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Die Frau im ausgehenden 18.
Jahrhundert und 19. Jahrhundert lebte auf verschiedenen Ebenen:
1. die Herrschaftsebene der Landesfürsten
2. die bürgerliche Ebene der Verleger, Fabrikbesitzer
3. die Ebene der Handwerksbetriebe und Bauern
4. die Ebene der Landarbeiter, Heimwerker, Kleinhandwerksbetriebe,
Hauspersonal
Die Herrschaftsebene war durch das Gottesgnadentum nach
allen Seiten abgesichert; die Frau aber auch hier verdrängt in den
Bereich der Gesellschaftsdame im Haus und die Mutter der Kinder, der
allerdings genügend Personal zur Erziehung und Aufzucht der Kinder zur
Verfügung stand.
Die bürgerliche Ebene unterschied sich von der herrschaftlichen nur
durch die zur Verfügung stehende Geld und Personalmenge.
Die Situation auf der untersten Ebene war die durch die Lebensumstände
entschieden schlechteste.
Durch die biologische Tatsache, dass die Frau durch in kürzesten
Abständen immer wiederkehrende Schwangerschaften an das Haus oder nur
den Hausgarten gebunden war, ergaben sich die grundsätzlichen
Arbeitsteilungen zwischen Haus und Außenwelt. Die Frau war ausgeschaltet
aus allem, was sich in der Stadt oder Gemeinde an öffentlichen Aufgaben
ergab. Die aufkommenden genossenschaftlichen Regulierungen – von den
Männern unter sich abgemacht – gaben diesen die Einbildung einer
Überlegenheit den Frauen gegenüber. Die hinzukommende Ausgrenzung der
Frau durch die Kirche, förderte noch deren Isolierung.
Lernprozesse vollzogen sich neben einer Grundschulbildung nur durch
Weitergabe von Selbsterlerntem. Auch hieraus leiteten sich
Machtbefugnisse ab, da der Wissende einen höheren Stand hatte.
Die Berufsarbeit in den unteren Ständen bezog sich bei der Frau auf die
Heimarbeit, wenn nicht allein, so doch meistens zusätzlich zur
Feldarbeit. Eine Diskriminierung der Frau blieb hier weitgehend aus, da
es sich bei Ablieferung der Ware aus Heimarbeit nicht auswirkte, ob
diese vom Mann oder der Frau hergestellt worden war. Hinzu kam, dass die
Frau bei dieser Art von Hausindustrie auch die Kinder beaufsichtigen und
aufziehen konnte. Meist war dann der Wohnraum gleichzeitig auch der
Werkraum, in dem der Webstuhl, das Spinnrad oder die Werkbank für den
Mann als Nebenerwerb stand. Gesundheitliche Schäden durch Einatmen von
Leim- oder giftigen Farbdämpfen sowie der Abrieb bei Schieferarbeiten
waren der Grund für schwere Erkrankungen und frühen Tod.
Die Situation der Frau in der Gesellschaft veränderte sich besonders
durch die mechanische Revolution – die Einführung der Dampfmaschine z.B.
mit der Möglichkeit des Betriebs mehrerer Webstühle durch eine
Krafttransmission. Der Aufstand der mehr als ein Hunderttausend
bedürftigen Weber in Schlesien im Juni 1844 zeigte das ganze Elend der
Familien. Die Hungrigen verschmähten weder den Mehlkleister, mit dem das
Schlussgarn bestrichen wurde, noch Maikäfer als Suppeneinlage.
Besonders die Einführung der Nähmaschine revolutionierte die Heimarbeit
der Frau, da sie die Schneiderei, Putzmacherei, Schusterei unmittelbar
beeinflusste.
Richard Wagner kennt also seit frühester Jugend die Situation der Frau.
In seiner Familie ist die Mutter auch in Abhängigkeit vom Ehemann
Friedrich Wagner, der - ein Polizeiaktuator – schon zum gehobenen
Bürgerstand gehört. Der nach dem Tod des Vaters folgende Ludwig Geyer,
Schauspieler und Portraitmaler, verstärkt die künstlerische Ausrichtung
der Familie deutlich. Den Schwestern eröffnet sich als Berufswahl die
Bühne, auch die Brüder gehen zum Theater, einer von ihnen wird
Goldschmied.
Durch die Einheirat der Schwestern Ottilie und Luise Wagner in die
Familie Brockhaus und Cäcilie in die Familie Avenarius entsteht für
diese die direkte Abhängigkeit von ihren Ehemännern im Rahmen eines
Großbürgertums.
Wie sah Richard Wagner
die Situation der Frau?
Geprägt wurde seine Einstellung selbstverständlich durch sein Umfeld.
Die Schwestern sahen nur die Möglichkeit, sich zu verselbständigen in
der Aufnahme einer Tätigkteit als Gouvernante, dafür war aber sehr gute
Schulbildung und der Hang zu Erziehung und Pflege erforderlich.
Ansonsten blieb nur die fahrende Sängerin oder Schauspielerin sowie die
Mutter durch Heirat und im schlimmsten Falle die alleinerziehende Frau.
Bei der Aufnahme der Tätigkeiten spielte das Alter der Frau natürlich
eine Rolle.
