Announcement
Theater
Regensburg
Oper in drei Akten (fünfzehn Szenen)
Dichtung von Georg Büchner
Musik von Alban Berg (1885-1935)
Musikalische Leitung: Raoul Grüneis
Inszenierung: Olaf Schmidt
Bühne und Kostüme: Karin Fritz
Fotos: Theater Regensburg

„Es sei ihm nicht im Schlaf eingefallen, mit der Komposition des ‚Wozzeck‘ die Kunstform der Oper reformieren zu wollen“, sagte Alban Berg. Rückblickend hat er sogar viel mehr getan. Er stieß weit vor in musikalisches Neuland, weit hinaus über die Grenzen der Zwölftonmusik der Neuen Wiener Schule und verhalf ihr auf diese Weise zum Durchbruch. Er hat die Musik verändert, hat der neuen Musik seiner Zeit ihr sichtbarstes und bewegendstes Zeichen gesetzt. Berg schuf aus den 23 Szenen, die ihm vorlagen, eine Oper von drei geschlossenen Akten zu je fünf Bildern. Diesem äußeren Formbewusstsein entspricht auch die musikalische Architektur, die auf der Anwendung alter Formen wie Fuge, Suite- und Sonatensätzen und Passacaglia beruht.
Die Tragödie von „Woyzeck“ verfasste Georg Büchner nach den gerichtsmedizinischen Gutachten des Arztes Johann Clarus über die Zurechnungsfähigkeit des Mörders Woyzeck. Büchner, der selbst auch studierter Mediziner war, war von den Fragen, die dieser Fall aufwarf, so fasziniert, dass er sie in seinem Schauspiel verarbeitete: Was ist der Mensch? Nur Leib? Was an ihm ist unsterblich? Büchner erzählt die Geschichte des einfachen Soldaten Woyzeck, der von seinem Vorgesetzten entwürdigt und vom Doktor als Versuchsobjekt für menschenverachtende Experimente missbraucht wird. Seine Wahnvorstellungen nehmen, verstärkt durch die sexuelle Untreue seiner Marie, immer verstörendere Formen an, bis er schließlich Marie im Wahn tötet. Von dem Augenblick an, in dem die Szenen immer stummer werden, die Worte kaum mehr zum Gespräch führen, hier, wo die Sprache nichts mehr trägt als die Einsamkeit der Figuren, hier zeigt sich in der Oper „Wozzeck“ Alban Bergs geniale Entsprechung zum Dichter Büchner vollkommen.
Besetzung |
|
|
|
Wozzeck |
Martin-Jan Nijhof |
|
|
Tambourmajor |
Markus Ahme |
|
|
Andres |
Michael Berner |
|
|
Hauptmann |
Jung-Hwan Choi |
|
|
Doktor |
Sung-Heon Ha |
|
|
1. Handwerksbursch |
Adam Kruzel |
|
|
2. Handwerksbursch |
Seymur Karimov |
|
|
Narr |
NN |
|
|
Marie |
Maida Hundeling |
|
|
Margret |
Anna Peshes |
|
|
Mariens Knabe |
NN |
|
|
Ein Soldat |
NN |
|
|
Ballettensemble |
|
|
|
Übernommen am 21.7.2008 von
Besetzung
|
|
|
|
Wozzeck |
Martin-Jan Nijhof |
|
|
Tambourmajor |
Markus Ahme |
|
|
Andres |
Jung-Hwan Choi |
|
|
Hauptmann |
Michael Berner |
|
|
Doktor |
Sung-Heon Ha |
|
|
1. Handwerksbursch |
Seymur Karimov |
|
|
2. Handwerksbursch |
Adam Kruzel |
|
|
Narr |
Christian Schossig |
|
|
Marie |
Maida Hundeling |
|
|
Margret |
Anna Peshes |
|
|
Mariens Knabe |
Ayumi Noblet |
|
|
Ein Soldat |
Jong-Il Park |
|
|
Ballettensemble |
|
Übernommen am 2.1.2009
|
|

Zu den
wichtigsten
Vertretern der
politischen
Dichtung zeigte
sich das 'Junge
Deutschland' in
der Zeit von
1830 bis 1850
innerhalb des
Biedermeier von
1820 bis 1850
mit Georg
Büchner,
Ferdinand
Freilichgrath,
Christian
Dietrich Grabbe,
Heinrich Heine,
Georg Herwegh
und Heinrich
Laube.
