Damals in Regensburg

24.02.2005 

 
      24.02.05      
 

Im kultuRklub 2010 - Sebastian Knorr

 

800 000 Meilen Architektur

 
 

Wie oben dargestellt, wurde Sebastian Knorr vom Projektbüro 2010 präsentiert. Und wer in Regensburg etwas auf sich hält, ist donnerstags im kultuRklub - wie jetzt bei Sebastian Knorr, um zu sehen und zu hören, wie ein Hiesiger sich in der Welt der Architektur etabliert hat. Für Singapur, Taiwan, aber auch Duisburg oder Dresden plant und baut er. Mutig seine Entwürfe, eher in Amerika oder Asien realisierbar - denn im vorsichtigen, fast ängstlichen Europa. Und doch entstand auch in Deutschland mal eine Kongresshalle oder die Philharmonie als ein damals futuristisches Objekt. Heute aus Berlin nicht mehr wegzudenken. Oder das Olympiastadion, die Banktürme oder das BMW-Gebäude in München.
Interessant wie Sebastian Knorr auch mit Materialien 'spielt', sie klimabezogen einsetzt oder Baukörper den örtlichen Gegebenheiten nachempfindet, dann in abgewandelter Form 'nachbaut'.
Ein interessanter, aufschlussreicher Abend.

Was wird nur mit dem kultuRklub 2010, sollte Regensburg mit seiner Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt 2010 scheitern? Der Vertrag mit Lindinger und Schmid läuft nur bis zum 11.3. - dann müsse neu verhandelt werden, meldete der Bund Regensburg als eine der zwei Kommunen nach Brüssel?
War einmal von vier Städten die Rede, über die BRU den Stab brechen müsse, soll jetzt die Vor-Entscheidung in Deutschland getroffen werden und es solle nicht den europäischen Behörden angelastet sein, wer nun Kulturhauptstadt Europas sein soll.

Der Jury, die Regensburg als letzte Stadt begutachtete, musste reiner Wein eingeschenkt werden. Sie musste erläutert bekommen, dass Regensburg in Bezug auf Kultur Defizite hat, die auch nicht in fünf Jahren auszugleichen sind. Vergleiche mit den Mitbewerberinnen Ruhrgebiet oder Bremen sind hier schon völlig unangebracht. Welche Fläche von Duisburg bis Dortmund, wie viele Konzertsäle, Theater, Museen in diesem großen Gebiet.
Oder der Stadtstaat Bremen. Was für eine Theatertradition in dieser Hansestadt mit dem Appendix Bremerhaven. Hier war Kurt Hübner Theaterintendant. Er holte Peter Zadek, Wilfried Minks, Peter Stein, Hans Neuenfels, Johannes Schaaf, Götz Friedrich nach Bremen und baute im Schauspiel ein Ensemble auf mit Edith Clever, Hannelore Hoger, Jutta Lampe, Rosel Zech, Traugott Buhre, Bruno Ganz, Peter Hallwachs, Michael König.

Regensburg schlief am Rande der 'Zone' und im tschechischen Grenzgebieter vor sich hin. Für die meisten westlichen Bundesrepublikaner war Deutschland nach Osten an der Autobahn Nürnberg - München zu Ende. Wer wusste in Köln oder Frankfurt etwas von Cham, Amberg oder auch von Regensburg.
Erst 15 Jahre ist es her, dass die Grenzen aufgingen, es keine Transitstrecke mehr gibt und man ungehindert von Nürnberg nach Berlin oder über die neue Autobahn von Regensburg nach Chemnitz oder Dresden fahren kann.

Nur ist in den letzten 10 Jahren der Regentschaft Schaidinger im kulturellen Bereich kaum etwas geschehen, so dass, als sich die Stadt die Bewerbung Kulturhauptstadt Europas 2010 überstülpte, kaum Inhalte in kultureller Hinsicht vorhanden waren.

