlöchern,
ein solches Bauvorhaben zu verhindern wie ja auch das Fällen von
Bäumen in der Carl-Anselm-Allee für die Bürger bereits
Diskussionsthema und Anlass für Protestmaßnahmen ist. |
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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