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Damals in Regensburg

  Theater Regensburg
Repertoire-Vorstellung
14.02.2007

Giuseppe Verdi

'Ein Maskenball'
  
"Hier ist die Stätte des Grauens"

 
   
         
 
 

 

 

   
 

 

 

 

 

 
 


Neapel, 7. Februar 1858

Lieber Somma,
ich stecke im tiefsten Pech! Die Zensur wird unser Libretto [»Un Ballo in Maschera«] so gut wie sicher verbieten. Warum? Ich weiß es nicht! Ich hatte ganz recht, Euch zu sagen, dass jeder Satz, jedes Wort, das verdächtig sein könnte, zu vermeiden sei. Sie haben begonnen, bei ein paar Ausdrücken, ein paar Worten Argwohn zu hegen; von den Worten sind sie zu den Szenen gekommen, von den Szenen zum Sujet. Sie haben mir diese Änderungen vorgeschlagen (und das noch als Gnade):
 
 
1. Den Protagonisten zu einem [gewöhnlichen] Herrn zu machen,
     gänzlich von der Idee eines Herrschers entfernt;
 
2. Die Gattin zur Schwester zu machen;
 
3. Die Szene der Hexe zu ändern und sie in eine Epoche zu verlegen, in
     der man an so etwas glaubte.
 
4. Kein Ball.
 
5. Die Ermordung hinter der Bühne.
 
6. Beseitigung der Szene, in der die Namen durch das Los gezogen
     werden.
 
Und weiter, und weiter, und weiter!...
 
Wie Ihr Euch vorstellen werdet, sind diese Änderungen unannehmbar; folglich ist es aus mit der Oper; folglich bezahlen die Abonnenten keine zwei Raten; folglich hält die Regierung den Zuschuß zurück; folglich gerät die Impresa mit allen in Streit und droht mir mit einem Schadenersatz von 50000 Dukaten!!... Welche Hölle!. .. Schreibt mir sofort und sagt mir Eure Meinung. Addio.

(
Verdi an Antonio Somma)


 



Ein Jahr später am 17. Februar 1859 fand in Rom die Uraufführung des 'Ballo' mit großen Erfolg statt, auch wenn die Handlung durch die Zensur stark deformiert wurde.

Wer sollte in Boston dem britischen Gouverneur zujubeln, mit einem Text, der sich auf den König von Schweden bezog.

Dieser 'Handel mit Handlungen' führte zu Irritationen beim Theater Regensburg, der sich in folgendem Schriftverkehr dokumentiert:


 

 

 

So 18.06.2006 13:01
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Anbetracht der soeben beigewohnten Einführung zu Verdis ’Maskenball’, wüsste ich gerne, ob sich das Theater Regensburg noch bis zur Premiere am 23.6. entscheiden kann, ob es sich um Gustav III. König von Schweden oder irgend einen Riccardo oder - wie im Internet verkündet - um einen Gouverneur von was oder wo auch immer handelt ?
Mit den besten Empfehlungen – Dieter Hansing – Premierenabonnent

Mi 21.06.2006 12:45
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe natürlich vollstes Verständnis, dass Sie jetzt in den Endproben, nach tagelangem Dek.Bel kaum Zeit finden und schon gar keine Lust haben, sich mit lästigen Abonnenten herumzuschlagen, hätte aber doch gerne an meine Mail vom Sonntag mit nachfolgendem Text erinnert oder soll ich auf das Programmheft zur Premiere warten, wie dort die Tenorrolle dargestellt wird: als ’König’ – wie während des Einführungsvortrages mehrfach erwähnt - von irgendwas, als ein ’Riccardo’ oder eben als ein ’Gouverneur’ - wie auf Ihrer Internetseite ausgeführt - von irgendwo ?

Mi 21.06.2006 17:47 an Herrn Honsack
Guten Abend,
das Theater Regensburg hat bisher nicht geantwortet, aber auf dem Besetzungszettel im Internet den Gouverneur, Graf Richard von Warwick, zwischenzeitlich zu ’König Riccardo’ ernannt. In der Stückbeschreibung wird weiterhin von Gustav III, König von Schweden, gesprochen.
Dies nur zur Vorbereitung auf Ihren Bericht von der Premiere.
Beste Grüße - DH

Gesendet: Mittwoch, 21. Juni 2006 18:35
An: 'TeleZeitung'
Betreff: AW: Maskenball
Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund der Vorbereitungen für die Premiere war es mir tatsächlich nicht möglich, schnell zu antworten. Ich bitte, dass zu entschuldigen.
Da das Regieteam darüber überein gekommen ist, dass es in dieser Inszenierung mehr um das Statusgefälle geht (gekröntes Haupt hintergeht seinen besten Freund, der auch noch sein Untergebener ist, mit dessen Frau), als um den Ort, heißen die Figuren: Riccardo (König) Renato, Samuel, Tom, Ulrica usw.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Schmidt
(Musiktheater- und Ballettdramaturgin)

 
 

Na ja, Frau Dramaturgin, die Übertitelung behauptete auch in der heutigen Vorstellung wieder:
"Der König kommt" - singen tut Frau Amos aber "S'avanza il Conte".
Ist ja nur Regensburg - passt schon!
Da ist 'Riccardo', König und 'Samuel' und 'Tom' sind Verschwörer wohl Reste aus der Boston-Fassung.
Hoffentlich gerät die Dramaturgie des Theaters der Weltkulturerbestadt Regensburg nicht bald gänzlich aus der Fassung.
Beim Schauspiel wackelt es ja auch erheblich, sieht man 'Antigone' und 'Maria Magdalena'.