Die Ableben von
Goethe 1832,
Hegels 1831 und
Schleiermachers
1834 zeigten
auch nach Außen
das Ende des
klassischen-romantischen
Zeitalters. Die
nachfolgende
Epoche, das
‘Biedermeier’
war durch die
Veröffentlichung
von Eichrodts
Gedichten unter
dem Titel
‘Biedermeiers
Liederlust’ 1865
zunächst als
Parodie
entstanden,
verfestigte sich
aber und wurde
zum Kennzeichen
einer Epoche,
die in der
Veröffentlichung
von Max von
Boehm
‘Biedermeier,
Deutschland von
1815 bis 1847’
beschrieben
wurde.
War in der
Klassik der Hof
der Mittelpunkt
kulturellen
Lebens, so war
es in der
Romatik der
Adel, dann aber
im Biedermeier
das Bürgertum.
Adlige wie
Nikolaus Lenau -
eigentlich
Nikolaus Franz
Niembsch, Edler
von Strehlenau -
oder Friedrich Halm
- eigentlich
Eligius Franz
Joseph Freiherr
von
Münch-Bellinghausen und Anastasius
Grün -
eigentlich Anton
Alexander Graf Auersberg -
nahmen die
Erwähnten
bürgerliche
Namen an, um
eine Verbindung
aus dem
Adelsstand zum
Bürgertum zu
dokumentieren.
Ausgeschlossen
von der
Teilnahme am
politischen
Wirken, müde der
Kriege,
enttäuscht von
den politischen
Entwicklungen im
Rahmen der
Restauration,
damit
Ferngehalten vom
politischen
Wirken, zogen
sich die Bürger
in der
Biedermeier-Zeit
auf eine
schlichte,
genügsame
Lebensweise und
Kultur ins
Privatleben
zurück,
akzeptierten
Familie,
Religion, Staat
und bezeichneten
es als Heimat.
Der sittlich
Reine wurde
bevorzugt.
Dem Staat
gegenüber, wenn
er denn ein
sittliches mit
geordneten
Rechtsformen
bestehendes
Gebilde war,
galt es sich
gemäß Friedrich
Hegel zu beugen
und für ihn zu
arbeiten war
Verpflichtung.
Vertreten wurde
diese Haltung
von den so
genannten
Rechtshegelianern
- während die
Linkshegelianer
den
Jungdeutschen
Ideen sich
zuwandten.
Die sog.
Historische
Schule - auf
Savigny
aufbauend - und
von Leopold von
Ranke als
wissenschaftlich
maßgebliche
Richtung
gefördert,
unterstützte
eine Verehrung
historischer
Gegebenheiten
und
Überlieferungen,
förderte ein
starkes
Traditionsbewusstsein
und konservative
Einstellung.
Dieser Art
spätromantische
Nachklänge
aufzufangen und
abzuschwächen,
zeigte Immermann
1836 das
Epigonentum auf.
Liberale Kräfte
führten so zur
Straffung der
biedermeierlichen
Dichtung, wie
sie im Spätwerk
von Stifter,
Grillparzer und
Mörike erkennbar
ist.
Hatte die
Romantik die
Realität des
Lebens nicht
bemerken wollen
bzw.
geflissentlich
übersehen,
lehnten die
Jungdeutschen
jeden Idealismus
ab und wandten
sich
fortschrittlichen
Gedanken zu, so
versuchte das
Biedermeier eine
Synthese, eine
Realidealismus.
Idelae sollten
bewahrt werden,
Gegensätze zur
Wirklichkeit
aber mussten als
stark empfunden
wahrgenommen
werden. So
gelang eine
Harmonisierung
von Ideal und
Realität nur
oberflächlich
und kurzzeitig.
Es galt
Bändigung der
Leidenschaften,
Verzicht auf das
große Erleben,
das gewünschte
Sichausleben der
Jungdeutschen
musste
unterbleiben.