Nur als junge ließ sich Karriere machen, die dann
meistenfalls doch in einer Ehe endete, wenn nicht die ‘komische Alte‘
auf der Bühne noch in späteren Jahren in Frage kam..
Richard Wagner sah seine Frauenfiguren Senta, Elisabeth und Elsa in den
heute meist gespielten Werke Holländer, Tannhäuser Lohengrin als junge
Liebhaberinnen, die am Rande der Pubertät – damals so spät in der
10-Dekade also bis 19 oder in den ersten Jahren der 20-er sich
abspielte.
Für dieses Rollengefüge war Anja Silja die perfekte Protagonistin. Sie
sang mit 20 Jahren in Bayreuth die Senta und verkörperte die junge Frau,
die ein Bild von einem Mann anschmachtete, den sie sich zum Partner
wünschte und für den Sie “treu bis in den Tod“ bleiben wollte.
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Zitat
BR-KLASSIK:
Auf der einen Seite ist es
nachvollziehbar, dass Sie aufgehört haben, Wagner-Partien zu
singen, nachdem Wieland Wagner gestorben war. Dann gibt es eine
andere Seite, wo man denkt, Sie haben die ja von Kindesbeinen an
gelernt, die sind ihnen ja so nah und vertraut. Diese Rollen
müssen Ihnen doch die ganze Zeit im Kopf herumgehen.
Anja
Silja:
Naja, das ist das Merkwürdige an Wagner, denn er
hat ja eigentlich für junge Menschen geschrieben. Das ist ja das
große Problem. Isolde, Eva, Senta - das sind ganz junge Menschen
mit den Emotionen der Jugend. Das geht für den normalen Menschen
irgendwann vorbei, und dann kommen die sogenannten
Erwachsenenrollen. Und deshalb ist das abgehakt - nicht nur
wegen Wieland. Wir hatten ja auch schon viel anderes gemacht.
Dann wurde das natürlich altersgerecht, und damit konnte man
sich identifizieren.
Zitatende
Quelle:
https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/anja-silja-sopranistin-artaserse-wiederaufnahme-interview-100.html
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Der
sonderbare, immer wiederkehrende Traum des H.
So der Titel, den der Regisseur auf der Projektionsfläche
während der Ouvertüre im Bayreuther Festspielhaus am 11. August 2021
erscheinen lässt.
Dann Auftritt eine Frau mit Kind, …
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
… das sie
nach rechts wegschickt.
Ein Mann – nach unbestätigten Äußerungen von Mitarbeitern der Bayreuther
Festspiele soll es sich hier um Daland, einen Seefahrer aus der Gegend
handeln - taucht aus dem Hintergrund auf, macht sich an die Frau ran,
sie küsst dem Mann die Hände, dann umschlingt er sie und küsst sie auf
den Mund, presst sie an die Wand, man windet sich in der Umarmung, das
Kind kommt von rechts, sieht die beiden, die Frau erschrickt, zieht das
Kind hastig quer über die Bühne nach links ab. Der Mann zündet sich eine
Zigarette an, bleibt stehen, geht nach links ab.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Von links das Kind aus
einer der Türen – ohne Kapuzenmantel – tänzelt über die Bühne -eilt nach
links ab, als es der Frau, die von rechts auftritt, ansichtig wird.
Sie bleibt stehen, spielt eine Frierende, rennt dem Mann entgegen, der
von links wieder auftrat, sie rangeln miteinander – da schmeißt er sie
nach rechts zu Boden.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele
Der Mann eilt nach rechts ab, die Frau erhebt sich, wischt sich das
durch den Sturz zerschundene Knie ab - ….
…
als plötzlich aus allen Öffnungen, die der Bühnenbildner - ein Herr
Tcherniakov - gelassen hat, Menschen auftreten. Sie tragen für die
Nr. 1 (Seite 21
– KA Edition Peters)
Sitzgelegenheiten herbei, auf denen sie flugs Platz nehmen, erheben sich
wieder, um ein Tänzchen zu wagen, setzen sich wieder.
Von rechts die Frau, nimmt ganz am Rande der Gruppe Platz, die Gruppe
erhebt sich,
setzt sich von der Frau
ab, so dass diese – in sich zusammengesunken - isoliert am Rande der
Szene verbleibt.
Die Gruppe erhebt sich wieder und geht in bedrohlicher Formation auf die
Ausgestoßene zu, diese erhebt sich und die Gruppe zieht sich mitsamt dem
von ihr hereingetragenen Mobiliar nach links auf die Hinterbühne zurück.
Die Frau stürzt nach hinten, es öffnet ein Mann eine Tür in der
rückwärtigen Hausfassade, der schüttelt den Kopf und lässt die Frau
nicht ein.
Lichtwechsel
Die Frau ist abgegangen, rechts am Portal sitzt das Kind.
Aus der Fassade lässt sich die Mutter am Galgen hängend fallen.
Das Kind versucht ihr einen Schuh auszuziehen.
Lichtwechsel
Die Bühne zeigt links einen Kiosk mit Freisitzen, rechts steht ein Mann,
der schaut auf die Fassade eines Hauses hinauf.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele
Die Leute am Kiosk singen die
Nr. 1
Introduktion
ihr
Johohe!
hallajo! hohoha! hallojo!
