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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Kaspar Hauser

   

  ... am 30. April 1812 geboren

Im Januar 1833 reist Richard Wagner von Leipzig ab, "[...] um für einige Zeit meinen damals in Würzburg beim Theater angestellten ältesten Bruder Albert zu besuchen.[...]" Er kommt auch nach Bamberg und lernt dort die "[...] Geschichte von Caspar Hauser, der damals noch großes Aufsehen machte und welchen, wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, man mir persönlich zeigte, mit großem Interesse kennen. [...]" (ML Seite 81)

Martin Gregor-Dellin geht davon aus, dass RW Kaspar Hauser nicht kennen gelernt haben kann, da dieser zu dieser Zeit Schreiber in Ansbach war.
(Martin Gregor Dellin: Richard Wagner, Sein Leben, Sein Werk, Sein Jahrhundert, München, 1980, S. 96)

Ob RW sich irrte oder er tatsächlich direkten Kontakt hatte, lässt sich zwar nicht nachweisen, RW müsste aber doch bei diesem Besuch in Bamberg mit der Geschichte der Luise Freiin Geyer von Geyersberg, die später als Gräfin Hochberg geadelt und in zweiter Ehe mit Markgraf Karl von Baden verheiratet war, vertraut gewesen sein.
Diese ließ – den Forschungen nach – den am 29. September 1812 geborenen Erbprinzen von Baden verschwinden, um ihrem eigenen Sohn Leopold auf den Thron von Baden zu verhelfen.

1832 veröffentlichte der Jurist Paul Johannes Anselm von Feuerbach, Neubegründer der deutschen Strafrechtswissenschaft und Hauptverfasser des bayerischen Strafgesetzbuches, in Ansbach seine Schrift über 'Kaspar Hauser – Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen'.

Feuerbach, bayerischer Staatsrat und Präsident des Appellationsgerichts für den Rezatkreis Asbach, hat 1828 den ersten Kontakt zu dem Findling Kaspar Hauser, bemüht sich um Aufklärung des Falles und stellt die These auf "[...] Kaspar Hauser ist das eheliche Kind fürstlicher Eltern, welches hinweggeschafft worden ist, um Anderen, denen er im Wege stand, die Succesion zu eröffnen. [...]" und weiter "[...] das Kind, in dessen Person der nächste Erbe, oder der ganze Mannstamm seiner Familie erlöschen sollte, wurde heimlich beiseite geschafft, um nie wieder zu erscheinen. [...]"
(Anselm Ritter von Feuerbach: Kaspar Hauser, Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen, Ansbach, 1832)

Interessant ist die Geschichte des Kaspar Hauser als Entführtem in diesem Zusammenhang insofern, dass hier für RW – Feuerbachs Buch war ein Jahr vor RWs Reise nach Würzburg in Ansbach erschienen, also 1833 ihm bekannt – 1845 bei der Abfassung des Textes zum 'Lohengrin' die motivische Anregung bei der Schaffung der Figur der Ortrud aus der Gräfin Hochberg und der Entführung von Gottfried durch sie zu finden ist.

 

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Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
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Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
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Dieter Hansing
 

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