Dafür innerer
Frieden,
Ordnung,
Zurückstellen
persönlichen
Glücks.
Es herrschten
Angst vor der
Durchführung
einer Tat, es
dominiert
Unterordnung,
Suche nach dem
Weg des
geringsten
Widerstandes,
Pflichterfüllung,
Genügsamkeit,
Fleiß. Erfüllung
der Aufgaben
nicht um des
Gewinnes willen,
sondern um der
Aufgabe selber.
Der Dichter der
Biedermeier-Zeit
neigte oft zur
Schwermut,
Verzweiflung,
Hypochondrie.
Lenau starb im
Wahnsinn,
Raimund und
Stifter durch
Selbstmord,
Möricke und
Grillparzer
waren
verbittert, die
Droste litt ihr
Leben lang unter
Krankheiten.
Anfang der 30er
Jahre begann das
Sichauseinadersetzen
mit den
Gegebenheiten,
mit den
Realitäten des
Lebens. Die
Julirevolution
von 1830 trug zu
dieser Stimmung
bei.
Hatten die
Karlsbader
Beschlüsse von
1819 und die
Wiener
Schlussakte von
1820 die
Romantik, diese
von 1798 bis
1835,
beeinflusst, so
waren jetzt
bereits klare
Vorgaben
bezüglich Zensur
von z.B.
Schriften und
Vorlesungen
durch die
Obrigkeit
veranlasst.
So wurde die
Liberalisierung
der Jung
Deutschen
ausgebremst
durch den
Beschluss des
Bundestags in
Frankfurt am
Main vom
10.12.1835,
wonach die
Verbreitung der
Schriften von
Gutzkow, Heine,
Wienbarg, Mundt
und Laube wegen
antichristlicher,
gotteslästerlicher
Tendenzen zu
verbieten seien.
Gutzkows ‘Wally,
die Zweiflerin’
wurde aus dem
Verkauf gezogen.
Neben den
Genannten
zeigten sich die
Schriftsteller
wie Büchner,
Grün, Herwegh,
Freiligrath
unter dem
Einfluss des
Junghegelianismus,
zusätzlich aus
dem eigenen Exil
- meist der
Schweiz - heraus
als politisch
Ausgegrenzte.
Sie hofften, die
Julirevolution
von 1830 werde
das Radikale in
den deutschen
Staaten beenden
und einem dem
Liberalismus -
ähnlichen dem
Französischen -
gefördert durch
die Verbindung
des Rheinbundes
an Frankreich,
Platz schaffen.
Territoriale
Einheit und
verfassungsmäßige
Freiheit waren
die Ziele. Waren
die nicht
vorhanden,
müssten sie
geschaffen
werden. (Hegel)
Individual- und
Sozialethik
müsse auf
Vernunft und
Natur gegründet
werden, damit
Emanzipation des
Individuums, des
Weibes, des
Fleisches.
Feuerbach, die
damals
einflussreichster
Persönlichkeit
der
Junghegelianer,
erweiterte die
Hegel’sche
Philosophie.
Für Hegel war
die Natur noch
'das Anderssein
des Geistes',
für Feuerbach
wurde sie 'der
Grund des
Geistes'.
Feuerbach rückte
die Natur an die
Stelle Gottes,
er setzte das
Wissen und die
Vernunft an die
Stelle des
Glaubens. Für
ihn war es
Heuchelei, am
kirchlichen
Dogma
festzuhalten,
das wissenschaftlichen
und politischen
Überzeugungen
widerspreche.
Gott und die
Religionen seien
nur
Wunschbilder.
Strauß
bezeichnete
einen großen
Teil des
christlichen
Dogmas als
Mythus und
Allegorie.
Abgelehnt wurden
Kirche und Adel,
somit die
sozialen und
nationalen
Schranken.
Gedanken und
Vorhaben, die
durch gedruckte
Publikationen in
Form von Dramen,
Romanen,
Novellen in die
Bevölkerung
getragen werden
sollten.
Die Presse
wandelte sich
vom berichtenden
in ein
meinungsbildendes
Organ, hierbei
wurde der
Berichterstatter
zum
Schriftsteller
mit
künstlerischen
Ambitionen -
politische und
künstlerische
Tendenzen
verschmolzen.