Bildquelle:
Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele
Mitten in
der Gruppe sieht man einen Herrn – ca. Ende Vierzig sitzen, der mit
bemerkenswerter Routine stumme Jule spielt. Es handelt sich - unschwer
zu erkennen um Daland, einen Seefahrer, den Richard Wagner vor Beginn
der Oper durch einem Sturm hier an Land gespült hat. Dieser Daland meint
nun:
Kein
Zweifel! Sieben Meilen fort
trieb uns der Sturm vom sich’ren Port.
So nah‘ dem Ziel nach langer Fahrt,
war mir der Streich noch aufgespar’t!
Die
Gruppe löst sich auf und die einzelnen Personen gehen jeweils seitlich
der Theke ab.
Daland gibt Order:
Nun,
Steuermann, die Wache nimmst du wohl für mich?
Gefahr ist nicht, doch gut ist’s, wenn du wachst.
Ein Teil der Männer bleibt an den
Tischen sitzen und trinkt weiter.
Beim nach hinten rechts abgehend bemerkt Daland einen Gast, der
schweigsam am Ende eines Tisches sitzt.
Der Steuermann setzt sich links zu den verbliebenen Burschen, klopft an
ein Glas und singt sein
Mit Gewitter und Sturm aus
fernem Meer,
mein Mädel, bin dir nah!
Die Burschen amüsieren sich und lachen in die Szene hinein.
Der Steuermann fällt vom Stuhl, reißt einen Tisch mit um, der dann
mühsam wieder zusammengesetzt werden muss.
Die seitlich der Kiosk-Theke angebrachte Uhr zeigt inzwischen 16.37.
Der Steuermann ist am Tisch eingeschlafen.
Der Fremde am Kopf des Tisches steht auf, geht an die Theke und macht
dem Wirt eine Geste, dass er für die verbliebenen Mannen ‘einen ausgibt‘
und die Zeche bezahle. Er kehrt wieder an seinen Platz zurück, setzt
sich, zündet sich eine Zigarette an.
Die Mannschaft schaut betreten zu Boden, rutscht auf den Stühlen hin
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
und her und wartet darauf, dass der Fremde etwas sagt.
Und der hebt an und singt ihnen mit der Arie, der Nr. 2,
die Story vom fliegenden Holländer
Die
Frist ist um, und abermals verstrichen
sind sieben Jahr.
klappernd bricht der Tisch, an dem der Steuermann schläft, zusammen.
Bei
War ich Unsel’ger Spielwerk
deines Spottes,
als die Erlösung du mir zeigtest an?
schlägt der Fremde auf die Tischplatte, dass von der Erschütterung
Flaschen zu Boden gehen.
Vergeb’ne Hoffnung! Furchtbar
eitler Wahn!
Um ew’ge Treu auf Erden, ist’s getan!
Nun gibt der Fremde dem Wirt ein Zeichen, die Rechnung
zusammenzustellen, worauf er
mit dem
Nur eine Hoffnung soll mir
bleiben
fortfährt.
Wieder schlägt er – nun nach dem
so lang
der Erde Keim‘ auch treiben,
mit der Faust
auf den Tisch, setzt dann seine Rede fort, zahlt die Zeche mit Bargeld,
als der Wirt ihm die Rechnung bei dem
Ihr
Welten, endet eu’ren Lauf!
ew’ge Vernichtung, nimm‘ mich auf!
präsentiert.
Die restliche
Mannschaft verabschiedet sich von dem Fremden per Handschlag und
verlässt die Szene nach hinten durch die Mitte.
Es bleiben jeweils sitzend - links der dösende Steuermann, rechts der
Fremde.
Es ist
inzwischen 17.02 Uhr auf der Kiosk-Uhr geworden, als Daland von hinten
durch die Mitte die Bühne für die Nr. 3 - Szene, Duett und Chor -
betritt und zur Ordnung ruft.
He!
holla! Steuermann!
Der rafft sich
auf und fragt den Fremden
Gebt
Anwort! Schiff und Flagge?
Darauf Daland lachend zum
Steuermann
Lass ab! Mich dünk’t, ich seh‘ den
Kapitän!
Interessant ist hier, dass Daland auf Geheiß des russischen Regisseurs
sofort den Dienstgrad dieses Mannes erkennt, der in einem kurz geratenen
Mantel und einem dick-grob gestrickten Pullover mit Jeanshose und
Turnschuhen, ohne die üblicherweise innerhalb einer Crew, sei es nun
beim fliegenden Personal oder beim schwimmenden an der Adjustierung – es
sind auch bei der ‘Aeroflot‘, der russischen Staatsairline, oder in der
russischen Seefahrt, die typischen vier Streifen an den Ärmeln des
Jacketts und die Goldtrense an der Mütze - gekennzeichnet ist - und den
Fremden gleich mit K a p i t ä n anspricht:
He! holla! Seemann! Nenne dich! Wess‘
Landes?
Inzwischen baut
der Steuermann den zusammengefallenen Tisch wieder zusammen, was ihm
einige Mühe macht.
