|
25.
März 1942
Aus dem Führerhauptquartier im winterlichen Ostpreußen war der
Propagandaminister in das wieder verschneite Berlin zurückgekehrt.
Er hatte von Hitler die weitere Vorgehensweise im Kampf gegen den
Bolschewismus erfahren, nachdem der Blitzkrieg gegen Russland Mitte
Dezember 1941 gescheitert war.
Schon am 8. Dezember 1941 musste der 'Führer' den Rückzug in die
Verteidigung anordnen, nachdem drei Tage vorher der Vorstoß der
deutschen Wehrmacht nach Moskau zum Stillstand gekommen war.
Stalin hatte in den Wochen zuvor 34 die Kälte gewöhnte Divisionen aus
Sibirien nach Westen geführt, um Moskau aus der Umklammerung durch die
inzwischen durch Kälte und Hunger vielfach erschöpfen deutschen Soldaten
zu befreien.
Am 15. Dezember 1941 war der Oberbefehlshaber des Heeres, Walther von
Brauchitsch, von einer Frontreise ins Führerhauptquartier zurückgekehrt
und hatte Generalstabschef Halder gegenüber bekundet, er sehe keine
Möglichkeit mehr, das Heer aus seiner schwierigen Lage zu befreien.
Am 16. Dezember 1941 befahl Hitler der Front den Halt bei "fanatischem
Widerstand", worauf von Brauchitsch 'wegen eines Herzleidens' seinen
Rücktritt erklärte.
Brauchitsch habe durch sein dauerndes Dazwischenreden und dauernden
Ungehorsam den vom Führer kristallklar entworfenen Feldzugsplan im
Osten, der zum Siege führen musste, vollkommen 'verkitscht und
verdorben'.
Hätte Brauchitsch das getan, was von ihm verlangt wurde, dann stünde man
im Osten jetzt anders da - so der Reichspropagandaminister.
Daraufhin übernahm Hitler den Oberbefehl über das Heer und vereinte
damit Führung der Gesamt-Wehrmacht in seiner Person.
 |
Nun, im März 1942, hielt der Winter immer noch an, so dass ein
Vorstoß der deutschen Truppen weiter nach Osten bis in den Mai
1941 verschoben werden musste.
Goebbels war zwar anfangs der Meinung, es könne nicht sein, dass
ein Wetterphänomen die deutsche Wehrmacht aufhalte, schlug er
aber doch schon im
August 1941 den Militärs vor, Wollsammlungen
für die Soldaten an der Front durchzuführen, um die nur in einer
leichten Sommerausrüstung ausgerückten Mannschaften vor Kälte
zu schützen.
Doch die Generalität meinte, man säße zu Weihnachten an warmen
Öfen in Moskau und Leningrad.
Die Panzergenerale Heinz Guderian und Erich Hoepner befahlen ab
Mitte Dezember 1941, die Front an manchen Stellen um 200 Km
zurückzunehmen, was gegen Hitlers umstrittenem "Halte-Befehl"
vom 16. Dezember 1941 geschah.
Beide Führungspersönlichkeiten mussten daraufhin gehen und
wurden durch willfährigere Militärs ersetzt.
Für Goebbels stand fest, hätte man weiter der Generalität
nachgegeben, wäre die ganze Front ins Rutschen gekommen, was
eine Katastrophe vorbereitet und die die napoleonische noch weit
in den Schatten gestellt hätte. Er sah die Deutschen damals
bereits durch die Sowjets nach Sibirien in die Fronsklaverei
geführt.
 |
In Berlin sah sich Goebbels der Aufgabe konfrontiert, die deutsche
Bevölkerung über die Kürzung der Lebensmittelrationen
aufzuklären und dann auch durchzusetzen zu müssen.
Es war nicht gelungen, Lebensmittel aus der Ukraine ins deutsche
Kernland zu bringen, da in den besetzten Gebieten die
Arbeitskräfte fehlten und auch die Transportmittel nicht zur
Verfügung standen.
Es war auch wegen der anhaltenden Fröste nicht möglich, die
heimischen Kartoffelmieten zu öffnen, um die deutsche
Bevölkerung zu versorgen.
Auch hier gab es Probleme mit dem Transport, denn vor dem Krieg
hatte man alte aber funktionsfähige Lokomotiven ins Ausland
verkauft, die jetzt nicht zur Verfügung standen. Die Schuld an
diesen Planungsfehlern gab man den Ministerialdirektoren im
Reichsverkehrsministerium.
Goebbels plädierte in dem Zusammenhang für ein neues Gesetz ,
nach dem jeder, der sich gegen die bekannten Grundsätze der
nationalsozialistischen Volksführung vergehe, mit Gefängnis bis
hin zum Tode bestraft werden solle.
Hierfür wollte sich Hitler eine Vollmacht vom Reichstag für das
politische und militärische Leben ausstellen lassen, so dass
seine vorauszusehende freie Entscheidungsgewalt 'vom
Volkswillen' gedeckt sei.
 |
Hitler habe
nicht die Absicht gehabt, anfangs nach Moskau zu gehen - so
Goebbels in seinen Aufzeichnungen - sondern wollte den Kaukasus
abschneiden, der Generalität wäre es aber nur um Prestigeerfolge
gegangen, eben mit vordringlich Moskau und Leningrad.
Jetzt wolle er sich auch auf diese Ziele konzentrieren und
Anfang Oktober 1942 Schluss machen und in die Winterquartiere
gehen. Man werde unter Umständen eine lange Verteidigungslinie
aufbauen, die Krim vom Feinde befreien und dann den Ostfeldzug
auf sich beruhen lassen.
Ein neuer Winter wie dieser werde nicht mehr über die Wehrmacht
kommen.
Alle möchten das Ende des Krieges erleben und am Aufbau
teilnehmen und nicht nur die üblen Seiten des gewaltigen
Umbruchs kennenlernen.
Es war dann nicht der letzte Kriegswinter.
Noch drei folgten, einer schlimmer als der andere.
Der nächste - 1942 / 1943 - beinhaltete dann Stalingrad mit all
seinen Folgen.
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz,
in Anspruch.
Dieter Hansing
|
|