Die
Jungdeutschen
wollten eine
neue Epoche
einleiten, sie
verurteilten
alles
Vorhergewesene,
selbst Heine mit
seiner als
‘Kunstperiode’
bezeichneten
Goethezeit. Für
sie war Kritik
an politischen
und sozialen
Vorgängen die
entscheidende
Aufgabe und für
sie standen die
Dichter nicht
mehr allein im
Dienst der
Musen, sondern
besonders im
Dienste des
Vaterlandes,
allen mächtigen
Zeitbestrebungen
seinen sie
Verwandte. die
Kunst könne
nicht die Natur,
den Menschen in
seinem sozialen
Umfeld vergessen
machen, sondern
müsse das Leben
mit all seinen
Licht- und
Schattenseiten
der Bevölkerung
nahe bringen.
Hilfreich für
die Verbreitung
der Gedanken
waren die
Reisebriefe wie
auch die dann
aufkommenden
Fortsetzungsfolgen,
abgedruckt in
Tages- oder
Wochen-Zeitungen
oder
Zeitschriften.
|
|

1831
immatrikulierte
sich Büchner in
Straßburg als
Student der
Medizin. Neben
dem Fachstudium
war er auch
Mitglied der
Burschenschaft
'Eugenia', in
der auch die
politische
Situation in
Frankreich und
im nahen
Deutschland
diskutiert
wurde. Neben
dieser
studentischen
Einrichtung
stand auch das
Haus des
Advokaten und
Literaturhistorikers
Daniel
Ehrenfried
Stoeber
politischen
Emigranten und
oppositionellen
Schriftstellern
offen. Im
Dezember 1831
erlebte Büchner
in Straßburg die
lebhafte
politische
Atmosphäre
Frankreichs
kennen, als drei
Generäle am
Putsch gegen den
Zarismus in
Polen beteiligte
nach Straßburg
kamen und von
der Bevölkerung
stürmisch
begrüßt wurden,
die mit den
Polen
sympathisierte.
Büchner nahm
sehr wohl die
Ablehnung des
'Bürgerkönigs'
Louis-Philippe
aus der
Juli-Monarchie
zur Kenntnis. Er
fürchtete, dass
Russland nach
der
Niederschlagung
des
Polen-Aufstandes
seine Truppen
mit Billigung
der deutschen
Regierungen bis
nach Frankreich
ziehen lassen
könnte und er
war in seiner
radikalrepublikanischen
Stimmung bereit,
für die
Freiheitsbewegung
zu kämpfen. Mit
Blick auf die
sozialen und
politischen
Umstände in
Deutschland
meinte er: Gott
möge dann dem
Adel und Klerus
und 'den
allerdurchlauchtigsten
und gesalbten
Schaafsköpfen
gnädig seyn.'
(Hauschild -
Büchner
Briefwechsel,
1994)
Seine
literarischen
Ambitionen waren
zu dieser Zeit
gering. als in
Darmstadt ein
'Musenalmanach'
veröffentlicht
wurde, trat er
nur als
Vermittler
zwischen den
Straßburger und
Darmstädter
Nachwuchspoeten
auf. Er
lehnte die
schwäbische
Dichterschule
von Schwab und
Uhland ab, die
sich
romantisierend
stets
rückwärtsgewandt
äußerte.
Grundsätzlich
war im die
nasskalte
Atmosphäre im
restaurativen
politischen
Deutschland
zuwider
geworden, er
sympathisierte
mit der
Gewitterluft im
politisch
bewegten
Frankreich.
Nach dem
Aufstand in
Frankfurt im
April 1833, der
als Anfang einer
Revolution
geplant war,
allerdings an
der Passivität
der Bevölkerung
scheiterte,
teilte Büchner
seinen Eltern
nach Darmstadt
mit, er erkläre
sich mit den
Revolutionären
solidarisch und
eine Opposition
gegen die
staatliche
Repression der
feudalen Ordnung
bei den
bekannten
sozialen
Missständen als
legitim.