Man sitzt und macht sich bekannt.
Der Fremde ist Holländer, so behauptet es jedenfalls.
Auch Daland ist durch den Sturm abgetrieben
Mir
ging’s nicht besser. Wenig Meilen nur
von hier ist meine Heimat, fast erreicht,
musst‘ ich aufs Neu‘ mich von ihr wenden.
Der Holländer lädt Daland ein, sich zu ihm an Tisch zu setzen. Der
Steuermann, der mitkommen will, wird zurückgewiesen.
Daland bestellt beim Wirt Getränke.
Inzwischen beginnt der Holländer seine Schilderung
Durch Sturm und bösen Wind
verschlagen,
irr‘ auf den Wassern ich umher;
wie lange? weiss ich kaum zu sagen,
schon zähl‘ ich nicht die Jahre mehr.
Bedeutsam schaut Daland immer wieder zum Steuermann hin, als könne er es
nicht fassen, was ihm der Fremde da erzählt. Und auch der zweifelt.
Da winkt der Fremde Daland zu sich heran und fragt
Vergönne mir auf kurze
Frist dein Haus,
und deine Freundschaft soll dich nicht gereu’n!
[…]
Mit Schätzen aller Gegenden und Zonen
ist reich mein Schiff beladen; willst du handeln,
so sollst du sicher deines Vorteils sein.
Daland
wird neugierig, rutscht näher an den Holländer heran und fragt
Um dir
zu frommen, biet‘ ich, was ich kann…
doch darf ich fragen… was dein Schiff enthält?
Und der antwortet:
Die seltensten der Schätze sollst du sehn;
kostbare Perlen, edelstes Gestein.
Blick hin, und überzeuge dich vom Werte
des Preises, den ich für ein gastlich Dach
dir biete!
Daland kann es nicht fassen
Wie? ist’s möglich? diese
Schätze!
wer ist so reich, den Preis dafür zu bieten?
Man steckt die Köpfe zusammen, denn nun macht der Holländer
klar, was er als Gegenleistung verlangt.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Und der Holländer legt die Karten auf den Tisch:
All
meinen Reichtum biet‘ ich dir, wenn bei
den Deinen du mir neue Heimat giebst.
DALAND
Was muss ich hören!
HOLLÄNDER
Hast du eine Tochter?
DALAND
Fürwahr, ein treues Kind.
HOLLÄNDER
Sie sei mein Weib!
Das
ist natürlich schon erstaunlich und Daland kann nur fragen
Wie?
Hört ich recht? Meine Tochter sein Weib
Aber es ist ja, wie es ist!
Man wird handelseinig.
Daland bestätigt den Deal
Mich rührt dein Los;
freigebig, wie du bist,
zeigst Edelmut und hohen Sinn du mir;
den Eidam wünscht ich so, und wär dein Gut
auch nicht so reich, wählt ich doch keinen and’ren.
Der Steuermann steht daneben, hört zu und amüsiert sich.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Daland ist mit dem Handel einverstanden, man setzt sich
rund um den Tisch und bekundet
Der
nächste günst’ge Wind bringt uns nach Haus‘;
du soll’st sie seh’n; und wenn sie dir gefällt.
Und dann
Ja! dem Mann mit Gut und hohem Sinn
geb‘ froh ich Haus und Tochter hin!
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Plötzlich fällt dem Steuermann auf, dass sich der Wind
gedreht hat und die Weiterfahrt möglich ist.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Eingehakt trollen sich
Daland und der Holländer.
Der Freisitz vor dem Kiosk wird geschlossen, eine Jalousie
heruntergelassen, Stühle und Tische beiseite geräumt.
Inzwischen ist es auf der Kiosk-Uhr 17.36 geworden.
Bühnenaufbauten drehen sich, geben zum Lied
Mit Gewitter und Sturm aus fernem
Meer,
mein Mädel, bin dir nah! hurrah!
Über sturmhohe Flut vom Süden her,
mein Mädel, bin ich da! hurrah!
Mein Mädel, wenn nicht Südwind wär‘,
ich nimmer wohl käm‘ zu dir!
Ach! lieber Südwind, blas‘ noch mehr!
Mein Mädel verlang’t nach mir.
Ho! ho! joloho! hoho hohoho!
den
Blick auf einen Dorfplatz - umgeben von Häuserfassaden - frei.
Frauen der Gemeinde strömen herbei, bringen für Nr. 4 –
Szene, Lied und Ballade eigene Sitzgelegenheiten mit.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Links vorne – in einen grobgestrickten Wollmantel gehüllt
– Frau Mary. Sie hängt ihre Tasche über ihre Stuhllehne, setzt sich und
fröstelt, denn es scheint ihr kalt zu sein. Dann schlägt einen
Klappordner auf. Die Damen vor ihr tun nämliches und beginnen mit ihrem
Summ‘
und brumm‘, du gutes Rädchen,
munter, munter, dreh‘ dich um!
Frau Mary steht von ihrem Sitz auf, nimmt einen Becher vom Boden
mit wohl Trinkbarem, erhebt sich, geht vor den Damen auf und ab und
mahnt, sie sollten schön weitermachen, wobei
ihr auffällt
Du aber, Senta, schweigst
dazu?
