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Theater Regensburg

Einführungsvortrag

Giacomo Puccini
'Manon Lescaut'

22.6.2008

"Einsam, von aller Welt verlassen"

 
   
         
 
 

 

 

 
   
 


Der Besuch des Einführungsvortrages 'Manon' ließ zu wünschen übrig.
Wenn zweidrittel der Sitze belegt waren, kann man von einigermaßen richtigen Angaben sprechen.
Sonst strömen doch Heerscharen von RegensburgerInnen in diese Veranstaltungen.

Dabei hatte Frau Bernau als Sprecherin des Theaters Regensburg über die MZ am
18. Juni 2008 doch mitteilen lassen:
"das macht im Schnitt nur 50 Cent aus."

Hier wirke sich diese Preiserhöhung ja doch gar nicht aus, denn der Besuch eines  Einführungsvortrages zu einer Neuproduktion ist doch gebührenfrei.

Dennoch stellt sich die Frage, "50 Cent mehr für Theater" - meint (ge) für Theater, das die Verwaltung der Stadt veranstaltet z.B. die Bekanntgabe des Programms des Bayerischen Jazz-Weekendes am 22.6.2008 um 10.30 Uhr im Hause der REWAG - zu der nur zwei Medienvertreter erschienen: wer hatte denn da eingeladen?

Oder meinte Frau Bernau das Theater der Stadt, 50 Cent mehr und für was?

Täglich, stündlich oder 'minütlich'?
 

   
 



 

 

Nach Meinung von Frau Musik-Dramaturgin Schmidt habe sich Puccini nach den ersten Werken 'Le Villi' und 'Edgar' in einer misslichen finanziellen Lage befunden - glücklicherweise aber habe er im Verleger Ricordi schon früh einen Menschen gehabt, der an ihn, Puccini,  glaubte, denn, sollte die dritte Oper kein Erfolg werden, müsste er sich eine andere Profession suchen, so meinte er.
Wohl um dies abzuwenden, habe sich Puccini an der Suche nach einem Thema für diese neue Oper
beteiligte .
Man sei auf 'Manon' gekommen, wovon Ricordi nicht begeistert gewesen soll, da dieses Thema von Massenet, die Geschichte dieser Flatterhaften, schon vorweg genommen hatte. Puccini aber sei unbekümmert genug gewesen, er werde seine Heldin als Italienerin darstellen, gegenüber der Französischen von Massenet.
Endlich eine Heroine, an die er glauben könne.

Im Laufe der Zeit hätten sich eine ganze Reihe von Librettisten an der Erstellung des Textes beteiligt - selbst Ricordi arbeitete mit, hauptsächlich aber in der Form, dass er Illica ins Gespräch brachte, der später dann die Texte für 'Bohème', 'Tosca' und 'Butterfly' schrieb.
Puccini meinte, es müssten zur Uraufführung alle am Text Beteiligten oder keiner genannt werden.

Herr Generalmusikdirektor Grüneis - heute im braunen Reiseanzug, das Hemd nicht in die Hose gesteckt, sondern leicht über ihr hängend getragen, das an den Manschetten nicht zugeknöpfte Hemd schaute leger aus den Sakko-Ärmeln, dazu weit sichtbar, ganz GMD-like, die leuchtend blauen Söckchen - führte eloquent wie gewohnt und fachlich qualifiziert,
vom Publikum hoch geschätzt, aus, dass 'Manon' als drittes Werk Puccinis ähnlich dem 'Holländer' von Richard Wagner als Frühwerk betrachtet werden könne.

Puccinis 'Edgar' habe auch schon große Momente und werde nach seiner Meinung zu unrecht so wenig gespielt, und doch seien 'Edgar' wie auch 'Le Villi' eher Gesellenstücke Puccinis, da suche er noch in verschiedenen Schubladen nach seinem Stil. In der Orchestersprache könne man schon Dinge des späteren, des reifen Puccini finden - mit der 'Manon' trete der eigentliche Puccini auf den Plan.

Ricordi habe in der ganzen Verzweiflung das richte Sujet für die dritte Puccini-Oper zu finden, den Komponisten nach Bayreuth zu den Wagner-Festspielen geschickt. Dies Anhören Wagner'scher Musik sei nicht spurlos an Puccini vorüber gegangen, in der Komposition zeige sich dies deutlich im harmonischen Denken vor allem für Puccinis Orchestersprache mit ihrem Raffinement.

