Spielplan 2008/09
Olle Kamellen und ein paar Farbtupfer
Das Theater
Regensburg stellte seinen Spielplan für die
Saison 2008/09 vor. Was wird den
Regensburgerinnen und Regensburgern geboten?
Was zeigt die Bühne, die für einen Einzugskreis
von Cham bis Neustadt, von Schwandorf bis
Mainburg eine der ersten kulturellen Adressen
der Region ist !!??
Bewährtes, Nettes, leicht Verdauliches.
Wenn denn – wie so oft kommuniziert, und die
Häufigkeit macht diese Behauptung nicht richtig
– ein Theater wie die Regensburger Städtische
Bühne sich lediglich um die theatralische
'Grundversorgung der Region' zu bekümmern habe,
so wird dem mit dem neuen Spielplan Genüge
getan.
Aber sich der These anzuschließen, hieße auch,
die Möglichkeiten der Entfaltung von
Regisseuren, Sängern, Darsteller und Dramaturgen
von vornherein zu beschränken – auf ein
Mindestmaß. Dass Theater der Größenordnung (und
kleiner) und vom Budget-Volumen Regensburgs sehr
wohl überregionale Strahlkraft erlangen können,
belegen Ulm, Ingolstadt, Meiningen, Göttingen…
Er ist geprägt von Vorsicht und strotzt nur so vor Abonnenten-Freundlichkeit und Beliebigkeit.
Ein roter Faden ist nicht erkennbar, 2007/08 in der Figur E.T.A Hoffmann wenigstens im Ansatz zu erahnen.
Highlights wie in der laufenden Saison ('Die blaue Donau', 'Der Hutmacher') fehlen.
Die Uraufführung von Andrea Schenkels Tannöd-Dramatisierung hat das Theater Innsbruck weggeschnappt.
Dass 'Der kleine Horrorladen', im Februar erst 2008 vom Cantemus-Kinderchor erfolgreich auf die Bühne gebracht und bereits in der Ära List gegeben, wieder auf dem Plan steht, zeugt nicht von Einfallsreichtum.
Ära List:
Zehn Stücke finden sich wieder, die bereits Weils Vorgänger-Team zur Aufführung brachte:
'Freischütz', 'Land des Lächelns', 'Wozzeck', 'Andrea Chénier', 'Der kleine Horrorladen', 'Le nozze di Figaro', 'My Fair Lady', 'Die Dreigroschenoper', 'Außer Kontrolle' und 'Drei Schwestern'.
Da hätte man eine längere Schamfrist verstreichen lassen müssen!
Es gibt doch so viel Theater-Literatur, der Fundus an Opern und Stücken ist unerschöpflich.
Ferner:
Es lebe der Boulevard-Klamauk.
Traut man dem Publikum zu wenig Tiefgang zu?
[…] Die Masse könnt ihr nur
durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich
selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird
manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus
dem Haus.
Gebt ihr ein Stück, so gebt
es gleich in Stücken!
Solch ein Ragout es muss
euch glücken;
Leicht ist es vorgelegt, so
leicht als ausgedacht.
Was hilft’s, wenn ihr ein
Ganzes dargebracht,
Das Publicum wird es euch
doch zerpflücken. […]
Mag sein, diese Maxime aus
Goethes Faust hat sich Weils
Team zueigen gemacht bei der
Zusammenstellung des
Spielplans für die kommende
Saison, mag sein, dass
Mutlosigkeit und
übertriebene Vorsicht Pate
standen bei der Gestaltung
eines an Beliebigkeit kaum
zu überbietenden Programms.
Traut man sich momentan an
eine Opern-Uraufführung, so
wird kommende Saison ein
Publikum bedient, das Andrew
Lloyd Webber für den
genialsten Komponisten aller
Zeiten hält.
Bernsteins 'Trouble in
Tahiti', vor wenigen Jahren
wieder vermehrt auf den
Spielplänen landauf landab,
hat nur dann seine
Berechtigung auf dem
Spielplan, wenn mit ersten
Kräften und gekonnt
dargeboten, das Leichte ist
am schwersten zu schultern.
Schwer ist leicht was!
Keine Spieloper!
Keine Barock-Oper!
Keine ‘Ausgrabung’!
Wieder kein Schiller!