Er widmete sich
philosophischer
Lektüre und
kritisierte
deren abgehobene
Ausgrenzungssprache
und er meinte,
für menschliche
Dinge, müsse man
auch menschliche
Ausdrücke
finden.
Dies setzte er
dann in seinem
Woyzeck um, die
menschlichen
Dinge, das
Mitgefühl mit
dem geschundenen
Volk in seiner
Abhängigkeit von
Vorgesetzten und
Obrigkeiten.
|
|

Im Jahr 1914
sah Alban Berg
in Wien
Büchner’s
Wozzeck, der
1879
in einer
Buchausgabe als
'Sämtliche Werke
und
handschriftlicher Nachlaß'
erschien .
Die
textliche
Straffung von 26
auf nur mehr 15
Szenen in drei
Akten nach dem
typischen
Dramenschema:
‘Exposition’,
‘Peripetie’ und
‘Katastrophe’
wie die
Vertonung der
Worte über den
armen Soldaten Wozzeck, der in
seiner
sentimentalen
Dummheit von
Fremden wie
seinen
Vorgesetzten
drangsaliert,
von seiner
Geliebten
betrogen wird,
nahm Berg selber
vor.
Die Arbeit zog
sich bedingt
durch den Ersten
Weltkrieg über
Jahre hin und
wurde erst 1917
kontinuierlich
verfolgt. Im
April 1922 war
die Komposition
mit der
Instrumentierung
abgeschlossen.
Bei der
Uraufführung in
Berlin am 14.
Dezember 1925
habe es
Faustkämpfe
gegeben,
Wortgefechte
zwischen den
Logen und dem
Parkett,
Gelächter,
Zischen, Pfiffe
während der
Vorstellung und
es habe lange so
ausgesehen, als
würden die
Gegner des
Werkes die
wenigen Anhänger
des Komponisten
überwältigen.
Die
Auseinandersetzungen
hätten noch
wochenlang bei
Aufführungen und
in den Zeitungen
angehalten.
Hohes Lob gegen
hasserfüllte,
hysterische
Verdammung.
Am 11. November
1926 erfolgte
die erste
Aufführung in
tschechischer
Sprache am
Nationaltheater
in Prag. Den
ersten beiden
Vorstellungen
war ein großer
Erfolg
beschieden, die
dritte wurde an
den
Piano-Stellen
massiv durch
Sirenen und
Trillerpfeifen
gestört, dass
sie nach dem
zweiten Akt
abgebrochen und
das Haus von der
Polizei geräumt
werden musste.
Weitere
Wiederholungen
des Werkes
wurden aus
Sicherheitsgründen
verboten -
tschechische
Nationale und
Klerikale hatten
ihr Ziel
erreicht.
(nach Reich)
Ausschlaggebend
für die
Akzeptanz des
Wozzeck durch
das Publikum war
die Aufführung
in Oldenburg in
Oldenburg -
heute
Niedersächsisches
Staatstheater.
Hier konnte der
Nachweis geführt
werden, dass
auch ein kleines
Theater sich mit
diesem Werk bis
zur Aufführung,
ohne
außerordentliche
Aufregungen
beschäftigen
kann.
Der politische
Umsturz in
Deutschland im
Jahr 1933 führte
für Berg zu
einer
Verschlechterung
seiner
wirtschaftlichen
Situation, da
seine Werke in
Deutschland
nicht mehr
aufgeführt
werden durften,
somit keine
Tantièmen mehr
gezahlt wurden.
Er steigerte
sein
Arbeitstempo, um
die ‘Lulu’ so
schnell wie
möglich
fertigzustellen,
was am 6. Mai
1934 der Fall
war. Furtwängler
lehnte die
Uraufführung für
Berlin ab,
obwohl Berg
Arier und
Deutscher war,
aber die ganze
Schönberg-Schule
galt bei den
Nationalsozialisten
als ‘entartet.’
Immerhin durfte
die ‘Lulu-Suite’
am 30. November
1934 in einem
Konzert in der
Lindenoper zum
ersten mal vor
Publikum
gespielt werden.
Die Wiener
Erstaufführung
am 11. Dezember
konnte er noch
miterleben.
