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Es geht um eine Produktion des 'Rigoletto', die 2006 an der Nds.
Staatsoper Hannover in der Inszenierung von Karsten Wiegand (heute
Intendant vom Staatstheater Darmstadt) herauskam und die nun ihre
Wiedergeburt erlebte.
Viel fiel dem Regisseur für die szenische Umsetzung des Werkes nicht
viel ein, und wenn, dann war es 'Quatsch'.
Dass es sich hier nicht um eine 'Sex and Crime-Angelegenheit', sondern
um ein Problem des Ständestaates handelt, wird überhaupt nicht klar.
Mätzchen bestimmen den Ablauf der Darstellung.
Da treten Herren vor den Dekorationsvorhang, stehen an der Schamwand zum
Publikum gerichtet, bepinkeln diese.
Bevor die Abtrennung hochgezogen wird, haben die Herren den
vorderen Inhalt ihrer Hosen weggepackt oder was man dafür halten soll,
und wieder in ihren Kostümen versteckt.
Der Chor tritt in Klamotten mit Rettungsringen um den Bauch auf, als
wäre der Untergang der Titanic soeben beschlossene Sache, während der
Herzog seine Nr. 3 'Freundlich blick ich auf diese und jene' -
wobei er sich bei dem fröhlichem Gepinkel umschaut und vielleicht meint,
'freundlich blick ich auf diesen und jenen' - singt.
Die Verhüllung der Aufbauten wird heruntergerissen, das Salonorchester
auf diesem Gerüst platziert, wird nach links weggefahren.
Die leere Bühnen bleibt, Hängeleuchter fahren herunter, diese werden
gelöscht (ganz normale heutige Glühbirnen) und Rigoletto verabredet in
der Nr. 7 mit Sparafucile den Mord am Herzog.
Ein Rechteck am Boden aufgemalt, soll die Abgeschlossenheit der
Behausung des Hofnarren darstellen.
Gilda quält sich in der Enge, malt ihre Wünsche mit der Nr. 5 'Teuer
Name, dessen Klang' auf den Bühnenboden und fällt ganz klar auf die
Zauberkunststückchen des Herzogs herein, die - im Programmheft
ausdrücklich erwähnt - von einem Tillmann Wiegand - (das ist doch nicht
etwa der heutige Künstlerische Betriebsdirektor der Oper in Hamburg?) -
einstudiert wurden.
Der Chor - weiß gekleidet, mit Masken vor den Gesichtern - stellt
Pappwände auf, schleppt Gilda ab, im Beisein des Vaters, der mit
verbundenen Augen nichts mitkriegt.
Kronleuchter runter, Rigoletto schiebt Klunker an ihm beiseite, Gilda
setzt sich in die Leuchte, Vater Rigoletto schubst die Lampe an und so
schaukelt man vor und zurück.
Die Giovanna ist übrigens gestrichen.
Hochformatige Wände fahren, der Chor in Zwangsjacken verhöhnt in der
Nr. 8 den Narren mit dessen 'Feile Sklaven'.
Der muss die Gewalt
erkennen, der seine Tochter ausgesetzt war, sie aber schwelgt mit der
Nr. 9 in Träumereien - endlich ein Mann, endlich passiert was.
'Wenn ich an Festestagen!'
Eine Häuserwand. Fenster im EG und im ersten Stock, Klappläden.
Hier soll die Rache am Herzog gelingen. Der aber singt mit der Nr. 10
sein 'O wie so trügerisch' und als Quartett mit den anderen die Nr. 11
das 'Als Tänzerin erschienst du mir', womit Maddalena, die Schwester von
Sparafucile, gemeint ist, die zum Fenster rausguckt und er deswegen
einschläft.
Gilda geht in das Haus, wird erstochen, der Herzog singt im Hintergrund
die Reste seiner Verführungsarie.
Rigoletto findet die sterbende Tochter vor der fremden Haustür - 'Ha,
jener Fluch des Alten!'
Ergo:
Resteverwertung ist löblich, aber nicht alles wird durch Liegenlassen
besser.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll
bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes
oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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