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04.01.2010 - dradio.de

 


    Theater Regensburg

  
  Bemerkungen eines Vollzahlers zum Einführungsvortrag
     von Christina Schmidt zu
   

  
 
Richard Wagner
   'Tristan und Isolde'

    
     Repertoirevorstellung 11. Oktober 2014

     'Lotte in Rengschburg'

 


Lotte de Beer
(Foto aus der Bildergalerie Theater Regensburg)

 


Das Theater Regensburg gibt bekannt:

 

Zitat

Tristan und Isolde

Handlung in drei Aufzügen von Richard Wagner (1813–1883) | Text vom Komponisten

Theater am Bismarckplatz

Musikalische Leitung Tetsuro Ban
Inszenierung Lotte de Beer
Bühne und Kostüme Clement & Sanôu
Lichtdesign Clement & Sanôu
Choreinstudierung Alistair Lilley
Licht Martin Stevens
 


 

IIsolde ist König Marke zur Frau versprochen. Doch sie ist dem Brautwerber Tristan in schicksalhafter Liebe verbunden. Die Konflikte dieser Dreiecksgeschichte verlegte Richard Wagner tief in das Innere der Figuren und setzte mit diesem Werk seiner unglücklichen Liebe zu Mathilde, der Ehefrau seines Gönners Otto Wesendonck, ein künstlerisches Denkmal.
»Tristan und Isolde« galt wegen der hohen musikalischen Anforderungen seinerzeit als unaufführbar. Nach 77 Proben wurde die Uraufführung 1863 in Wien abgesagt und erfolgte erst zwei Jahre später am 10. Juni 1865 am Münchner Hof- und Nationaltheater.
In der dicht gewebten Partitur sind Liebessehnsucht und Todesverlangen musikalisch untrennbar miteinander verknüpft.


Einführungsveranstaltungen

Matinée | Sonntag, 14.09.2014 | 11:45 Uhr | Theater am Bismarkplatz | Eintritt frei

Einführungen | vor jeder Vorstellung | jeweils um 16:30 | Foyer Neuhaussaal | Eintritt frei


Besetzung

Tristan Mikhail Gubsky
König Marke Mario Klein / Jongmin Yoon
Isolde Dara Hobbs / Jane Irwin
Kurwenal Adam Krużel
Melot Matthias Wölbitsch
Brangäne Vera Egorova
Ein Hirt Matthias Ziegler
Ein Steuermann Mert Öztaner
Stimme eines jungen Seemanns Cameron Becker

Opernchor
Philharmonisches Orchester Regensburg

Zitatende



 

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In Regensburg orientiert man sich dort, wo man schon mal war - man engagiert Gäste, die man auch aus dem ehemaligen Zonenrandgebiet kennt.

Braunschweig ist also wieder mal dabei.
Die Herrschaften, die jetzt den 'Tristan' in Regensburg in Szene setzen, versuchten kürzlich dort kürzlich 'Cosi' an den Mann und die Frau zu bringen - unter dem Motto:

'Fasching in Braunschweiger Schrebergartenkolonie'

 

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Regisseurin Kim und der federführende Dramaturg als damaliger Operndirektor des Braunschweiger Staatstheaters äußerten sich im Programmheft zum dortigen Tristan - zusammengefasst - wie folgt:

Tristan sei 'von den Themen und der Musik' ein 'sehr komplexes', [...] 'ein singuläres Musiktheaterwerk. Die 'Auseinandersetzung mit ihm' sei 'eine Annäherung an den Kosmos'.

Wagner habe 'aus persönlichen Erfahrungen und der Auseinandersetzung mit Schopenhauer' im Tristan die Utopie von der ewigen Liebe beschrieben, die auf der Welt nicht in Realität umgesetzt werden könne.

Im Gegensatz zu Gottfried von Straßburg, bei dem Tristan und Isolde nicht absichtlich den Liebestrank kosten, gebe es bei Wagner den Todestrank, der hinzugefügt, das Paar in eine Stimmung versetzte, die sie loslöse von 'äußeren Zwängen und Selbsttäuschungen', da sie sich ja an der Schwelle des Todes wähnen.

Wagner sei es 'in seinen Opern zumeist um die Gleichberechtigung von Text, Musik und szenischer Umsetzung' gegangen.
Daher müssen 'die szenischen Ausdrucksmittel' der Sprache und Musik im Tristan entsprechen.

Das politische Potential im Tristan sei von so 'ungeheuerer und so subversiver Natur, dass man es keineswegs auf irgendeinen äußerlichen politischen Kontext reduzieren' dürfe. 'Austauschbare und schnelllebige Aktualitäten der Tagespolitik, die heute brandaktuell, aber morgen schon veraltet sind,' hätten 'hier keine Aussagekraft.'

Die politische Dimension von Wagners Tristan liege in seinem Liebeskonzept, 'das die Liebe als Triebkraft auffasst, die alles außer Kraft setzt, was sich ihr entgegenstellt.'

Am Ende würden die Liebenden 'von der bestehenden Weltordnung, die König Marke und damit die ehe vertreten, eingeholt.'

 
 


Das Publikum konnte das im Programmheft Dargelegte im Endeffekt nicht nachvollziehen, da gerade Text und Szene auseinander liefen.