Senta – eine kühle Blonde, bei der man mal den Scheitel der Perücke
nachbleichen sollte, saß zwischen den übrigen Damen - springt jetzt auf
und läuft nach hinten in ein Haus.
Die Damen singen weiter und kommen zu der Textstelle
Fleissig, Mädchen!
Brumm‘! Summ‘!
Gutes Rädchen!
Tra la ra la…
… als Senta hinten wieder aus der Tür tritt, rechts nach vorne kommt,
Frau Mary anschaut, die blickt freundlich zurück, schlürft bisweilen aus
ihrer Tasse und meint zu Senta:
Du böses Kind, wenn du nicht spinnst,
vom Schatz du kein Geschenk gewinnst.
Senta motzig,
rotzig, flotzig, provokant, zieht sich die Kapuze ihres braunen Mantels
über, hampelt umeinander, tut so als könne sie den Damenchor dirigieren,
dann greift sie nach der Tasche von Frau Mary, die ja über der
Stuhllehne hängt, greift hinein und holt eine Autogrammpostkarte von
einem Männergesicht heraus, das sie herumzeigt.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Spöttisch – sie nimmt
die ganze Situation nicht ernst – fragt sie Frau Mary
Was hast
du Kunde mir gegeben,
was mir erzählet, wer er sei?
Der arme Mann!
Mary
Gott sei mit dir!
Mädchen
Ei, ei! Ei, ei! Was hören wir!
Sie seufzet um den bleichen Mann!
Mary
Den Kopf verliert sie noch darum!
Mädchen
Da sieht man, was ein Bild doch kann!
Mary
Nichts hilft es, wenn ich täglich brumm'!
Komm! Senta! Wend' dich doch herum!
Frau
Mary zuckt die Schultern, als wüsste sie nicht, was Senta meint.
Die flegelt weiter, nimmt eine Zigarette aus der Schachtel und fängt an
zu paffen.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Sie wirft die
Zigarettenschachtel in die Luft, während die Damen ihr
Sie
hört Euch nicht – sie ist verliebt!
Ei, ei! Wenn’s nur nicht Händel gibt!
Denn Erik hat gar heisses Blut –
dass er nur keinen Schaden tut!
Sagt nichts – er schiesst sonst wuth-entbrannt,
den Nebenbuhler von der Wand!
Ha ha ha ha.
von sich geben.
Senta entschließt sich, aus der Nr. 4, die Ballade selber zu
singen.
Frau Mary hängt ihre Tasche wieder über die Stuhllehne setzt sich vorne
links auf ihre Sitzgelegenheit, nimmt ihren Aktendeckel zur Hand und
beginnt darin rumzuschreiben, gelegentlich radiert sie auch wieder was
aus, während Senta ihr
Johohohe! johohohe! johohohe! johohe!
und das Folgende singt, wobei sie die Autogrammpostkarte des
Holländers (wohl ein Jugendfoto von Herrn Lundgren) aus der Tasche zieht
und es herumzeigt.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Die Damen sind entzückt, auch mal das Autogrammfoto des Baritons in der
Hand halten zu dürfen.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Das nimmt Senta den Damen wieder weg, wedelt damit herum und auch Frau
Mary darf es ihr nicht abnehmen.
Senta nimmt die ganze Situation offensichtlich nicht ernst, hampelt
umeinander, hat wohl die Situation nicht begriffen und man hat ihr wohl
auch die Story nicht verdeutlicht.
Im Gegenteil hat man ihr irgendwas erzählt, so dass die ganze
Angelegenheit sich für sie nicht im Sinne Richard Wagners erschließt.
Immerhin singt sie seinen Text mit dem entscheidenden Wortlaut:
Ich sei’s, die dich durch ihre Treu‘ erlöse!
Mög‘ Gottes Engel mich dir zeigen!
Durch mich sollst du das Heil erreichen!
Alles nur eine Marotte?
Weiß sie, was sie singt?
Das Ganze geht eine ganze Zeit gut.
Da erscheint plötzlich Erik hinten auf der Szene, Senta setzt sich
plaschtig auf den Boden, raucht sich eine, während Erik vorwurfsvoll
fragt:
Senta! Willst du mich verderben?
Nichts andres hat sie vor. So jedenfalls wollte es der
Dichterkomponist, aber was schert einen Regisseur eine dramaturgische
Vorgabe Richard Wagners.
Erik teilt mit:
Der Vaterkommt,
Senta hebt die Arme, so nach dem Motto: „Na, wenn schon, is mir doch
Wurscht!“ :
Der Vater kommt?
Erik bestätigt
Vom Felsen sah‘
sein Schiff ich nah’n.
und die MÄDCHEN jubeln
Sie sind daheim!
Alles wuselt durcheinander - nun sind die
Damen beschäftigt, die Willkommensfeier zu
gestalten,
Ach! Wie viel hab‘ ich ihn zu
fragen!
Ich halte mich vor Neugier nicht.
Die Damen nehmen die
Sitzgelegenheiten mit, so dass die Bühne sich auch von Requisiten leert.