Verdi, der zum gleichen Zeitpunkt mit seinem 'Falstaff' auf die Bühnen kam, für sich keine Notwendigkeit sah, sich Wagner anzueignen, warnte auch andere Komponisten, nicht dem 'Wagnerismo' zu verfallen. Italien habe einen regelrechten Kulturkampf zu bestehen gehabt und Verdi mahnte, Italien habe seinen eigenen Stil und brauche Wagner nicht. Auch könne man mit einem Kontrabass und einer Piccoloflöte in Italien effektvoll instrumentieren.

Der Orchesterapparat habe sich gegenüber den Frühwerken Puccinis nicht verändert, es sei die klassische Orchesterzusammensetzung mit vier Hörnern, drei Posaunen - eine Tuba sei hinzu gekommen, was vorher nicht gewesen sei - etwas mehr Schlagzeug und eine Bassklarinette, mit der Verdi im 'Otello' auch etwas experimentiert habe. In der hochromantischen weichen Orchestersprache Wagners sei z.B. König Marke im 'Tristan' dagegen ohne Bassklarinette nicht zu denken. Der ganze Holzbläsersatz basiere hier auf dem Fundament der Bassklarinette.
Bei Verdi seien es die Fagotte gewesen, die den Holzbläserklang ausmachten, wollte er mit der Zeit gehen, dann habe er vier Fagotte wie im 'Otello' und im 'Requiem' benutzt.

Puccini nehme in der 'Manon' die Bassklarinette und dazu zwei Fagotte als Tenor-Instrumente, was den Klang schwierig für die Sänger mache, aber einen verblendeten orgelmäßigen Holzbläserklang hervorrufe und mit den Hörnern zusammen in der hohen und mittleren Lage ergebe sich ein schwerer, fast schwüler Orchesterklang.
 
   
 




Figurinen: Frank Lichtenberg
 

 
Frau Musik-Dramaturgin Schmidt erwähnte, das Opernlibretto der 'Manon' sage wenig zu den Figuren, vornehmlich zu der des Chevalier Des Grieux - der Roman Prevost's sei hier viel deutlicher in der Zeichnung. Dagegen werde die Manon immer nur als Nebenfigur in Bezug auf die Männer gezeigt.
Des Grieux lebe quasi in zwei Welten, er wisse, dass er Leidenschaft zwar suche, sie aber nicht immer leben könne - diese Reibung führe letztlich in die Katastrophe, da er mit seinen Leidenschaften nicht zurechtkäme und auch zum Mörder werde.
Gezeigt würden immer wieder nur Ausschnitte - Szenen aus dem Leben in den verschiedenen Akten - was dazwischen geschehe oder war, erfahre das Publikum nicht direkt.

Auch werde nicht gefragt, aus welchen Gründen etwas passiere, sondern die Fakten werden hingenommen, Leidenschaft komme über die Menschen - warum, könne nicht ausgemacht werden - es passiere eben.

Die Handlung stimme mit den jetzigen Voraussetzungen nicht mehr überein, eine Familie schicke heute die Tochter nicht mehr in ein Kloster, weil man für sie, z.B. aus finanziellen Gründen, nicht mehr sorgen könne. Sehr wohl aber gebe es die Situation, dass eine junge Frau, sich von einem älteren Herrn aushalten lasse. Diese nun wegen Prostitution anzuzeigen, auch das ist heute nicht so ohne weiteres möglich, zumal die Delinquentin heute nicht so ohne weiteres mehr nach Amerika deportiert werden könnte.

Das Thema: junge Frau macht sich an Reichen ran, käme auch heute vor - Tatjana Gsell ein typisches Beispiel.
Manon lebe in einem Dreieck unter dem Einfluss ihres Bruders Lescaut in einer Zweckgemeinschaft, in der Liebe zu Des Grieux und in der finanziellen Abhängigkeit von Geronte, dem königlichen Steuerpächter, wie die Rolle noch eine Woche vor der Premiere im Internet durch das Theater Regensburg bezeichnet wird.

Diese Situation, das Motiv wollte man retten, es aber in heutigem Licht zeigen. Die Personen treffen sich an öffentlichen Orten, um z.B. schnell untertauchen zu können, wie Schnell-Restaurants, Mensa - mit fast ständigem Personenwechsel. Im Gegensatz hierzu das elegante Restaurant als Treffpunkt mit Geronte und der Abstieg gekennzeichnet durch die Tätigkeit in einer Bar.

