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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Ende einer Illusion

 
 25. März 1942

Aus dem Führerhauptquartier im winterlichen Ostpreußen war der Propagandaminister in das wieder verschneite Berlin zurückgekehrt.
Er hatte von Hitler die weitere Vorgehensweise im Kampf gegen den Bolschewismus erfahren, nachdem der Blitzkrieg gegen Russland Mitte Dezember 1941 gescheitert war.

Schon am 8. Dezember 1941 musste der 'Führer' den Rückzug in die Verteidigung anordnen, nachdem drei Tage vorher der Vorstoß der deutschen Wehrmacht nach Moskau zum Stillstand gekommen war.

Stalin hatte in den Wochen zuvor 34 die Kälte gewöhnte Divisionen aus Sibirien nach Westen geführt, um Moskau aus der Umklammerung durch die inzwischen durch Kälte und Hunger vielfach erschöpfen deutschen Soldaten zu befreien.

Am 15. Dezember 1941 war der Oberbefehlshaber des Heeres, Walther von Brauchitsch, von einer Frontreise ins Führerhauptquartier zurückgekehrt und hatte Generalstabschef Halder gegenüber bekundet, er sehe keine Möglichkeit mehr, das Heer aus seiner schwierigen Lage zu befreien.

Am 16. Dezember 1941 befahl Hitler der Front den Halt bei "fanatischem Widerstand", worauf von Brauchitsch 'wegen eines Herzleidens' seinen Rücktritt erklärte.

Brauchitsch habe durch sein dauerndes Dazwischenreden und dauernden Ungehorsam den vom Führer kristallklar entworfenen Feldzugsplan im Osten, der zum Siege führen musste, vollkommen 'verkitscht und verdorben'.
Hätte Brauchitsch das getan, was von ihm verlangt wurde, dann stünde man im Osten jetzt anders da - so der Reichspropagandaminister.
 
Daraufhin übernahm Hitler den Oberbefehl über das Heer und vereinte damit Führung der Gesamt-Wehrmacht in seiner Person.

 

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Nun, im März 1942, hielt der Winter immer noch an, so dass ein Vorstoß der deutschen Truppen weiter nach Osten bis in den Mai 1941 verschoben werden musste.
Goebbels war zwar anfangs der Meinung, es könne nicht sein, dass ein Wetterphänomen die deutsche Wehrmacht aufhalte, schlug er aber doch schon im August 1941 den Militärs vor, Wollsammlungen für die Soldaten an der Front durchzuführen, um die nur in einer leichten Sommerausrüstung ausgerückten Mannschaften vor Kälte zu schützen.
Doch die Generalität meinte, man säße zu Weihnachten an warmen Öfen in Moskau und Leningrad.

Die Panzergenerale Heinz Guderian und Erich Hoepner befahlen ab Mitte Dezember 1941, die Front an manchen Stellen um 200 Km zurückzunehmen, was gegen Hitlers umstrittenem "Halte-Befehl" vom 16. Dezember 1941 geschah.
Beide Führungspersönlichkeiten mussten daraufhin gehen und wurden durch willfährigere Militärs ersetzt.

Für Goebbels stand fest, hätte man weiter der Generalität nachgegeben, wäre die ganze Front ins Rutschen gekommen, was eine Katastrophe vorbereitet und die die napoleonische noch weit in den Schatten gestellt hätte. Er sah die Deutschen damals bereits durch die Sowjets nach Sibirien in die Fronsklaverei geführt.
 

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In Berlin sah sich Goebbels der Aufgabe konfrontiert, die deutsche Bevölkerung über die Kürzung der Lebensmittelrationen aufzuklären und dann auch durchzusetzen zu müssen.
Es war nicht gelungen, Lebensmittel aus der Ukraine ins deutsche Kernland zu bringen, da in den besetzten Gebieten die Arbeitskräfte fehlten und auch die Transportmittel nicht zur Verfügung standen.

Es war auch wegen der anhaltenden Fröste nicht möglich, die heimischen Kartoffelmieten zu öffnen, um die deutsche Bevölkerung zu versorgen.
Auch hier gab es Probleme mit dem Transport, denn vor dem Krieg hatte man alte aber funktionsfähige Lokomotiven ins Ausland verkauft, die jetzt nicht zur Verfügung standen. Die Schuld an diesen Planungsfehlern gab man den Ministerialdirektoren im Reichsverkehrsministerium.

Goebbels plädierte in dem Zusammenhang für ein neues Gesetz , nach dem jeder, der sich gegen die bekannten Grundsätze der nationalsozialistischen Volksführung vergehe, mit Gefängnis bis hin zum Tode bestraft werden solle.
Hierfür wollte sich Hitler eine Vollmacht vom Reichstag für das politische und militärische Leben ausstellen lassen, so dass seine vorauszusehende freie Entscheidungsgewalt 'vom Volkswillen' gedeckt sei.
 

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Hitler habe nicht die Absicht gehabt, anfangs nach Moskau zu gehen - so Goebbels in seinen Aufzeichnungen - sondern wollte den Kaukasus abschneiden, der Generalität wäre es aber nur um Prestigeerfolge gegangen, eben mit vordringlich Moskau und Leningrad.

Jetzt wolle er sich auch auf diese Ziele konzentrieren und Anfang Oktober 1942 Schluss machen und in die Winterquartiere gehen. Man werde unter Umständen eine lange Verteidigungslinie aufbauen, die Krim vom Feinde befreien und dann den Ostfeldzug auf sich beruhen lassen.
Ein neuer Winter wie dieser werde nicht mehr über die Wehrmacht kommen.

Alle möchten das Ende des Krieges erleben und am Aufbau teilnehmen und nicht nur die üblen Seiten des gewaltigen Umbruchs kennenlernen.
 

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Es war dann nicht der letzte Kriegswinter.
Noch drei folgten, einer schlimmer als der andere.

Der nächste - 1942 / 1943 - beinhaltete dann Stalingrad mit all seinen Folgen.

 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing