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... 13. Januar 1911 im
Lessing-Theater in Berlin uraufgeführt
Prangerten schon 1892 'Die Weber' die Zustände in Deutschland
aufgrund der Industrialisierung in der Mitte des 19.
Jahrhunderts an, so stellte diese 'Berliner Tragikomödie' ein weiteres Glied
in der Kette sozialkritischer Werke dar.
Hauptmann sah hier eine Fortführung dessen, was Lessing mit
seiner 'Sarah Sampson', mit 'Emilia Galotti', was Schiller mit
'Kabale' einhundert Jahre vor ihm begonnen und Hebbel 1846 mit
seiner 'Maria Magdalena' fortgeführt hatten.
Hauptmann wollte - wie die berühmen Vorgänger - den nach wie vor
bestehenden Ständestaat, die Probleme der Mittelschicht und hier
nun auf die des Proletariats erweitert dem Publikum vor Augen
führen, auch wenn noch aus dem 18. Jahrhundert weitgehend die
Regel bestand, tragische Verwicklungen nur mit Personen von
Stand zeigen zu dürfen.
In der Mischung von Theaterdirektor Hassenreuthers Fundus auf
dem Dachboden und dem realen Leben im Haus, zeigt hier eine
Scheinwelt gegenüber der Realität, in der Ratten aus ihren
Nestern in den abgelegten Theaterkostümen heraus das Haus
unterminieren und für alle Beteiligten als Wohnung unerträglich
machen.
Ratten als wimmelndes Ungeziefer wie im Neuenfels'schen
'Lohengrin' in BT.
Gerhart Hauptmann war
seit 1905 Mitglied der Gesellschaft, die sich für die Förderung
der Rassenhygiene einsetzte und damit Vorschub leistete für die
späteren Rassegesetze der Nazis.
Er stand dem System Hitlers nicht kritisch gegenüber, gab
Loyalitätsbekundungen für die Reichsregierung ab, stellte 1933
den Antrag auf Aufnahme in die NSDAP und schwieg, wenn Freunde
unter dem System zu leiden hatten.
Noch spät gratulierte er Goebbels in einem Telegramm zu einer
Rede, die der Propagandaminister am 1. November 1944 gehalten
hatte, sie sei ein Meisterwerk in Form, Inhalt und Vortrag
gewesen.
Hauptmann genoss Vorteile durch sein Verhalten, die Nazis
hofierten ihn, ließen ihm Versorgungsvorteile zukommen.
Auch die mit der Front von Osten hereinbrechenden Russen gingen
pfleglich mit ihm um, kannten doch viele die Werke des
Nobelpreisträgers, die von Problemen der 'Kleinen Leute'
sprachen.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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