 
 


'Ein Maskenball' - Mittwoch, 14. Februar 2007

Die Personen und ihre Darsteller,
gemäß Besetzungsliste im Programmheft
 

 
         
     Riccardo, König   Jung-Hwan Choi  
     Renato, sein Vertrauter   Adam Kruzel  
     Amelia, Renatos Frau   Katharina Leitgeb  
     Ulrica   Jelena Bodrazic  
     Oscar   Julia Amos  
     Silvano, Matrose   Seymur Karimov  
     Samuel, Verschwörer   Martin-Jan Nijhof  
     Tom, Verschwörer   Sung-Heon Ha  
     Ein Richter   Kalle Koiso-Kanttila  
         
     Musikalische Leitung   Arne Willimczik  
         
 

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Dass
Katharina Leitgeb eine sehr respektable erste 'Amelia' sang, ist ja nicht Frau Dramaturgin Schmid zu danken, sondern der Entwicklung, die diese Sängerin genommen hat.
Dass Frau Leitgeb bei den hohen Tönen auf Sicherheit bedacht war, kann nicht verwundern - lieber etwas mehr nachschieben. Wäre das alles 100-prozentig à la Milanov gesungen, wäre sie nicht im Theater der Metropole der Oberpfalz.
Frau Leitgeb nutzte die Möglichkeiten, sich mit Stimme und Darstellung der Figur ins rechte Licht zu setzen.
Natürlich kann sie als junge Frau der körperlichen Brutalität eines René kaum etwas  entgegen, aber sie stellt sich ihm doch entgegen, hier gerade im Duett im 3. Akt aber schon auch am Ende des 2. Aktes.
Stimmlich hat Frau Leitgeb erheblich dazugewonnen, nach 'Marzelline', 'Pamina' über die 'Anna' zur 'Vitellia' zur 'Desdemona' nun die 'Amelia' - hier nutzt Sie mit ihrem hohen Sopran, mit sicherem Atem 'auf silbernen Flügeln' die Freiräume für Diminuendi, Piani, große Bögen  - geht sie vorsichtig vor, dann ist da einiges möglich.
Sie möge sich nur nichts - um Himmels Willen jetzt noch keine Troubadour-Leonore - aufschwatzen lassen - von dem nicht und von dem schon garnicht.

Gelegentlich überstützt
Jung-Hwan Choi erheblich, sein 'Riccardo' könnte natürlich noch viel flüssiger 'gesungen' sein. Aber er ist ja gerade mal um die 30 und die Stimme muss ja mit Hilfe der Theaterleitung doch bis 40 ruiniert werden können, das muss doch hinzukriegen sein. Auch hier zu früh, zu viel, zu oft, zu schwer.
Aber warum macht er nur so ein Gesicht, wenn er vor den Vorhang kommt, es erschreckt das Publikum. Dieses denkt sich, haben wir etwas falsch gemacht, wenn wir ihm applaudieren.
Vielleicht denkt er schon an den 3.3.07, wollen sehen wie er sich beim 'Alwa' - in der Spielleitung des Regensburger Theaterdirektors schlägt - der ist ja keine leichte Übung.

Die 'Ulrica' von
Jelena Bodrazic klingt in der Mittellage und in der Tiefe arg gewöhnungsbedürftig - und die wird nun Geschwitz.
Dass sie sich mit 'Silvano' und 'Richter' nach dem 1. Akt verbeugen darf, ist völlig o.k. - dass sie allein aber am Ende der Vorstellung meint, noch mal abräumen zu müssen, was dann nicht passiert, ist völlig daneben.
Sagt da keiner was ?! Gab es keinen Abendspielleiter?

War er anfänglich nicht so ganz warm gesungen, kleinere Schleimreste bei der ersten Arie belegten die Töne, gelangen das Terzett und das Finale 2. Akt gut und die Arie des 'René' im 3. Akt Herrn Kruzel ausnehmend gut. Eigentlich gehört
Adam Kruzel an ein anderes Haus als das hier - gemäß Bewerbungsbuch 2010 unter dem "grünen Dach Europas". Aber das Regensburger Publikum kann sich glücklich schätzen, einen solchen Bariton - jetzt erst voller Saft und Kraft - am Haus zu haben.

Dass
Julia Amos für Herrn Willimczik auch mal zu früh dran war - sie sang die Stelle des 'Oscar' dann eben einfach noch mal - sie aber auch gelegentlich rhythmisch bei ihren Koloraturen nicht so ganz mit dem Dirigenten übereinstimmte, Gott, es ist ja nur Regensburg, die Weltkulturerbestadt und Metropole der Oberpfalz mit Ernö Weil als Theaterdirektor und Johannes Schaidinger als Oberbürgermeister und zuständig für Kultur.
Passt scho'.

