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... 6. Januar 1943
"Das allgemeine Bild ist sehr
trübselig, und wir müssen uns darauf gefasst machen, dass wir noch
einige Wochen vor uns haben, die im großen und ganzen den Ereignissen
des vergangenen Winters gleichkommen werden.
Unsere Verstärkungen sind zwar im Anrollen, aber es wird eine gewisse
Zeit dauern, bis sie wirklich im Osten zum Einsatz kommen können.
Auf der anderen Seite entsteht dadurch die Gefahr, dass wir den Westen
entblößen, was zwar für den Augenblick nicht beängstigend ist, aber,
sobald der Frühling kommt, doch eine gewisse Sorge bereiten muss. Es
fehlt eben an Mannschaften hin und her.
Die Lage in Stalingrad wird geradezu katastrophal geschildert.
Allerdings muss man den Verfassern dieser Schilderungen zugute halten,
dass die Dinge in Stalingrad tatsächlich alles andere als erfreulich
sind. Denn schließlich und endlich sind hier rund 240 000 Mann
eingeschlossen, und es bereitet die denkbar größten Schwierigkeiten, sie
mit der notwendigen Munition und den notwendigen Lebensmitteln zu
versorgen.
Die Rationen, auf die unsere Soldaten dort gesetzt sind, sind
außerordentlich klein. Sie sind zum Leben zu wenig und zum Sterben
zuviel. Man kann sich vorstellen, dass das auf die Dauer auch
außerordentlich drückend auf die Stimmung wirken wird.
Gespanne gibt es kaum noch, weil die Pferde geschlachtet und verzehrt
worden sind.
Zum Heizen hat man auch keine Material mehr; die letzten
Eisenbahnschwellen sind mittlerweile schon verfeuert worden. Ersatz kann
man nicht heranschaffen, weil die nächste deutsche Kampftruppe etwa 120
bis 150 km von Stalingrad entfernt ist.
Das drückt natürlich auf die allgemeine Heeresführung sehr stark. Aber
der Führer verfolgt hier eine Kriegsführung, die genau der im
vergangenen Jahr entspricht, nämlich nichts aufgeben, was nicht unter
dem Zwang der Waffen aufgegeben werden muss. Die Bolschewisten haben in
ähnlichen Situationen gleichfalls so gehandelt und damit ihre heutigen
Erfolge erzielt."
Zitiert aus den Tagebüchern des Dr. Joseph
Goebbels
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Wieder wird die Lage beschönigt.
Alles wurde seit dem 22. Juni 1941 und vorher bessergeredet.
Man wollte mit
3 Millionen Mann, die sich auf mehr als 3.600 Panzer und
Sturmgeschütze, 600.000 Kraftfahrzeugen, 700.000 Pferde und
3.900 Flugzeugen stützen sollte, den Krieg - das 'Unternehmen
Barbarossa' mit der Vernichtung des Bolschewismus - in drei (nach
Goebbels) bis vier (nach Hitler) Monaten beenden.
Das hieße, beginnend am 22. Juni 1941 hätte man Russland bis
Oktober 1941 überwunden haben müssen.
Aus heutiger Sicht wäre es aufgrund der damaligen
Berechnungsgrundlage möglich gewesen, den Sieg in dem
Zeitrahmen
erringen
können, hätte man den Angriff schon - wie eigentlich geplant im
April 1941 beginnen können.
Aber zu dem Zeitpunkt war man überraschenderweise noch mit
dem Balkenfeldzug und der Hilfestellung für Mussolini in
Griechenland beschäftigt, eroberte
Kreta und konnte so sich erst
im Juni 1941 auf den Kampf gegen Russland einlassen.
Der Wehrmacht standen damals in den westlichen Militärbezirken der UDSSR vier
Heersgruppen mit 2,9 Millionen Rotarmisten, 10.000 Panzern und
8.000 Flugzeuge gegenüber.
Die
totale Fehleinschätzung der Situation musste über kurz oder
lang zum Fiasko führen.
Vom 6. Januar 1943 an dauerte der Krieg aber noch mehr als zwei
Jahre.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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