Senta sitzt am Boden und pafft Rauchwölkchen in die Luft.
Erik tippt ihr auf die Schulter, sie erhebt sich.
Gelangweilt hört sie Erik zu, ringelt sich um den Laternenpfahl herum.
Bei seinem
Du willst mich flieh’n?
versucht er, sie am Ärmel festzuhalten.
Sie reißt sich los.
Dann hampelt sie links um die Hausecke herum, als langweile sie das
alles in höchstem Maße, was Erik mit
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
vorbringt.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Die Vorwürfe wegen des
Bildes, der Ballade weist sie mit großmächtigen Gesten zurück
Ich bin
ein Kind und weiss nicht was ich singe.
Da hüpft sie auf der Bühne herum, als sei sie ein kleines
Mädchen, dass von einer Trottoireplatte – ‘Himmel und Hölle‘ - zur
nächsten springt.
Sie quält ihn, nimmt ihn nicht ernst, zerrt an seinem Mantel:
wickelt ihn ein.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Man
ringt miteinander, schlägt aufeinander ein
und dann
SENTA
Er sucht mich auf! Ich muss ihn seh’n!
ERIK
Entsetzlich! Ha, mir wird es klar!
Bühnenaufbauten drehen
sich.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Senta
geht nach rechts, lehnt an einen Laternenpfahl.
Will sie sich tatsächlich opfern?
Auf einmal folgt sie den Vorgaben des Autors?
War sie doch vorher voller Spott über die Geschichte des Holländers.
Schon während der Ballade und danach zeigte sie in ihrem Verhalten der
Frau Mary und dem Chor gegenüber durch theatralische Gestik und
übertriebene Mimik, was sie von allem hält.
Nun also
Ach,
möchtest du,
bleicher Seemann, sie finden!
Betet zum Himmel, dass bald ein Weib
Treue ihm…
Nr.
6 – Finale
Arie, Duett und Terzett
In der Mitte
wird eine Glasveranda – an eine Hausfassade angelehnt – erleuchtet. In
ihr tritt der Holländer aus einer Tür, Senta sieht ihn und erschrickt
Ha!
Langes Tacet für das Orchester während dessen sich die beiden stumm
anschauen.
Senta zerrt sich den runtergerutschten Mantel wieder hoch. Der Holländer
zieht sich wieder in das Innere des Hauses zurück.
Senta bleibt am Laternenpfahl und zieht – als sie
Daland durch dieselbe Tür, durch die der Holländer eben abgegangen ist,
eintreten sieht – einen Flunsch wie eine ungezogenes Blag.
Dann auf die Frage Dalands
Mein
Kind, du siehst mich auf der Schwelle.
Wie? Kein Umarmen, Keinen Kuss?
Du bleibst gebannt an deiner Stelle;
verdien‘ ich, Senta, solchen Gruss?
… führt Senta provozierend einen
Hofknicks aus
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Gott dir zum Gruss!
und weiter
Mein Vater, sprich!
Wer ist der Fremde?
Auftritt Frau Mary durch die Tür im Hintergrund der Veranda –
sie trägt ein übergroßes Tischtuch herein und beginnt die Tafel für ein
Familienessen vorzubereiten.
Dieser Vorgang hält die ganze Zeit über an, während
Daland mit seinem
Mög’st du, mein Kind, den fremden
Mann willkommen heissen?
Seemann ist er, gleich mir,
das Gastrecht spricht er an.
erläutert, um wen es sich bei dem Fremden handelt.
Ganz offensichtlich wurde hier eine neue Story
eingefügt, denn Frau Mary und Daland sind ein Paar.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Auftritt Holländer durch die Tür im Hintergrund der Veranda.
Daland
preist weiter seine Tochter Senta in schillerndsten Farben.
Lang‘ ohne Heimat,
stets auf fernen, weiten Reisen,
in fremden Landen er
der Schätze viel‘ gewann.
Und schließlich wird auch der Holländer nach dessen Meinung befragt.
Sagt, hab‘ ich sie zu viel
gepreisen?
Ihr seht sie selbst – ist sie Euch recht?
Soll ich von Lob noch überfliessen?
Gesteht, sie zieret ihr Geschlecht?
dann entscheidet Daland
Am besten lass ich sie
allein
- was er aber nicht tut,
sondern noch Gläser und Wein bringt, Frau Mary die Kerzen anzündet und
dann setzen sich beide an den Tisch.
Da nun meint auch Senta die Sache näher betrachten zu müssen, sie betrat
zwischenzeitlich die Veranda und nahm gleich vor Kopf des Tisches auf
der rechten Seite Platz.
Der Holländer setzte sich bereits, Senta – sie bleibt im Mantel -
fummelt an ihren Haaren rum (das macht man heutzutage in BT in
Oberfranken so, weil die Haare in der Suppe dort als köstliche Beilage
angesehen werden.)
Daland schenkt Wein in die Gläser, Frau Mary gibt aus der Suppenschüssel
auf.
Man beginnt zu löffeln, während der Holländer mit dem Duett und dem Text
Wie aus der Ferne längst
vergang’ner Zeiten
spricht dieses Mädchens Bild zu mir
Senta mischt sich ein und fragt mit nun plötzlich bewegter Miene als
ginge ihr emotional ein Licht auf
Versank ich jetzt in
wunderbares Träumen?
