Kommentar
Spielzeit 2002 - 2003
Giacomo Meyerbeer
DIE HUGENOTTEN
- in Regensburg,
hörenswert ! -
150 Jahre hat das Stück gelegen. Jetzt wurde es konzertant wieder
aufgenommen. Um zu verstehen, worüber sich Richard Wagner im Falle
Meyerbeer: "Wirkung ohne Ursache" ausließ, sollte man eine der noch
beiden folgenden Aufführungen unbedingt hören. Die Aneinanderreihung
von guten musikalischen Einfällen mit trivialen Bindegliedern formen
dieses Werk, das einmal der Hit war. Aber auch Wagners 'Rienzi' -
die große Oper im Stile Meyerbeers - wird heute kaum noch gegeben.
Über ihn gingen zunächst 'Holländer', 'Tannhäuser' und 'Lohengrin'
hinweg.
Die Dramatik Verdis setzte neue Maßstäbe, die uns heute 'Die
Hugenotten' befremdlich erscheinen lassen. Das Theater Regensburg
konnte sich teilweise auf Solisten stützen, die ihre Rollen kannten
und somit wussten, was sie sangen.
Die Valentine von
Sonja Mühleck, engagiert und differenziert mit
schönem Timbre gesungen, hatte allerdings Probleme mit den extremen
Spitzentönen. Dagegen
Katharina Leitgeb als Margarethe, problemlos
in allen Lagen. Eine strahlend virtuose Stimme, sie könnte etwas
runder in der Tongebung sein, dies hängt aber mit dem relativ
kleinen Kopf als Resonanzraum zusammen. Sie betont das Aussehen des
Hauptes noch mit einer unvorteilhaften Frisur. Wenn sie sich nicht
überfordert, darf man von ihr noch schöne Leistungen erwarten.
Mi Soon Jang als Page, freier als mit der Sophie, da stilistisch
nicht so eingeengt. Oder hat sie sich selber oder der Regisseur im
Rosenkavalier zu einer Kunstfigur stilisiert, die ihr dann
Schwierigkeiten beim Singen bereitete, was sich bei Strauss noch
durch das viele Textgeplapper potenzierte? Hier jedenfalls, als
Page, ohne dass der typisch koreanische Technik-Knödel, das
Quetschen und Piepsen hörbar wurden. Sie sang frei
und man hörte ihr gern zu.
Ingrid Dominique als Ehrendame - ein Modell, aber keine Sängerin -
jedenfalls nicht mit dieser Übergähn-Technik.
Beim Raoul von
Juuso Hemminki befürchtete man permanent das
Heiserwerden. Völlig unbeteiligt stand er
da, sang laut und leise, aber keiner und er selber wohl auch nicht -
wusste, warum.
Michael Doumas 'rief' den St. Bris. Ein typischer Schulmusiker,
intelligent, gut aussehend, auf dem Podium überintensiv, um die
nicht vorhandene 'Sänger-Stimme' zu vermogeln.
Im Gegensatz zu ihm repräsentiert
Adam Kruzel die perfekte
Sänger-Stimme, Wohllaute verströmend, nuancenreich und engagiert.
Genussvoll anzuhören war der Bass von
David Cale Johnson. Der Mann
kann singen und wusste offensichtlich auch, die Rolle zu erfüllen,
selbst auf dem Podium kam die väterliche Güte und humorige
Brummigkeit des Marcel deutlich zur Geltung.
Michael Suttner als Cossé - auch hier lässt sich von der Stimme
etwas erwarten, wobei er die Belcanto-Führung noch nicht im Griff
hat, das heißt:
"Junge, legato und messa di voce üben!!!"
Brent Damkier als Tavannes konnte von seiner hohen Lage der Stimme
nicht viel zeigen.
Victor Schierling, keck sich darstellend als Bois-Rosé, der Buffo
par excellence - eine solche Stimme, die über alles hinwegträgt -
man denke an das Krähen im Terzett der drei Strolche in 'Die Kluge'
- braucht man in einem Ensemble.
Jin-Ho Yoo und
Werner Rollenmüller
fügten sich in die Gruppe der jungen Adeligen dezent ein.
Die Höhepunkte waren die großen Chor-Tableaus. Der Hauschor
verstärkt durch Chorsänger aus Parsberg gaben dem Abend die
musikalische Prägung. Fabelhaft einstudiert von
Karl Andreas Mehling
und
Walter Johannes Hansch.
Das Orchester unter der Leitung des GMD
Guido Johannes Rumstadt
musizierte wach
und engagiert.
Die Soli von Bassklarinette und Bratsche fielen hier besonders
positiv auf.
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Die Optik störte die unterschiedliche Garderobe der Solisten. Man
kam sich vor wie in der Herrenkonfektionsabteilung bei C&A. Mal
Frack, mal blau-grauer, mal dunkler Anzug, mal Fliege, mal Krawatte,
dass nicht einer noch im Rollkragen und Jeans kam, verwunderte. Beim
gesamten Chor war doch ein einheitliches Erscheinungsbild möglich,
wieso nicht bei den Protagonisten, Herr Intendant?
Dass der Bassist auf dem Podium, in seinem Sessel lümmelnd, aus
einer Flasche nuckeln darf, der Sopran ein Glas Wasser auf die Bühne
bringt, das er dann gar nicht braucht, Herr Suttner im Klavierauszug
blättert, als suche er eine verlegte Telefonrechnung, Herr Doumas
ebenfalls blättert - wie viele Seiten sind es denn noch?
Ist das die Disziplin von Coburg oder Pforzheim,
Herr Intendant?
Und die Chefdramaturgin Friederike Bernau saß mit überschlagenen
Beinen, provokant lässig und unfrisiert, mitten unter den Solisten
auf dem Podium, statt irgendwo an der Seite, von wo sie abgehen
könnte, wenn sie nichts zu sagen hatte, schaute kritisch um sich -
dass sie sich nicht noch zum Chor umwandte - las mit tonloser Stimme
aus irgendeinem Operführer, was nur verwirrte - statt zur Aufklärung
der Bühnensituation beizutragen - die Zuhörer langweilte, ermüdete
und den Abend unnötig in die Länge zog.
Beifall nahm sie dafür auch noch entgegen!!
Auf Manieren auf dem Podium - wo jede kleinste private Bewegung
stört und ablenkt - sollte die Leitung des Hauses achten. Mag sein,
dass Benehmen in Coburg oder Pforzheim nicht so gefragt war, bei
einem guten Theaterleiter verhalten sich Solisten der
Konzertsituation entsprechend,
Herr Intendant.
Dieter Hansing
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