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Die mit dem Wiener Kongress einsetzende
Restaurierung der alten Staatsmodelle, die durch Zensur, Überwachung und
Bestrafung von Abweichlern erzwungen werden sollte, führte in den Jahren
von 1815 bis 1848 zum Rückzug der Bevölkerung in die innere Immigration.
Nur wenige wagten, sich zu artikulieren.
Georg Büchner verfasste im Untergrund mit wenigen Gefährten, einen
Aufruf, der deren politisches Wollen anhand des gesellschaftlichen Seins
der Kaufleute, Akademiker, Bankiers gegenüber der Situation der
Verarmten aller Schichten aufzeigen wollte.
Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die
Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt,
wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit
liest, wird durch meineidige Richter vielleicht
ge[str]aft. Darum haben die, welchen dies Blatt
zukommt, folgendes zu beobachten:
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1. Sie müssen das Blatt sorgfältig außerhalb
ihres Hauses vor
der Polizei verwahren;
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2. sie dürfen es nur an treue Freunde
mittheilen;
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3. denen, welchen sie nicht trauen, wie sich
selbst, dürfen sie es
nur heimlich hinlegen;
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4. würde das Blatt dennoch bei Einem
gefunden, der es gelesen
hat, so muß er
gestehen, daß er es eben dem Kreisrath habe
bringen wollen;
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5. wer das Blatt nicht gelesen hat, wenn man
es bei ihm findet, der
ist natürlich ohne
Schuld.
Friede den Hütten! Krieg den
Palästen!
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Georg Büchner und seine Mit-Autoren
heben in dem Papier auf die Genesis ab und fragen, ob Bauer
und Handwerker wohl mit den Tieren am Ende der Skala
geschaffen wurden, denn die Verhältnisse seien so in Hessen.
Angeprangert wird das Verhalten der Behörden im
Großherzogtum Hessen wie auch das des Großherzogs selber, so
dass eine Revolution notwendig sei. Hierzu wolle man die
Bürger aufrufen.
Am 1. August 1834 will Karl
Minnigerode 250 Exemplare des 'Landboten' nach Hessen
bringen.
Am Gießener Stadttor wird er verhaftet und ins Gefängnis
geworfen.
Büchner zieht sich auf Anordnung des
Vaters von Gießen ins elterliche Haus in Darmstadt zurück,
um dort seine medizinischen Studien zu beenden.
Unter anatomischen Tafeln versteckt, dem Zugriff des Vaters
so verborgen, liegt das Manuskript seines 'Danton',
der hier in wenigen Wochen hingeworfen, am 21. Februar 1835
über den Verleger Sauerländer an Gutzkow geht, der ihn in
seinem Phönix veröffentlicht.
Am 9. März 1835 entzieht sich Büchner dem Zugriff der
hessischen Behörden und geht in Weißenburg über die französische
Grenze.
Mitautor Friedrich Ludwig Weidig geriet ebenfalls in die
Kritik, druckte, wieder frei, vom 'Hessischen Landboten' im
November 1834 eine zweite Auflage, von ihm in eine liberale
Fassung gebracht, von der sich Büchner distanzierte.
Kurz darauf verhaftet, ins Gefängnis Friedberg geworfen, leidet Weidig
unter den Folterungen durch Richter Konrad Georgi.
Weidig starb am 23. Februar 1837 - nur vier Tage nach
Büchner's Tod am 19. Februar 1837 - durch Selbstmord im
Gefängnis Darmstadt.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing |
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