Was ich erblicke, ist’s ein Wahn?
[…]
Frau Mary betrachtet die Szene mit steigendem Misstrauen.
Wie wird das gehen mit diesem Fremden?
Ihr ist er unheimlich.
Senta aber meint
Ach, wenn Erlösung ihm zu hoffen
bliebe,
All-Ewiger, durch mich nur sei’s!
[…]
Wohl kenn‘ ich Weibes heil’ge Pflichten.
sei drum gestrost, unsel’ger Mann
Der Holländer kommt mit einem Blümchen um den Tisch herum auf
Senta zu, die plötzlich – etwas g‘schamig zwar – aber doch freudig
bewegt sich zeigt.
Ihr ist inzwischen warm geworden, dass sie den Mantel ausgezogen hat und
nun in ihrem Rollkragenpullover da sitzt.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Frau Mary wird alles zu viel und sie geht dann durch die
Tür in der Mitte ab.
Daland ihr nach, um zu schauen, wie ihr ist.
Senta geht hinten um den Tisch herum und auf den Holländer zu
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
… und sendet klare Signale aus:
Was ist’s, das mächtig in mir lebet?
Was schliesst berauscht mein Busen ein?
All-Mächt’ger, was so hoch mich erhebet,
lass‘ es die Kraft der Treue sein!
Daland tritt durch die hintere Tür herein – und stört.
Aber er muss ja beim folgenden Terzett zugegen sein.
Verzeiht! Mein Volk hält draussen
sich nicht mehr;
nach jeder Rückkunft, wisset, gibt’s ein Fest.
Verschönern möcht ich’s, komme deshalb her,
ob mit Verlobung sich’s vereinen lässt?
und Senta beschließt den Bund mit dem Holländer
Hier meine
Hand! und ohne Reu‘
bis in den Todt gelob‘ ich Treu‘!
Während der Introduktion zum
dritten Aufzug löscht Frau Mary noch die Kerzen, das Licht verlischt,
Bühnenaufbauten drehen sich.
Für die Nr. 7 - Szene und Chor - kommen
Frauen und Männer auf die Bühne, sie bringen wieder jeder eine eigene
Sitzgelegenheit mit, so dass daran kein Mangel herrscht.
Steuermann!
lass‘ die Wacht!
Steuermann! her zu uns!
singt der Chor und versucht, den Steuermann zum Hinsetzen zu bewegen.
Bierkästen werden hereingetragen,
eine Gruppe
Männer in blauen Werkstattanzügen versammelt sich vorne rechts und setzt
sich räumlich von der übrigen Bevölkerung ab.
Dabei ganz rechts der Holländer, der sich eine Zigarette anzündet.
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Das Volk amüsiert sich,
bildet eine Polonaise-Schlange und zieht über die Bühne.
Dann mischen
sich die Leute des Holländers ein (Chor im Hintergrund, Statisten auf
der Szene)
Nach dem
Land treibt der Sturm.
Hui-ssa!
In die Bucht laufet ein!
Schwarzer Hauptmann, geh‘ ans Land!
sieben Jahre sind vorbei!
Frei‘ um blonden Mädchen’s Hand!
Blondes Mädchen, sie ihm treu‘!
Der Holländer
zieht eine Pistole, will das Volk von seinen Leuten fernhalten.
Der gesamte Chor und die Statisten ab.
Von rechts Auftritt Senta für das Finale.
Der Holländer
macht im Abgehen ihr gegenüber ein abwehrende Geste.
Senta torkelt herum, als habe sie zu viel getrunken.
Von hinten durch die Mitte: Erik
Gerechter Gott! Kein Zweifel! Es ist wahr!
Welch‘ unheilvolle Macht riss dich dahin?
Kavatine
Willst jenes Tags du nicht dich mehr entsinnen
Bildquelle: Enrico Nawrath
/ Bayreuther Festspiele
… ja, meinem Schutz vertraute er dich an.
Auftritt Holländer von rechts mit seinem:
Verloren!
Ach! Verloren!
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
Senta hastet zum Holländer.
Erik fängt sie ab
Der Holländer
Segel auf! Anker los!
Sagt Lebewohl auf Ewigkeit dem lande!
Fort auf das Meer trieb’s mich auf’s Neue!
Ich zweifl‘ an dir! Ich zweifl‘ an Gott!
Dahin, dahin, ist alle Treue!
Was du gelobtest, war dir Spott!
Der Holländer
stößt Senta weg, die ihn halten will.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Von rechts naht Frau Mary mit dem Chor.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Senta versucht, den Holländer zu küssen.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
Erik und der Holländer ringen um Senta.
Allgemeines Gerangel.
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele
Frau Mary von rechts - schießt den Holländer
nieder.
Senta lacht schallend ob des toten Holländers, geht nach rechts auf die
torkelnde Frau Mary zu, nimmt ihr das Gewehr ab, legt es auf den Boden
und geleitet Frau Mary zu einer Sitzgelegenheit.