Am 24. Dezember
1935 starb Alban
Berg in Wien an
einer
Blutvergiftung.
|
|

Freigesetzter
radioaktiver
Müll, die
Menschen leben
unter Kopfhauben
in
Schutzanzügen,
messen mit
Geigerzählern
die
Kontamination.
Außer
unterirdischen
Tunneln ist zum
Überleben nichts
geblieben.
Ein Stück
Rasenfläche, ein
Beet - außerhalb
der Reichweite
der Menschen -
Wozzeck versucht
an das Stück
Natur oben am
Ende des
Tunnelsegments
zu gelangen -
vergebens. Immer
wieder rutscht
er an der
glatten Wand ab.
Der Rest von
Leben wird
gepflegt, die
Halme gekürzt -
zur Verjüngung,
damit das Stück
Natur für die
nächste
Generation, wenn
Marie's Kind am
Ende sich darauf
niederlegt, auch
anderen zum
Lager dienen
kann.
Die Grube Asse
oder ein anderes
Zwischen- oder
End-Lager in
nicht
allzuferner
Zukunft.
Hierhin oder in
eine andere
durch Gifte
unwirtliche
gewordene
Umgebung legt
Olaf Schmidt
seine 'Wozzeck'-Produktion.
Nach seiner
'Brigadoon'-Inszenierung
war nicht zu
erwarten, dass
es ihm gelingen
könnte, eine so
in sich
geschlossene,
konsequent
durchgezogene,
dramaturgisch
stimmig Lösung
auf die Bühne in
Regensburg zu
bringen.
Aber ohne 'die
Küchenszenen'
wird die
Geschichte
unverständlich,
so folgen die
gerade mal 200
Besucher
bedrückt dem
Ablauf der
Handlung, viele
tun sich schwer.
Diejenigen, die
das Stück nicht
kennen, sind
überfordert vom
optischen
Eindruck und von
der Musik.
Wissende haben
Mühe diese
Bilder
aufzunehmen, mit
den ihnen
gewohnten zu
vergleichen und
zu bewerten.
Neben dem
'Freischütz' ist
dieser 'Wozzeck'
die in dieser
Spielzeit
schlüssigste
Produktion. Der
Büchner'sche
Texte in der
Vertonung von
Alban Berg wird
imaginiert,
zugespitzt auf
Dinge, die wir
ahnen und die,
aus dem was wir
wissen, in die
Zukunft
extrapoliert
werden.
Das mitlebende
Bühnenbild,
wechselndes
Anordnen der
Tunnelsegmente,
Veränderungen
auf den
Tunnelköpfen,
Grasfläche,
übermannshohe
Reagenzgläser
mit sichtbaren
Zuchtergebnissen
der neuen
Menschen vom
Doktor
produziert, die
Lichtwechsel
unterstreichen
die
Veränderungen -
äußerlich ist
alles ständig im
Umbruch.
Nur die
verbliebenen
Menschen in
dieser
geschädigten und
damit
unwirtlichen
Umwelt versuchen
sich noch ein
wenig Normalität
zu erhalten -
ein wenig Leben
in
Gemeinsamkeit,
Zweisamkeit
unter der
Kontrolle der
Obrigkeit - sei
es nun
Hauptmann,
Doktor oder
Tambourmajor.
|
|

Olaf Schmidt
abstrahiert,
streicht alles
Reale auch in
Bezug auf das
Bühnenbild und
die Kostüme von
Karin Fritz,
das Rasieren des
Hauptmanns, das
Stöckeschneiden,
die Straßenszenen
am Fenster von
Marie - belässt
es bei
Gesprächen, dem
Austauchen von
Gedanken,
Aufzeigen von
Gefühlen, Angst,
Irrsinn.
Was soll der
Hauptmann denn
mit der Zeit
anfangen, da man
heute früher
fertig wird.
Michael Berner
- Maske und
bösartiges
Gehabe erinnern
sehr an Werner
Enders als
Bobèche in
Felsensteins
Blaubart-Inszenierung
an der Komischen
Oper Berlin.
Berner setzt
Text und Musik
in hysterisches
Gehabe um,
skuril, kräht
den soldatischen
Hampelmann, der
andere - nur aus
seiner Position
heraus -
schikaniert.