Außer Marc Pommerenings
'Nibelungen' und dem
unvermeidlichen – man kann
es nicht mehr hören, sehen
und ertragen – 'Gott des
Gemetzels' der
unvermeidlichen Yasmina Reza
(Guten Morgen, Regensburg!
Warum brauchtest du so
lange, um auf diesen Zug
aufzuspringen?)
keine jungen Dramatiker,
keine Experimente, keine
Wagnisse, null Risiko.
Mit Lutz Hübner kann man
auch nicht viel falsch
machen, da müsste die
Inszenierung schon gnadenlos
in die Hose gehen.
Dass für das Kinder- und
Jugend-Theater -
(Welches 'Blag' durfte sich
den Namen ‘Regenbogen’ dafür
ausdenken? Nein, wie
kreativ! Warum nicht gleich
‘Kunterbunt’?) -
nur eine einzige Premiere
vorgesehen ist, rechtfertigt
diese vierte Sparte nicht,
zumal der Quotenbringer
Weihnachtsmärchen ('Der
Lebkuchenmann' – auch schon
mal da gewesen!) vom
üblichen Ensemble bestritten
wird.
Der Spielplan der nächsten Saison kann nur durch ein hervorragendes Ensemble, durch erstklassiges Musizieren und Singen, durch agile Darsteller und brillante Spielführung bestehen. Die Auswahl der Stücke selbst legt die Mess-Latte tief.
GMD Raoul Grüneis verlässt
kommentarlos nach nur vier
Spielzeiten Regensburg, der
Erste Kapellmeister geht
schon im Juli, die
Fluktuation im Ensemble ist
groß.
Der Oberspielleiter auf
Lebenszeit Michael
Bleiziffer verharrt eisern
auf seinem Posten.
Für den Verwaltungsrat des
Theaters scheint alles in
bester Ordnung zu sein mit
Regensburgs Theater.
Passt scho’!
Für Regensburg g’langt’s!
Mitnichten!
„Theater muss brennen, ohne
abzubrennen, muss weh tun,
ohne den Schauspielern weh
zu tun“,
sagt der Schauspieler und
Theater-Autor Johann Jakob
Wurster.
Bei der Durchsicht des
Angebots für 2008/09 hat man
den Eindruck, Weil und Team
wollten sich um nichts die
Finger verbrennen oder
schmutzig machen. Statt zu
graben und zu wühlen, holte
man bequem aus dem Regal,
was sich so bot. Die Sachen
abzustauben obliegt nun der
Regie.
Kommentar: Peter Lang
Der Spielplan für die kommende Theatersaison
Musiktheater
Carl Maria von Weber, Der
Freischütz (Premiere:
27.09.2008)
Franz Lehar, Das Land des
Lächelns (30.10.2008)
Alban Berg, Wozzeck
(20.12.2008)
Umberto Giordano, Andrea
Chénier (14.02.2009)
Alan Menken, Der kleine
Horrorladen (27.03.2009)
Leonard Bernstein, Trouble
in Tahiti (03.04.2009)
W.A. Mozart, Le nozze di
Figaro (15.05.2009)
Frederick Loewe, My Fair
Lady (2.0.2009)
Schauspiel
Brecht/Weill, Die
Dreigroschenoper
(26.09.2008)
Henrik Ibsen, Nora – Ein
Puppenheim (01.10.2008)
Fabrice Roger-Lacan, Der
Krawattenclub (02.10.2008)
David Wood, Der
Lebkuchenmann ((1.11.2008)
Ray Cooney, Außer Kontrolle
(22.11.2008)
Yasmina Reza, Der Gott des
Gemetzels (28.11.2008)
Andrea Schenkel, Tannöd
(17.01.2009)
Mark Pommering, Die
Nibelungen (07.02.2009)
Anton Tschechow, Drei
Schwestern (09.04.2009)
Jean-Baptiste Moliere, Der
eingebildet Kranke
(30.05.2009)
Tanztheater
Olaf Schmidt, Ballett 1
(11.10.2008)
Olaf Schmidt, Ballett 2
(07.03.2009)
Junge Choreografen, creative
attack (29.05.2009)
Kinder- und Jugendtheater
Lutz Hübner, Aussetzer (18.10.2008)
Wiederaufnahmen
Giacomo Puccini, Manon
Lescaut
Cole Porter, High Society
Michael Ende, Das
Traumfresserchen