Das Stadttheater seit 1988 unter der Leitung einer Intendantin von Everdings Gnaden. Sie hatte allerdings noch ein Gespür für das Musiktheater, kam sie selber aus dem Service-Bereich der Münchener Staatsoper, bei einem Vater, der dort Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros war.
Seit 2002 ist ein Theaterdirektor zu Gange, der von Coburg über die Provinz Pforzheim nach Regensburg kam und auch von dort noch Ensemblemitglieder mitbrachte. So blieb es beim Niveau dieser Baden-Württembergischen Kleinstadt. Keine herausragenden einfallsreichen Abende - wobei die des Theaterdirektors eigenen Inszenierungen noch die am wenigsten geglückten sind, siehe Mahagonny, Fidelio, Don Carlos - und der geht ja nun, wohin? - nach Pforzheim mit Bühnenbild und Inszenierung.
Von da kommt auch der Dirigent des 'Mefistofele'. Jari Hämäläinen ist in Pforzheim Operndirektor - einen richtigen Intendanten leistet sich die Stadt schon gar nicht mehr, nachdem sie mit dem letzten so auf den Bauch gefallen ist und ihn nach wenigen Wochen abservierte.
Sicherlich ist der Etat des Theaters Regensburg zu niedrig angesetzt, aber es liegt vornehmlich an der Leitung des Hauses und an der Stimmung im Ensemble. Absagen durch Krankmeldungen sind immer ein bedenkliches Zeichen und spiegeln die Lage des 'Unternehmens Theater' wieder. Kommen dann noch Ausfälle wegen Stimmschäden hinzu, muss Alarm geschlagen werden. Die Schwierigkeiten der beiden Haustenöre - beide von Pforzheim nach Regensburg geholt - zeichneten sich dort bereits ab. Aber man umgibt sich natürlich gern mit willfährigen Leuten. Wie jetzt auch wieder mit dem Dirigenten für 'Mefistofele' oder den vorher schon geholten 1. Kapellmeister - auch natürlich aus Pforzheim. Fast ein Jahr hat es gedauert, dass sich Orchester, Oberbürgermeister und Intendant auf einen neuen Generalmusikdirektor einigten.
Interessant in dem Zusammenhang, dass noch im Bürgerbuch der Bewerbung 2010 - Redaktionsschluss 30. November 2004, verteilt das Buch seit 2.2.05 - der GMD mit Guido-Johannes Rumstadt angegeben wird, obwohl der schon seit Juli 2004 nicht mehr im Amt war.
Hat das Büro 2010 hier geschlafen oder bewusst der Jury und der Bevölkerung etwas vorgemacht?
Auf Befragen teilte das Büro 2010 mit, man habe sich beim Erstellen des Ergänzungsbandes zur Bewerbung auf die Aussagen der jeweiligen Institutionen verlassen. Und beim Querlesen merkt keiner, auch kein Kulturreferent, dass hier etwas Entscheidendes falsch ist?
Nebenbei: Herr Unger bleibt Kulturreferent. Heute, am 24.2.05, stimmten von 46 Stadträten 28 für ihn, 14 Stimmen waren ungültig.
Man mache sich seinen Reim darauf.

Eines muss dem Projektbüro 2010 zugestanden werden, sie versuchen, Aufmerksamkeit zu erregen. Schlingensief, von Lindinger und Schmid engagiert - plantscht, um Schaum zu schlagen, der das eigene Unvermögen verdecken soll oder von Helikoptern werden Würstchen, Brezen und Senf auf die Bevölkerung der Mit-Bewerberstädte herabgelassen.
"Die Hauptsache ist der Effekt" - ob's auf das Bekehren der Jury in Bezug auf Regensburg als Kulturhauptstadt Europas 2010 Einfluss haben kann, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Viel gebracht hat allen, die da waren, der Abend mit Sebastian Knorr. Und dass Lindinger und Schmid ihn einluden, dafür sei Ihnen gedankt, aber sie verstehen eben "... die feine Kunst, aus nichts etwas zu machen ...", was nicht auf den global player Sebastian Knorr aus Regensburg bezogen ist.
Der kann, was er tut.

DH


   Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
          Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und
          Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus
          dem freien Verkauf verstehe ich diese
             Besprechungen und Kommentare nicht als
             Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis
             auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder
            Misslungenes.
               Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.
               Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach
           Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.
           
Dieter Hansing