Jürgen Linn
war Wozzeck für
den erkrankten
Martin-Jan Nijhof
- mit
großmächtiger
Bariton-Stimme, bassig gefärbt,
auch in den
Höhen sicher,
nicht verhaucht,
der elende Mann,
mit dem
'Der Platz ist
verflucht!' -
nicht
einsortieren
können, sich und
die Umwelt.
Alles um ihn ist
nicht fassbar
und dann endlich
die Erkenntnis -
'Das waren die
Freimaurer! Ich
hab's! Die
Freimaurer!'
Sein Rumstottern
in dieser
Umgebung auf
dieser Bühne
'wenn die Natur
aus ist, wenn
die Welt so
finster wird,
dass man mit den
Händen an ihr
herumtappen
muss, dass man
meint, sie
verrinnt wie
Spinnengewebe.'
Beim
'Man könnte Lust
bekommen, sich
aufzuhängen!'
ist natürlich
nicht
überhörbar, dass
diese Stimme
schon längere
Zeit große
Partien singt.
Dass
er wie
'ein offenes
Rasiermesser
durch die Welt'
laufe, und
'man
sich sich an Ihm
schneidet'
-
kann nicht
nachvollzogen
werden. Er ist
sehr überzeugend
'ein armer
Teufel!', der
nicht zu dem
kommt, was er
sich vorstellt -
auch nicht bei
der Marie.
'Wie er an ihr herumgreift!
An ihrem Leib!
Und sie lacht
dazu!'
Es muss so
zwangsläufig zur Katastrophe
kommen.
Jung-Hwan
Choi als
Andres, ein
Jäger möcht er
sein, ein Rest
von damaliger
Natürlichkeit
ist ihm
geblieben -
'läuft dort ein
Has' vorbei' -
in dieser
Einöde, selbst
der Has' nur
Erinnerung, wie
es einmal war.
Die hohe Lage
ohne Tadel, das
'wir müssen
heim'
die Tiefe
etwas außerhalb
der Reichweite.
Marie von
Maida Hundeling,
kann's nicht
lassen, die
Soldaten, die
schönen
Burschen, neben
dem Wozzeck, der
gequälten
Kreatur, der
andere, der da
steht wie ein
Löw'.
'Eia
popeia'-
Szene
mit
'kein Hafer
fresse sie, kein
Wasser saufe
sie' -
das
'kein' schon
etwas eng, dann
gekonnt das
'lauter kühle
Wein muss es
sein'
mit dem
hohen Pianissimo
bis hinunter.
Die Franz-Rufe
- das
'es schauert
mich'
auf der
Sprechstimme bis
in die
tiefsmögliche
Lage.
Ein As - dann -
das A - dann - ein
hohes H.
Weiter geht es fortissimo
hohes B -
ein hohes H - ein F
ohne Vibrato.
Wieder ein hohes H
und
- nacheinander
hohes B und
hohes H.
'Wie steht es
geschrieben von
der Magdalena? .
. . »Und kniete
hin zu seinen
Füssen und
weinte und
küsste seine Füsse
und netzte sie
mit Tränen und
salbte sie mit
Salben.'
-
das ist schon schwer zu
intonieren.
Wie
meinte eine
Betroffene: 'das
ist etwas
anderes als Traviata-M-ta-ta!'
'Heiland! Ich
möchte Dir die Füsse
salben!
Heiland!'
-
ein A mit
folgendem hohen
C.
Man wünschte
sich eine
ausgeglichenere
Tongebung, mal
schlank und
vorn, dann dick
und hinten, dann
ohne
Textverständlichkeit.
Die
Fortepassagen,
die über das Orchester
hinwegheben
sollen, betont
kraftvoll,
verhindern
leider einen
ebenmäßigen
Sound.
Markus Ahme
der
Tambourmajor,
'ein Kerl wie
ein Baum',
ein
Geharnischter -
mit der besten
Diktion, jedes
Wort ist zu
verstehen. Ein
Charaktertenor -
mit Pflege der
Stimme,
intelligenter
Rollengestaltung
und langsamem
Wachsen wird
sicher sein:
'Salome tanz für
mich'.