Siehe daher:
Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_
im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm


 

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Dass Richard Wagner selber über seine Kompositionsfähigkeiten beim 'Tristan' erstaunt war und dies Mathilde Wesendonck im April 1859 brieflich:

'Kind! Dieser 'Tristan' wird was Furchtbares!
Ich fürchte, die Oper wird verboten - falls durch schlechte Aufführung nicht das Ganze parodiert wird'
-

mitteilte, dürfte hinlänglich bekannt sein, Christina Schmidt meinte, dies den Regensburgern nochmals mitteilen zu müssen.


Was hier polemisch und übertrieben klinge mache deutlich, dass er ziemlich genau wusste, musikalisches wie auch theatralisches Neuland betreten und einen Schlusspunkt unter hundert Jahre Opernschaffen gesetzt zu haben.

Mit seinem 'Tristan' habe er die Möglichkeiten der Wiedergabe von Werken überschritten. Wien konnte nach 77 Proben die Uraufführung nur absagen - die Sänger, das Orchester an die Musik nicht gewöhnt, verweigerten sich.
Erst im Juni 1865 wurde das Werk zum ersten Mal in München gegeben.

Diese verrückte Liebe, diese 'amour fou', von Tristan und Isolde könne in dieser Welt nicht existieren, schon die Entwicklung der Verbindung der beiden Menschen in der Vorgeschichte zeige dies auf.

Christina Schmidt, die die Produktion betreuende Musikdramaturgin, geht dann soweit, zu behaupten, dass die Sache mit dem Liebesrank, den Brangäne Isolde, statt dem von ihr geforderten Todestrank reiche, eine Nebensächlichkeit sei, der Trank könne ein Plazebo sein, so große sei die Liebe der beiden.

Dass Tristan vorher bemerkt, die Sitte habe ihm verboten, Isolde in seiner Liebe zu ihr näher zu treten, verschweigt Christina Schmidt.
Dass eben dieser Trank, dann alle Hemmungen und weiteren Rücksichtsnahmen auslöscht, dass auch das Trinken des Sühnetranks mit einem besonderen musikalischen Effekt Richard Wagners begleitet und somit betont wird, scheint der aus Steuergeldern monatlich bezahlten Mitarbeiterin dieser Anstalt öffentlichen Rechts entgangen zu sein.

Die Liebe der beiden zueinander sei so groß, dass es egal sei, was sie tränken - verkündete Christina Schmidt.

Marke zeige 'unheimliche Größe'. Er sehe das Besondere in der Beziehung der beiden und wolle Isolde für Tristan freigeben, fände aber nur noch den toten Freund an.

Der große Abgesang der Isolde, der Liebestod, sei - nach Christina Schmidt - die falsche Bezeichnung, sie bringe sich ja nicht um, sie lege ja nicht Hand an sich.
 

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Lotte de Beer habe, als Meisterschülerin von Peter Konwitschny, in Regensburg zum ersten Mal 'Tristan und Isolde' inszeniert und sich hierfür ein Konzept überlegt, dass gerade, wenn man in dem Werk so viel von Gegensätzen die Rede sei, wie Tod und Leben, Licht und Dunkelheit, Tages- und Nachtmetaphern, sie die Geschichte aus einer Art von Retrospektive erzählen wolle, da doch Tristan und Isolde schon im Vorspiel quasi fast hinübergegangen seien und sich somit im letzten Loslassen vom Leben befänden und die ganze Geschichte wie eine Art Nah-Toderfahrung vorbeiziehe, dass sie sich selbst beobachteten, auf sich selber schauten. Daher seien die Rollen von Tristan und Isolde gedoubelt, Schauspieler befänden sich in einem Kubus mit Spiegeln, die die Handlung zum Teil wiedergäben.
So zeige sie die Geschichte in realen Bildern wie auch in abstrakten Darstellungen, die für eine Gefühlsverfassung stünden, Innenräume würden mit Außenräumen vertauscht.

Mit großem 'Abstraktionsvermögen' sei im ersten Akt eine Plattform als ein Schiff zu erkennen.
Leider wird nicht darauf hingewiesen, dass auch bei den folgenden beiden Aufzügen das Standardbühnenbild mit dem Ponton und dem darauf befindlichen Kubus - einer Art von Terrarium, mal sind großen Steine, mal Baustämme in diesem angeordnet, auf denen sich die Doubles wie Lemuren bewegen, und der sich in Permanenz mal links, mal rechts herum dreht - erhalten bleibt.

Jeweils zum Ende jedes Aufzuges werde die Intimität durchbrochen, als die Außenwelt störend - angesichts der großen Liebe der beiden zueinander - eindringe, ob als Freund oder Feind sich zeigten - und deutlich mache, was diese Liebe für die Umwelt der beiden hervorrufe, um dann wieder zu versinken.
 

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Fazit:
Das Vorgetragene gehört in das Programmheft, damit der Interessierte - und nur der kauft das Heft - sich informieren und die Einführung vergleichen kann, mit dem, was er auf der Bühne sieht.
Ohne diese Ausführungen sieht er die sich drehende Bühne und fragt sich, wie denn das Schiff unter diesen Umständen der ständigen Rotation um sich selbst, jemals das Ziel 'Kornwall's grünen Strand' erreiche könne.
Und das passiert nun einer Frau, die aus einer der größten Seefahrernationen stammt.
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing