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... am 18. Februar 1943 in Berlin.
Goebbels selber fand den Besuch überwältigend, der Sportpalast
habe schon um halb fünf wegen Überfüllung geschlossen werden
müssen, die Stimmung habe einer wilden Raserei des Volkes
geglichen.
Viele der anwesenden Reichs- und Gauleiter, fast alle
Staatssekretäre ließen sich mitreißen von den rhetorischen
Fähigkeiten des Reichspropagandaministers.
Es sei Zeit, dem deutschen Volk eine Aufmunterung zu geben.
Er und das System wollten die Zweifler wieder in Reih' und Glied
bringen, noch einmal aufrütteln, nicht zu verzagen, dem Führer
zu folgen, wohin auch immer.
Dass es das Verderben sein werde, ahnten viele und ließen doch
nicht ab, an den Endsieg zu glauben.
Gustaf Gründgens war im Sportpalast
nicht anwesend - er ließ sich zu dem Zeitpunkt durch Berlin
chauffieren, war also wegen der damals mangelhaften technischen
Möglichkeiten unauffindbar.
Heinrich George als Intendant des Schiller-Theaters war dabei.
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Kurz vor dem Tag der Rede, am 15. Februar 1943, musste Goebbels
feststellen, dass man in den nächsten Tagen eine Reihe schwerer
Schläge zu erwarten habe.
Die 15. Armee sei auf dem Rückzug, habe den Brückenkopf Kuban
geräumt und sei mit primitivsten Mitteln nach Kertsch auf der
Krim übergesetzt worden, wobei schweres Gerät verlorenging.
Es sei überhaupt die Frage, ob die deutschen Truppen sich in
absehbarer Zeit irgendwo, irgendwie festsetzen könnten.
Von der Rede, die er schon am 15. Februar 1943 diktierte und am
Abend fertig korrigiert vorliegen hatte, erhoffte er sich
durchschlagenden Erfolg. Er glaubte, die Ansprache werde eine
Meisterleistung seiner bisherigen Redetätigkeit.
Von all der Beanspruchung - er meinte, man müsse sich
'vermillionenfachen', um den Ansprüchen noch gerecht werden zu
können - fühle er sich ausgelaugt, todmüde und könne dennoch
nicht schlafen.
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Es war Goebbels gelungen, durch seine
hasserfüllte Rede, die über alle Reichssender ausgestrahlt
wurde, Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung zu letzen
Kraftanstrengungen aufzustacheln, um das eigene Überleben vor
den nahenden 'Horden der Steppe' zu sichern.
Anlass zu der Rede war die nach dem Fall von Stalingrad völlig
veränderte Situation im Zweiten Weltkrieg.
Die Versorgung der in zwei Kesseln eingeschlossenen
deutschen Soldaten aus der Luft, wie sie Göring großsprecherisch
zugesagt hatte, war nicht möglich.
Es gab nur etwas Brot und Tee als Tagesration.
150.000 Mann der deutschen Truppe waren aus Gründen mangelnder Verpflegung, Hunger, Kälte, schlechter Ausrüstung der
Situation zum Opfer gefallen.
Tausende gerieten in russische Gefangenschaft, aus der nur
wenige überhaupt nach dem Krieg zurückkehrten.
Die Deutschen wussten um die Gefahr, die nun drohte, als am 31.
Januar 1943 General Paulus kapitulierte und Stalingrad
verlorenging.
Goebbels meinte daraufhin lakonisch, das Schicksal habe Paulus
nun mal dort hingestellt, er müsse eben auf fünfzehn bis zwanzig
Jahre Lebenszeit verzichten, um dann seinen Namen auf
Jahrtausende lebendig zu halten.
General Friedrich Paulus starb erst 1957 - also zwölf Jahre nach
dem Ende des Zweiten Weltkrieges - in Dresden.
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