Anna Peshes
als Margret -
nur als Margret.
Nach der
Giulietta und
der Adalgisa
hatte der
kritische
Abonnent
eigentlich die
Marie erwartet.
Nun begnügt sie
sich mit der
Nebenrolle. Und
die erfüllt sie
natürlich und
selbstverständlich.
Sung-Heon Ha
singt den Doktor
mit seinem
sicher geführten
Bass, eine
Stimme, kaum zu
erwarten hier in
der Oberpfalz.
'Die Welt ist
schlecht!'
Problematisch
die Textgebung -
vieles muss so
den
Regensburgern
verborgen und
damit
unverständlich
bleiben.
Immerhin stattet
Olaf Schmidt den
Doktor so aus,
dass der Arzt
deutlich bleiben
kann.
'Oh mein Ruhm!
Ich werde
unsterblich!
Unsterblich!
Unsterblich!'
Die beiden
Handwerksburschen,
Adam Kruzel
und
Christoph
Stephinger,
dieser als Gast für
den kranken
Seymur Karimov,
scheinen nicht
so recht zu
wissen, was los
ist. Aber deren
Seele stinkt ja
auch bloß nach Branntewein. So
sind sie halt
nur besoffen.
Christian
Schossig
erinnert als
Narr an Henze's:
'Der junge Lord'
- Insider
nannten das, da
die
Bewegungsabläufe ins Private
übernommen:
'Hubert macht de Aff'.
Jong-Il Park
konnte als
Soldat leider
kaum
wahrgenommen
werden.
Das Bühnenbild
von
Karin Fritz
- sie gestaltete
auch die Szene
für den
'Barbier' in der
Regie des
Regensburger
Theaterdirektors
am Salzburger
Landestheater -
dort wie auch
hier die
Kostüme.
Eigenwillig,
eigenständig -
hier
Atomkraftwerk
nach dem Gau,
abgesoffenes
Lager für
Brennstäbe -
daneben und
auch: Hort für
die
Überlebenden,
für die
Noch-Lebenden.
Der
Chor mit
u.a. 'Ein Jäger
aus der Pfalz'
und Olaf Schmidt's
Tänzern
ergänzen
verdichten,
verdeutlichen
den Tathergang,
das Ballett eben
somit kein
Füllsel.
'Marien's
Kind':
Ayumi Noblet
- mehr als nur
das typische 'Butterfly'-
oder eben ein
normales 'Wozzeck'-Kind
- tänzerischer
Ausdruck,
überzeugend,
selbstverständlich
in der
Bühnenpräsenz,
sehr
beeindruckend
die Szene mit
den imaginären
Eltern auf den
winzigen
Rasenflächen.
|
|
|

Das Orchester
unter der
Leitung des
scheidenden GMD
Grüneis -
durchweg zu
breit und zu laut.
Der große
Apparat dem
kleinen Haus
nicht angepasst.
Es ist ein
permanentes
Dröhnen - die
paar Leute in
den Rängen
- irritiert.
Eigentlich hätte
das auch der
Regensburger
Theaterdirektor
hören müssen,
denn er war auch
oben auf der
Galerie - ging
dann 'Tür auf,
Tür zu' mitten
in der
Vorstellung.
Aber das sah man
auch von oben
sich im Parkett
tun - immer
wieder strömten
Leute dem
Ausgang zu - sie
verstanden
nichts, litten
und gingen
lieber Heim.
Facit:
Olaf Schmidt's
Inszenierung
etwas für 'große
Leute' - nichts
für das
mittlerweile
'Nach
2002-typische-Regensburg-Publikum',
da zu hoch, zu
anspruchsvoll.
|
|

|
Als Premieren-Abonnent
Theater Regensburg und Abnehmer von Karten aus dem freien Verkauf
dieses und anderer Theater
veröffentliche ich auf dieser privaten Homepage meine
Meinung. Ich
verstehe die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu
Geglücktem oder Misslungenem. Neben Sachaussagen enthalten die
Texte auch Überspitztes und Satire. Für diese nehme ich den
Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch. In die
Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare
herauszufordern. Dieter Hansing
|