Die Gesellschaft - verkörpert durch den Chor - interessiere sich nicht für die Protagonisten, das Leben derer laufe neben der Öffentlichkeit ab. Ob diese sich für eine Liebensgeschichte oder am sinnentfremdeten Tun der Einzelnen Anteil nähmen - konnte der Regisseur nicht beantworten. Er höre in sich hinein und frage sich, ob es wirklich eine Liebegeschichte sei.
Was aber ist Liebe für Manon?

Des Grieux treibe dahin - er suche nach dem Sinn des Lebens, er suche nach etwas, das ihm Halt geben könne in dieser schicksalhaften Geschichte, in die z.B. Lescaut nicht eingreift, um die Schwester zu schützen.

Um die Individualität zu unterstreichen, habe man die Polizeiauftritte herausgenommen dies fände er modern, so Regisseur Horres - und dies sei auch für ihn homogen, meinte er, wenn man den Widerspruch zulasse.
Darum gehe es in dem Stück, die Figuren seien in sich nicht logisch, es sei schwer zu verstehen, was die da trieben.

Des Grieux, als Motor des Geschehens, verliebe sich tatsächlich in Manon, er erkenne sehr wohl deren Beweggründe für ihr Tun.
Da werde ein neuer Handlungsstrang aufgerissen, der ältere Mann mit Geld wolle unbedingt Manon haben, das Geschwisterpaar inszeniere eine  Flucht vor ihm und Lescaut gebe Ratschläge, Geronte solle sich keine Sorgen machen, nach ein paar Tagen habe sich das wieder gelegt, Manon verlasse Des Grieux und käme zu ihm zurück.

Des Gerieux aber tauche dann im zweiten Akt in der unmittelbaren Nähe von Manon, Lescaut und Geronte in dieser Geldschwemme unerwartet auf. Manon langweile sich mit dem kalten Geld, dem Schmuck und sei vom lebendigen Des Grieux wieder hingerissen, der aber ignoriere sie, die von allen, egal wem, geliebt werden wolle.
 
   
 




Figurinen: Frank Lichtenberg
 

   
 
In der 'Manon' schreibe Puccini  mit den verschiedensten musikalischen Farben für die unterschiedlichsten Emotionen. Mit Bezug auf 'Bohème' und 'Butterfly', besonders aber bei 'Fanciulla', sei ihm,
aus musikalischer Sicht, mehrfach der Vorwurf gemacht worden, es sei Kitsch, was er komponiere, er schreibe Filmmusik. Die Fülle des Wohllautes riefe aus einer gewissen Übersättigung heraus nach etwas Neuem.

Wenn eine 'Bohème' oder eine 'Butterfly' nicht mit Überzeugung und Emotionen angefüllt seien, ertränken für ihn diese Werke im Kitsch und stürben in Schönheit - müsse er, der Herr Generalmusikdirektor ernsthaft für sich gestehen. Aber schon Toscanini, der ja Puccinis Werke teilweise uraufführte, bemängelt dies und bedauerte, dass Catalani viel weniger erfolgreich war, trotz der viel wahrhaftigeren Musik.

In der 'Manon' dagegen passe die Musik sehr wohl zu der Übersättigung, in der die Figuren im Stück ohne Ziel, ohne Richtung von einem Tag auf den anderen sich in einer leichtlebigen Gefühligkeit befänden.
"Wir nennen uns Jugend und unsere Göttin ist die Hoffnung" - nebulöser gehe es gar nicht.
Jung und dynamisch ist heute - was morgen ist:
wir hoffen.
Die Musik Puccinis treffe in diesem Stück genau diese Aushöhlung, die Maskierung mit Gefühl so besonders gut.

Fallhöhen ergäben sich bei Puccini immer wieder, sei die Musik im Moment besonders banal oder historisiert, so käme sehr schnell die 'dramatische Keule'.
Genre-Musiken, Rokoko-Musik, Schäferspiele, Menuette einzufügen, pflegte Puccini. Er zeigte so zur eigentlichen Handlung musikalisch eine andere Ebene, auf der sich das Gleiche, quasi 'en miniature', abspiele.
 
 
 

           

   
 

 
     
     
 

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Als Premieren-Abonnent von Theater Regensburg und Abnehmer voll bezahlter Karten aus dem freien Verkauf dieses und anderer Theater gebe ich hier meine subjektive Meinung
zu Gehörtem und Gesehenen
zur Kenntnis.
Ich
verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthält diese private Homepage auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare herauszufordern.

Dieter Hansing

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