Und
Kalle Koiso-Kanttila als Richter? Würdiger, jedenfalls nicht so übertrieben albern wie der 'Gerichtsrat' von Herrn Münster.
Seriös und wohltönend die beiden Bässe
Jan-Martin Nijhof und
Sung-Heon Ha als Verschwörer, die ja diejenigen rächen wollen, die 'Riccardo' auf dem Gewissen hat. In der Bostonfassung wären das ja dann Indianer, für die die beiden Verschwörer sich einsetzen und wenn der 'Riccardo' ein König ist, fragt sich, gegen was, gegen wen die Beiden sich zu verschwören haben.
Fragen wir doch mal Frau Schmid, die Dramaturgin, was sie sich dabei gedacht hat. Die vor ihr zu verantwortende Übertitelung ist hier und im 'Otello' das reinste Ärgernis und vergraust den Abend.

Spielfreudig, wie schon als 'Masetto' -
Seymur Karimov - als 'Silvano', mit großer gut sitzender Stimme. Auch hier sind Entwicklungen möglich.

Wie der Theaterdirektor behaupten kann, der Chor wäre nicht gut - ist unverständlich - ach, lass den doch reden.

Trotzdem, könnte vieles beim Theater Regensburg auf der Bühne und im Orchestergraben besser sein - aber die Gelder werden ja für den Ausbau der Theaterverwaltung verwendet und für Sachen rausgeschmissen, die von der Bevölkerung nicht gewollt werden.
Man erinnere sich nur an die Aktion am Valentinstag, heute vor zwei Jahren - Hubschrauberflüge mit Bodentruppen, die aus dem Fluggerät abgeworfene kleine Würstchen an die Bevölkerung der 2010-Mitbewerber-Städte verteilten.

"Ich mach dich fertig Regensburg" - hatte ja Herr Schlingensief getönt und Recht behalten.

Und Johannes Schaidinger meinte trotzig, er würde es wieder so machen.

Klar, so kann man leicht eine Stadt mit ihrer Bevölkerung dem Spott preisgeben.
Beispiele gibt es weltweit unter
 http://www.kultur2010.de/news.html
zu lesen:
 

16.02.2005 | Regensburger Würstchen
   
  Ein Glück, daß Dresden 2010 nicht Kulturhauptstadt Europas 2010 werden will. Sonst hätte vorgestern, 60 Jahre und einen Tag nach seiner Zerstörung, in den Schlagzeilen der Nachrichtenagenturen gestanden: "Regensburg bombardiert Dresden."
 
   
 
  Artikel in 'Die Welt' vom 16. Februar 2005
 
   
  Jetzt stand da: 'Regensburg bombardiert Essen.' Zwar nur mit Brezeln, Regensburger Würstchen und Senf vom Hubschrauber aus, wodurch der Abwurf von Geschenken zum Valentinstag natürlich nicht geschmackvoller wird.

Hauptsache, die Aufmerksamkeit wird auf die Metropole der Operpfalz gelenkt. Denn selbst eine Möchtegern-Kulturhauptstadt kann heute nicht mehr allein mit Ewigem Reichstag, Dom samt Spatzen, Steinerner Brücke, Wurstkuchel, Geschlechtertürmen und denen von Thurn und Taxis punkten. Da müssen - um im Jargon zu bleiben - schon schwerere PR-Geschütze aufgefahren werden. Es geht um die Werbewurst. Und die Dicke Bertha im Waffenarsenal der Hochkultur heißt nun einmal Christoph Schlingensief.

Bei dessen eingekauftem Hauptstadtheimabend am Wochenende in der Berliner Volksbühne ("Keine Chance Regensburg") hat sich eine bayerische Busladung samt Oberbürgermeister im Trommelfeuer dürftiger Pointen naturgemäß blutige Nasen geholt. Das Kriegsgeheul des gebürtigen Oberhauseners Schlingensief: "Essen für alle." Und ein erzbischöflicher Abgesandter tat ihm den Gefallen, unter Protest zu verschwinden, als Knabenchorpimmel und von Martin Kippenberger einst ans Kreuz genagelte Frösche präsentiert wurden - müde Provokationen.

Doch man sage nicht, die Regensburger hätten nicht schnell gelernt. Ihre Antwort an Essen, Kassel und die anderen deutschen Mitbewerber um den Thron von Europas Kulturhauptstadt 2010 ließ an PR-werter Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Müßig, darüber zu sinnieren, wer hier die Regensburger Würstchen sind. Aber gewiß wird aus Kassel bald zurückgeschossen. Mit Rippchen natürlich. Denn die kulturpolitischen Argumente sollten, wenn sie schon keinen Mehrwert haben, wenigstens Nährwert besitzen.


 
 
     
     
     
 

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Als Premieren-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Karten aus dem freien Verkauf gebe ich hier meine subjektive Meinung zu den Gehörten und Gesehenen zur Kenntnis.

Ich
verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem
oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthält diese private Homepage auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz
 in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare herauszufordern.
Dieter Hansing

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