Danach geht sie auf den links wartenden Erik zu, lässt sich auf eine der
herumstehenden Sitzgelegenheit fallen.
Der Vorhang fällt.
●
Senta
lebt, Frau Mary lebt, Erik lebt – der Holländer ist tot.
Und damit erlöst?
Gestorben, was ihm ja bisher immer nicht vergönnt war - durch eine Frau
– durch Frau Mary?
Einfach so? Hat
sie ihn durch ihre Ballerei vom Fluch der bösen Tat erlöst?
Oder starb er nur so, doch unerlöst, weil die Liebe der Frau fehlt?
Aber vielleicht hat Frau Mary ihn doch heimlich geliebt und durch den
Schuss erlöst?
Man weiß es nicht und es wird einem auch nicht erläutert.
"Es ist zu hoffen, dass Text und Musik irgendwann wieder die ihnen vom
Schöpfer zugedachten und folglich zustehenden Rollen in der
Wagner-Rezeption erhalten werden."
schreibt Dr. Klaus Billand im Neuen Merker.
Das Problem ist, dass vor Jahren ein Kommentator vom Nordbayerischen
Kurier forderte, der Text der Stücke müsste endlich von der aktuellen –
vom Regisseur erfundenen - Handlung auf der Bühne getrennt werden. Das
ist der Mensch, der dann zur SZ ging und nun mit Igor Levit das Buch
‘Hauskonzert‘ schrieb.
So kommt das Gemurkse zustande.
Christian Stückl machte in Oberammergau bei seinem
‘Holländer‘ eine Chor-Singprobe aus der Spinnstube und ließ die Mary
singen: "Ich singe fort".
Und Herr Tcherniakov übernimmt das von Stückl, lässt sie aber singen:
"Ich spinne fort", wobei der
wohl hier die weitere psychische Entwicklung der Frau Mary in seiner
Inszenierung meint.
Da erklärt die Senta – die ja ein Kind ist und nicht weiß, was sie singt
– in der Ballade die ganze Story und dann kommt einer, der den neuesten
‘Freischütz‘ in München verbrochen hat, lässt sie eine 'Rötzgöre'
spielen. Was will dieser 'wildgewordene Handfeger' denn mit dem alten
Lundgren?
●
Richard Wagner hat seine Frauenfiguren:
Senta, Elsa, Elisabeth, Isolde aus seinem damaligen Frauenverständnis
entwickelt. Braucht man alles nicht zu erzählen, der Tante Dramaturgin
sollte man das alles aber um die Ohren hauen.
Frau Mary knallt den Holländer ab, sie kriegt draufhin offensichtlich
einen Anfall (….……ich 'spinne' fort….)
und Senta setzt sich erstmal.
Dass sie sich da keine Zigarette anzündet, ist völlig unverständlich, wo
sie doch vorher, wo gar nichts los ist, eine nach der anderen qualmt.
Unklar ist auch, wie die Sache weitergeht:
Da Senta am Leben bleibt, nimmt sie sich doch den Erik.
●
Der Vorhang zu und alle Fragen offen?
Leute!
Es ist doch alles klar:
Dieses ‘Herzigbuberl‘ aus der bespielten Ouvertüre ist
der Sohn von Daland, den er mit der Frau hat, die von ihm und der
Bevölkerung während der Ouvertüre verstoßen wird
Mama und Sohn
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele |
Das ‘Herzigbuberl‘
Bildquelle: Enrico Nawrath /
Bayreuther Festspiele
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- und die sich aus
dem Fenster stürzt …...und sich erhängt -….
Bildquelle: Enrico Nawrath / Bayreuther
Festspiele
(- tolle Leistung der Statistin,
da ins Leere zu springen – man erinnere sich an den Unfall in der Kölner
Oper, wo damals Wolfgang Anheisser angegurtet ins Leere stürzte und der
ganz Plafond mit runterkam. Das hätte hier auch passieren können -),
… der das Vaterhaus verlässt, der um ein Kap
segelt, der die Welt verflucht, der alle sieben Jahr an Land gehen darf,
damit er sich eine Frau suchen kann, die ihn erlöse.
Und jetzt kommts:
Frau Mary ist schon lange mit dem Daland zusammen, die erkennt sie
Zusammenhänge, weiß wer ‘der Holländer‘ ist – nämlich Sentas Halbbuder,
also ein Produkt aus einer früheren Beziehung von Daland, bevor sie –
Frau Mary - als Sentas Amme als deren Ersatzmutter in Dalands Haus kam.
Sie erschießt ihn, um zu verhindern, dass ‘der Holländer‘ und Senta ein
Paar werden und sich des Inzest schuldig machen. Man erinnere sich, sie
sang hier an dem Abend anfangs:
Das fehlte mir! –
Schon da ging ihr ein Licht auf.
●
Fazit:
Man fasst es nicht, was hier - an
den Haaren Herbeigezogenes, das Originalstück Verfälschendes - zu Lasten
des Steuerzahlers unter Nichtbeachtung des Bildungsauftrages fabriziert
wird.
Kommt nicht hier sehr wohl § 266 StGB zum Ansatz, bedenkt man auch:
http://www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_Hollaender_BT_Festspiele_2013.htm
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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